Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 25 Juni 2015 (België). RG 94/2015
- Sectie :
- Rechtspraak
- Bron :
- Justel D-20150625-2
- Rolnummer :
- 94/2015
Samenvatting :
Der Gerichtshof erkennt für Recht: 1. Artikel 343 § 1 Buchstabe b) des Zivilgesetzbuches verstößt gegen Artikel 22bis Absatz 4 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, insofern er es unter den in B.4.2 beschriebenen Umständen nicht erlaubt, dass der ehemalige Partner der Adoptivmutter eines Kindes die einfache Adoption dieses Kindes beantragen kann. 2. Die Artikel 353-8 und 353-9 des Zivilgesetzbuches in der Fassung vor ihrer Abänderung durch das Gesetz vom 17. März 2013 « zur Reform der Regelungen in Sachen Handlungsunfähigkeit und zur Einführung eines neuen, die Menschenwürde wahrenden Schutzstatus » und Artikel 353-10 des Zivilgesetzbuches in der Fassung vor seiner Abänderung durch das Gesetz vom 30. Juli 2013 « zur Schaffung eines Familien- und Jugendgerichts » verstoßen nicht gegen die Artikel 10, 11, 22 und 22bis der Verfassung in Verbindung mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und mit Artikel 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes. 3. Die Artikel 348-3 und 348-11 des Zivilgesetzbuches verstoßen gegen die Artikel 22 und 22bis der Verfassung in Verbindung mit den Artikeln 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern sie es dem Gericht, das ersucht wird, eine Adoption unter den in B.17 beschriebenen Umständen auszusprechen, nur dann ermöglichen, die Weigerung der Mutter, dieser Adoption zuzustimmen, außer Betracht zu lassen, wenn sie sich nicht mehr um das Kind gekümmert hat oder die Gesundheit, die Sicherheit oder die Moralität des Kindes gefährdet hat. 4. Die zweite Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 6021 bedarf keiner Antwort.
Arrest :
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und A. Alen, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Moerman, F. Daoût und T. Giet, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,
erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfragen und Verfahren
a. In seinem Urteil vom 25. April 2014 in Sachen P.L., in Anwesenheit von E.P., dessen Ausfertigung am 30. April 2014 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Jugendgericht Namur folgende Vorabentscheidungsfragen gestellt:
« 1. Verstoßen die Artikel 343 § 1 Buchstaben a) und b) und 353 des Zivilgesetzbuches gegen die Artikel 10, 11, 22 und 22bis der Verfassung in Verbindung mit den Artikeln 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, indem sie unter den oben beschriebenen Umständen des vorliegenden Falls nicht vorsehen, dass ein minderjähriges Kind durch einfache Adoption vom ehemaligen Lebenspartner des Adoptivelternteils dieses Kindes adoptiert werden kann, nachdem es zum Zeitpunkt der Einreichung des Ersuchens um Adoption kein Zusammenleben mehr gibt, während es vor dem Zeitpunkt der Einreichung dieses Ersuchens mindestens drei Jahre lang ein affektives und beständiges Zusammenleben gab und auf materieller und moralischer Ebene eine dauerhafte Elter-Kind-Beziehung zwischen dem Adoptionskandidaten und dem Adoptivkind besteht?
2. Verstoßen die Artikel 353-8, 353-9 und 353-10 des Zivilgesetzbuches gegen die Artikel 10, 11, 22 und 22bis der Verfassung und die Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, indem sie es im Falle einer einfachen Adoption dem minderjährigen biologischen Kind oder Adoptivkind eines nicht zusammenlebenden ehemaligen Lebenspartners nicht ermöglichen, weiterhin der gemeinsamen elterlichen Autorität seiner beiden Elternteile zu unterstehen, während dies beim minderjährigen biologischen Kind oder Adoptivkind eines zusammenlebenden Lebenspartners wohl der Fall ist? ».
b. In seinem Urteil vom 8. Juli 2014 in Sachen C.D., C.S. und N.D., dessen Ausfertigung am 6. August 2014 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das niederländischsprachige Gericht erster Instanz Brüssel folgende Vorabentscheidungsfragen gestellt:
1. « Verstoßen die Artikel 348-3 und 348-11 des Zivilgesetzbuches gegen die Artikel 10, 11, 22 und 22bis der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention, indem sie die Zustimmung der Mutter vorschreiben, damit die Adoption ausgesprochen werden kann (außer dem Fall, in dem sich die Mutter nicht mehr um das Kind gekümmert hat oder die Gesundheit, die Sicherheit oder die Moralität des Kindes gefährdet hat), während
- die Mutter mit dem Adoptionskandidaten bzw. der Adoptionskandidatin eine Vereinbarung gemäß Artikel 7 des Gesetzes vom 6. Juli 2007 über die medizinisch assistierte Fortpflanzung unterzeichnet hat;
- die Mutter und der Adoptionskandidat bzw. die Adoptionskandidatin zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes wenigstens eine affektive Beziehung hatten und nachher die Ehe geschlossen haben;
- die Mutter und der Adoptionskandidat bzw. die Adoptionskandidatin zum Zeitpunkt der Einreichung des Adoptionsantrags verheiratet waren;
- erwiesen ist, dass ein tatsächliches Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Kind und dem Adoptionskandidaten bzw. der Adoptionskandidatin besteht, das nach der Scheidung der Ehepartner bestehen bleibt, unter anderem durch eine vom Friedensrichter bestätigte Vereinbarung in Bezug auf das Besuchsrecht? »;
2. « Verstoßen die Artikel 343 § 1 Buchstabe a), 353-8 und 353-9 des Zivilgesetzbuches gegen die Artikel 10, 11, 22 und 22bis der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit Artikel 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, indem sie nicht vorsehen, dass bei Adoption des Kindes oder des Adoptivkindes des ehemaligen Ehepartners des Adoptierenden die elterliche Autorität gemeinsam durch die beiden ehemaligen Ehepartner ausgeübt wird, während dies bei Adoption des Kindes oder des Adoptivkindes des Ehepartners des Adoptierenden wohl der Fall ist? ».
