Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 10 November 2011 (België). RG 167/2011

Datum :
10-11-2011
Taal :
Duits Frans Nederlands
Grootte :
7 pagina's
Sectie :
Rechtspraak
Bron :
Justel D-20111110-3
Rolnummer :
167/2011

Samenvatting :

Der Hof erkennt für Recht: Artikel 39 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, wenn er dahingehend ausgelegt wird, dass im Falle der Entlassung eines Arbeitnehmers, der fünfzig Jahre alt oder älter ist und seine Arbeitsleistungen verkürzt hat, bei der Festlegung des Betrags der Entlassungsentschädigung von der laufenden Entlohnung, die den verkürzten Tätigkeiten entspricht, auszugehen ist.

Arrest :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Vorsitzenden M. Bossuyt und R. Henneuse, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Snappe, E. Derycke, J. Spreutels, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul und F. Daoût, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Vorsitzenden M. Bossuyt,

verkündet nach Beratung folgendes Urteil:

I. Gegenstand der präjudiziellen Fragen und Verfahren

a. In seinem Urteil vom 21. Oktober 2010 in Sachen Wilfried Evenepoel gegen die VoG « MANUFAST - ABP Entreprise de Travail adapté », dessen Ausfertigung am 5. November 2010 in der Kanzlei des Hofes eingegangen ist, hat das Arbeitsgericht Brüssel folgende präjudizielle Fragen gestellt:

1. « Verstossen die Artikel 39 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge und/oder Artikel 103 und/oder Artikel 105 § 3 des Sanierungsgesetzes vom 22. Januar 1985 zur Festlegung sozialer Bestimmungen gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung,

indem der Arbeitnehmer, der 50 Jahre alt oder älter ist und ohne Höchstdauer eine Verkürzung der Arbeitsleistungen im Rahmen von Artikel 9 des kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77bis (kollektives Arbeitsabkommen vom 19. Dezember 2001 zur Einführung eines Systems des Zeitkredits, der Laufbahnverkürzung und der Kürzung der Arbeitsleistungen auf eine Halbzeitbeschäftigung) und somit ausserhalb des Rahmens des Elternurlaubs geniesst, im Falle der Entlassung nur Anspruch auf eine aufgrund der Entlohnung für verkürzte Arbeitsleistungen berechnete Entlassungsentschädigung hat,

während der Arbeitnehmer, der während einer beschränkten Frist eine Verkürzung der Arbeitsleistungen im Rahmen des Elternurlaubs geniesst, im Falle der Entlassung Anspruch auf eine Entlassungsentschädigung hat, die aufgrund der Entlohnung, auf die er Anspruch hätte, wenn er seine Leistungen nicht verkürzt hätte, berechnet wird? »;

2. « Verstossen die Artikel 39 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge und/oder Artikel 103 und/oder Artikel 105 § 3 des Sanierungsgesetzes vom 22. Januar 1985 zur Festlegung sozialer Bestimmungen gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit dem Verbot der unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters, verankert in der Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf,

indem der Arbeitnehmer, der 50 Jahre alt oder älter ist und eine Verkürzung der Arbeitsleistungen im Rahmen von Artikel 9 des kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77bis (kollektives Arbeitsabkommen vom 19. Dezember 2001 zur Einführung eines Systems des Zeitkredits, der Laufbahnverkürzung und der Kürzung der Arbeitsleistungen auf eine Halbzeitbeschäftigung) geniesst, im Falle der Entlassung nur Anspruch auf eine aufgrund der Entlohnung für verkürzte Arbeitsleistungen berechnete Entlassungsentschädigung hat,

während Arbeitnehmer unter 50 Jahren, die nicht von dieser Regelung Gebrauch machen können und demzufolge durch diese Regelung nicht dazu angeregt werden, ihre Arbeitsleistungen zu verkürzen, im Falle der Entlassung Anspruch auf eine aufgrund der Entlohnung für nicht verkürzte Arbeitsleistungen berechnete Entlassungsentschädigung haben? ».

b. In seinem Urteil vom 10. Januar 2011 in Sachen der « SCA Packaging Belgium » AG gegen Francine Beyl, dessen Ausfertigung am 13. Januar 2011 in der Kanzlei des Hofes eingegangen ist, hat der Arbeitsgerichtshof Gent folgende präjudizielle Frage gestellt:

