Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 22 Mai 2014 (België). RG 82/2014

Datum :
22-05-2014
Taal :
Duits Frans Nederlands
Grootte :
3 pagina's
Sectie :
Rechtspraak
Bron :
Justel D-20140522-2
Rolnummer :
82/2014

Samenvatting :

Der Gerichtshof weist die Klage zurück.

Arrest :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten A. Alen und J. Spreutels, den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F. Daoût, T. Giet und R. Leysen, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten A. Alen,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Klage und Verfahren

Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 12. Juni 2013 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 14. Juni 2013 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob Philipp Sirij, unterstützt und vertreten durch RA D. De Keuster, in Antwerpen zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung von Artikel 16 des Gesetzes vom 4. Dezember 2012 zur Abänderung des Gesetzbuches über die belgische Staatsangehörigkeit im Hinblick auf eine migrationsneutrale Ausrichtung des Erwerbs der belgischen Staatsangehörigkeit (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 14. Dezember 2012, zweite Ausgabe), durch den Artikel 19 des Gesetzbuches über die belgische Staatsangehörigkeit ersetzt wurde.

(...)

II. Rechtliche Würdigung

(...)

B.1.1. Artikel 19 des Gesetzbuches über die belgische Staatsangehörigkeit vom 28. Juni 1984, ersetzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 4. Dezember 2012, bestimmt:

« § 1. Zur Beantragung der Einbürgerung muss der Betreffende:

1. das Alter von achtzehn Jahren erreicht haben,

2. sich legal in Belgien aufhalten,

3. Belgien außerordentliche Verdienste im wissenschaftlichen, sportlichen oder soziokulturellen Bereich erwiesen haben oder erweisen können und dadurch einen besonderen Beitrag zur internationalen Ausstrahlung Belgiens leisten können

4. und begründen, weshalb es ihm so gut wie unmöglich ist, die belgische Staatsangehörigkeit durch eine Staatsangehörigkeitserklärung gemäß Artikel 12bis zu erwerben.

Um sich auf außerordentliche Verdienste berufen zu können, muss der Betreffende zur Vermeidung der Unzulässigkeit Folgendes nachweisen können:

1. bei außerordentlichen Verdiensten im wissenschaftlichen Bereich: ein Doktorat,

2. bei außerordentlichen Verdiensten im sportlichen Bereich: internationale Auswahlkriterien oder vom BOIK auferlegte Kriterien für Europameisterschaften, Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele erfüllt haben oder sich in dem Fall befinden, wo der Verband der betreffenden Disziplin der Ansicht ist, dass er für Belgien einen Mehrwert darstellen kann im Hinblick auf die Qualifikationsrunde zu oder die Endrunde von Europameisterschaften, Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen,

3. bei außerordentlichen Verdiensten im soziokulturellen Bereich: die Endauswahl eines internationalen Kulturwettbewerbs erreicht haben oder eine internationale Auszeichnung wegen Verdiensten im kulturellen Bereich oder aufgrund seines sozialen und gesellschaftlichen Einsatzes erhalten haben.

§ 2. Die Einbürgerung kann ebenfalls von einem Ausländer beantragt werden, der das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, in Belgien aufgrund der dort geltenden internationalen Abkommen die Eigenschaft eines Staatenlosen hat und sich seit mindestens zwei Jahren legal in Belgien aufhält ».

B.1.2. Aus der Tragweite des einzigen Klagegrunds geht hervor, dass der Gegenstand der Klage sich auf den neuen Artikel 19 § 2 des Gesetzbuches über die belgische Staatsangehörigkeit beschränkt. Der Kläger führt an, dass diese Bestimmung nicht mit dem Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung vereinbar sei, insofern sie nur auf Personen anwendbar sei, die als Staatenlose anerkannt seien, unter Ausschluss von Ausländern, die ihre Staatsangehörigkeit nicht nachweisen könnten, weil das Land, dessen Staatsangehöriger sie seien, nicht daran mitarbeite.

B.2. Artikel 1 Absatz 1 des am 28. September 1954 in New York abgeschlossenen Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen definiert den Staatenlosen als « eine Person, die kein Staat auf Grund seiner Gesetzgebung als seinen Angehörigen betrachtet ».

B.3. Die Staatenloseneigenschaft, die erforderlich ist, um zum Anwendungsbereich der angefochtenen Bestimmung zu gehören, wird aufgrund von Artikel 569 Nr. 1 des Gerichtsgesetzbuches durch das Gericht erster Instanz des Wohnortes des Antragstellers nach einem Verfahren auf einseitige Antragschrift hin gewährt.

B.4.1. Mit dem Gesetz vom 4. Dezember 2012 zur Abänderung des Gesetzbuches über die belgische Staatsangehörigkeit im Hinblick auf eine migrationsneutrale Ausrichtung des Erwerbs der belgischen Staatsangehörigkeit hat der Gesetzgeber beabsichtigt, in Abweichung von dem Gesetz vom 1. März 2000 zur Abänderung einiger Bestimmungen über die belgische Staatsangehörigkeit, die Bedingungen für den Erwerb der belgischen Staatsangehörigkeit erneut zu verschärfen. Gemäß den Vorarbeiten wird der Erwerb der belgischen Staatsangehörigkeit infolge des Gesetzes vom 4. Dezember 2012 objektiviert und migrationsneutral gestaltet (Parl. Dok., Kammer, 2010-2011, DOC 53-0476/001, S. 3).

