Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 23 Oktober 2014 (België). RG 155/2014

Date :
23-10-2014
Langue :
Allemand Français Néerlandais
Taille :
5 pages
Section :
Jurisprudence
Source :
Justel D-20141023-2
Numéro de rôle :
155/2014

Résumé :

Der Gerichtshof erkennt für Recht: Artikel 1 Absatz 6 des Gesetzes vom 20. Juli 1971 zur Einführung garantierter Familienleistungen verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit deren Artikel 22.

Arrêt :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und A. Alen, und den Richtern J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, P. Nihoul und R. Leysen, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfrage und Verfahren

In seinem Entscheid vom 21. Mai 2014 in Sachen Lithy Yefa gegen das Landesamt für Familienbeihilfen zugunsten von Lohnempfängern, dessen Ausfertigung am 28. Mai 2014 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat der Arbeitsgerichtshof Brüssel folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:

« Verstößt Artikel 1 Absatz 6 des Gesetzes vom 20. Juli 1971 zur Einführung garantierter Familienleistungen gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit deren Artikel 22, indem er dazu führt, dass ein ausländischer Staatsangehöriger, dem der Aufenthalt in Belgien erlaubt ist, der sich aber seit weniger als fünf Jahren in Belgien aufhält und mehrere Kinder zu Lasten hat, von denen ein Kind weder Belgier noch EU-Ausländer ist, einer Herabsetzung der Zulagen, die mit den normalerweise für das jüngste dieser Kinder geschuldeten Zulagen gleichwertig sind, unterliegt, während dieser Ausländer in dem Fall, dass er nur Kinder zu Lasten hätte, die Belgier oder EU-Ausländer wären, Zulagen für all diese Kinder entsprechend ihrem jeweiligen Rang erhalten würde, wobei somit Familien, die sich insbesondere hinsichtlich ihrer Berufung, sich dauerhaft in Belgien aufzuhalten, in vergleichbaren Situationen befinden, unterschiedlich behandelt werden? ».

Am 18. Juni 2014 haben die referierenden Richter P. Nihoul und E. Derycke in Anwendung von Artikel 72 Absatz 1 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof den Gerichtshof davon in Kenntnis gesetzt, dass sie dazu veranlasst werden könnten, vorzuschlagen, die Untersuchung der Rechtssache durch einen Vorverfahrensentscheid zu erledigen.

(...)

III. Rechtliche Würdigung

(...)

B.1. Artikel 1 Absätze 1 und 6 bis 8 des Gesetzes vom 20. Juli 1971 zur Einführung garantierter Familienleistungen in der Fassung, die auf den vor dem vorlegenden Rechtsprechungsorgan anhängigen Streitfall anwendbar ist, bestimmte:

« Unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 10 werden Familienleistungen unter den durch oder aufgrund des vorliegenden Gesetzes festgelegten Bedingungen zugunsten von Kindern gewährt, die ausschließlich oder hauptsächlich einer in Belgien wohnhaften natürlichen Person zu Lasten sind.

[...]

In Absatz 1 erwähnte natürliche Personen müssen mindestens während der letzten fünf Jahre vor Einreichung eines Antrags auf garantierte Familienleistungen ununterbrochen tatsächlich in Belgien gewohnt haben.

Von der Erfüllung dieser Bedingung sind befreit:

1. Personen, auf die die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, anwendbar ist,

2. Staatenlose,

3. Flüchtlinge im Sinne des Gesetzes vom 15. Dezember 1980 über die Einreise ins Staatsgebiet, den Aufenthalt, die Niederlassung und das Entfernen von Ausländern,

4. Personen, die nicht in Nr. 1 erwähnt sind und die Staatsangehörige eines Staates sind, der die Europäische Sozialcharta beziehungsweise die Revidierte Europäische Sozialcharta ratifiziert hat.

Handelt es sich bei einer in Absatz 1 erwähnten natürlichen Person um einen Ausländer, muss ihr der Aufenthalt oder die Niederlassung in Belgien gemäß den Bestimmungen des Gesetzes vom 15. Dezember 1980 über die Einreise ins Staatsgebiet, den Aufenthalt, die Niederlassung und das Entfernen von Ausländern gestattet oder erlaubt sein.

[...] ».