Diese unter den Nummern 5894 und 6021 ins Geschäftsverzeichnis des Gerichtshofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.
(...)
III. Rechtliche Würdigung
(...)
B.1. Artikel 343 des Zivilgesetzbuches, zuletzt abgeändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 2. Juni 2010 « zur Abänderung des Zivilgesetzbuches, was die Ehehindernisse im Falle einer Adoption betrifft », bestimmt:
« § 1. Man versteht unter dem Begriff:
a) Adoptierender: eine Person, Ehegatten oder Zusammenwohnende,
b) Zusammenwohnende: zwei Personen, die eine Erklärung über das gesetzliche Zusammenwohnen abgegeben haben, oder zwei Personen, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Ersuchens um Adoption auf beständige und affektive Weise seit mindestens drei Jahren zusammenleben, sofern sie nicht durch ein Verwandtschafts- oder Verschwägerungsverhältnis miteinander verbunden sind, das zu einem Eheverbot führt, von dem sie durch den König nicht befreit werden können,
c) Kind: eine Person, die jünger als achtzehn Jahre ist.
§ 2. Es gibt zwei Formen der Adoption: die einfache Adoption und die Volladoption ».
B.2.1. Die Artikel 348-1 bis 348-11 des Zivilgesetzbuches bilden Punkt E (« Zustimmungen ») von Paragraph 1 (« Bedingungen der Adoption ») von Abschnitt 2 (« Gemeinsame Bestimmungen für beide Formen der Adoption ») von Kapitel I (« Innerstaatliches Recht ») von Titel VIII (« Adoption und Volladoption ») von Buch I dieses Gesetzbuches.
B.2.2. Artikel 348-3 des Zivilgesetzbuches bestimmte vor seiner Abänderung durch Artikel 16 des Gesetzes vom 17. März 2013 « zur Reform der Regelungen in Sachen Handlungsunfähigkeit und zur Einführung eines neuen, die Menschenwürde wahrenden Schutzstatus »:
« Steht die Abstammung eines Kindes, einer Person, die unter dem Statut der verlängerten Minderjährigkeit steht, oder eines Entmündigten hinsichtlich der Mutter und des Vaters fest, müssen beide Elternteile der Adoption zustimmen. Ist jedoch einer der beiden Elternteile außerstande, seinen Willen zu äußern, ist über seinen Verbleib nichts bekannt oder ist er vermutlich verschollen, genügt die Zustimmung des anderen.
Steht die Abstammung eines Kindes, einer Person, die unter dem Statut der verlängerten Minderjährigkeit steht, oder eines Entmündigten nur hinsichtlich eines seiner Elternteile fest, muss nur dieser Elternteil der Adoption zustimmen ».
B.2.3. Artikel 348-11 des Zivilgesetzbuches bestimmte vor seiner Abänderung durch Artikel 46 des Gesetzes vom 30. Juli 2013 « zur Schaffung eines Familien- und Jugendgerichts »:
« Wenn eine Person, die aufgrund der Artikel 348-2 bis 348-7 der Adoption zustimmen muss, diese Zustimmung verweigert, kann die Adoption dennoch auf Ersuchen des Adoptierenden, der Adoptierenden oder der Staatsanwaltschaft ausgesprochen werden, wenn das Gericht diese Verweigerung als unberechtigt betrachtet.
Weigert sich jedoch die Mutter oder der Vater eines Kindes, der Adoption zuzustimmen, kann das Gericht - außer wenn es sich um eine erneute Adoption handelt - die Adoption nur aussprechen, wenn nach einer gründlichen Sozialuntersuchung deutlich wird, dass diese Person sich nicht mehr um das Kind gekümmert hat oder die Gesundheit, die Sicherheit oder die Moralität des Kindes gefährdet hat ».
B.3.1. Die Artikel 353-1 bis 353-18 des Zivilgesetzbuches bilden Punkt A (« Wirkungen ») von Paragraph 1 (« Einfache Adoption ») von Abschnitt 3 (« Jeder Form der Adoption eigene Bestimmungen ») von Kapitel I von Titel VIII von Buch I dieses Gesetzbuches.
B.3.2. Artikel 353-8 des Zivilgesetzbuches bestimmte vor seiner Abänderung durch Artikel 20 des Gesetzes vom 17. März 2013:
« Der Adoptierende wird hinsichtlich des Adoptierten mit den Rechten der elterlichen Autorität, einschließlich des gesetzlichen Nutzungsrechts, sowie mit dem Recht, die Erklärung seiner Mündigkeit zu beantragen und seiner Heirat zuzustimmen, ausgestattet.
