Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 21 Oktober 2010 (België). RG 116/2010

Datum :
21-10-2010
Taal :
Duits Frans Nederlands
Grootte :
2 pagina's
Sectie :
Rechtspraak
Bron :
Justel D-20101021-3
Rolnummer :
116/2010

Samenvatting :

Der Hof weist die Klage zurück.

Arrest :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Vorsitzenden M. Bossuyt und M. Melchior, und den Richtern R. Henneuse, L. Lavrysen, J.-P. Moerman, E. Derycke und P. Nihoul, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Vorsitzenden M. Bossuyt,

verkündet nach Beratung folgendes Urteil:

I. Gegenstand der Klage und Verfahren

Mit einer Klageschrift, die dem Hof mit am 6. Januar 2010 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 7. Januar 2010 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Patrick Speeckaert, der in 9910 Knesselare, Brugstraat 22, Domizil erwählt hat, und Sven Boullart, wohnhaft in 9910 Knesselare, Brugstraat 22, Klage auf Nichtigerklärung des Dekrets der Flämischen Region vom 8. Mai 2009 über den tiefen Untergrund (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 6. Juli 2009), wenigstens von Artikel 3 dieses Dekrets.

(...)

II. In rechtlicher Beziehung

(...)

B.1. Die klagenden Parteien beantragen die Nichtigerklärung des Dekrets der Flämischen Region vom 8. Mai 2009 über den tiefen Untergrund, « wenigstens von Artikel 3 dieses Dekrets ». Aus der in der Klageschrift enthaltenen Darlegung der Klagegründe geht hervor, dass die Klage sich auf Artikel 3 dieses Dekrets beschränkt.

B.2.1. Der angefochtene Artikel 3 des vorerwähnten Dekrets bestimmt:

« Die im tiefen Untergrund natürlich vorhandenen Kohlenwasserstoffe sind Eigentum der Flämischen Region.

Das Eigentum von Kohlenwasserstoffen, die in Anwendung einer Abbaugenehmigung gefördert werden, geht durch deren Abbau auf den Genehmigungsinhaber über, und zwar unter der Bedingung, dass der Flämischen Region eine Vergütung gezahlt wird gemäss Kapitel II Abschnitt II. Das Eigentum von Kohlenwasserstoffen, die in Anwendung einer Prospektionsgenehmigung für Kohlenwasserstoffe dem Untergrund als Muster oder Formationsproben entnommen werden, geht auf den Genehmigungsinhaber über, ohne dass der Flämischen Region eine Vergütung zu zahlen ist ».

B.2.2. Gemäss Artikel 2 des angefochtenen Dekrets gelten folgende Begriffsbestimmungen:

« 1. tiefer Untergrund: Untergrund ab einer Tiefe von mindestens 100 Metern unter der Erdoberfläche;

2. Kohlenwasserstoff: jede im tiefen Untergrund vorhandene Substanz organischen Ursprungs in einer dort auf natürlichem Wege entstandenen Konzentration von hauptsächlich Kohlenstoff- und Wasserstoffverbindungen oder Kohlenstoff in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand, wie unter anderem Braunkohle, Steinkohle, Erdöl und Erdgas oder Grubengas, das heisst gleich welches Gas, das aus einer Grube entnommen werden kann ».

B.3. In der Erläuterung der einzelnen Artikel heisst es zum angefochtenen Artikel 3:

« Infolge dieser Bestimmung sind alle Kohlenwasserstoffe, die natürlich im tiefen Untergrund vorkommen (das heisst gemäss dem Dekret also ab einer Tiefe von 100 Metern unter der Erdoberfläche), grundsätzlich Eigentum der Flämischen Region. Selbstverständlich gehören hierzu nicht die Kohlenwasserstoffe, die den Gegenstand einer Genehmigung im Rahmen des Gesetzes vom 18. Juli 1975 ' über die Erkundung und Verwertung von Untertagespeichern in situ, die zur Lagerung von Gas bestimmt sind ' darstellen, weil sie sich nicht auf natürliche Weise im tiefen Untergrund befinden.

Deze Bestimmung stellt im Grunde eine Anwendung des Spielsraums dar, den Artikel 552 des Zivilgesetzbuches für Einschränkungen des Eigentumsrechtes des Eigentümers des oberirdischen Bodens einräumt. Infolge des Grundsatzes des Zuwachses schliesst das Eigentum am Grund und Boden grundsätzlich das Eigentum an allem ein, was darauf oder darunter ist. So darf der Eigentümer grundsätzlich unter dem Boden nach Gutdünken bauen und graben und aus diesen Grabungen alles herausnehmen, was sie hervorbringen, vorbehaltlich der Einschränkungen, die sich aus den die Bergwerke betreffenden Gesetzen und Verordnungen ergeben.