« Verstösst Artikel 39 § 1 des Gesetzes über die Arbeitsverträge in der Auslegung des Kassationshofes in dessen Urteilen vom 11. Dezember 2006, vom 25. Februar 2008 und vom 15. Februar 2010 gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, indem für den Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistungen um die Hälfte der normalen Arbeitsstundenzahl einer Vollzeitbeschäftigung verkürzt hat gemäss Artikel 102 § 1 des Sanierungsgesetzes zur Festlegung sozialer Bestimmungen und Artikel 2 § 1 des königlichen Erlasses vom 29. Oktober 1997 zur Einführung eines Rechtes auf Elternurlaub im Rahmen der Laufbahnunterbrechung und während dieser Zeit ordnungswidrig entlassen wird, die Entlassungsentschädigung aufgrund der laufenden Entlohnung und der kraft des Arbeitsvertrags erworbenen Vorteile, die geschuldet wären, wenn die Arbeitsleistungen nicht verkürzt worden wären, berechnet wird, während für den Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistungen auf eine Halbzeitbeschäftigung verkürzt hat gemäss den Artikeln 103bis und 103ter des Sanierungsgesetzes zur Festlegung sozialer Bestimmungen und Artikel 9 des für allgemein verbindlich erklärten kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77bis vom 19. Dezember 2001 des Nationalen Arbeitsrates zur Ersetzung des kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77 vom 14. Februar 2001 zur Einführung eines Systems des Zeitkredits, der Laufbahnverkürzung und der Kürzung der Arbeitsleistungen auf eine Halbzeitbeschäftigung und während dieser Zeit ordnungswidrig entlassen wird, die Entlassungsentschädigung aufgrund der laufenden Entlohnung und der kraft des Arbeitsvertrags erworbenen Vorteile, die tatsächlich für die verkürzten Arbeitsleistungen geschuldet waren, berechnet wird? ».

Diese unter den Nummern 5053 und 5083 ins Geschäftsverzeichnis des Hofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.

(...)

III. In rechtlicher Beziehung

(...)

In Bezug auf die erste präjudizielle Frage in der Rechtssache Nr. 5053 und die präjudizielle Frage in der Rechtssache Nr. 5083

B.1. Die vorlegenden Rechtsprechungsorgane fragen, ob Artikel 39 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge mit dem in den Artikeln 10 und 11 der Verfassung verankerten Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung vereinbar sei.

B.2. Artikel 39 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge (nachstehend: das Gesetz über die Arbeitsverträge) bestimmt:

« § 1. Ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, ist die Partei, die den Vertrag ohne schwerwiegenden Grund oder ohne Einhaltung der in den Artikeln 59, 82, 83, 84 und 115 festgelegten Kündigungsfrist kündigt, dazu verpflichtet, der anderen Partei eine Entschädigung in Höhe der laufenden Entlohnung zu zahlen, die entweder der ganzen oder der restlichen Dauer der Kündigungsfrist entspricht. Die Entschädigung stimmt jedoch immer mit dem Betrag der laufenden Entlohnung, die der Dauer der Kündigungsfrist entspricht, überein, wenn die Kündigung vom Arbeitgeber und unter Missachtung der Bestimmungen von Artikel 38 § 3 des vorliegenden Gesetzes oder von Artikel 40 des Gesetzes vom 16. März 1971 über die Arbeit ausgesprochen wird.

Die Entlassungsentschädigung umfasst nicht nur die laufende Entlohnung, sondern auch die aufgrund des Vertrags erworbenen Vorteile.

§ 2. Unbeschadet der Bestimmungen von § 1 ist der Arbeitgeber, der im Laufe eines der in Artikel 29 Nr. 1, 6 und 7 und in Artikel 38 § 3 Absatz 1 Nr. 3 und 4 erwähnten Zeiträume die Bestimmungen von Artikel 38 § 3 nicht beachtet, dazu verpflichtet, eine Entschädigung in Höhe der normalen Entlohnung zu zahlen, die für die in Artikel 38 § 3 Absatz 1 Nr. 3 und 4 erwähnten Zeiträume oder Teilzeiträume geschuldet wird, während deren der Arbeitnehmer nicht beschäftigt war.