Stirbt der Adoptierende oder ist er außerstande, die elterliche Autorität während der Minderjährigkeit des Adoptierten auszuüben, wird die Vormundschaft gemäß Titel X Kapitel II des vorliegenden Buches organisiert ».
Artikel 353-9 desselben Gesetzbuches bestimmte vor seiner Abänderung durch Artikel 21 des Gesetzes vom 17. März 2013:
« Bei einer Adoption durch Ehegatten oder Zusammenwohnende oder wenn der Adoptierte das Kind oder Adoptivkind des Ehepartners des Adoptierenden oder der mit ihm zusammenwohnenden Person ist, wird die elterliche Autorität von beiden Ehegatten oder Zusammenwohnenden gemeinsam ausgeübt. Die Bestimmungen von Titel IX des vorliegenden Buches sind entsprechend anwendbar.
Wenn beide Adoptierenden sterben oder außerstande sind, die elterliche Autorität während der Minderjährigkeit des Adoptierten auszuüben, wird die Vormundschaft gemäß Titel X Kapitel II des vorliegenden Buches organisiert ».
Artikel 353-10 desselben Gesetzbuches bestimmte vor seiner Abänderung durch Artikel 50 des Gesetzes vom 30. Juli 2013:
« Im Todesfall des Adoptierenden beziehungsweise der Adoptierenden können die Mutter und der Vater des Adoptivkindes gemeinsam oder kann einer von ihnen das Jugendgericht darum ersuchen, dass das Kind wieder unter ihre elterliche Autorität gestellt wird. Wird diesem Ersuchen stattgegeben, geht die vorher geregelte Vormundschaft zu Ende ».
In Bezug auf die erste Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 5894
B.4.1. Aus der Begründung der Vorlageentscheidung und dem Wortlaut der Vorabentscheidungsfrage geht hervor, dass der Gerichtshof gebeten wird, über die Vereinbarkeit von Artikel 343 § 1 Buchstabe b) des Zivilgesetzbuches mit den Artikeln 10, 11, 22 und 22bis der Verfassung in Verbindung mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und mit Artikel 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes zu befinden, insofern diese Gesetzesbestimmung, indem sie vorschreibe, dass der Adoptionsantrag während des Zusammenlebens eingereicht werde, einen Mann, der mehr als drei Jahre lang beständig und affektiv mit der Adoptivmutter eines Kindes und diesem Kind zusammengelebt habe, ohne der Ehepartner oder der gesetzlich zusammenwohnende Partner dieser Frau zu sein, daran hindere, die einfache Adoption dieses Kindes in der Eigenschaft als zusammenwohnender Partner zu beantragen.
B.4.2. Aus der Begründung der Vorlageentscheidung und der Akte, auf der sie beruht, geht hervor, dass das Gericht, das den Gerichtshof befragt, mit einem Antrag auf einfache Adoption befasst ist, der durch einen Mann gestellt wurde, der mit der Adoptivmutter eines Kindes während fast zehn Jahren ein Paar gebildet hat, wobei das Kind während dieses Zeitraums geboren wurde.
Es ist auch ersichtlich, dass dieses Kind, das im Ausland geboren wurde, dessen Vater unbekannt ist und das von seiner biologischen Mutter verlassen wurde, keinen gesetzlichen Vater hat und seit seinem Eintreffen auf dem belgischen Staatsgebiet einige Monate nach seiner Geburt in der aus seiner Adoptivmutter und dem Antragsteller auf Adoption gebildeten Familie gelebt hat, selbst wenn das offizielle Zusammenwohnen der Letztgenannten erst fast zwei Monate nach diesem Eintreffen und mehr als sechs Monate nach der Erstellung der Adoptionsurkunde begonnen hat. Außerdem ist ersichtlich, dass zwischen dem Antragsteller auf Adoption und dem Kind eine dauerhafte faktische Beziehung sowohl in moralischer als auch in materieller Hinsicht besteht, dass die Entscheidung für die einfache Adoption auf dem Wunsch beruht, den Namen der Adoptivmutter nicht durch den Namen des Antragstellers auf Adoption zu ersetzen, und dass die Adoptivmutter mit der Adoption einverstanden ist, sofern die Adoption nicht ihre Beziehung zum Kind ändert.
Der Gerichtshof beantwortet die Vorabentscheidungsfrage unter Berücksichtigung dieser besonderen Situation.
B.5.1. Artikel 22 der Verfassung bestimmt:
« Jeder hat ein Recht auf Achtung vor seinem Privat- und Familienleben, außer in den Fällen und unter den Bedingungen, die durch Gesetz festgelegt sind.
Das Gesetz, das Dekret oder die in Artikel 134 erwähnte Regel gewährleistet den Schutz dieses Rechtes ».
Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention bestimmt:
« (1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist ».
Der Verfassungsgeber hat eine möglichst weitgehende Übereinstimmung zwischen Artikel 22 der Verfassung und dieser internationalen Bestimmung angestrebt (Parl. Dok., Kammer, 1992-1993, Nr. 997/5, S. 2).
Deren Tragweite entspricht derjenigen der vorerwähnten Verfassungsbestimmung, weshalb die Garantien, die durch die beiden Bestimmungen geboten werden, ein untrennbares Ganzes bilden.
B.5.2. Artikel 22bis der Verfassung bestimmt:
« Jedes Kind hat ein Recht auf Achtung vor seiner moralischen, körperlichen, geistigen und sexuellen Unversehrtheit.
