Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 22 Januar 2015 (België). RG 2/2015
- Sectie :
- Rechtspraak
- Bron :
- Justel D-20150122-2
- Rolnummer :
- 2/2015
Samenvatting :
Der Gerichtshof erkennt für Recht: - Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention. - Der zweite Teil der ersten Vorabentscheidungsfrage und die dritte Vorabentscheidungsfrage bedürfen keiner Antwort.
Arrest :
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und A. Alen, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F. Daoût, T. Giet und R. Leysen, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,
erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfragen und Verfahren
In seinem Urteil vom 17. Dezember 2013 in Sachen Murielle Courtois gegen die « Physical Business » PGmbH, dessen Ausfertigung am 27. Dezember 2013 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Arbeitsgericht Brüssel folgende Vorabentscheidungsfragen gestellt:
1. « Verstößt Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten, an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 8, 30 und 40 desselben Gesetzes, gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der das Recht auf ein faires Verfahren und insbesondere den Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Prozessparteien gewährleistet,
indem er einen französischsprachigen Arbeitnehmer, der die niederländische Sprache nicht beherrscht und dessen Leistungen mit einem Gesellschaftssitz und einem Betriebssitz, die sich in einer Gemeinde mit besonderer Sprachenregelung in der Flämischen Region befinden, verbunden sind, dazu verpflichtet, das von ihm gegen seinen Arbeitgeber geführte Gerichtsverfahren in niederländischer Sprache einzuleiten und fortzusetzen, während dieser Arbeitgeber, um sich an ihn zu wenden, kraft Artikel 52 § 1 Absatz 1 und § 2 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten die französische Sprache verwendet hat und die relevanten Aktenstücke in Französisch abgefasst wurden,
während kraft Artikel 4 § 1 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten, wenn diese Bestimmung nach Punkt B.10 des am 16. September 2010 verkündeten Entscheids des Verfassungsgerichtshofes ausgelegt wird, ein französischsprachiger Arbeitnehmer, der die niederländische Sprache nicht beherrscht und dessen Leistungen mit einem Betriebssitz, der sich auf dem Gebiet der Region Brüssel-Hauptstadt befindet, verbunden sind, das von ihm gegen seinen Arbeitgeber geführte Gerichtsverfahren in französischer Sprache einleiten und fortsetzen kann, auch wenn dieser seinen Sitz im niederländischen Sprachgebiet hat, während in ihren Arbeitsbeziehungen kraft Artikel 52 §§ 1 und 2 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten die französische Sprache verwendet wurde,
und/oder indem er es in Verbindung mit Artikel 4 § 3 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 einem Arbeitnehmer, der Kläger ist, wenn seine Arbeitsbeziehungen mit einem Gesellschaftssitz und einem Betriebssitz, die sich in einer Gemeinde mit besonderer Sprachenregelung befinden, verbunden sind, nicht ermöglicht, den Sprachwechsel zur französischen Sprache zu beantragen, während der Arbeitgeber, um sich an ihn zu wenden, die französische Sprache verwendet hat und die relevanten Aktenstücke in Französisch abgefasst sind? »;
2. « Verstößt Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten, an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 8, 30 und 40 desselben Gesetzes, gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der das Recht auf ein faires Verfahren und insbesondere den Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Prozessparteien gewährleistet, indem er zwei Kategorien von Arbeitnehmern, die sich in wesentlich unterschiedlichen Situationen zu befinden scheinen, gleich behandelt:
- einen französischsprachigen Arbeitnehmer, der die niederländische Sprache nicht beherrscht und dessen Leistungen mit einem Gesellschaftssitz und einem Betriebssitz, die sich in einer Gemeinde mit besonderer Sprachenregelung in der Flämischen Region befinden, verbunden sind, der das von ihm gegen seinen Arbeitgeber geführte Gerichtsverfahren in niederländischer Sprache einleiten und fortsetzen muss, während dieser Arbeitgeber, um sich an ihn zu wenden, kraft Artikel 52 § 1 Absatz 1 und § 2 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten die französische Sprache verwendet hat und die relevanten Aktenstücke in Französisch abgefasst wurden;
- einen niederländischsprachigen Arbeitnehmer, der die französische Sprache nicht beherrscht und dessen Leistungen mit einem Gesellschaftssitz und einem Betriebssitz, die sich in einer Gemeinde mit besonderer Sprachenregelung in der Flämischen Region befinden, verbunden sind, der das Recht genießt, das von ihm gegen seinen Arbeitgeber geführte Gerichtsverfahren in niederländischer Sprache einzuleiten und fortzusetzen, während dieser Arbeitgeber, um sich an ihn zu wenden, kraft Artikel 52 § 1 Absatz 1 und § 2 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten die niederländische Sprache verwendet hat? »;
3. « Verstößt Artikel 4 §§ 1 und 3 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten, an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 8, 30 und 40 desselben Gesetzes, gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der das Recht auf ein faires Verfahren und insbesondere den Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Prozessparteien gewährleistet,
indem er es in den in Artikel 578 des Gerichtsgesetzbuches erwähnten Streitfällen den Klägern, bei denen es sich überwiegend um Arbeitnehmer handelt, nicht ermöglicht, einen Sprachwechsel vor dem Arbeitsgericht Brüssel zu beantragen,
während er diese Möglichkeit wohl aber den Beklagten, bei denen es sich überwiegend um Arbeitgeber handelt, bietet? ».