Diese Entschädigung darf jedoch den der Entlohnung von drei Monaten entsprechenden Betrag, wenn es sich um einen Arbeiter oder Hausangestellten handelt, oder den der Entlohnung von sechs Monaten entsprechenden Betrag, wenn es sich um einen Angestellten oder Handelsvertreter handelt, nicht übersteigen.

§ 3. Unbeschadet der Bestimmungen von § 1 ist der Arbeitgeber, der die Bestimmungen von Artikel 40 des Gesetzes vom 16. März 1971 über die Arbeit nicht beachtet, dazu verpflichtet, die in Absatz 3 des vorerwähnten Artikels 40 vorgesehene Entschädigung zu zahlen ».

B.3. Aufgrund der Artikel 37 und 39 des Gesetzes über die Arbeitsverträge können unbefristete Arbeitsverträge einseitig beendet werden mittels Einhaltung einer Kündigungsfrist oder, in deren Ermangelung, mittels einer Entlassungsentschädigung, vorbehaltlich einer Entlassung aus schwerwiegenden Gründen.

Mit Artikel 39 des Gesetzes über die Arbeitsverträge wollte der Gesetzgeber die Folgen einer einseitigen Beendigung des Arbeitsvertrags abschwächen, indem er die Kündigung grundsätzlich von einer bestimmten Kündigungsfrist oder, in deren Ermangelung, von der Zahlung einer Entlassungsentschädigung abhängig machte.

Die Dauer der Kündigungsfrist wird in den Artikeln 59, 82, 83, 84 und 115 des Gesetzes über die Arbeitsverträge geregelt, je nachdem, ob es sich um Arbeiter, Angestellte oder Hausangestellte handelt. Gemäss Artikel 39 § 1 dieses Gesetzes muss die Entlassungsentschädigung auf der Grundlage der « laufenden Entlohnung » festgesetzt werden, die grundsätzlich entweder der ganzen oder der restlichen Dauer der Kündigungsfrist entspricht. Artikel 39 § 1 Absatz 2 präzisiert, dass die Entlassungsentschädigung nicht nur die laufende Entlohnung umfasst, sondern auch alle aufgrund des Vertrags erworbenen Vorteile.

B.4. Die präjudiziellen Fragen beziehen sich auf die Auslegung des Begriffs « Entlohnung », falls einem Arbeitnehmer gekündigt wird, der in Anwendung des Sanierungsgesetzes vom 22. Januar 1985 zur Festlegung sozialer Bestimmungen (nachstehend: das Gesetz vom 22. Januar 1985) seine Arbeitsleistungen verkürzt.

Für die Festlegung der Entlassungsentschädigung geht man grundsätzlich von der Entlohnung aus, auf die der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeit zum Zeitpunkt der Notifizierung der Kündigung Anrecht hat.

Die vorlegenden Rechtsprechungsorgane gehen bei der Fragestellung von einer Auslegung von Artikel 39 des Gesetzes über die Arbeitsverträge aus, wonach im Falle der Entlassung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ohne Kündigungsfrist eine Entlassungsentschädigung gezahlt werden muss auf der Grundlage der « laufenden Entlohnung » zum Zeitpunkt der Entlassung, die für einen Arbeitnehmer von fünfzig Jahren und älter, der seine Arbeitsleistungen verkürzt hat, folglich auf der Grundlage der Entlohnung für die verkürzten Arbeitsleistungen berechnet wird.

B.5.1. Das Arbeitsgericht bezieht in seine erste präjudizielle Frage (Rechtssache Nr. 5053) auch Artikel 103 des Gesetzes vom 22. Januar 1985 ein, der bestimmt, dass die Frist der Kündigung, die einem Arbeitnehmer mitgeteilt wird, der seine Arbeitsleistungen gemäss den Artikeln 102 und 102bis desselben Gesetzes verkürzt hat - dies sind die Fälle der teilweisen Verkürzung der Arbeitsleistungen um 1/5, 1/4, 1/3 oder 1/2 oder bei einer Arbeitszeitverkürzung im Hinblick auf Palliativbeistand, um 1/5 oder 1/2 -, so berechnet wird, als ob der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistungen nicht verkürzt hätte. Dieser Artikel bestimmt ausserdem, dass die Dauer dieser Kündigungsfrist ebenfalls bei der Festlegung der Entschädigung im Sinne von Artikel 39 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 berücksichtigt werden muss.

