Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 22 Dezember 2010 (België). RG 155/2010

Datum :
22-12-2010
Taal :
Duits Frans Nederlands
Grootte :
4 pagina's
Sectie :
Rechtspraak
Bron :
Justel D-20101222-7
Rolnummer :
155/2010

Samenvatting :

Der Hof erkennt für Recht: Artikel 8 Nr. 4 des Dekrets der Wallonischen Region vom 18. Juli 1997 bezüglich der Eingliederung von Arbeitsuchenden bei Arbeitgebern, die eine Ausbildung organisieren, durch die eine freie Stelle besetzt werden kann, verstößt nicht gegen die Regeln der Zuständigkeitsverteilung.

Arrest :

Voeg het document toe aan een map () om te beginnen met annoteren.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus dem emeritierten Vorsitzenden M. Melchior gemäss Artikel 60bis des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, und dem Vorsitzenden M. Bossuyt, und den Richtern A. Alen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, J. Spreutels und T. Merckx-Van Goey, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des emeritierten Vorsitzenden M. Melchior,

verkündet nach Beratung folgendes Urteil:

I. Gegenstand der präjudiziellen Fragen und Verfahren

In seinem Urteil vom 12. Februar 2010 in Sachen Alain Verhaeghe gegen die « E.D. Systems » PGmbH, in Anwesenheit des Wallonischen Amtes für Berufsbildung und Arbeitsbeschaffung (FOREm), dessen Ausfertigung am 22. Februar 2010 in der Kanzlei des Hofes eingegangen ist, hat das Arbeitsgericht Tournai folgende präjudizielle Fragen gestellt:

« 1. Verstösst Artikel 8 des Dekrets des Wallonischen Regionalrates vom 18. Juli 1997 bezüglich der Eingliederung von Arbeitsuchenden bei Arbeitgebern, die eine Ausbildung organisieren, durch die eine freie Stelle besetzt werden kann, gegen Artikel 6 § 1 VI Absatz 5 Nr. 12 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, dahingehend ausgelegt, dass er den Arbeitgeber, der sich dazu verpflichtet hat, einen Praktikanten nach einem im Voraus festgelegten Programm auszubilden, dazu verpflichtet, diesen Praktikanten im Anschluss an den Vertrag zur Ausbildung und Eingliederung für den erlernten Beruf in ein Arbeitsvertragsverhältnis einzubinden, und zwar für eine Dauer, die mindestens der des Vertrags zur Ausbildung und Eingliederung entspricht, während der vorerwähnte Artikel 6 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 bestimmt, dass für das Arbeitsrecht und die soziale Sicherheit allein die Föderalbehörde zuständig ist?

2. Verstösst Artikel 8 des Dekrets des Wallonischen Regionalrates vom 18. Juli 1997 bezüglich der Eingliederung von Arbeitsuchenden bei Arbeitgebern, die eine Ausbildung organisieren, durch die eine freie Stelle besetzt werden kann, gegen Artikel 6 § 1 VI Absatz 5 Nr. 12 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, dahingehend ausgelegt, dass er den Arbeitgeber, der sich dazu verpflichtet hat, einen Praktikanten nach einem im Voraus festgelegten Programm auszubilden, dazu verpflichtet, diesen Praktikanten im Anschluss an den Vertrag zur Ausbildung und Eingliederung für den erlernten Beruf in ein Arbeitsvertragsverhältnis einzubinden, und zwar für eine Dauer, die mindestens der des Vertrags zur Ausbildung und Eingliederung entspricht, im Lichte von Artikel 10 des Sondergesetzes vom 8. August 1980, der bestimmt, dass Dekrete Rechtsbestimmungen enthalten können, die sich auf Angelegenheiten beziehen, die nicht in die Zuständigkeit der Parlamente fallen, sofern diese Bestimmungen für die Ausübung ihrer Befugnis erforderlich sind, jedoch in Anbetracht dessen, dass das Dekret des Wallonischen Regionalrates vom 18. Juli 1997 Bestimmungen enthalten kann, die im Widerspruch zum Gesetz vom 3. Juli 1978 stehen - keine Probeklausel nach dem Dekret, Probeklausel möglich nach dem Gesetz? ».

(...)

III. In rechtlicher Beziehung

(...)