(...)
III. Rechtliche Würdigung
(...)
In Bezug auf die fraglichen Bestimmungen
B.1. Die Vorabentscheidungsfragen beziehen sich auf die Artikel 3 Absatz 2 und 4 §§ 1 und 3 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten (nachstehend: Gesetz vom 15. Juni 1935).
Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 bestimmt:
« [Die in Artikel 2 festgelegte Regel] ist ebenfalls anwendbar auf Klagen, die beim Gericht Erster Instanz, beim Arbeitsgericht, beim Handelsgericht und, wenn die Klage den in Artikel 590 des Gerichtsgesetzbuches festgelegten Betrag übersteigt, bei den Polizeigerichten, die in den in Artikel 601bis des Gerichtsgesetzbuches erwähnten Angelegenheiten tagen und deren Sitz im Bezirk Brüssel liegt, eingereicht werden, wenn das Gericht aufgrund einer örtlichen Zuständigkeit angerufen wird, die durch einen Ort, der in einer der vorerwähnten Gemeinden liegt, bestimmt wird ».
Der vorerwähnte Artikel 2 des Gesetzes bestimmt:
« Vor den Zivil- und Handelsgerichten erster Instanz und den Arbeitsgerichten, deren Sitz in den Provinzen Antwerpen, Westflandern, Ostflandern und Limburg und im Bezirk Löwen liegt, sowie vor den niederländischsprachigen Gerichten des Bezirks Brüssel wird das gesamte Verfahren in Streitsachen in Niederländisch geführt ».
Artikel 4 § 1 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 bestimmt:
« Außer in den in Artikel 3 vorgesehenen Fällen wird der Sprachengebrauch für Verfahren in Streitsachen vor den Gerichten Erster Instanz, deren Sitz im Bezirk Brüssel liegt, und, wenn die Klage den in Artikel 590 des Gerichtsgesetzbuches festgelegten Betrag übersteigt, vor dem Polizeigericht von Brüssel, das in den in Artikel 601bis desselben Gesetzbuches erwähnten Angelegenheiten tagt, wie folgt geregelt:
Der verfahrenseinleitende Akt wird in Französisch abgefasst, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im französischen Sprachgebiet hat; in Niederländisch, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im niederländischen Sprachgebiet hat; in Französisch oder Niederländisch, nach freier Wahl des Klägers, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einer Gemeinde der Brüsseler Agglomeration oder keinen bekannten Wohnsitz in Belgien hat.
Das Verfahren wird in der Sprache des verfahrenseinleitenden Akts fortgesetzt, es sei denn der Beklagte - vor jeglicher Verteidigung und Einrede, selbst der Nichtzuständigkeit - beantragt, dass das Verfahren in der anderen Sprache fortgesetzt wird, wenn es sich um ein vor dem Friedensrichter eingeleitetes Verfahren handelt, oder an das anderssprachige Gericht des Bezirks verwiesen wird, wenn es sich um ein vor dem Gericht Erster Instanz, dem Arbeitsgericht, dem Handelsgericht oder dem Polizeigericht eingeleitetes Verfahren handelt ».
Artikel 4 § 3 desselben Gesetzes bestimmt schließlich:
« Der gleiche Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens in der anderen Sprache darf unter denselben Bedingungen von den Beklagten eingereicht werden, die ihren Wohnsitz in einer der folgenden Gemeinden haben: Drogenbos, Kraainem, Linkebeek, Sint-Genesius-Rode, Wemmel und Wezembeek-Oppem ».
B.2. Der vorlegende Richter bittet, diese Bestimmungen an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 8, 30 und 40 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 zu betrachten.
Artikel 8 des Gesetzes bestimmt:
« Wenn die in einem Rechtsstreit vorgelegten Aktenstücke oder Unterlagen in einer anderen Sprache als der Verfahrenssprache abgefasst sind, kann der Richter auf Antrag der Partei, gegen die diese Aktenstücke oder Unterlagen geltend gemacht werden, durch eine mit Gründen versehene Entscheidung die Übersetzung dieser Aktenstücke oder Unterlagen in die Verfahrenssprache anordnen. Gegen die Entscheidung des Richters kann weder Einspruch noch Berufung eingelegt werden. Die Übersetzungskosten werden mit veranschlagt ».
