Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 25 Januar 2017 (België). RG 10/2017
- Sectie :
- Rechtspraak
- Bron :
- Justel D-20170125-5
- Rolnummer :
- 10/2017
Samenvatting :
Der Gerichtshof erkennt für Recht: Artikel 95 des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen verstößt nicht gegen die Artikel 170 und 172 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung und mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie mit Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls zu dieser Konvention.
Arrest :
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und E. De Groot, und den Richtern L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul und F. Daoût, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,
erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfrage und Verfahren
In seinem Urteil vom 11. Februar 2016 in Sachen der « ACREFI PM » PGmbH gegen das Landesinstitut der Sozialversicherungen für Selbständige, dessen Ausfertigung am 23. Februar 2016 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Lüttich, Abteilung Lüttich, folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:
« Verstößt Artikel 95 des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen, in der Auslegung des Verfassungsgerichtshofes, wonach der Beitrag, der durch das Gesetz vom 30. Dezember 1992 in seinem Titel III in Bezug auf die Einführung eines jährlichen Beitrags zu Lasten der Gesellschaften für das System der sozialen Sicherheit der Selbständigen eingeführt wird, eine Steuer ist (Entscheid Nr. 142/2010 vom 16. Dezember 2010), und wenn der Steuerrichter des Gerichts erster Instanz aufgrund von Artikel 569 Nr. 32 des Gerichtsgesetzbuches materiell zuständig ist, über die Rechtmäßigkeit eines solchen Beitrags zu befinden, gegen die Artikel 170 und 172 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung, und gegebenenfalls mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der das Recht auf ein faires Verfahren gewährleistet, sowie mit Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls, der das Eigentumsrecht gewährleistet,
- indem er die Beitreibung des Sonderbeitrags den Sozialversicherungskassen unter der Aufsicht des für das Sozialstatut der Selbständigen zuständigen Ministers anvertraut, wobei diese Kassen weder der Tätigkeit noch den besonderen öffentlichen Aufgaben der Steuerverwaltungen unterstehen,
- indem die Regeln bezüglich der Beitreibung dieses Beitrags (Verjährung, Zwangsbeitreibung als außergerichtlicher Vollstreckungstitel und Sicherheiten) den für die Sozialbeiträge der Selbständigen anwendbaren Regeln nachempfunden sind, und
- indem den Handelsgesellschaften, die sich diesem Beitrag widersetzen, das Recht versagt wird, dass ihre Sache von einem spezialisierten Gericht wie dem Arbeitsgericht, das aufgrund von Artikel 581 Nr. 8 des Gerichtsgesetzbuches zuständig ist, beurteilt wird, während den anderen Rechtssuchenden, die an einem Streitfall in Bezug auf die soziale Sicherheit für Selbständige beteiligt sind, dieses Recht nicht versagt wird? ».
(...)
III. Rechtliche Würdigung
(...)
B.1. Artikel 95 des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen bestimmt:
« § 1. Die Sozialversicherungskassen sind mit der Beitreibung des Beitrags, notfalls auf dem Klageweg, beauftragt.
§ 1bis. Unbeschadet ihres Rechts, vor den Richter zu laden, können die Sozialversicherungskassen als Einrichtungen zur Einziehung von Beiträgen die ihnen geschuldeten Beträge auch per Zwangsverfahren beitreiben.
Der König bestimmt, unter welchen Bedingungen und gemäß welchen Modalitäten die Verfolgung per Zwangsverfahren erfolgt, und Er bestimmt die Kosten, die mit der Verfolgung einhergehen, und ihre Übertragung.
§ 2. Die Beitreibung des im vorliegenden Kapitel vorgesehenen Beitrags verjährt in fünf Jahren ab dem 1. Januar des Jahres nach dem Jahr, für das er geschuldet ist.