Jedes Kind hat das Recht, sich in allen Angelegenheiten, die es betreffen, zu äußern; seiner Meinung wird unter Berücksichtigung seines Alters und seines Unterscheidungsvermögens Rechnung getragen.
Jedes Kind hat das Recht auf Maßnahmen und Dienste, die seine Entwicklung fördern.
Das Wohl des Kindes ist in allen Entscheidungen, die es betreffen, vorrangig zu berücksichtigen.
Das Gesetz, das Dekret oder die in Artikel 134 erwähnte Regel gewährleistet diese Rechte des Kindes ».
Artikel 21 Buchstabe a) des Übereinkommens über die Rechte des Kindes bestimmt:
« Die Vertragsstaaten, die das System der Adoption anerkennen oder zulassen, gewährleisten, dass dem Wohl des Kindes bei der Adoption die höchste Bedeutung zugemessen wird; die Vertragsstaaten
a) stellen sicher, dass die Adoption eines Kindes nur durch die zuständigen Behörden bewilligt wird, die nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften und Verfahren und auf der Grundlage aller verlässlichen einschlägigen Informationen entscheiden, dass die Adoption angesichts des Status des Kindes in Bezug auf Eltern, Verwandte und einen Vormund zulässig ist und dass, soweit dies erforderlich ist, die betroffenen Personen in Kenntnis der Sachlage und auf der Grundlage einer gegebenenfalls erforderlichen Beratung der Adoption zugestimmt haben; ».
B.6. Aus der fraglichen Bestimmung geht hervor, dass ein Mann, der mehr als drei Jahre lang beständig und affektiv mit der Adoptivmutter eines Kindes und diesem Kind zusammengelebt hat, ohne der Ehepartner oder der gesetzlich zusammenwohnende Partner dieser Frau zu sein, nicht mehr die Adoption dieses Kindes in seiner Eigenschaft als zusammenwohnender Partner beantragen kann, wenn das Zusammenleben beendet wurde, selbst wenn das Kind geboren wurde, während dieser Mann und diese Frau ein Paar bildeten, und selbst wenn die faktische Verbindung zwischen diesem Mann und diesem Kind seit der Aufnahme des Kindes durch seine Adoptivmutter immer diejenige eines Vaters und seines Kindes gewesen ist.
B.7.1. Das Erfordernis des beständigen Zusammenlebens des Antragstellers auf Adoption und des Elternteils des Kindes zum Zeitpunkt des Adoptionsantrags wurde während der Vorarbeiten zum Gesetz vom 24. April 2003 wie folgt begründet:
« Mit dem Gesetz vom 23. November 1998 zur Einführung des gesetzlichen Zusammenwohnens, das am 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist, wurde auf eine gewisse Weise das Bestehen einer Form des Zusammenlebens außerhalb der Ehe anerkannt. Andererseits wurde in den vergangenen Jahren immer öfter gefordert, die Adoption durch unverheiratete Paare zu ermöglichen, insbesondere seit der Abschaffung der Begriffe ' gesetzliche ' und ' natürliche ' Abstammung durch das Gesetz vom 31. März 1987. Der Umstand, dass eine Adoption durch zwei Personen nur im Rahmen einer Ehe durchgeführt werden kann, wurde somit mehr und mehr als inkohärent empfunden.
Auch im Bereich der Adoption muss dieser Entwicklung Rechnung getragen werden. Während früher nur zwei Ehepartner zusammen dasselbe Kind adoptieren konnten, sieht der Entwurf nunmehr die Möglichkeit vor, dass zwei unverheiratete Personen unterschiedlichen Geschlechts adoptieren. Es wird auch möglich sein, dass eine Person das Kind oder das Adoptivkind der Person, mit der sie zusammenwohnt (insofern der Adoptierende und die Person, mit der er zusammenwohnt, unterschiedlichen Geschlechts sind) unter den gleichen Bedingungen und mit den gleichen Folgen, als wenn der Adoptierende mit dem Elternteil des Adoptierten verheiratet wäre, adoptiert.
Drei Bedingungen müssen jedoch erfüllt sein. Die erste Bedingung ist, dass diese Personen nicht miteinander verwandt sein dürfen. Folglich kann eine Person nicht durch eine Schwester und einen Bruder oder durch einen Onkel und seine Nichte adoptiert werden.
Die zweite Bedingung steht im Zusammenhang mit der Stabilität. Die Adoptierenden müssen zum Zeitpunkt der Einreichung des Ersuchens seit mindestens drei Jahren auf beständige Weise zusammenleben. Es geht dabei um das Interesse des Adoptierten, meist ein Kind, das bereits aus seiner Umgebung entfernt wurde und die Gewähr haben muss, dass die Familie, in die es aufgenommen wird, ein stabiles Umfeld bietet.
Die dritte Bedingung bezieht sich auf die Beschaffenheit der Beziehung zwischen den Adoptierenden, die verpflichtend eine affektive sein muss. Das Interesse des Adoptierten, insbesondere des adoptierten Kindes, besteht darin, in eine Familie in der allgemeinen Bedeutung des Wortes aufgenommen zu werden. Zwei Freunde, so ehrbar ihr Bestreben auch sein mag, können dem Adoptierten dies nicht bieten (vgl. Entwurf von Artikel 343 des Zivilgesetzbuches zu dem, was man unter ' Adoptierender ' und ' Zusammenwohnender ' versteht) » (Parl. Dok., Kammer, 2000-2001, DOC 50-1366/001 und 50-1367/001, SS. 11-12).