B.2. Der vorlegende Richter befragt den Gerichtshof zur Vereinbarkeit von Absatz 6 der vorerwähnten Bestimmung mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit deren Artikel 22, insofern er auf einen ausländischen Antragsteller Anwendung finde, dem der Aufenthalt in Belgien erlaubt sei, insofern er Familienleistungen für sein Kind, das Staatsangehöriger eines Drittstaates der Europäischen Union sei, beantrage, während er nicht auf denselben ausländischen Antragsteller Anwendung finde, insofern er Familienleistungen für sein anderes Kind, das die belgische Staatsangehörigkeit besitze, beantrage. Folglich würden die Familienleistungen zugunsten des belgischen Kindes des Antragstellers gekürzt gegenüber den Familienleistungen, die derselbe Antragsteller erhalten würde, wenn alle seine Kinder Belgier oder Staatsangehörige der Europäischen Union wären, so dass durch die fragliche Bestimmung Familien, die sich in vergleichbaren Situationen befänden, insbesondere hinsichtlich ihrer Berufung, sich dauerhaft in Belgien aufzuhalten, unterschiedlich behandelt würden.

B.3. Artikel 22 der Verfassung bestimmt:

« Jeder hat ein Recht auf Achtung vor seinem Privat- und Familienleben, außer in den Fällen und unter den Bedingungen, die durch Gesetz festgelegt sind.

Das Gesetz, das Dekret oder die in Artikel 134 erwähnte Regel gewährleistet den Schutz dieses Rechtes ».

B.4.1. In seinem Entscheid Nr. 12/2013 vom 21. Februar 2013 hat der Gerichtshof eine Vorabentscheidungsfrage beantwortet, die dasselbe Rechtsprechungsorgan in derselben vor ihm anhängigen Rechtssache gestellt hatte. In dieser Frage wurde der Gerichtshof gebeten, sich zur Vereinbarkeit von Absatz 6 der vorerwähnten Bestimmung mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 191 der Verfassung, Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention und den Artikeln 2 Absatz 2 und 26 Absatz 1 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes zu äußern.

B.4.2. In seinem vorerwähnten Entscheid Nr. 12/2013 hat der Gerichtshof geurteilt:

« B.9. Zur Beantwortung der Vorabentscheidungsfrage muss zunächst geprüft werden, ob das Kriterium des Unterschieds zwischen den Personen, die die berechtigenden Kinder zu Lasten haben, aufgrund des Erfordernisses eines vorherigen, fünfjährigen Aufenthalts in Belgien keiner vernünftigen Rechtfertigung entbehrt.

B.10. Aus den Vorarbeiten zum Gesetz vom 20. Juli 1971 geht hervor, dass der Gesetzgeber die Absicht hatte, im Bereich der Familienbeihilfen eine residuale Regelung einzuführen:

' Es gibt gewisse Kinder, für die momentan die Familienbeihilfen nicht ausgezahlt werden können, weil es für sie weder in der Arbeitnehmerregelung noch in der Regelung für selbständig Erwerbstätige einen Bezugsberechtigten gibt. Es ist demzufolge notwendig, ein residuales System der Familienbeihilfen ins Leben zu rufen ' (Parl. Dok., Senat, 1970-1971, Nr. 576, Bericht, S. 1).

B.11. In Anbetracht der nicht beitragspflichtigen Beschaffenheit der residualen Regelung der garantierten Familienleistungen konnte der Gesetzgeber berechtigterweise diesen Vorteil vom Bestehen - auf Seiten des Erwachsenen, der das Kind zu Lasten hat - einer ausreichenden Bindung zu Belgien abhängig machen, die als eine ' sehr starke Erwägung ' im Sinne des in B.5.2 erwähnten Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Koua Poirrez gegen Frankreich ( § 46) zu betrachten ist. Die Artikel 1 und 2 des Gesetzes vom 20. Juli 1971 haben trotz der aufeinander folgenden Abänderungen immer Bedingungen - bezüglich der Staatsangehörigkeit oder des Aufenthalts - für die Erlangung garantierter Familienleistungen auferlegt. Der Gesetzgeber hat diese Erfordernisse lediglich gemildert, damit die Belgier und die Staatsangehörigen des Europäischen Wirtschaftsraums (Parl. Dok., Kammer, 1995-1996, Nr. 352/1, S. 40) sowie die Staatenlosen, die Flüchtlinge und die Personen, die garantierte Familienleistungen zugunsten von Kindern, die Staatsangehörige eines europäischen Staates im Sinne von Absatz 7 Nr. 5 der fraglichen Bestimmung oder Staatenlose oder Flüchtlinge sind, gleich behandelt werden.

Außerdem bestimmt Artikel 1 Absatz 8 des fraglichen Gesetzes:

' Handelt es sich bei einer in Absatz 1 erwähnten natürlichen Person um einen Ausländer, muss ihr der Aufenthalt oder die Niederlassung in Belgien gemäß den Bestimmungen des Gesetzes vom 15. Dezember 1980 über die Einreise ins Staatsgebiet, den Aufenthalt, die Niederlassung und das Entfernen von Ausländern gestattet oder erlaubt sein '.