Die Verjährung wird unterbrochen:
1. auf die in den Artikeln 2244 und folgenden des Zivilgesetzbuches vorgesehene Weise,
2. durch einen Einschreibebrief oder durch Mahnung des Gerichtsvollziehers, womit die mit der Beitreibung beauftragte Sozialversicherungskasse den geschuldeten Beitrag einfordert.
§ 3. Die Klage auf Rückforderung des unrechtmäßig gezahlten Beitrags verjährt in fünf Jahren ab dem 1. Januar des Jahres nach dem Jahr, in dem der unrechtmäßig gezahlte Beitrag gezahlt worden ist.
Die Verjährung wird unterbrochen:
1. auf die in den Artikeln 2244 und folgenden des Zivilgesetzbuches vorgesehene Weise,
2. durch einen Einschreibebrief, den die Gesellschaft an die Sozialversicherungskasse, die den Beitrag eingenommen hat, richtet und mit dem die Erstattung des unrechtmäßig gezahlten Beitrags verlangt wird.
§ 4. Wenn durch Nachlässigkeit einer Sozialversicherungskasse für Selbständige in Artikel 91 erwähnte Beiträge nicht beigetrieben werden konnten, wird die Kasse durch Beschluss des Ministers des Mittelstands dafür verantwortlich erklärt und gehen die betreffenden Beträge zu Lasten des Ertrags der Beiträge, die zur Deckung der Verwaltungskosten der betreffenden Kasse bestimmt sind.
§ 5. Die Sozialversicherungskassen für Selbständige dürfen von den angeschlossenen Gesellschaften die Erstattung der Kosten verlangen, die durch die Erinnerungsschreiben entstanden sind, die im Falle einer verspäteten Zahlung der Beiträge gegebenenfalls über den Gerichtsvollzieher an die Gesellschaften haben richten müssen.
Der Minister des Mittelstands kann Pauschalbeträge festlegen, die die Kassen in diesem Rahmen einfordern dürfen.
Die im vorliegenden Paragraphen erwähnten Kosten werden beigetrieben wie die in Artikel 91 erwähnten Beiträge ».
B.2. Der vorlegende Richter befragt den Gerichtshof zur Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit den Artikeln 170 und 172 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung, und gegebenenfalls mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie mit Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls zu dieser Konvention, « in der Auslegung des Verfassungsgerichtshofes, wonach der Beitrag, der durch das Gesetz vom 30. Dezember 1992 [...] eingeführt wird, eine Steuer ist [...], und wenn der Steuerrichter des Gerichts erster Instanz aufgrund von Artikel 569 [Absatz 1] Nr. 32 des Gerichtsgesetzbuches materiell zuständig ist, über die Rechtmäßigkeit eines solchen Beitrags zu befinden »,
- indem sie die Beitreibung des Sonderbeitrags den Sozialversicherungskassen unter der Aufsicht des für das Sozialstatut der Selbständigen zuständigen Ministers anvertraue, wobei diese Kassen weder der Tätigkeit noch den besonderen öffentlichen Aufgaben der Steuerverwaltungen unterstehen würden (erster Teil),
- indem die Regeln bezüglich der Beitreibung dieses Beitrags (Verjährung, Zwangsbeitreibung als außergerichtlicher Vollstreckungstitel und Sicherheiten) den für die Sozialbeiträge der Selbständigen anwendbaren Regeln nachempfunden seien (zweiter Teil), und
- indem den Handelsgesellschaften, die sich diesem Beitrag widersetzten, das Recht versagt werde, dass ihre Sache von einem spezialisierten Gericht wie dem Arbeitsgericht, das aufgrund von Artikel 581 Nr. 8 des Gerichtsgesetzbuches zuständig sei, beurteilt werde, während den anderen Rechtssuchenden, die an einem Streitfall in Bezug auf die soziale Sicherheit für Selbständige beteiligt seien, dieses Recht nicht versagt werde (dritter Teil).