B.7.2. Die fragliche Bestimmung bezweckt folglich, die gemeinsame Adoption durch zwei unverheiratete Personen sowie die Adoption des Kindes der Person, mit der der Antragsteller auf Adoption zusammenwohnt, zu ermöglichen.
Die Bedingung bezüglich des Bestehens des Zusammenwohnens zum Zeitpunkt des Adoptionsantrags wird mit dem « Interesse » des adoptierten Kindes - das « bereits aus seiner Umgebung entfernt wurde » - begründet, in « eine Familie in der allgemeinen Bedeutung des Wortes » zu gelangen, die durch den Gesetzgeber als ein « stabiles Umfeld » für das Kind angesehen wird.
B.8. Gemäß Artikel 22bis Absatz 4 der Verfassung und Artikel 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes ist das Wohl des Kindes in allen Entscheidungen, die es betreffen, « vorrangig » zu berücksichtigen.
B.9.1. Die fragliche Bestimmung hindert den ehemaligen Partner der Mutter des Kindes daran, der in B.6 beschriebenen dauerhaften faktischen Beziehung Folgen zu verleihen, die offiziell die Verpflichtungen bestätigen, die dieser Mann in Bezug auf das Kind annehmen möchte.
B.9.2. In diesem Maße hat diese Bestimmung Folgen, die nicht im Verhältnis zu dem Ziel des Gesetzgebers stehen, das, wie in B.7.2 erwähnt wurde, unter anderem auf der Erwägung beruht, das es im Interesse des Kindes - das « bereits aus seiner Umgebung entfernt wurde » - ist, dass es in einem « stabilen Umfeld » aufgefangen wird.
Im Falle einer dauerhaften Beziehung zwischen einem Kind und dem ehemaligen Partner seiner Mutter würde die Adoption des Kindes durch diesen Mann, insofern die Rechtsverhältnisse zwischen dem Kind und seiner Ursprungsfamilie erhalten bleiben, weder zur Folge haben, dass das Kind aus seiner Umgebung entfernt würde, noch, dass es in einem Umfeld aufwachsen würde, das per definitionem als instabil anzusehen wäre. Eine solche Adoption würde im Gegenteil durchaus zu einer Stabilität des Umfeldes beitragen können, in dem das Kind aufwächst, und die bestehenden faktischen Verhältnisse innerhalb dieses Umfeldes juristisch untermauern.
B.10.1. Insofern die fragliche Bestimmung die Adoption eines Kindes unter den in B.4.2 beschriebenen Umständen nicht ermöglicht, ist sie nicht vereinbar mit Artikel 22bis Absatz 4 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes.
B.10.2. Die Prüfung der Vereinbarkeit der fraglichen Bestimmung mit den Artikeln 10, 11 und 22 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention kann nicht zu einer umfassenderen Feststellung eines Verstoßes führen.
B.11. Da die in B.10.1 erfolgte Feststellung der Rechtslücke in einer ausreichend präzisen und vollständigen Formulierung ausgedrückt ist, die es ermöglicht, die fragliche Bestimmung unter Einhaltung der Referenznormen, auf deren Grundlage der Gerichtshof seine Kontrolle ausübt, anzuwenden, obliegt es dem vorlegenden Richter, dem Verstoß gegen diese Normen ein Ende zu setzen.
B.12. Die erste Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 5894 ist bejahend zu beantworten.
In Bezug auf die zweite Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 5894
B.13. Aus der Begründung der Vorlageentscheidung und dem Wortlaut der Vorabentscheidungsfrage geht hervor, dass der Gerichtshof gebeten wird, über die Vereinbarkeit der Artikel 353-8, 353-9 und 353-10 des Zivilgesetzbuches mit den Artikeln 10, 11, 22 und 22bis der Verfassung in Verbindung mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und mit Artikel 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes zu befinden, insofern diese Gesetzesbestimmungen einen Behandlungsunterschied zwischen zwei Kategorien von minderjährigen Adoptivkindern, die Gegenstand einer einfachen Adoption seien, einführten: einerseits ein Kind, das adoptiert würde durch einen Mann, der im Sinne von Artikel 343 § 1 Buchstabe b) des Zivilgesetzbuches mit der Frau zusammenwohne, die es adoptiert habe, und andererseits ein Kind, das unter den in B.4.2 beschriebenen Umständen durch einen ehemaligen Partner der Frau adoptiert würde, die es adoptiert habe aber nicht mehr im Sinne von Artikel 343 § 1 Buchstabe b) des Zivilgesetzbuches mit diesem Mann zusammenwohne.
Nur die erstgenannten Kinder könnten « weiterhin der gemeinsamen elterlichen Autorität [beider Adoptierenden] unterstehen ».
B.14. Ein Mann, der mit einer Frau zusammenwohnt, die ein Kind adoptiert hat, besitzt nicht durch die bloße Tatsache dieses Zusammenwohnens die Rechte der elterlichen Autorität.
Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass die einfache Adoption dieses Kindes durch diesen Mann es dem Kind erlaubt, « weiterhin der [...] elterlichen Autorität [dieses Mannes] zu unterstehen ».