In seinen Entscheiden Nrn. 110/2006, 48/2010 und 1/2012 hat der Gerichtshof erkannt, dass der Gesetzgeber den Vorteil der residualen Regelung von der Bedingung eines regelmäßigen Aufenthalts in Belgien abhängig machen konnte.

B.12.1. In seinem vorerwähnten Entscheid Nr. 62/2009 hat der Gerichtshof erkannt, dass im Falle eines Kindes, das Belgier ist, das Erfordernis eines Aufenthaltes von mindestens fünf Jahren für den Bezugsberechtigten, der nicht in den Genuss der in Artikel 1 Absatz 7 des Gesetzes vom 20. Juli 1971 erwähnten Befreiungen gelangen kann, neben der Bedingung eines tatsächlichen Aufenthaltes des Kindes, in keinem Verhältnis zu dem Bemühen steht, den Vorteil der residualen Regelung zu erweitern, wenn eine ausreichende Bindung zum belgischen Staat feststeht; ' die belgische Staatsangehörigkeit des Kindes, das Aufenthaltserfordernis bezüglich des Kindes und das Erfordernis, dass es dem Bezugsberechtigten erlaubt oder gestattet ist, sich in Belgien aufzuhalten oder sich dort niederzulassen, weisen nämlich in ausreichendem Maße die erforderliche Bindung zum belgischen Staat nach; es scheint nicht in angemessener Weise gerechtfertigt zu sein, darüber hinaus vom Bezugsberechtigten einen vorherigen Aufenthalt von bestimmter Dauer in Belgien zu verlangen ' (B.7). Daher hat der Gerichtshof entschieden, dass in dem Fall, wo das Kind, für das die Familienleistungen beantragt wird, Belgier ist, der Antragsteller unter Berücksichtigung unter anderem dieser Eigenschaft seines Kindes eine ausreichende Verbindung zu Belgien nachgewiesen hat, um für dieses Kind garantierte Familienleistungen zu erhalten. Um diesem Entscheid Folge zu leisten, hat der Gesetzgeber durch Artikel 34 des Gesetzes vom 30. Dezember 2009 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen die Personen, die ein Kind belgischer Staatsangehörigkeit zu Lasten haben, von der Bedingung des fünfjährigen Aufenthalts befreit. Auf diese Weise hat er einen Behandlungsunterschied zwischen Kindern, die garantierte Familienleistungen erhalten, auf der Grundlage ihrer Staatsangehörigkeit eingeführt. Gemäß der in B.5.2 erwähnten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist ein solcher Behandlungsunterschied nur zulässig, wenn er durch ' sehr starke Erwägungen ' gerechtfertigt ist.

B.12.2. Angesichts der nicht beitragspflichtigen Beschaffenheit des residualen Systems der garantierten Familienleistungen, das durch die öffentliche Hand und nicht durch Beiträge finanziert wird, kann der Gesetzgeber dessen Vorteil den Personen vorbehalten, bei denen aufgrund ihrer individuellen Situation davon ausgegangen werden kann, dass sie endgültig oder zumindest für eine bedeutende Dauer in Belgien niedergelassen sind. Das Ziel, die - per definitionem beschränkten - Mittel für das System der garantierten Familienleistungen den Kindern vorzubehalten, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass ihr Aufenthalt in Belgien relativ stabilisiert ist, kann als eine ' sehr starke Erwägung ' angesehen werden.

B.12.3. Wie in B.11 dargelegt wurde, konnte der Gesetzgeber den Nachweis dieser Verbindung mit Belgien in der Aufenthaltssituation des Erwachsenen suchen, der das berechtigende Kind zu Lasten hat. Er konnte aber ebenfalls davon ausgehen, dass in dem Fall, wo alleine die Staatsangehörigkeit des Kindes eine Verbindung zu Belgien nachweist, eine Verbindung nicht nur auf Seiten des Erwachsenen, sondern vielmehr auf Ebene der durch den Erwachsenen und das Kind gebildeten Zelle zu berücksichtigen ist. Daher konnte er den Standpunkt vertreten, dass die ausreichende Verbindung mit Belgien entweder durch die Situation des Erwachsenen nachgewiesen werden kann, und er hat somit in Bezug auf diesen eine Bedingung der ausreichenden Aufenthaltsdauer vorgeschrieben, oder durch die Situation des Kindes. In diesem Fall konnte er beschließen, dass die belgische Staatsangehörigkeit eines Kindes ein relevanter Indikator für die Verbindung der durch den Erwachsenen und das Kind gebildeten Zelle zu Belgien ist.