B.3. Artikel 91 des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen, abgeändert durch Artikel 279 des Programmgesetzes vom 22. Dezember 2003 und durch Artikel 23 des Gesetzes vom 29. März 2012 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen (I), bestimmt:
« Die Gesellschaften sind verpflichtet, einen jährlichen Pauschalbeitrag zu entrichten.
Damit es ab 2004 anwendbar ist, legt der König durch einen im Ministerrat beratenen Erlass die von den Gesellschaften geschuldeten Beiträge fest, ohne dass diese jedoch 868 EUR überschreiten können. Hierbei kann Er aufgrund von Kriterien, bei denen die Größe der Gesellschaft berücksichtigt wird, unterscheiden ».
B.4.1. Der fragliche Beitrag zu Lasten der Gesellschaften für das System der sozialen Sicherheit der Selbständigen wurde ursprünglich als ein einmaliger Pauschalbeitrag von 7 000 Franken durch Artikel 78 des Gesetzes vom 26. Juni 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen eingeführt.
Gegen diese Bestimmung wurde eine Nichtigkeitsklage eingereicht. In seinem Urteil Nr. 77/93 vom 3. November 1993, mit dem diese Klage abgewiesen wurde, erkannte der Hof:
« B.3.2. Die Einführung eines pauschalen Beitrags zu Lasten der Gesellschaften durch die angefochtenen Bestimmungen ist dadurch zu rechtfertigen, dass, wenn Personen die Tätigkeit, die sie in Gesellschaftsform ausüben, als selbständig Erwerbstätige ausüben würden, sie verpflichtet wären, gemäß dem Sozialstatut der selbständig Erwerbstätigen Sozialbeiträge zu leisten. Der Gesetzgeber hat zudem den Umstand berücksichtigt, dass die Verringerung der Berechnungsgrundlage der Beiträge sich eben daraus ergeben hat, dass zahlreiche selbständig Erwerbstätige sich den Lasten entzogen haben, die auf natürlichen Personen liegen, indem sie Gesellschaften gegründet oder auf eine sogenannte ' Einmanngesellschaft ' zurückgegriffen haben (Aussage des Ministers für kleine und mittlere Unternehmen und für Landwirtschaft vor dem Senatsausschuss, Parl. Dok., Senat, Bericht, Sondersitzungsperiode 1991-1992, Nr. 315/4, S. 11; im gleichen Sinn, SS. 6 und 10; Begründungsschrift, Nr. 315/1, S. 28; Kammer, Bericht, Sondersitzungsperiode 1991-1992, Nr. 480/7, SS. 9 und 12).
B.3.3. Angesichts des beträchtlichen Defizits des ' Sozialstatuts ' der selbständig Erwerbstätigen (Senat, Nr. 315/4, vorgenannt, S. 4) steht es dem Gesetzgeber zu, zu bewerten, in welchem Maße es angebracht ist, anstelle einer Anhebung der Sozialbeiträge der selbständig Erwerbstätigen (idem, S. 14) oder einer Abänderung des steuerrechtlichen Statuts der Gesellschaften (Kammer, Nr. 480/7, vorgenannt, S. 9) die Gesellschaften dazu zu verpflichten, sich an der Finanzierung des Systems der sozialen Sicherheit der selbständig Erwerbstätigen zu beteiligen, wenn das finanzielle Gleichgewicht dieses Systems infolge der durch eine getrennte Gesetzgebung ermöglichten Umwandlung von selbständig ausgeübten Erwerbstätigkeiten in gesellschaftliche oder als gesellschaftlich angesehene Tätigkeiten gefährdet ist. Dabei darf der Gesetzgeber jedoch nicht die Tragweite der Artikel 6 und 6bis der Verfassung missachten, indem er ein Mittel einsetzt, das nicht der verfolgten Zielsetzung unangemessen ist.