B.5.2. Das Arbeitsgericht Brüssel bezieht in seine erste präjudizielle Frage ausserdem Artikel 105 § 3 des Gesetzes vom 22. Januar 1985, wieder aufgenommen durch Artikel 90 Nr. 2 des Gesetzes vom 30. Dezember 2009 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen, ein, der bestimmt:

« Wenn der Arbeitsvertrag während eines Zeitraums mit verkürzten Arbeitsleistungen im Rahmen eines Elternurlaubs, der in Anwendung dieses Abschnitts genommen wurde, beendet wird, ist unter dem Begriff ' laufende Entlohnung ' im Sinne von Artikel 39 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge die Entlohnung zu verstehen, die der Arbeitnehmer aufgrund seines Arbeitsvertrags verdient hätte, wenn er seine Arbeitsleistungen nicht verkürzt hätte ».

B.5.3. Der Ministerrat führt an, dass die erste Frage in der Rechtssache Nr. 5053 nicht relevant sei, insofern sie sich auf Artikel 103 des Gesetzes vom 22. Januar 1985 beziehe, da die Anfechtung im Ausgangsverfahren vor dem Arbeitsgericht sich auf eine Entlassung während des Zeitraums der verkürzten Arbeitsleistungen auf der Grundlage eines Zeitkredits für Arbeitnehmer von fünfzig Jahren und älter in Anwendung des kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77bis vom 19. Dezember 2001 zur Ersetzung des kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77 vom 14. Februar 2001 zur Einführung eines Systems des Zeitkredits, der Laufbahnverkürzung und der Kürzung der Arbeitsleistungen auf eine Halbzeitbeschäftigung (nachstehend: das kollektive Arbeitsabkommen Nr. 77bis ) beziehe.

Die beklagte Partei in der Rechtssache vor dem Arbeitsgericht Brüssel (Nr. 5053) führt an, dass Artikel 105 § 3 des Gesetzes vom 22. Januar 1985 sich auf die Entlassung während eines Zeitraums der verkürzten Arbeitsleistungen im Rahmen eines Elternurlaubs beziehe und dass diese Bestimmung folglich nicht auf das Ausgangsverfahren Anwendung finde.

B.5.4. Es obliegt grundsätzlich dem vorlegenden Richter zu prüfen, ob es sachdienlich ist, dem Hof eine präjudizielle Frage zu den Bestimmungen zu stellen, die seines Erachtens auf den Streitfall anwendbar sind. Nur wenn dies eindeutig nicht der Fall ist, kann der Hof beschliessen, nicht auf die Frage einzugehen.

Die beim Arbeitsgericht Brüssel anhängig gemachte Klage bezieht sich sowohl auf die Zahlung einer Entlassungsentschädigung in Anwendung des Gesetzes über die Arbeitsverträge als auch auf die pauschale Schutzentschädigung in Anwendung des Gesetzes vom 22. Januar 1985. Dabei legt der vorlegende Richter die fraglichen Bestimmungen so aus, dass in Ermangelung einer vom allgemeinen Recht abweichenden Bestimmung die beiden Entschädigungen im Falle der Entlassung eines fünfzig Jahre alten oder älteren Arbeitnehmers, der seine Arbeitsleistungen verkürzt hat, auf der Grundlage der für die verkürzten Arbeitsleistungen erworbenen laufenden Entlohnung berechnet werden, dies im Gegensatz zu den Regelungen der Artikel 103 und 105 § 3 des Gesetzes vom 22. Januar 1985, wonach man für die Festlegung der Kündigungsfrist beziehungsweise der Entlassungsentschädigung bei Entlassung während des Elternurlaubs von den nicht verkürzten Arbeitsleistungen ausgeht.

Es erweist sich nicht, dass die erste Frage in der Rechtssache Nr. 5053 eindeutig nicht sachdienlich wäre für die Schlichtung des Streitfalls im Ausgangsverfahren.

B.5.5. Die Einreden werden abgewiesen.