B.15. In der Antwort auf die erste Vorabentscheidungsfrage heißt es, dass die Einhaltung von Artikel 22bis Absatz 4 der Verfassung es erfordert, den Begriff « Zusammenwohnende », der in Artikel 343 § 1 Buchstabe b) des Zivilgesetzbuches definiert ist, auf den in B.4.2 beschriebenen Fall auszudehnen.
Wenn jedoch im Fall einer einfachen Adoption der Adoptierte das Adoptivkind des zusammenwohnenden Partners des Adoptierenden ist, wird die elterliche Autorität gemeinsam durch die Zusammenwohnenden ausgeübt (Artikel 353-9 Absatz 1 des Zivilgesetzbuches).
Die einfache Adoption entzieht folglich keiner der beiden in B.13 beschriebenen Kategorien von Kindern den Vorteil der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Autorität durch seine beiden Adoptierenden.
B.16. Folglich besteht der angeführte Behandlungsunterschied nicht. Die zweite Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 5894 ist verneinend zu beantworten.
In Bezug auf die erste Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 6021
B.17. Der Gerichtshof wird gebeten, über die Vereinbarkeit der Artikel 348-3 und 348-11 des Zivilgesetzbuches mit den Artikeln 10, 11, 22 und 22bis der Verfassung, gegebenenfalls in Verbindung mit den Artikeln 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention, zu befinden, insofern diese Gesetzesbestimmungen das Gericht unter folgenden Umständen daran hinderten, die Adoption ohne das Einverständnis der Mutter des Kindes auszusprechen:
- Die Mutter hat mit der Frau, die den Antrag auf einfache Adoption stellt, eine Vereinbarung gemäß Artikel 7 des Gesetzes vom 6. Juli 2007 « über die medizinisch assistierte Fortpflanzung und die Bestimmung der überzähligen Embryonen und Gameten » unterschrieben.
- Die Mutter des Kindes und diese Frau hatten zumindest eine affektive Verbindung zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes und haben anschließend geheiratet.
- Die Mutter hat sich um das Kind gekümmert und dessen Gesundheit, Sicherheit oder Moralität nicht gefährdet.
- Die Mutter des Kindes und die Frau, die um die einfache Adoption des Kindes ersucht, waren zum Zeitpunkt des Einreichens des Adoptionsantrags verheiratet.
- Es besteht eine tatsächliche Familienbeziehung zwischen dem Kind und der Antragstellerin auf Adoption, die nach der Trennung der Ehepartnerinnen weiter bestanden hat, unter anderem durch eine Einigung über das Besuchsrecht, die durch den Friedensrichter bestätigt wurde.
Der Gerichtshof beschränkt die Prüfung der Frage auf diese Situation.
In Bezug auf die Zulässigkeit der Frage
B.18.1. Die Vorabentscheidungsfrage bezieht sich unter anderem auf die Vereinbarkeit der fraglichen Gesetzesbestimmungen mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung.
B.18.2. Im vorliegenden Fall ist im Wortlaut der Vorabentscheidungsfrage nicht angegeben, ob der Gerichtshof gebeten wird, über die Verfassungsmäßigkeit eines Behandlungsunterschieds oder über diejenige einer Gleichbehandlung zu befinden.
Es werden ebenfalls nicht zwei Kategorien von Personen identifiziert.
Die Vorabentscheidungsfrage enthält also nicht die notwendigen Elemente, damit der Gerichtshof entscheiden kann.
B.18.3. Insofern sie sich auf die Vereinbarkeit der fraglichen Gesetzesbestimmungen mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung, gegebenenfalls in Verbindung mit Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention, bezieht, ist die Vorabentscheidungsfrage unzulässig.
Zur Hauptsache
B.19.1. Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet weder das Recht, eine Familie zu gründen, noch dasjenige zu adoptieren (EuGHMR, Große Kammer, 22. Januar 2008, E.B. gegen Frankreich, § 41; 15. März 2012, Gas und Dubois gegen Frankreich, § 37; 16. Dezember 2014, Chbihi Loudoudi und andere gegen Belgien, § 89), noch das Recht, adoptiert zu werden.
Dennoch sind die Beziehungen zwischen einem Adoptierten und einem Adoptierenden grundsätzlich von gleicher Art wie die Familienbeziehungen, die durch Artikel 8 der Konvention geschützt werden (EuGHMR, 22. Juni 2004, Pini und andere gegen Rumänien, § 140; 28. Juni 2007, Wagner und J.M.W.L. gegen Luxemburg, § 121).
Das Recht auf Achtung eines « Familienlebens » in Sinne dieser Bestimmung setzt das Bestehen einer Familie (EuGHMR, 13. Juni 1979, Marckx gegen Belgien, § 31) oder, unter außergewöhnlichen Umständen, eines « geplanten Familienlebens », das heißt einer potenziellen Beziehung, die sich hätte entwickeln können, voraus (EuGHMR, 22. Juni 2004, Pini und andere gegen Rumänien, § 143; Große Kammer, 22. Januar 2008, E.B. gegen Frankreich, § 41; 5. Juni 2014, I.S. gegen Deutschland, § 69; Entscheidung, 8. Juli 2014, D. und andere gegen Belgien, § 49), insbesondere, wenn der Umstand, dass das Familienleben noch nicht vollständig zustande gekommen ist, nicht auf die Person zurückzuführen ist, bei der die Achtung des Familienlebens in Rede steht (EuGHMR, 22. März 2012, Kautzor gegen Deutschland, § 61; 22. März 2012, Ahrens gegen Deutschland, § 58; 12. Februar 2013, Krisztissn Barnabsss Tóth gegen Ungarn, § 27) oder wenn, wie im Familienleben (EuGHMR, Entscheidung, 31. August 2010, Gas und Dubois gegen Frankreich, A.2), enge persönliche Beziehungen zwischen dieser Person und derjenigen, mit der sie eine Beziehung aufbauen könnte, besteht (EuGHMR, 21. Dezember 2010, Anayo gegen Deutschland, §§ 57 und 61; 15. September 2011, Schneider gegen Deutschland, §§ 81 und 88).