B.3.4. Der Begriff der Pauschale, so wie er in der angefochtenen Bestimmung auftritt, ist der Gegenpol des Begriffs der Proportionalität. Es ist jedoch zuzugeben, dass besonders im sozialen Bereich Überlegungen bezüglich der Wirksamkeit und der Kosten den Gesetzgeber oft daran hindern, der außerordentlichen Diversität der Sachlagen der jeweiligen Gesellschaften Rechnung zu tragen, zumal die Ausarbeitung und Ausführung von präziseren Maßnahmen dazu hätten führen können, wenn auch nicht die Verwirklichung der Zielsetzung in Frage zu stellen, so doch zumindest diese zu verzögern (Senat, Nr. 315/4, vorgenannt, S. 17). Angesichts des geringen Umfangs oder der schwierigen Lage zahlreicher Unternehmen hätte eine derartig radikale Vereinfachung im Falle der Einführung eines weit höheren Beitrags nicht zugelassen werden können ».
B.4.2. Durch das Gesetz vom 30. Dezember 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen (Belgisches Staatsblatt, 9. Januar 1993) wurde der einmalige Beitrag durch einen jährlichen Beitrag ersetzt.
Während der Vorarbeiten wurde Folgendes dargelegt:
« Für das Jahr 1992 wurde den Gesellschaften ein Pauschalbeitrag auferlegt, der für das Statut der Selbständigen bestimmt ist. Diese Maßnahme beruhte auf der wachsenden Bedeutung der Anzahl Gesellschaften und auf der unsicheren finanziellen Situation, in der sich das Sozialstatut der Selbständigen befand.
Angesichts dessen, dass sich die vorerwähnten Trends fortsetzen, wird im Hinblick auf ein dauerhaftes finanzielles Gleichgewicht des besagten Statuts dieser Beitrag auf Dauer eingeführt » (Parl. Dok., Senat, 1992-1993, Nr. 526-1, S. 27).
B.4.3. Artikel 91 des vorerwähnten Gesetzes vom 30. Dezember 1992 wurde durch Artikel 279 des Programmgesetzes vom 22. Dezember 2003 ersetzt.
Die neue Fassung von Artikel 91 ist die Folge der Annahme eines Abänderungsantrags, der wie folgt gerechtfertigt wurde:
« Durch das Gesetz vom 30. Dezember 1992 wurde im Anschluss an einen einmaligen Beitrag ein jährlicher Beitrag zu Lasten der Gesellschaften eingeführt, der für das Sozialstatut der Selbständigen bestimmt ist.
Dieser jährliche Beitrag wurde anfangs auf 7.000 BEF festgesetzt und anschließend durch königlichen Erlass vom 18. November 1996 auf 12.500 BEF erhöht (umgerechnet in 310 EUR gemäß dem königlichen Erlass vom 20. Juli 2000). Infolge der Indexierung beträgt der Beitrag für das Jahr 2003 nun 335 EUR.
Durch den vorliegenden Abänderungsantrag wird die Befugnis zur Festsetzung des jährlichen Beitrags zu Lasten der Gesellschaften, der für das Sozialstatut der Selbständigen bestimmt ist, dem König übertragen. Durch einen im Ministerrat beratenen Erlass können künftig unterschiedliche jährliche Beiträge insbesondere entsprechend der Größe der Gesellschaft festgelegt werden. Der König kann somit Kriterien festlegen, nach denen zwischen verschiedenen Arten von Gesellschaften entsprechend ihrer Größe unterschieden wird. Entsprechend der Art der Gesellschaft, der man angehört, wird der eine oder der andere Beitrag zu entrichten sein » (Parl. Dok., Kammer, 2003-2004, DOC 51-0473/018, S. 11).