B.6. Die vorlegenden Rechtsprechungsorgane fragen, ob Artikel 39 § 1 des Gesetzes über die Arbeitsverträge diskriminierend sei, wenn er so ausgelegt werde, dass bei der Festlegung der Entlassungsentschädigung im Falle der Entlassung eines Arbeitnehmers von fünfzig Jahren und älter, der seine Arbeitsleistungen aufgrund des Zeitkredits in Anwendung des kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77bis verkürzt habe, durch den Arbeitgeber, von der « laufenden Entlohnung » für die verkürzten Arbeitsleistungen ausgegangen werde, während bei der Festlegung der Entlassungsentschädigung im Fall einer Entlassung eines Arbeitnehmers, der seine Arbeitsleistungen im Rahmen des Elternurlaubs verkürzt habe, durch den Arbeitgeber, von der Entlohnung ausgegangen werden müsse, auf die er Anspruch haben würde, wenn er seine Arbeitsleistungen nicht verkürzt hätte.

Unter Berücksichtigung der Begründungen der Verweisungsentscheidungen geht der Hof davon aus, dass es hier um den Elternurlaub im Sinne der Rahmenvereinbarung geht, die der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 « zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub » beigefügt ist.

B.7. Im Gegensatz zu dem, was der Ministerrat, die beklagte Partei in der Rechtssache vor dem Arbeitsgericht Brüssel (Nr. 5053) und die Berufungsklägerin in der Rechtssache vor dem Arbeitsgerichtshof Gent (Nr. 5083) anführen, kann im Lichte der Prüfung anhand des Grundsatzes der Gleichheit und Nichtdiskriminierung sehr wohl ein Vergleich gezogen werden zwischen einerseits der Kategorie von Arbeitnehmern von fünfzig Jahren und älter, die entlassen werden, während sie ihre Arbeitsleistungen aufgrund des Zeitkredits verkürzt haben, und andererseits der Kategorie von Arbeitnehmern, die entlassen werden, während sie ihre Arbeitsleistungen aufgrund des Elternurlaubs verkürzt haben.

Die Unterschiede zwischen diesen Kategorien, die durch die oben genannten Parteien angeführt werden, sind nicht derart, dass dadurch ein Vergleich bei der Berechnung der Entlassungsentschädigung im Falle der Entlassung von Arbeitnehmern der einen oder anderen Kategorie unmöglich würde.

B.8. Gemäss Artikel 39 § 1 des Gesetzes über die Arbeitsverträge hat ein Arbeitnehmer, der ohne Kündigungsfrist entlassen wird, Anrecht auf eine Entlassungsentschädigung in Höhe der laufenden Entlohnung, die entweder der ganzen oder der restlichen Dauer der Kündigungsfrist entspricht. In der vom Richter angenommenen Auslegung entspricht die « laufende Entlohnung » im Fall von verkürzten Arbeitsleistungen der tatsächlich erworbenen Entlohnung und nicht der vorher erworbenen Vollzeitentlohnung.

Um die Laufbahnunterbrechung ausreichend attraktiv zu gestalten, die Beschäftigungssicherheit der betroffenen Arbeitnehmer zu garantieren und mögliche unverhältnismässige Folgen einer Entlassung während oder aufgrund der Laufbahnunterbrechung abzuschwächen, hat der Gesetzgeber eine pauschale Schutzentschädigung in Höhe von sechs Monaten Entlohnung im Fall einer Entlassung ohne schwerwiegenden oder ausreichenden Grund vorgesehen (Artikel 101 Absatz 6 des Gesetzes vom 22. Januar 1985) und überdies in Artikel 103 des Gesetzes vom 22. Januar 1985 festgelegt, dass für die Berechnung der Kündigungsfrist oder der Anzahl Monate, die zur Festlegung des Betrags der Entlassungsentschädigung im Sinne von Artikel 39 § 1 des Gesetzes über die Arbeitsverträge zu berücksichtigen sind, von der Basisjahresentlohnung auszugehen ist, als ob der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistungen nicht verkürzt hätte.

In diesem Fall kann dem Gesetzgeber jedoch vernünftigerweise nicht vorgeworfen werden, dass er nicht so weit gegangen ist, auch für den Betrag der Entlassungsentschädigung vorzusehen, dass von der Basisjahresentlohnung auszugehen ist, als ob der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistungen nicht verkürzt hätte.

Es gehört nämlich zur Ermessensfreiheit des Gesetzgebers, das Mass festzulegen, in dem die Massnahmen zum Schutz gegen Entlassung von Arbeitnehmern, die ihre Arbeitsleistungen verkürzt haben, tatsächlich dafür sorgen können, dass der Arbeitgeber davon abgehalten wird, eine Entlassung vorzunehmen.