Artikel 30 bestimmt:
« Vor allen Zivil- und Handelsgerichten verwenden die persönlich in der Sitzung erscheinenden Parteien die Sprache ihrer Wahl für all ihre Äußerungen und Erklärungen, bei der Vernehmung über den Sachverhalt und über Unklarheiten sowie für die Leistung des Entscheidungs- oder Ergänzungseides.
Wenn der Richter die von den Parteien oder von einer der Parteien verwendete Sprache nicht versteht, greift er auf die Mitarbeit eines vereidigten Dolmetschers zurück.
Eine Partei, die persönlich erscheint und die Verfahrenssprache nicht versteht, erhält Beistand von einem vereidigten Dolmetscher, der alle mündlichen Erklärungen übersetzt.
Die Übersetzungskosten gehen zu Lasten der Staatskasse ».
Artikel 40 bestimmt schließlich:
« Die vorerwähnten Regeln werden unter Androhung der Nichtigkeit vorgeschrieben. Die Nichtigkeit wird von Amts wegen vom Richter verkündet.
Jegliches kontradiktorische Urteil oder jeglicher kontradiktorische Entscheid, wenn nicht ausschließlich vorbereitend, deckt jedoch die Nichtigkeit der Gerichtsvollzieherurkunde und der anderen Verfahrensunterlagen, die dem Urteil oder dem Entscheid vorausgegangen sind.
Urkunden, die wegen Verletzung des vorliegenden Gesetzes für nichtig erklärt sind, unterbrechen die Verjährung sowie die unter Androhung des Verfalls eingeräumten Verfahrensfristen.
Eine Kassationsbeschwerde, die nach Ablehnung einer ersten Beschwerde eingelegt wird, ist zulässig, wenn der Gerichtshof bei einer zweiten Beschwerde feststellt, dass die erste mit keiner anderen Nichtigkeit behaftet war als derjenigen, die auf eine Verletzung des vorliegenden Gesetzes zurückgeht.
In dem im vorhergehenden Absatz vorgesehenen Fall läuft die durch das Gesetz festgelegte Frist, um Kassationsbeschwerde einzulegen, ab dem Tag der Verkündung des Entscheids zur Abweisung der ersten Beschwerde: Wenn die durch das Gesetz bestimmte Frist einen Monat übersteigt, wird sie auf die Monatsdauer verkürzt ».
In Bezug auf die Zuständigkeit des Gerichtshofes
B.3.1. Die beklagte Partei vor dem vorlegenden Richter führt an, dass der Gerichtshof nicht dafür zuständig sei, die Vorabentscheidungsfragen zu beantworten, da er implizit gebeten werde zu prüfen, ob die Einteilung in Gemeinschaften, Regionen und Sprachgebiete, so wie diese sich aus den Artikeln 2, 3 und 4 der Verfassung ergebe, mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung vereinbar sei.
B.3.2. Der Gerichtshof wird gefragt, ob die Artikel 3 Absatz 2 und 4 §§ 1 und 3 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 vereinbar seien mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung, gegebenenfalls in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Obwohl der Gerichtshof zur Beantwortung dieser Fragen die Einteilung in Sprachgebiete, so wie diese sich aus Artikel 4 der Verfassung ergibt, berücksichtigen müsste, wird er weder gebeten, diese Bestimmung, noch die Artikel 2 und 3 der Verfassung anhand des Grundsatzes der Gleichheit und Nichtdiskriminierung zu prüfen.
B.3.3. Die Einrede wird abgewiesen.
Zur Hauptsache
B.4. Die Vorabentscheidungsfragen betreffen den Umstand, dass einerseits aufgrund von Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935, wenn unter anderem die territoriale Zuständigkeit des im Gerichtsbezirk Brüssel tagenden Arbeitsgerichts durch einen Ort bestimmt wird, der sich in einer der Gemeinden des niederländischen Sprachgebiets befindet, das gesamte Verfahren in niederländischer Sprache ablaufen muss, und dass andererseits nur in diesem Fall der Beklagte die Fortsetzung des Verfahrens in der anderen Sprache beantragen kann (Artikel 4 §§ 1 und 3 des Gesetzes vom 15. Juni 1935).