Aus den Vorarbeiten geht hervor, dass der zuständige Minister dem Abänderungsantrag zustimmte. Auf eine Frage eines Abgeordneten antwortete der Minister:
« [...] die Pauschale wird entsprechend der Größe des Unternehmens bestimmt werden. Die konkreten Kriterien wurden noch nicht festgelegt. Zu Beginn der Rundtischkonferenz hat es Probleme gegeben. Daher hat vorab eine Konzertierung stattgefunden. Bei der ersten Sitzung stellte sich heraus, dass eines der Probleme für den Mittelstandssektor die Beiträge betraf. Daher wurde vorgeschlagen, diese Beiträge zu modulieren. Die Beschlüsse des Regierungskonklaves werden ausgeführt. Die kleineren Gesellschaften werden niedrigere Beiträge zahlen » (Parl. Dok., Kammer, 2003-2004, DOC 51-0473/031, SS. 15-16).
B.4.4. Im Anschluss an die Frage, ob diese Bestimmung mit den Artikeln 10, 11, 170, 172 und 173 der Verfassung vereinbar sei, hat der Gerichtshof in seinen Entscheiden Nrn. 142/2010 und 103/2011 die Art dieses Beitrags geprüft. In seinem Entscheid Nr. 103/2011 hat er somit geurteilt:
« B.4.1. Der Hof muss zunächst prüfen, ob der fragliche Beitrag als eine Steuer oder vielmehr als ein Sozialversicherungsbeitrag anzusehen ist. Nur im ersteren Fall kann nämlich ein Verstoß gegen die Artikel 170, 172 und 173 der Verfassung angeführt werden.
B.4.2. Die Artikel 170, 172 und 173 der Verfassung enthalten das Legalitätsprinzip in Bezug auf Steuern und Abgaben. Sie finden nicht Anwendung auf Sozialversicherungsbeiträge. Obwohl Steuern und Sozialversicherungsbeiträge durch ihre zwingende Beschaffenheit gemeinsame Merkmale haben können, sind sie doch grundlegend verschieden; die Steuern dienen zur Deckung der allgemeinen gemeinnützigen Ausgaben, während die Sozialversicherungsbeiträge ausschließlich zur Finanzierung von Beihilfesystemen als Ersatz oder Ergänzung des Arbeitseinkommens bestimmt sind.
Die Zahlung des fraglichen Beitrags lässt keine zusätzlichen Rechte hinsichtlich der sozialen Sicherheit entstehen, so dass eine Verbindung mit der sozialen Sicherheit der beitragspflichtigen Personen fehlt. Daraus ergibt sich, dass der fragliche Beitrag kein Sozialversicherungsbeitrag ist, sondern eine Steuer im Sinne der Artikel 170 und 172 der Verfassung.
Im Gegensatz zu dem, was der Ministerrat anführt, wird diese Feststellung nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Beitragsaufkommen zur Finanzierung des Systems der sozialen Sicherheit der Selbständigen dient, und ebenfalls nicht durch die steuerliche Abzugsfähigkeit dieses Beitrags ».
B.4.5. In diesen Entscheiden hat der Gerichtshof demzufolge für Recht erkannt, dass Artikel 91 des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen in der durch Artikel 279 des Programmgesetzes vom 22. Dezember 2003 abgeänderten Fassung gegen Artikel 170 der Verfassung verstößt, jedoch nur insofern, als er das Wort « insbesondere » enthält. Diese Bestimmung ermächtigte den König nämlich dazu, andere Kriterien als die Größe der Gesellschaft zu berücksichtigen.
B.4.6. Das Wort « insbesondere » wurde anschließend durch Artikel 23 des vorerwähnten Gesetzes vom 29. März 2012 aufgehoben.
In Bezug auf den dritten Teil der Vorabentscheidungsfrage
B.5. Der dritte Teil der Vorabentscheidungsfrage betrifft das Gericht, das dafür zuständig ist, über Streitsachen bezüglich der Verpflichtung der Gesellschaften zur Zahlung eines durch Artikel 91 des vorerwähnten Gesetzes vom 30. Dezember eingeführten Beitrags für das Sozialstatut der Selbstständigen zu befinden.