B.19.2. Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention dient im Wesentlichen dazu, den Einzelnen gegen willkürliche Einmischungen der Behörden zu schützen. Diese Bestimmung kann auch positive Verpflichtungen, die mit einer effektiven « Achtung » des Familienlebens verbunden sind, zur Folge haben (EuGHMR, Große Kammer, 3. Oktober 2014, Jeunesse gegen Niederlande, § 106).
Die Grenze zwischen den positiven Verpflichtungen und den negativen Verpflichtungen, die sich aus diesem Artikel 8 ergeben, eignet sich jedoch nicht für eine präzise Definition. Die Grundsätze, die für beide gelten, sind vergleichbar. In beiden Fällen ist das faire Gleichgewicht zwischen den gegensätzlichen Interessen des betreffenden Einzelnen und denjenigen der Gesellschaft zu berücksichtigen (EuGHMR, Große Kammer, 16. Juli 2014, Hämäläinen gegen Finnland, § 65; Große Kammer, 3. Oktober 2014, Jeunesse gegen Niederlande, § 106; 16. Dezember 2014, Chbihi Loudoudi und andere gegen Belgien, § 92).
Unter gewissen Umständen erlegt Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention den Vertragsstaaten die positive Verpflichtung auf, die Bildung und Entwicklung einer Familienbeziehung zu ermöglichen (EuGHMR, 4. Oktober 2012, Harroudj gegen Frankreich, § 41; 16. Dezember 2014, Chbihi Loudoudi und andere gegen Belgien, § 89). Wenn eine Familienbeziehung zu einem Kind erwiesen ist, müssen die Staaten so handeln, dass diese Beziehung sich entwickeln kann, und einen Rechtschutz gewähren, der die Integration des Kindes in seine Familie ermöglicht (EuGHMR, 28. Juni 2007, Wagner und J.M.W.L. gegen Luxemburg, § 119; 4. Oktober 2012, Harroudj gegen Frankreich, § 41; 16. Dezember 2014, Chbihi Loudoudi und andere gegen Belgien, § 89). Diese positiven Verpflichtungen sind im Lichte des Übereinkommens über die Rechte des Kindes auszulegen (EuGHMR, 4. Oktober 2012, Harroudj gegen Frankreich, § 42).
B.19.3. Um mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar zu sein, muss die Einmischung einer Behörde in die Ausübung des Rechtes auf Achtung des Familienlebens in einer ausreichend präzisen Gesetzesbestimmung vorgesehen sein, einem der in Absatz 2 dieser Bestimmung angeführten legitimen Ziele dienen und « in einer demokratischen Gesellschaft [...] notwendig » für die Verwirklichung dieses Ziels sein.
Eine Einmischung gilt in diesem Kontext als « in einer demokratischen Gesellschaft [...] notwendig », wenn sie einem « zwingenden gesellschaftlichen Bedürfnis » entspricht und insbesondere, wenn sie im Verhältnis zu dem angestrebten legitimen Ziel steht und die zu ihrer Rechtfertigung angeführten Gründe sich als « sachdienlich und ausreichend » erweisen (EuGHMR, Große Kammer, 12. Juni 2014, Fernssndez Mart¤nez gegen Spanien).
Damit eine Einmischung im Verhältnis zum angestrebten Ziel steht, muss nicht nur ein Gleichgewicht zwischen den konkurrierenden Interessen des Einzelnen und der Gesellschaft insgesamt, sondern auch zwischen den gegensätzlichen Interessen der betreffenden Personen berücksichtigt werden (EuGHMR, 6. Juli 2010, Backlund gegen Finnland, § 46; 15. Januar 2013, Laakso gegen Finnland, § 46; 29. Januar 2013, Röman gegen Finnland, § 51).
In jeder Entscheidung über ein Kind muss dessen übergeordnetes Interesse Vorrang haben (EuGHMR, Große Kammer, 26. November 2013, X gegen Lettland, § 96). Auch wenn es alleine nicht ausschlaggebend ist, hat dieses Interesse mit Sicherheit ein großes Gewicht (EuGHMR, Große Kammer, 3. Oktober 2014, Jeunesse gegen Niederlande, § 109).
B.20.1. Artikel 3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes bestimmt:
« (1) Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.
(2) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, dem Kind unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten seiner Eltern, seines Vormunds oder anderer für das Kind gesetzlich verantwortlicher Personen den Schutz und die Fürsorge zu gewährleisten, die zu seinem Wohlergehen notwendig sind; zu diesem Zweck treffen sie alle geeigneten Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen.
[...] ».