In Bezug auf Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935
B.5. Im ersten Teil der ersten Vorabentscheidungsfrage und in der zweiten Vorabentscheidungsfrage befragt der vorlegende Richter den Gerichtshof zur Vereinbarkeit von Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung, gegebenenfalls in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern dadurch ein französischsprachiger Arbeitnehmer, der die niederländische Sprache nicht beherrsche und dessen Leistungen mit einem Gesellschaftssitz und einem Betriebssitz verbunden seien, die sich in einer in der Flämischen Region gelegenen Gemeinde mit besonderer Sprachenregelung befänden, verpflichtet werde, seine Klage gegen seinen Arbeitgeber in niederländischer Sprache einzuleiten und fortzusetzen, während dieser die französische Sprache verwendet habe, um sich an ihn zu wenden, und die relevanten Aktenstücke in Französisch abgefasst worden seien.
Der vorlegende Richter vergleicht diese Kategorie von Arbeitnehmern mit derjenigen der französischsprachigen Arbeitnehmer, die nicht die niederländische Sprache beherrschten, deren Leistungen mit einem im Gebiet des zweisprachigen Gebiets Brüssel-Hauptstadt gelegenen Betriebssitz verbunden seien und die in Anwendung von Artikel 4 § 1 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 in der Auslegung gemäß Erwägung B.10 des Entscheids des Gerichtshofes Nr. 98/2010 vom 16. September 2010 ihre Klage gegen ihren Arbeitgeber in französischer Sprache einleiten und fortsetzen könnten, selbst wenn er seinen Gesellschaftssitz im niederländischen Sprachgebiet habe, während die französische Sprache in ihren sozialen Beziehungen verwendet worden sei aufgrund von Artikel 52 §§ 1 und 2 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten (erster Teil der ersten Vorabentscheidungsfrage), und mit derjenigen der niederländischsprachigen Arbeitnehmer, die die französische Sprache nicht beherrschten und deren Leistungen mit einem Gesellschaftssitz und einem Betriebssitz verbunden seien, die sich in einer in der Flämischen Region gelegenen Gemeinde mit besonderer Sprachenregelung befänden, die berechtigt seien, ihre Klage gegen ihren Arbeitgeber in niederländischer Sprache einzuleiten und fortzusetzen, während dieser die niederländische Sprache verwendet habe, um sich an sie zu wenden aufgrund von Artikel 52 § 1 Absatz 1 und § 2 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten (zweite Vorabentscheidungsfrage).
B.6. Aus den Elementen der Rechtssache und der Begründung der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Klägerin vor dem vorlegenden Richter französischsprachig ist, ihren Wohnsitz auf dem Gebiet der Gemeinde Overijse, im niederländischen Sprachgebiet, hat, für eine PGmbH arbeitete, die beklagte Partei vor dem vorlegenden Richter ist und deren Gesellschaftssitz und Betriebssitz sich auf dem Gebiet der Gemeinde Sint-Genesius-Rode im niederländischen Sprachgebiet befindet, und dass die klagende und die beklagte Partei vor dem vorlegenden Richter in ihren sozialen Beziehungen die französische Sprache verwendet haben.
B.7. Aufgrund des fraglichen Artikels 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 wird, wenn die territoriale Zuständigkeit des Gerichts durch einen Ort bestimmt wird, der sich in einer der Gemeinden des niederländischen Sprachgebiets befindet, das gesamte Streitverfahren in Niederländisch geführt, wenn die Klage einem Gericht erster Instanz mit Sitz im Bezirk Brüssel unterbreitet wird.
Artikel 627 Nr. 9 des Gerichtsgesetzbuches bestimmt, dass für Streitsachen in Bezug auf Arbeitsverträge zur Beurteilung des Antrags nur « der Richter des Ortes, wo die Grube, die Fabrik, die Werkstatt, das Lager, das Büro und im Allgemeinen der für den Betrieb des Unternehmens, die Ausübung des Berufes oder die Tätigkeit der Gesellschaft dienende Platz sich befindet » befugt ist, und dass der Arbeitgeber an denselben Orten durch einen kontradiktorischen Antrag geladen oder zum Erscheinen aufgefordert werden kann (Artikel 704 § 3 des Gerichtsgesetzbuches).
B.8.1. Aufgrund von Artikel 4 § 1 desselben Gesetzes wird, wenn die territoriale Zuständigkeit des Gerichts nicht durch einen Ort bestimmt wird, der sich in einer der Gemeinden des niederländischen Sprachgebiets befindet, der Gebrauch der Sprachen für das Verfahren in Streitsachen vor den Gerichten erster Instanz mit Sitz im Bezirk Brüssel wie folgt geregelt: Der verfahrenseinleitende Akt wird in Französisch abgefasst, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im französischen Sprachgebiet hat, in Niederländisch, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im niederländischen Sprachgebiet hat, oder nach freier Wahl des Klägers in einer der beiden Sprachen, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Brüsseler Agglomeration oder keinen bekannten Wohnsitz in Belgien hat.