B.6. Wie der Ministerrat und die vor dem vorlegenden Richter beklagte Partei bemerken, bestimmt nicht die fragliche Bestimmung das Gericht, das dafür zuständig ist, über Streitsachen in Bezug auf die Verpflichtung für die Gesellschaften, aufgrund von Kapitel III von Titel III des Gesetzes vom 26. Juni 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen und aufgrund von Kapitel II von Titel III des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen einen für das Sozialstatut der Selbstständigen bestimmten Beitrag zu zahlen, zu befinden, sondern Artikel 581 Nr. 8 des Gerichtsgesetzbuches. Die Vorabentscheidungsfrage betrifft als zu kontrollierende Norm weder diese Bestimmung, noch Artikel 569 Absatz 1 Nr. 32 des Gerichtsgesetzbuches, durch den dem Gericht erster Instanz die Zuständigkeit erteilt wird, über Streitfälle mit Bezug auf die Anwendung eines Steuergesetzes zu erkennen.
Gemäß Artikel 27 § 2 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof müssen in der Vorlageentscheidung die Gesetzesbestimmungen angegeben werden, die Gegenstand der Frage sind. Der Gerichtshof kann eine Vorabentscheidungsfrage nicht auf Bestimmungen ausdehnen, die ihm nicht durch den vorlegenden Richter unterbreitet wurden.
B.7. Der dritte Teil der Vorabentscheidungsfrage ist unzulässig.
In Bezug auf den ersten Teil der Vorabentscheidungsfrage
B.8. Im ersten Teil befragt der vorlegende Richter den Gerichtshof zur Vereinbarkeit von Artikel 95 des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 mit den Artikeln 170 und 172 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit deren Artikeln 10 und 11 und gegebenenfalls mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie mit Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls zu dieser Konvention, insofern dadurch die Beitreibung des Sonderbeitrags den Sozialversicherungskassen unter der Aufsicht des für das Sozialstatut der Selbstständigen zuständigen Ministers anvertraut werde, wobei diese Kassen weder der Tätigkeit, noch den besonderen öffentlichen Aufgaben der Steuerverwaltungen unterstehen würden.
B.9. Aus dem Wortlaut des ersten Teils der Vorabentscheidungsfrage geht hervor, dass darin nur die Paragraphen 1 und 1bis von Artikel 95 des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 ins Auge gefasst werden; diese bestimmen:
« § 1. Die Sozialversicherungskassen sind mit der Beitreibung des Beitrags, notfalls auf dem Klageweg, beauftragt.
§ 1bis. Unbeschadet ihres Rechts, vor den Richter zu laden, können die Sozialversicherungskassen als Einrichtungen zur Einziehung von Beiträgen die ihnen geschuldeten Beträge auch per Zwangsverfahren beitreiben.
Der König bestimmt, unter welchen Bedingungen und gemäß welchen Modalitäten die Verfolgung per Zwangsverfahren erfolgt, und Er bestimmt die Kosten, die mit der Verfolgung einhergehen, und ihre Übertragung ».
Laut Artikel 88 desselben Gesetzes sind unter « b) ' Sozialversicherungskasse ': die freien Sozialversicherungskassen für Selbständige und die Nationale Sozialversicherungshilfskasse für Selbständige, die in Ausführung von Artikel 20 des Königlichen Erlasses Nr. 38 vom 27. Juli 1967 zur Einführung des Sozialstatuts der Selbständigen geschaffen worden sind » zu verstehen.
B.10. Durch Artikel 170 § 1 der Verfassung wird den demokratisch gewählten beratenden Versammlungen die Entscheidung über die Einführung einer Steuer und die Festlegung ihrer wesentlichen Elemente vorbehalten.