B.1.1. Das Dekret der Wallonischen Region vom 18. Juli 1997 « bezüglich der Eingliederung von Arbeitsuchenden bei Arbeitgebern, die eine Ausbildung organisieren, durch die eine freie Stelle besetzt werden kann » bezweckt, « den allgemeinen Rahmen einer globalen und kohärenten Politik der Arbeitsuchenden » festzulegen, und « betrifft somit untrennbar sowohl die Beschäftigung als auch die Ausbildung » (Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 1996-1997, Nr. 258/3, S. 3).

B.1.2. Artikel 2 dieses Dekrets bestimmt:

« Die Eingliederung durch die Berufsausbildung betrifft jede Person, die als Arbeitsuchende bei einem regionalen Arbeitsamt eingetragen ist, die auf dem nationalen Gebiet wohnhaft ist und durch ein Praktikum bei einem Arbeitgeber oder ggf. bei einem Ausbilder die beruflichen Fähigkeiten erlangt, die zur Ausübung einer beruflichen Aktivität bei diesem Arbeitgeber notwendig sind, mit Ausnahme des Praktikums, durch das nur eine Anpassung an den Arbeitsplatz vollzogen wird.

Die Regierung legt fest, was unter dem Begriff ' Ausbilder ' und ' Arbeitsuchender ' zu verstehen ist. Sie legt ebenfalls die Bedingungen fest, unter denen von der an den Wohnsitz gebundenen Bedingung abgewichen werden kann ».

B.1.3. Artikel 4 desselben Dekrets bestimmt:

« Der Arbeitgeber, der einen Vertrag zur Ausbildung und Eingliederung abschliessen möchte, stellt einen Antrag beim Gemeinschaftlichen und Regionalen Amt für Berufsbildung und Arbeitsbeschaffung, nachstehend FOREm genannt ».

B.1.4. Artikel 5 desselben Dekrets bestimmt:

« Das Praktikum bei dem Arbeitgeber ist Gegenstand eines Vertrags zur Ausbildung und Eingliederung zwischen dem Arbeitsuchenden, nachstehend ' der Praktikant ' genannt, dem Arbeitgeber und dem FOREm. Die Vertragsdauer, der Inhalt des Vertrags, die Durchführungsbestimmungen und die Bedingungen für eine frühzeitige Auflösung werden von der Regierung festgelegt ».

B.1.5. Artikel 7 desselben Dekrets bestimmt:

« Für die Dauer der Ausführung des Vertrags zur Ausbildung und Eingliederung bleibt der Praktikant als Arbeitsuchender eingetragen und erhält ggf. weiterhin Arbeitslosengeld, eine Ubergangsbeihilfe oder ein durch das Gesetz vom 7. August 1974 zur Einführung des Rechts auf ein Mindesteinkommen eingeführtes Mindesteinkommen.

Des Weiteren bezieht er:

1° eine Förderprämie zu Lasten des Arbeitgebers;

2° eine Entschädigung für die Fahrtkosten zwischen seinem Wohnsitz und dem Betriebssitz, an dem die Ausbildung durchgeführt wird. Diese Entschädigung geht zu Lasten des FOREm;

3° eine Entschädigung für Dienstreisekosten, zu Lasten des Arbeitgebers;

4° eine Ausgleichszahlung zu Lasten des FOREm, wenn der Betrag der in Absatz 1 genannten Zahlungen sich auf höchstens 124 Euro monatlich beläuft.

Die Regierung legt die Berechnungsmethode der in Absatz 2, 1° angeführten Prämie fest, sowie die Bedingungen für die Gewährung und die Beträge der in Absatz 2, 2° und 4° angeführten Vorteile ».

B.1.6. Artikel 8 desselben Dekrets bestimmt:

« Der Arbeitgeber verpflichtet sich:

[...]

4° den Praktikanten im Anschluss an den Vertrag zur Ausbildung und Eingliederung für den erlernten Beruf in ein Arbeitsvertragsverhältnis einzubinden, und zwar für eine Dauer, die mindestens der des Vertrags zur Ausbildung und Eingliederung entspricht sowie unter Beachtung der auf den betreffenden Tätigkeitsbereich anwendbaren Tarifabkommen;

[...] ».

Dabei handelt es sich um die fragliche Bestimmung.

B.1.7. Artikel 13 desselben Dekrets bestimmt:

« Der Arbeitgeber, der die in Artikel 8, Absatz 1, 4° oder 5° angeführte Bedingung missachtet oder den Vertrag zur Ausbildung und Eingliederung ohne Zustimmung des FOREm beendet, zahlt diesem die gemäss Artikel 7, Absatz 2, 2° und 4° gezahlten finanziellen Entschädigungen zurück ».