Nach Darlegung des Kassationshofes ist der Sitz einer Gesellschaft mit Rechtspersönlichkeit im Sinne des Gerichtsgesetzbuches der Ort, an dem sie ihren Gesellschaftssitz eingerichtet hat (Kass., 23. November 1987, Pas., 1988, I, S. 358; Kass., 29. Mai 1995, Pas., 1995, I, S. 547).
B.8.2. In seinem Entscheid Nr. 98/2010 vom 16. September 2010 hat der Gerichtshof erkannt, dass Artikel 4 § 1 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung verstößt, wenn diese Bestimmung dahin gehend ausgelegt wird, dass sie es einem Arbeitnehmer, dessen Leistungen mit einem im zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt gelegenen Betriebssitz verbunden sind, nicht ermöglicht, seine Klage gegen seinen Arbeitgeber in der Sprache einzuleiten und fortzuführen, in der Letzterer sich kraft Artikel 52 § 1 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten an ihn zu wenden hat.
Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass Artikel 4 § 1 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 anders ausgelegt werden kann. So hat er erkannt, dass im Lichte der in B.7 seines Entscheids Nr. 98/2010 angeführten Texte die Wörter « wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im [...] Sprachgebiet hat » so ausgelegt werden können, dass damit in Streitsachen über das Arbeitsrecht der Ort bestimmt wird, an dem die Parteien soziale Beziehungen beknüpft haben, das heißt der Betriebssitz. Der Gerichtshof hat beschlossen, dass der vorerwähnte Artikel 4 § 1 Absatz 2 in dieser Auslegung nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung verstößt.
B.8.3. Ferner hat der Gerichtshof in seinem Entscheid Nr. 11/2014 vom 23. Januar 2014 erkannt, dass Artikel 4 § 1 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 gegen die Artikel 10, 11 und 30 der Verfassung verstößt, indem diese Bestimmung es einem Arbeitnehmer, dessen Leistungen mit einem im zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt gelegenen Betriebssitz verbunden sind und der Opfer eines Arbeitsunfalls ist, nicht ermöglicht, seine Klage gegen den von seinem Arbeitgeber gewählten gesetzlichen Versicherer in der Sprache einzuleiten und fortzuführen, in der dieser gesetzliche Versicherer sich kraft der Artikel 41 § 1, 42 und 46 § 1 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten an ihn zu wenden hat.
B.8.4. In seinem Entscheid Nr. 75/2014 vom 8. Mai 2014 hat der Gerichtshof schließlich erkannt, dass Artikel 4 § 1 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt, insofern eine Partei in einem Schiedsverfahren, die beim Gericht erster Instanz Brüssel die Annahme der Ablehnung des Schiedsrichters beantragt, verpflichtet wird, diesen Antrag einzureichen, indem sie ihre Ladung in Niederländisch verfasst, wenn der Schiedsrichter seinen Wohnsitz im niederländischen Sprachgebiet hat.
B.9. Im vorliegenden Fall befindet sich der Betriebssitz der juristischen Person, die die beklagte Partei vor dem vorlegenden Richter ist, in einer Gemeinde mit besonderer Sprachenregelung im niederländischen Sprachgebiet. Die territoriale Zuständigkeit des zuständigen Gerichts wird in Anwendung von Artikel 627 Nr. 9 des Gerichtsgesetzbuches durch den Ort des Betriebssitzes des Unternehmens bestimmt, das heißt im niederländischen Sprachgebiet, so dass in Anwendung von Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 das gesamte Verfahren in Niederländisch geführt wird.
B.10.1. Artikel 52 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten bestimmt:
« § 1. Für die durch das Gesetz und die Verordnungen vorgeschriebenen Urkunden und Papiere und für Unterlagen, die für ihr Personal bestimmt sind, bedienen sich private Industrie-, Handels- oder Finanzbetriebe der Sprache des Gebietes, in dem ihr Sitz liegt beziehungsweise in dem ihre verschiedenen Betriebssitze liegen.
In Brüssel-Hauptstadt werden die für das französischsprachige Personal bestimmten Unterlagen in Französisch und die für das niederländischsprachige Personal bestimmten Unterlagen in Niederländisch aufgesetzt.
§ 2. Unbeschadet der ihnen durch § 1 auferlegten Verpflichtungen können diese Betriebe den für ihr Personal bestimmten Bekanntmachungen, Mitteilungen, Urkunden, Bescheinigungen und Formularen eine Übersetzung in eine oder mehrere Sprachen beifügen, wenn dies durch die Zusammensetzung des Personals gerechtfertigt ist ».