B.13.1. Außerdem kann Sozialhilfe innerhalb der in Artikel 57 des Grundlagengesetzes vom 8. Juli 1976 über die öffentlichen Sozialhilfezentren festgelegten Grenzen beantragt werden, wenn sich in Erwartung der Erfüllung der Bedingungen für die Gewährung der garantierten Familienleistungen herausstellt, dass die Existenzmittel des Antragstellers es ihm nicht ermöglichen, für die tatsächlichen und aktuellen Bedürfnisse des Kindes aufzukommen, damit dessen Gesundheit und Entwicklung gewährleistet werden.

B.13.2. Im Übrigen kann aufgrund von Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 20. Juli 1971 ' der Minister der Sozialen Angelegenheiten beziehungsweise der von ihm bestimmte Beamte des Ministeriums der Sozialen Angelegenheiten, der Volksgesundheit und der Umwelt [...] in interessewürdigen Fällen von den in Artikel 1 Absatz 6 [dieses Gesetzes] festgelegten Bedingungen [...] abweichen '.

B.14. Der Behandlungsunterschied entbehrt nicht einer vernünftigen Rechtfertigung ».

B.5. Im vorliegenden Fall führt die Verbindung der Artikel 10 und 11 der Verfassung mit deren Artikel 22 nicht zu einer anderen Schlussfolgerung. Da der Behandlungsunterschied zwischen den Antragstellern auf Familienleistungen zugunsten eines Kindes belgischer Staatsangehörigkeit und den Antragstellern auf Familienleistungen zugunsten eines Kindes mit der Staatsangehörigkeit eines Staates, der nicht Mitglied der Europäischen Union ist, vernünftig gerechtfertigt ist, ist der Behandlungsunterschied zwischen Familien, der sich aus dem Umstand ergibt, dass für die Berechnung der Familienleistungen für ein Kind mit belgischer Staatsangehörigkeit, das sich in einer Familie befindet, zu der ebenfalls ein Kind mit ausländischer Staatsangehörigkeit gehört, nicht die Anwesenheit des Letztgenannten berücksichtigt wird, was eine logische Folge des ersten Behandlungsunterschieds ist, ebenfalls vernünftig gerechtfertigt.

B.6. Im Übrigen hat die Anwesenheit eines Kindes mit belgischer Staatsangehörigkeit innerhalb des Familienkerns nicht notwendigerweise zur Folge, dass die Intensität der Bindung der anderen Kinder mit ausländischer Staatsangehörigkeit zu Belgien verändert wird. Der Gesetzgeber ist aufgrund dieser Anwesenheit folglich nicht verpflichtet, auf die Prüfung dieser Verbindung seitens der anderen Kinder des Familienkerns und des Erwachsenen, der für sie verantwortlich ist, zu verzichten, ebenso wie er es in Bezug auf ausländische Kinder, die einem Familienkern angehören, zu dem kein Kind mit belgischer Staatsangehörigkeit gehört, tun kann.

B.7. Schließlich verweist das vorlegende Rechtsprechungsorgan auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, und insbesondere auf das Urteil Dhahbi gegen Italien, in dem der Europäische Gerichtshof daran erinnert, dass nur sehr starke Erwägungen ihn dazu veranlassen können, einen Behandlungsunterschied, der ausschließlich auf der Staatsangehörigkeit beruht, als mit der Konvention vereinbar zu betrachten, und schlussfolgert in dieser Sache, dass der betreffende Unterschied nicht im Verhältnis zu dem durch den italienischen Staat verfolgten Ziel des Schutzes der Haushaltsinteressen steht (EuGHMR, 8. April 2014, Dhahbi gegen Italien).

Diesbezüglich ist anzumerken, dass der Begriff « sehr starke Erwägungen » in diesem Kontext die gleiche Tragweite hat wie im Rahmen der Kontrolle in Bezug auf Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention in Verbindung mit Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls zu dieser Konvention. Da der Gerichtshof in seinem vorerwähnten Entscheid Nr. 12/2013 geurteilt hat, dass der Gesetzgeber angesichts der nicht beitragspflichtigen Beschaffenheit des residualen Systems der garantierten Familienleistungen deren Vorteil den Personen vorbehalten konnte, die sich endgültig oder zumindest für eine bedeutsame Dauer in Belgien niedergelassen haben, müssen die gleichen Gründe dazu führen, dass die vorliegende Vorabentscheidungsfrage verneinend zu beantworten ist.

Aus diesen Gründen:

Der Gerichtshof

erkennt für Recht:

Artikel 1 Absatz 6 des Gesetzes vom 20. Juli 1971 zur Einführung garantierter Familienleistungen verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit deren Artikel 22.

Erlassen in französischer und niederländischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 23. Oktober 2014.

Der Kanzler,

(gez.) F. Meersschaut

Der Präsident,

(gez.) J. Spreutels