Dieser Artikel verbietet es dem Gesetzgeber nicht, die Sozialversicherungskassen, die durch Artikel 20 des königlichen Erlasses Nr. 38 vom 27. Juli 1967 « zur Einführung des Sozialstatuts der Selbstständigen » mit Aufträgen des öffentlichen Dienstes betraut sind, zur Beitreibung des betreffenden Beitrags zu ermächtigen, selbst wenn dieser Beitrag als Steuer eingestuft wurde. Obwohl er steuerlicher Art ist im Sinne der Artikel 170 und 172 der Verfassung, bleibt der betreffende Beitrag durch seine Daseinsberechtigung mit einem Sozialbeitrag verwandt, was zur Folge hat, dass er in das System des Sozialstatuts der Selbstständigen eingegliedert ist. In ihrer Eigenschaft als Gläubiger der Beiträge zur Finanzierung eines Sozialversicherungssystems, das im Übrigen durch die öffentliche Hand finanziert wird, müssen die Sozialversicherungskassen von ihr dazu anerkannt werden (Artikel 20 § 1 des königlichen Erlasses Nr. 38) und führen sie in dieser Eigenschaft einen Auftrag des öffentlichen Dienstes aus.
Aus den Vorarbeiten zum Gesetz vom 27. Dezember 2005 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen, durch dessen Artikel 63 der Paragraph 1bis in die fragliche Bestimmung eingefügt wurde, geht im Übrigen hervor, dass die Möglichkeit, die Beiträge per Zwangsverfahren beizutreiben, in der Verlängerung des Programmgesetzes vom 20. Juli 2005 liegt, durch den es den Einrichtungen zur Einziehung der Sozialbeiträge von Selbstständigen erlaubt wird, eine bessere Beitreibung der ihnen geschuldeten Sozialbeiträge zu gewährleisten (Parl. Dok., Kammer, 2005-2006, DOC 51-2098/001, S. 53).
B.11. Der erste Teil der Vorabentscheidungsfrage ist verneinend zu beantworten.
In Bezug auf den zweiten Teil der Vorabentscheidungsfrage
B.12. Im zweiten Teil befragt der vorlegende Richter den Gerichtshof zur Vereinbarkeit von Artikel 95 des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 mit den Artikeln 170 und 172 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit deren Artikeln 10 und 11 und gegebenenfalls mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie mit Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls zu dieser Konvention, insofern die Regeln bezüglich der Beitreibung des Sonderbeitrags (Verjährung, Zwangsbeitreibung als außergerichtlicher Vollstreckungstitel und Sicherheiten) den für die Sozialbeiträge der Selbstständigen anwendbaren Regeln nachempfunden seien.
B.13. Der Behandlungsunterschied zwischen gewissen Kategorien von Personen, der sich aus der Anwendung unterschiedlicher Verfahrensregeln unter unterschiedlichen Umständen ergibt, ist an sich nicht diskriminierend. Es könnte nur eine Diskriminierung vorliegen, wenn der Behandlungsunterschied, der sich aus der Anwendung dieser Verfahrensregeln ergibt, zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung der Rechte der betroffenen Personen führen würde.
B.14. Weder aus dem Wortlaut der Vorabentscheidungsfrage, noch aus der Begründung der Vorlageentscheidung, noch aus den vor dem Gerichtshof ausgetauschten Argumenten geht hervor, dass die fragliche Bestimmung auf unverhältnismäßige Weise die Rechte der betroffenen Personen beeinträchtigen würde.
B.15. Der zweite Teil der Vorabentscheidungsfrage ist verneinend zu beantworten.
Aus diesen Gründen:
Der Gerichtshof
erkennt für Recht:
Artikel 95 des Gesetzes vom 30. Dezember 1992 zur Festlegung sozialer und sonstiger Bestimmungen verstößt nicht gegen die Artikel 170 und 172 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung und mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie mit Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls zu dieser Konvention.
Erlassen in französischer und niederländischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 25. Januar 2017.
Der Kanzler,
(gez.) P.-Y. Dutilleux
Der Präsident,
(gez.) J. Spreutels