B.10.2. Da der Betriebssitz der beklagten Partei sich in diesem Fall im niederländischen Sprachgebiet befindet, müssen die durch das Gesetz und die Verordnungen vorgeschriebenen Urkunden und Papiere, die für das Personal dieser Partei bestimmt sind, in niederländischer Sprache abgefasst werden. Diese Partei kann jedoch den für ihr Personal bestimmten Bekanntmachungen, Mitteilungen, Urkunden, Bescheinigungen und Formularen eine Übersetzung in eine oder mehrere Sprachen beifügen, wenn dies durch die Zusammensetzung des Personals gerechtfertigt ist.
B.10.3. Da aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, dass die klagende und die beklagte Partei vor dem vorlegenden Richter in ihren sozialen Beziehungen die französische Sprache verwendet haben, haben sie die durch den vorerwähnten Artikel 52 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten vorgeschriebenen Verpflichtungen verletzt.
B.11.1. Wenn der Gesetzgeber den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten regelt, muss er die individuelle Freiheit des Rechtsunterworfenen, die Sprache seiner Wahl zu verwenden, mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren der Rechtspflege in Einklang bringen. Hierbei muss der Gesetzgeber außerdem die in Artikel 4 der Verfassung festgelegte Sprachenvielfalt berücksichtigen, wobei vier Sprachgebiete, darunter ein zweisprachiges, vorgesehen sind. Er kann folglich die individuelle Freiheit des Rechtsunterworfenen dem ordnungsgemäßen Funktionieren der Rechtspflege unterordnen.
B.11.2. Im Übrigen muss der Gesetzgeber, wenn er den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten in Ausführung von Artikel 30 der Verfassung regelt, den in den Artikeln 10 und 11 der Verfassung verankerten Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung sowie das in Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Zugang zum Gericht beachten.
B.11.3. Das Recht auf Zugang zum Gericht ist jedoch nicht absolut. Die Einschränkungen dieses Rechts, beispielsweise in Bezug auf die Bedingungen für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, dürfen nicht die Substanz dieses Rechts beeinträchtigen. Sie müssen außerdem in einem vernünftigen Verhältnis zu dem damit verfolgten rechtmäßigen Ziel stehen (EuGHMR, Stagno gegen Belgien, 7. Juli 2009, § 25; Große Kammer, Stanev gegen Bulgarien, 17. Januar 2012, §§ 229-230). Die Regelung des Rechts auf Zugang zum Gericht muss immer dem Ziel der Rechtssicherheit und der geordneten Rechtspflege dienen und darf keine Schranke bilden, die verhindert, dass die Streitsache des Rechtsuchenden durch das zuständige Gericht beurteilt wird (EuGHMR, Stagno gegen Belgien, 7. Juli 2009, § 25; RTBF gegen Belgien, 29. März 2011, § 69).
Die Vereinbarkeit dieser Einschränkungen mit dem Recht auf Zugang zum Gericht ist zu beurteilen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des betreffenden Verfahrens und des gesamten Prozesses (EuGHMR, RTBF gegen Belgien, 29. März 2011, § 70).
B.12. Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten wurde eingefügt durch Artikel 3 (Artikel 168) des Gesetzes vom 10. Oktober 1967 zur Einführung des Gerichtsgesetzbuches. In den Vorarbeiten wurde diese Bestimmung wie folgt begründet:
« Wie bezüglich Artikel 73 des Gerichtsgesetzbuches dargelegt wurde, wurde [...] ein Abänderungsantrag eingereicht, um den Gerichtsbezirk Brüssel in zwei Bezirke aufzuteilen, von denen einer aus den zweisprachigen Gemeinden des derzeitigen Bezirks Brüssel und der andere aus den ausschließlich niederländischsprachigen Gemeinden bestehen würde [...].
Der Autor des Abänderungsantrags ist der Auffassung, dass die Rechtssachen, die den zuständigen Brüsseler Gerichten aufgrund eines in einer der einsprachigen Gemeinden des Bezirks Brüssel gelegenen Ortes unterbreitet werden, ausschließlich in Niederländisch behandelt werden müssen. Er legte unter anderem dar, dass es in dem Fall, dass eine Rechtssache in Brüssel eingeleitet wird, weil der Beklagte seinen Wohnsitz in Vilvoorde hat, vernünftig ist, auf diese Rechtssache die gleiche Sprachenregelung anzuwenden wie auf die bei den einsprachigen Gerichten des Landes eingereichten Rechtssachen. Er bemerkt, dass diese Regel bereits jetzt auf die Friedensgerichte des Bezirks Brüssel Anwendung findet, deren Zuständigkeitsbereich ausschließlich aus einsprachigen Gemeinden besteht, und dass diese Regel ebenfalls auf die Gewerbegerichte Anwendung findet, deren Sitz sich in Vilvoorde und Halle befindet (siehe Art. 3 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten). Insbesondere diesbezüglich hat er darauf hingewiesen, dass sich aus der Gerichtsorganisation ergeben wird, dass das Verfahren vor dem Arbeitsgericht in Brüssel künftig den in Artikel 4 des genannten Gesetzes vorgesehenen Regeln unterliegen wird, und dass folglich die in Artikel 3 vorgesehene Regel gegenstandslos wird, insofern sie die Arbeitsgerichte betrifft.