Gleichzeitig wurde in den Vorarbeiten hervorgehoben, dass der Erwerb der belgischen Staatsangehörigkeit nur möglich ist, wenn der Aufenthaltsstatus der betreffenden Person auf dem Staatsgebiet stabilisiert ist, und dass sie kein Mittel sein darf, um einen Aufenthaltsschein zu erlangen oder den Verwaltungsstatus des Ausländers zu konsolidieren (ebenda).

B.4.2. Die Reform des Einbürgerungsverfahrens entspricht dieser allgemeinen Zielsetzung. Nach dem Gesetz vom 1. März 2000 war die Einbürgerung die am häufigsten angewandte Weise für den Erwerb der Staatsangehörigkeit geworden (Parl. Dok., Kammer, 2010-2011, DOC 53-0476/001, S. 21). Der Gesetzgeber beabsichtigte daher, die Einbürgerung « wieder mit ihrer ursprünglichen Zielsetzung in Einklang zu bringen: eine Gunst, die der Gesetzgeber in Ausnahmefällen ' honoris causa ' gewährt. Die betreffende Person muss Belgien außergewöhnliche Verdienste erwiesen haben oder erweisen können auf wissenschaftlicher, sportlicher, kultureller oder sozialer Ebene und somit einen besonderen Beitrag für die internationale Ausstrahlung unseres Landes leisten können » (Parl. Dok., Kammer, 2011-2012, DOC 53-0476/013, S. 32).

B.4.3. Neben der Einbürgerung honoris causa hat der Gesetzgeber jedoch die Möglichkeit zur Einbürgerung von Staatenlosen aufrechterhalten, um die internationalen Verpflichtungen, die Belgien insbesondere aufgrund des Übereinkommens von New York vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen obliegen, einzuhalten (ebenda).

B.5. Artikel 32 dieses Übereinkommens bestimmt:

« Die vertragschließenden Staaten erleichtern soweit als möglich die Assimilierung und Einbürgerung der Staatenlosen. Sie bemühen sich insbesondere, das Einbürgerungsverfahren zu beschleunigen und die Gebühren und Kosten des Verfahrens nach Möglichkeit herabzusetzen ».

Die angefochtene Bestimmung bringt diese Verpflichtung zur Ausführung, indem es den Staatenlosen erlaubt wird, die Einbürgerung zu beantragen, wenn sie das Alter von achtzehn Jahren erreicht haben und sich seit wenigstens zwei Jahren legal in Belgien aufhalten (Parl. Dok., Kammer, 2011-2012, DOC 53-0476/013, S. 32).

B.6. Es besteht keine mit Artikel 32 des vorerwähnten Übereinkommens von New York vergleichbare Vertragsbestimmung, die den Gesetzgeber dazu verpflichten würde, die Einbürgerung von Ausländern, die ihre Staatsangehörigkeit nicht nachweisen können, zu erleichtern.

Die Artikel 10 und 11 der Verfassung haben eine allgemeine Tragweite. Sie untersagen jegliche Diskriminierung, ungeachtet deren Ursprungs. Zu den Rechten und Freiheiten, die ohne Diskriminierung gewährleistet werden müssen, gehören die sich aus internationalen, für Belgien verbindlichen Vertragsbestimmungen ergebenden Rechte und Freiheiten.

Es obliegt somit dem Gerichtshof, darauf zu achten, dass die Regeln, die der Gesetzgeber bei der Ausführung einer internationalrechtlichen Verpflichtung annimmt, nicht dazu führen, Behandlungsunterschiede zu schaffen, die nicht vernünftig gerechtfertigt wären.

B.7. Indem der Verfassungsgeber die Bewilligung der Einbürgerung nicht einer Verwaltungsbehörde überlassen, sondern diese Zuständigkeit einer gesetzgebenden Gewalt, die aus Versammlungen von Gewählten besteht, vorbehalten hat, obschon es außergewöhnlich ist, dass eine rein individuelle Entscheidung ausschließlich einer solchen Behörde obliegt, wollte er zum Ausdruck bringen, dass er an dem herkömmlichen Konzept festhält, wonach der Erhalt der belgischen Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung kein Recht ist, sondern sich aus der Ausübung einer souveränen Ermessensbefugnis ergibt.

B.8.1. Die Einbürgerung stellt als Weise für den Erwerb der Staatsangehörigkeit eine Ausnahme zur Staatsangehörigkeitserklärung dar, die in Artikel 12bis des Gesetzbuches über die belgische Staatsangehörigkeit festgelegt ist. Im Lichte der in B.4.1 angeführten Ziele wendet der Gesetzgeber ein objektives und sachdienliches Unterscheidungskriterium an, indem er diese Möglichkeit den Staatenlosen vorbehält.

B.8.2. Die Maßnahme hat keine Folgen, die nicht im Verhältnis zur Zielsetzung stehen. Nichts hindert die Personen, die die Bedingungen im Sinne von Artikel 12bis des Gesetzbuches über die belgische Staatsangehörigkeit erfüllen, nämlich daran, diese Staatsangehörigkeit durch eine Staatsangehörigkeitserklärung zu erwerben. Im Übrigen obliegt es dem Gericht erster Instanz zu bestimmen, wen es als Staatenlosen anerkennt, wenn eine betroffene Person dies beantragt.

B.9. Der Klagegrund ist unbegründet.

Aus diesen Gründen:

Der Gerichtshof

weist die Klage zurück.

Erlassen in niederländischer, französischer und deutscher Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 22. Mai 2014.

Der Kanzler,

P.-Y. Dutilleux

Der Präsident,

A. Alen