B.2. Aufgrund von Artikel 8 Nr. 4 des fraglichen Dekrets ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Praktikanten einen Arbeitsvertrag in dem erlernten Beruf anzubieten für eine Dauer, die mindestens der Dauer des Vertrags zur Ausbildung und Eingliederung entspricht, nach dessen Beendigung.

Nach Auffassung des vorlegenden Richters könnte die fragliche Bestimmung einen Verstoss gegen die Regeln der Zuständigkeitsverteilung darstellen, insofern sie sich auf das Arbeitsrecht beziehe und die Effizienz der Klauseln über die Probezeit verringere, die aufgrund der Artikel 47 und 67 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge in einen Arbeitsvertrag eingefügt werden könnten.

B.3.1. Artikel 4 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen bestimmt:

« Die kulturellen Angelegenheiten, auf die sich Artikel 59bis § 2 Nr. 1 [nunmehr Artikel 127 § 1 Absatz 1 Nr. 1] der Verfassung bezieht, sind:

[...]

16. berufliche Umschulung und Fortbildung mit Ausnahme der Bestimmungen über die Beteiligung an den Ausgaben für die Auswahl, die Berufsausbildung und die Neueinstellung von Personal, das ein Arbeitgeber zur Gründung eines Unternehmens, zum Ausbau oder zur Umwandlung seines Unternehmens einstellt ».

In Anwendung von Artikel 138 der Verfassung wurde diese Zuständigkeit durch Artikel 3 Nr. 4 des Dekrets II vom 19. Juli 1993 « über die Ubertragung der Ausübung bestimmter Befugnisse der Französischen Gemeinschaft auf die Wallonische Region und auf die Französische Gemeinschaftskommission » für das französische Sprachgebiet von der Französischen Gemeinschaft auf die Wallonische Region übertragen.

B.3.2. Artikel 6 desselben Sondergesetzes bestimmt:

« § 1. Die Angelegenheiten, auf die sich Artikel 107quater [nunmehr Artikel 39] der Verfassung bezieht, sind:

[...]

IX. was die Beschäftigungspolitik betrifft:

1. die Arbeitsvermittlung,

2. die Programme zur Wiederbeschäftigung von nichtbeschäftigten Arbeitsuchenden, mit Ausnahme der Wiederbeschäftigungsprogramme in Verwaltungen und Dienststellen, die der Föderalbehörde angehören oder unter ihrer Aufsicht stehen, und mit Ausnahme der Abkommen, die in Abschnitt 5 von Kapitel II des Königlichen Erlasses Nr. 25 vom 24. März 1982 zur Schaffung eines Programms zur Förderung der Beschäftigung im nichtkommerziellen Sektor erwähnt sind.

Für jeden im Rahmen eines Arbeitsvertrags in ein Wiederbeschäftigungsprogramm aufgenommenen nichtbeschäftigten Arbeitsuchenden gewährt die Föderalbehörde eine finanzielle Beteiligung, deren durch einen im Ministerrat beratenen Königlichen Erlass festgelegter Betrag einer Arbeitslosenentschädigung entspricht.

Die im vorhergehenden Absatz erwähnte finanzielle Beteiligung kann variieren je nachdem, wie lange der wiederbeschäftigte Arbeitsuchende als Arbeitsuchender eingetragen und arbeitslos gewesen ist. Der Betrag dieser Beteiligung wird mit dem Einverständnis der Regionalregierungen festgelegt.

Die Föderalbehörde gewährt die in Absatz 2 erwähnte finanzielle Beteiligung ebenfalls für eine Anzahl von im Rahmen eines Arbeitsvertrags oder eines Statuts beschäftigten Arbeitnehmern, die der Anzahl der Arbeitsstellen entspricht, die am Tag vor der Aufhebung der Wiederbeschäftigungsprogramme durch eine Region im Rahmen dieser Programme besetzt waren und erhalten worden sind,

[...] ».

B.4. Kraft Artikel 6 § 1 VI Absatz 5 Nr. 12 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 « ist allein die Föderalbehörde zuständig für [...] das Arbeitsrecht ». Das Sondergesetz vom 8. August 1980 verleiht den Gemeinschaften und Regionen jedoch verschiedene Zuständigkeiten in Angelegenheiten, die das Arbeitsrecht berühren, wie die Arbeitsvermittlung, die Programme zur Wiederbeschäftigung von nichtbeschäftigten Arbeitsuchenden oder die berufliche Umschulung und Fortbildung.