Es wurde in Ihrem Ausschuss bemerkt, dass der Vorschlag [...] zur Folge haben würde, im Bezirk Brüssel sechs Gerichte (zwei von jeder Sorte) einzurichten, was bedeutet, dass es sechs Präsidenten, zwei Prokuratoren des Königs und zwei Arbeitsauditoren geben würde. [...]
Um jedoch den Einwänden zu entsprechen, die mehrere Mitglieder des Ausschusses in Bezug auf die derzeitige Sprachenregelung der Brüsseler Gerichte angeführt haben, hat die Regierung [...] vorgeschlagen, eine Abänderung in Artikel 3 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 vorzunehmen. Gemäß dem neuen Text unterliegen die Klagen, die bei den Gerichten mit Sitz in Brüssel eingereicht werden, den Regeln über den Sprachengebrauch, die auf die einsprachigen Gerichte des Landes Anwendung finden, wenn das Gericht mit der Rechtssache befasst wird aufgrund einer Regel der territorialen Zuständigkeit, die bestimmt wird durch einen Ort, der sich auf dem Gebiet einer der einsprachigen Gemeinden des Bezirks Brüssel befindet. Es sind also die Regeln, die derzeit auf die Friedensgerichte Anwendung finden, deren Gebiet ausschließlich aus einsprachigen Gemeinden besteht, und diese Regeln werden auf die Verfahren Anwendung finden, die bei den Brüsseler Gerichten eingeleitet werden. Dies bedeutet, dass das Verfahren grundsätzlich in Niederländisch fortgesetzt werden muss, wenn die Zuständigkeit des Gerichtes gemäß den Regeln der territorialen Zuständigkeit durch einen Ort bestimmt wird, der sich in einer zu einem einsprachigen Kanton des Bezirks gehörenden Gemeinde befindet. In diesem Fall kann die Verfahrenssprache nur gemäß den Bestimmungen von Artikel 7 des Gesetzes von 1935 geändert werden, wenn die Parteien dies in gegenseitigem Einvernehmen beantragen » (Parl. Dok., Kammer, 1965-1966, Nr. 59/49, SS. 277-278).
B.13. Durch die fragliche Bestimmung soll somit vermieden werden, dass die Verfahrenssprache, wenn die territoriale Zuständigkeit eines Gerichtes mit Sitz im Bezirk Brüssel durch einen im Gebiet des niederländischen Sprachgebiets gelegenen Ort bestimmt wird, auf die gleiche Weise geregelt wird wie in dem Fall, dass die territoriale Zuständigkeit eines Gerichts mit Sitz im Bezirk Brüssel durch einen im Gebiet des zweisprachigen Gebiets Brüssel-Hauptstadt gelegenen Ort bestimmt wird.
B.14. Wenn der Gesetzgeber somit der in Artikel 4 der Verfassung vorgesehenen Unterscheidung zwischen dem zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt und dem niederländischen Sprachgebiet Rechnung trägt, verfolgt er ein rechtmäßiges Ziel.
B.15.1. Das gewählte Unterscheidungskriterium ist relevant angesichts des angestrebten Ziels, da der Anwendungsbereich der fraglichen Bestimmung Rechtssachen betrifft, mit denen ein Gericht mit Sitz im Bezirk Brüssel befasst wird auf der Grundlage einer territorialen Zuständigkeit, die durch einen Ort bestimmt wird, der sich auf dem Gebiet des niederländischen Sprachgebiets befindet.
B.15.2. Dies gilt ebenfalls für die Randgemeinden im Sinne von Artikel 7 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten, die sich im niederländischen Sprachgebiet befinden. Die Regelung der Sprachenerleichterungen beeinträchtigt nämlich nicht die grundsätzlich einsprachige Beschaffenheit des niederländischen Sprachgebiets, zu dem die Randgemeinden gehören.
B.16. Der Gerichtshof muss noch prüfen, ob der fragliche Behandlungsunterschied im Verhältnis zum angestrebten rechtmäßigen Ziel steht.