Der Hof könnte diese Entscheidung nur missbilligen im Falle einer offensichtlich unvernünftigen Beurteilung, was nicht zutrifft unter Berücksichtigung dessen, dass für Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistungen verkürzt haben aufgrund des Zeitkredits in Anwendung des kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77bis, und insbesondere aufgrund von Artikel 20 § 4 dieses kollektiven Arbeitsabkommens, im Anschluss an Artikel 101 des Gesetzes vom 22. Januar 1985, festgelegt wurde, dass Arbeitgeber, die den Arbeitsvertrag beenden ohne schwerwiegende Gründe oder aus Gründen, deren Art und Ursprung keinen Zusammenhang mit der Verkürzung der Arbeitsleistungen aufweisen, neben der Entlassungsentschädigung eine pauschale Schutzentschädigung zahlen müssen, die der Entlohnung für sechs Monate entspricht.

Der Umstand, dass es sich im vorliegenden Fall um Arbeitnehmer von fünfzig Jahren und älter handelt, die entlassen werden, während sie ihre Arbeitsleistungen aufgrund des Zeitkredits verkürzt haben, und insbesondere der Umstand, dass dieser Zeitkredit bis zum Pensionsalter dauern kann, führt nicht zu einer anderen Schlussfolgerung.

B.9.1. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 22. Oktober 2009 (EuGH, 22. Oktober 2009, C-116/08, Meerts ) über eine durch den Kassationshof gestellte Vorabentscheidungsfrage (Kass., 25. Februar 2008, Arr. Cass., 2008, Nr. 126) entschieden:

« Paragraf 2 Nrn. 6 und 7 der am 14. Dezember 1995 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, die im Anhang der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE [Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas], CEEP [Europäischer Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft] und EGB [Europäischer Gewerkschaftsbund] geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 geänderten Fassung enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er im Fall der einseitigen Beendigung des Arbeitsvertrags eines unbefristet und in Vollzeit angestellten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ohne schwerwiegenden Grund oder ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist während eines auf Halbzeitbasis genommenen Elternurlaubs des Arbeitnehmers einer Berechnung der diesem zu zahlenden Entschädigung auf der Grundlage seines zum Zeitpunkt der Kündigung reduzierten Gehalts entgegensteht ».

Dieses Urteil muss in dem Kontext des europäischen Rechts der vorerwähnten Richtlinie und Rahmenvereinbarung über Elternurlaub gesehen werden.

B.9.2. Seither hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung des vorerwähnten Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union durch Artikel 90 Nr. 2 des Gesetzes vom 30. Dezember 2009 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen den in B.5.2 zitierten Artikel 105 § 3 des Gesetzes vom 22. Januar 1985 angenommen.

Aus den Vorarbeiten zu dieser Bestimmung geht hervor, dass diese Regelung sich nur auf den Elternurlaub und nicht auf andere Formen der Teilzeitarbeit bezieht (Parl. Dok., Kammer, 2009-2010, DOC 52-2299/016, S. 31). Ein Abänderungsantrag zur Ausdehnung auf alle Formen der Verkürzung der Arbeitsleistungen in Anwendung der Abschnitte 3 und 3bis des Gesetzes vom 22. Januar 1985 (ebenda, DOC 52-2299/003, S. 11) wurde nicht angenommen (ebenda, DOC 52-2299/016, S. 38).

B.9.3. Aus dem Umstand, dass aufgrund der vorerwähnten Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Auslegung der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub und von Artikel 105 § 3 des Gesetzes vom 22. Januar 1985 zur Festlegung einer etwaigen Entlassungsentschädigung im Falle der Entlassung eines Arbeitnehmers während des Elternurlaubs, durch den Arbeitgeber, eine Entlohnung berücksichtigt werden muss, die derjenigen entsprechen würde, die der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er keinen Elternurlaub genommen hätte, ist noch nicht zu schlussfolgern, dass es offensichtlich unverhältnismässig wäre, für die Festlegung der etwaigen Entlassungsentschädigung im Falle der Entlassung eines Arbeitnehmers von fünfzig Jahren und älter, der seine Arbeitsleistungen verkürzt hat, durch den Arbeitgeber, von der laufenden Entlohnung für seine verkürzten Arbeitsleistungen auszugehen, dies sowohl unter Berücksichtigung von Artikel 103 des Gesetzes vom 22. Januar 1985 als auch des Umstandes, dass nach belgischem Recht neben der Entlassungsentschädigung für diesen Arbeitnehmer eine Schutzentschädigung in Höhe von sechs Monaten Entlohnung zu Lasten des Arbeitgebers vorgesehen ist, wenn der Arbeitsvertrag ohne schwerwiegende Gründe oder aus Gründen, deren Art und Ursprung keinen Zusammenhang mit der Verkürzung der Arbeitsleistungen aufweisen, beendet wird.