B.5. Es ist davon auszugehen, dass der Verfassungsgeber und der Sondergesetzgeber, sofern sie nichts anderes festgelegt haben, den Gemeinschaften und Regionen die gesamte Zuständigkeit zur Festlegung der spezifischen Regeln bezüglich der ihnen übertragenen Angelegenheiten verliehen haben. Folglich verfügt die Wallonische Region über die weitestgehenden Befugnisse hinsichtlich der Arbeitsvermittlung und der Programme zur Wiederbeschäftigung von nichtbeschäftigten Arbeitsuchenden sowie hinsichtlich der beruflichen Umschulung und Fortbildung.

B.6. Durch die Annahme der fraglichen Bestimmung ist der wallonische Dekretgeber nicht von den Regeln über den Arbeitsvertrag abgewichen, die der föderale Gesetzgeber festgelegt hat, insbesondere von den Artikeln 48 und 67 des Gesetzes vom 3. Juli 1978 über die Arbeitsverträge. Er hat es den Arbeitgebern ebenfalls nicht auferlegt oder verboten, eine Klausel über die Probezeit in den mit ihren früheren Praktikanten geschlossenen Arbeitsvertrag einzufügen.

Folglich hat der Dekretgeber weder die föderale Zuständigkeit für das Arbeitsrecht ausgeübt, noch den föderalen Gesetzgeber daran gehindert, die von ihm gewählte Politik auf diesem Gebiet zu führen, sondern er hat anlässlich der Ausübung seiner eigenen Zuständigkeit für die Arbeitsvermittlung und die Programme zur Wiederbeschäftigung von nichtbeschäftigten Arbeitsuchenden sowie die berufliche Umschulung oder Fortbildung dem FOREm die Möglichkeit geboten, sein Vorgehen auf die Politik des Föderalstaates auf dem Gebiet des Arbeitsrechts abzustimmen.

Diesbezüglich ist anzumerken, dass es logisch ist, dass der Regionalgesetzgeber bei der Ausübung der Befugnis im Sinne von Artikel 6 § 1 IX Nrn. 1 und 2 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 Massnahmen im Zusammenhang mit den gewöhnlichen Arbeitskreisläufen ergreift.

B.7. Zwar kann, wenn der Arbeitgeber frei beschliesst, auf den durch das FOREm angebotenen Vertrag zur Ausbildung und Eingliederung zurückzugreifen, die Anwendung der etwaigen Klausel über die Probezeit, die in dem nach Ablauf der Ausbildungszeit geschlossenen Arbeitsvertrag vorgesehen wäre, durch die Verpflichtung, dem FOREm die durch diese Einrichtung getätigten Kosten zu erstatten, sanktioniert werden. Ausserdem könnte der Arbeitgeber verpflichtet sein, den Schaden wiedergutzumachen, den sein Arbeitnehmer erleidet, weil ihm eine Arbeitsstelle für eine Dauer, die derjenigen seiner Ausbildung entspricht, verwehrt wird.

Aus diesem Blickwinkel hat die fragliche Bestimmung unweigerlich eine Auswirkung auf die Anwendung der Klausel über die Probezeit durch den Arbeitgeber in bestimmten Fällen. Es ist jedoch kennzeichnend für jede Politik im Bereich der Arbeitsvermittlung und der Wiederbeschäftigung von nichtbeschäftigten Arbeitsuchenden, dass sie die durch die Arbeitgeber getroffenen Entscheidungen beeinflusst.

Schliesslich ist die Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Praktikanten während einer Mindestdauer zu beschäftigen, eine Gegenleistung für die Vorteile, die er aus der Beschäftigung eines Praktikanten in der Ausbildung bezieht.

B.8. Die präjudiziellen Fragen sind verneinend zu beantworten.

Aus diesen Gründen:

Der Hof

erkennt für Recht:

Artikel 8 Nr. 4 des Dekrets der Wallonischen Region vom 18. Juli 1997 bezüglich der Eingliederung von Arbeitsuchenden bei Arbeitgebern, die eine Ausbildung organisieren, durch die eine freie Stelle besetzt werden kann, verstösst nicht gegen die Regeln der Zuständigkeitsverteilung.

Verkündet in französischer und niederländischer Sprache, gemäss Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, in der öffentlichen Sitzung vom 22. Dezember 2010.

Der Kanzler,

P.-Y. Dutilleux.

Der Vorsitzende,

M. Melchior.