Im Dekretentwurf wird das Eigentumsrecht des Eigentümers des oberirdischen Bodens im dem Sinn eingeschränkt, dass alle Kohlenwasserstoffe, die sich auf natürliche Weise mindestens 100 Meter unter der Erdoberfläche befinden, Eigentum der Flämischen Region sind. Die Mindesttiefe von 100 Metern unter der Erdoberfläche ist Ausdruck des Strebens nach einem angemessenen Gleichgewicht zwischen einerseits der Vermeidung übermässiger Behinderungen für die Anspruchsberechtigten in Bezug auf den oberirdischen Boden und die Einschränkung des Eigentumsrechts und andererseits der Annahme einer realistischen Tiefe, in der Kohlenwasserstoffe prospektiert und gefördert werden können, aus geologischer Sicht. In jedem Fall wird der Eigentümer des oberirdischen Bodens nicht in dem, was vernünftigerweise als normale Nutzung seines Eigentums anzusehen ist, eingeschränkt.

Das Eigentum von Kohlenwasserstoffen, die im Rahmen des Dekrets unter Anwendung einer Abbaugenehmigung oder, wenn es sich lediglich um Muster oder Formationsproben handelt, in Anwendung einer Prospektionsgenehmigung für Kohlenwasserstoffe dem Untergrund entnommen werden, geht durch deren Entnahme aus dem Untergrund auf den Genehmigungsinhaber über. Der Inhaber einer Abbaugenehmigung muss hierzu jedoch eine Vergütung an die Flämische Region zahlen » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2008-2009, Nr. 2164/1, SS. 14-15).

B.4. Die klagenden Parteien führen zwei Klagegründe an. Der erste Klagegrund ist aus einem Verstoss gegen Artikel 16 der Verfassung und gegen Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention abgeleitet. Der zweite Klagegrund ist abgeleitet aus einem Verstoss gegen die Regeln der Zuständigkeitsverteilung, insbesondere von Artikel 79 § 1 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen.

In Bezug auf das Interesse

B.5.1. Zur Untermauerung ihres Interesses führen die klagenden Parteien an, dass sie Eigentümer und Miteigentümer von etwa zwei Hektar vornehmlich unbebauter und angrenzender unbeweglicher Güter in Knesselare-Ursel seien. Diese Güter befänden sich « genau auf der Schichtstufe von Maldegem (auch Schichtstufe von Zomergem-Oedelem genannt) ». Aufgrund von Artikel 552 des Zivilgesetzbuches besässen sie das Volleigentum an den vorerwähnten unbeweglichen Gütern, auch in Bezug auf den Untergrund.

B.5.2. Die Flämische Regierung stellt das Interesse der klagenden Parteien, vor Gericht aufzutreten, in Abrede, da es angesichts der Lage der unbeweglichen Güter der klagenden Parteien absolut unmöglich sei, dass das angefochtene Dekret auf sie oder ihre unbeweglichen Güter angewandt würde. Die Schichtstufe von Zomergem-Oedelem sei nämlich eine so genannte « Ton-Schichtstufe ». Nach Darlegung der Flämischen Regierung stehe fest, dass sich dort keine Kohlenwasserstoffen im (tiefen) Untergrund befänden. Ebenso wenig würden in der betreffende Region feste Kohlenwasserstoffe (Steinkohle oder Braunkohle) in einer Tiefe von mehr als 100 Metern vorkommen, das heisst der Obergrenze des Anwendungsbereichs ratione loci des angefochtenen Dekrets. Folglich könne sich das angefochtene Dekret nicht unmittelbar und ungünstig auf die Lage der klagenden Parteien auswirken, so dass die Klage wegen mangelnden Interesses unzulässig sei.

B.5.3. Die Verfassung und das Sondergesetz vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof erfordern, dass jede natürliche oder juristische Person, die eine Nichtigkeitsklage erhebt, ein Interesse nachweist. Das erforderliche Interesse liegt nur bei jenen Personen vor, deren Situation durch die angefochtene Rechtsnorm unmittelbar und ungünstig beeinflusst werden könnte.

B.5.4. Die von den klagenden Parteien angeführte Eigenschaft als Eigentümer bestimmter Grundstücke kann nicht ausreichen, um das rechtlich erforderliche Interesse an der Beantragung der Nichtigerklärung des angefochtenen Artikels 3 zu ergeben.

Ohne über die Frage, ob die klagenden Parteien aufgrund von Artikel 552 des Zivilgesetzbuches als Eigentümer von gegebenenfalls im tiefen Untergrund - das heisst dem « Untergrund ab einer Tiefe von mindestens 100 Metern unter der Erdoberfläche » - natürlich vorhandenen Kohlenwasserstoffen angesehen werden können, urteilen zu müssen, stellt der Hof fest, dass die Argumentation der Flämischen Regierung, wonach das angefochtene Dekret nicht auf das Gebiet der Gemeinde Knesselare-Ursel und somit ebenfalls nicht auf die unbeweglichen Güter der klagenden Parteien angewandt werden könne, unter anderem auf Angaben der « Databank Ondergrond Vlaanderen » (Datenbank des flämischen Untergrunds) beruht, die übrigens nicht durch die klagenden Parteien entkräftet werden.

Die durch die klagenden Parteien angeführten Elemente lassen nicht erkennen, dass sie ein ausreichendes Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Bestimmung besitzen.

B.5.5. Die Klage ist unzulässig.

Aus diesen Gründen:

Der Hof

weist die Klage zurück.

Verkündet in niederländischer, französischer und deutscher Sprache, gemäss Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, in der öffentlichen Sitzung vom 21. Oktober 2010.

Der Kanzler,

P.-Y. Dutilleux.

Der Vorsitzende,

M. Bossuyt.