B.10. Die erste präjudizielle Frage in der Rechtssache Nr. 5053 und die präjudizielle Frage in der Rechtssache Nr. 5083 sind verneinend zu beantworten.

In Bezug auf die zweite präjudizielle Frage in der Rechtssache Nr. 5053

B.11. Das Arbeitsgericht Brüssel fragt auch, ob Artikel 39 des Gesetzes über die Arbeitsverträge mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung, gegebenenfalls in Verbindung mit dem Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters, so wie es in der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vorgesehen sei, vereinbar sei, insofern Arbeitnehmer von fünfzig Jahren und älter, die ihre Arbeitsleistungen aufgrund des kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77bis verkürzt hätten, im Falle der Entlassung nur Anspruch auf eine aufgrund der Entlohnung für verkürzte Arbeitsleistungen berechnete Entlassungsentschädigung hätten, « während Arbeitnehmer unter 50 Jahren, die nicht von dieser Regelung Gebrauch machten können und demzufolge durch diese Regelung nicht dazu angeregt werden, ihre Arbeitsleistungen zu verkürzen, im Falle der Entlassung Anspruch auf eine aufgrund der Entlohnung für nicht verkürzte Arbeitsleistungen berechnete Entlassungsentschädigung haben ».

B.12. Arbeitnehmer von fünfzig Jahren und älter, die ihre Arbeitsleistungen auf der Grundlage des kollektiven Arbeitsabkommens Nr. 77bis verkürzen, können dies bis zum Pensionsalter tun, während der Zeitkredit für jüngere Arbeitnehmer zeitlich begrenzt ist.

Was den fraglichen Artikel 39 des Gesetzes über die Arbeitsverträge betrifft, besteht zur Festlegung der etwaigen Entlassungsentschädigung im Falle der Entlassung durch den Arbeitgeber jedoch kein Behandlungsunterschied, je nachdem, ob es sich um einen Arbeitnehmer von fünfzig Jahren und älter oder um einen Arbeitnehmer unter fünfzig Jahren handelt. Wenn der Arbeitnehmer in einem Zeitraum entlassen wird, in dem er seine Arbeitsleistungen verkürzt hat, wird bei der Festlegung der Entlassungsentschädigung von der laufenden Entlohnung für seine verkürzten Arbeitsleistungen ausgegangen, und wenn er in einem Zeitraum entlassen wird, in dem er seine Arbeitsleistungen nicht verkürzt hat, wird bei der Festlegung der Entlassungsentschädigung von der laufenden Entlohnung für die nicht verkürzten Arbeitsleistungen ausgegangen.

In der fraglichen Bestimmung wird daher nicht auf der Grundlage des Alters der betreffenden Arbeitnehmer unterschieden.

B.13. Die zweite präjudizielle Frage in der Rechtssache Nr. 5053 ist verneinend zu beantworten.

Aus diesen Gründen:

Der Hof

erkennt für Recht:

Artikel 39 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge verstösst nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, wenn er dahingehend ausgelegt wird, dass im Falle der Entlassung eines Arbeitnehmers, der fünfzig Jahre alt oder älter ist und seine Arbeitsleistungen verkürzt hat, bei der Festlegung des Betrags der Entlassungsentschädigung von der laufenden Entlohnung, die den verkürzten Tätigkeiten entspricht, auszugehen ist.

Verkündet in niederländischer und französischer Sprache, gemäss Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, in der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2011.

Der Kanzler,

(gez.) P.-Y. Dutilleux.

Der Vorsitzende,

(gez.) M. Bossuyt.