B.17.1. Aus Artikel 40 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 geht hervor, dass die Nichteinhaltung der in diesem Gesetz vorgesehenen Regeln mit der Nichtigerklärung der gegen das Gesetz verstoßenden Urkunde sanktioniert wird. Die wegen Verstoßes gegen das Gesetz für nichtig erklärten Urkunden unterbrechen die Verjährung sowie die unter Androhung des Verfalls eingeräumten Verfahrensfristen.
Die Partei, die nicht die in Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 vorgesehene Regel eingehalten hat und deren Klage auf der Grundlage dieser Regel für nichtig erklärt wird, verfügt folglich über eine neue Frist mit gleicher Länge wie ihre ursprüngliche Frist zur Befassung des zuständigen Richters mit einer neuen Klage gemäß dem Gesetz vom 15. Juni 1935.
B.17.2. Im Übrigen können die Parteien gemäß Artikel 7 § 1 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 « in gegenseitigem Einvernehmen » beantragen, dass das Verfahren in Französisch fortgesetzt wird, wonach « die Sache an das gleichrangige Gericht beantragter Sprache im selben Bezirk oder an das in einem anderen Sprachgebiet am nächsten gelegene gleichrangige Gericht oder an das von den Parteien gemeinsam bestimmte gleichrangige Gericht in einem anderen Sprachgebiet verwiesen [wird] ».
B.18. Angesichts des Vorstehenden ist der Behandlungsunterschied vernünftig gerechtfertigt.
B.19.1. Der Umstand, dass der Gerichtshof in seinen Entscheiden Nr. 98/2010 vom 16. September 2010 und Nr. 11/2014 vom 23. Januar 2014 geurteilt hat, dass die Auslegung von Artikel 4 § 1 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935, ohne gewissen Bestimmungen der am 18. Juli 1966 koordinierten Gesetze « über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten », die den Gebrauch einer Sprache in den sozialen Beziehungen vorschreiben, sowie gewissen Bestimmungen des Gerichtsgesetzbuches zur Regelung der territorialen Zuständigkeit des Gerichts und der Weise des Einreichens einer Klage bei diesem Gericht Rechnung zu tragen, nicht vereinbar war mit den Artikeln 10, 11 oder 30 der Verfassung, ändert nichts an dieser Feststellung.
B.19.2. Wie aus dieser Bestimmung ausdrücklich hervorgeht, findet der in den besagten Entscheiden erwähnte Artikel 4 § 1 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 nicht Anwendung auf die in Artikel 3 desselben Gesetzes vorgesehenen Fälle und ist er nur anwendbar, wenn die territoriale Zuständigkeit eines Gerichts mit Sitz im Bezirk Brüssel durch eine Gemeinde der Brüsseler Agglomeration bestimmt wird, deren Gebiet dem zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt entspricht.
B.19.3. Da der Gerichtshof in seinen Entscheiden Nrn. 98/2010 und 11/2014 geurteilt hat, dass bei der Auslegung von Artikel 4 § 1 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 die Bestimmungen der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten zu berücksichtigen sind, in denen der Gebrauch einer Sprache in den sozialen Beziehungen vorgeschrieben wird, ist außerdem hervorzuheben, dass gemäß Artikel 52 § 1 dieser Gesetze die Unternehmen mit einem Betriebssitz im niederländischen Sprachgebiet, zu dem die Randgemeinden gehören, in den durch die Gesetze oder Verordnungen vorgeschriebenen Urkunden und Papieren die Sprache dieses Sprachgebiets verwenden müssen.
B.20. Der erste Teil der ersten Vorabentscheidungsfrage und die zweite Vorabentscheidungsfrage sind verneinend zu beantworten.
B.21.1. Wie der Gerichtshof in B.17.1 bemerkt hat, wird die Nichteinhaltung der im Gesetz über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten bestimmten Regeln mit der Nichtigerklärung der gegen das Gesetz verstoßenden Urkunde sanktioniert.
B.21.2. Da die Klage durch den vorlegenden Richter für nichtig zu erklären ist aufgrund der Nichteinhaltung von Artikel 3 Absatz 2 dieses Gesetzes, der mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar ist, ist die Antwort auf den zweiten Teil der ersten Vorabentscheidungsfrage sowie auf die dritte Vorabentscheidungsfrage nicht sachdienlich zur Lösung der Streitsache. Sie bedürfen daher keiner Antwort.
Aus diesen Gründen:
Der Gerichtshof
erkennt für Recht:
- Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. Juni 1935 über den Sprachengebrauch in Gerichtsangelegenheiten verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention.
- Der zweite Teil der ersten Vorabentscheidungsfrage und die dritte Vorabentscheidungsfrage bedürfen keiner Antwort.
Erlassen in französischer und niederländischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 22. Januar 2015.
Der Kanzler,
(gez.) P.-Y. Dutilleux
Der Präsident,
(gez.) J. Spreutels