B.20.2. Sowohl Artikel 22bis Absatz 4 der Verfassung als auch Artikel 3 Absatz 1 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes verpflichten die Gerichte, vorrangig das Wohl des Kindes in den Verfahren, die sich auf das Kind beziehen, zu berücksichtigen.
Wenngleich das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigt werden muss, ist es nicht absolut. Bei der Abwägung der verschiedenen betroffenen Interessen nimmt das Wohl des Kindes eine besondere Stellung ein, weil es der schwache Teil in der Familienbeziehung ist. Aus dieser besonderen Stellung ergibt sich nicht, dass die Interessen der anderen betroffenen Parteien nicht berücksichtigt werden könnten.
B.20.3. Der Gesetzgeber hat zahlreiche gesetzliche Maßnahmen zur Ausführung von Artikel 3 Absatz 2 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes ergriffen:
- Seit dem Gesetz vom 31. März 1987 zur Abänderung verschiedener Gesetzesbestimmungen bezüglich der Abstammung wird die elterliche Autorität nicht mehr an den Ehestand der Eltern gebunden, denn nur die gesetzlich feststehende Abstammung väterlicherseits beziehungsweise mütterlicherseits ist ausschlaggebend.
- Durch das Gesetz vom 13. April 1995 über die gemeinsame Ausübung der elterlichen Autorität hat der Gesetzgeber, um die Verantwortung beider Eltern für das Kind zu stärken, den Grundsatz der Mitelternschaft eingeführt, was bedeutet, dass sie gemeinsam die Autorität über die Person und die Güter des Minderjährigen ausüben, ungeachtet dessen, ob sie zusammenleben oder geschieden sind.
- Wenn die Eltern nicht zusammenleben, müssen sie eine Regelung über « die Organisation der Unterbringung des Kindes » treffen (Artikel 374 § 1 Absatz 2 des Zivilgesetzbuches); das Gericht kann die ausschließliche Ausübung der elterlichen Autorität einem der beiden Elternteile anvertrauen (Artikel 374 § 1 Absatz 2 und Artikel 376 Absatz 3), wobei der andere das Recht auf persönlichen Umgang und das Recht, die Erziehung des Kindes zu beaufsichtigen, behält (Artikel 374 § 1 Absatz 4); wenn das Gericht einem der Elternteile die ausschließliche Ausübung der elterlichen Autorität anvertraut, kann es bestimmen, dass gewisse wichtige Entscheidungen über die Erziehung des Kindes nur mit Zustimmung beider Eltern getroffen werden können (Artikel 374 § 1 Absatz 3).
- Im Gesetz vom 6. Juli 2007 wird der « Wunschelternteil » als « jede Person, die beschlossen hat, Elternteil durch assistierte Fortpflanzung zu werden, ungeachtet dessen, ob diese anhand ihrer eigenen Gameten oder Embryonen durchgeführt wird oder nicht » definiert (Artikel 2 Buchstabe f)) und angegeben, wie die Vereinbarung zu erstellen ist, die vor jeglichem medizinischen Schritt mit Bezug auf die medizinisch assistierte Fortpflanzung zu unterzeichnen ist (Artikel 7).
- Das Gesetz vom 13. Februar 2003 « zur Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts und zur Abänderung einiger Bestimmungen des Zivilgesetzbuches » ist am 1. Juni 2003 in Kraft getreten, während das Gesetz vom 18. Mai 2006 « zur Abänderung einiger Bestimmungen des Zivilgesetzbuches, um die Adoption durch Personen gleichen Geschlechts zu ermöglichen » die inländische und internationale Adoption für gleichgeschlechtliche Paare, die bestimmte Garantien in Sachen Stabilität bieten (Ehe, gesetzliches Zusammenwohnen oder tatsächliches Zusammenwohnen während mehr als drei Jahren), ermöglicht hat.
B.20.4. Diese gesetzlichen Maßnahmen ermöglichen es jedoch nicht, das mit der Schaffung eines zweiten Abstammungsverhältnisses verbundene Recht auf Schutz und Wohlbefinden eines Kindes, das sich in der in B.17 beschriebenen Situation befindet, rechtlich zu verankern, während die Person, die dieses Verhältnis schaffen möchte, an dem Elternschaftsprojekt beteiligt ist, das mit der Person, dem gegenüber das erste Abstammungsverhältnis feststeht, erstellt wurde.
B.20.5. Aus den Vorarbeiten zum Gesetz vom 18. Mai 2006 geht hervor, dass im Parlament keine Mehrheit erreicht werden konnte, um die Adoption durch zwei Personen gleichen Geschlechts zu ermöglichen, weder zum Zeitpunkt der Erörterung des Gesetzentwurfs, der zum Gesetz vom 24. April 2003 zur Reform der Adoption geworden ist, noch zu dem Zeitpunkt der Annahme des Gesetzes vom 13. Februar 2003 « zur Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts und zur Abänderung einiger Bestimmungen des Zivilgesetzbuches » (Parl. Dok., Kammer, 2003-2004, DOC 51-0664/001, S. 3). In ihrem Gutachten zu dem Vorentwurf des Gesetzes zur Reform der Adoption stellte die Gesetzgebungsabteilung des Staatsrates die « nicht endgültige Beschaffenheit verschiedener Bestimmungen sowie Lücken im Entwurf » fest und bemerkte insbesondere:
« [...] in der Begründung wird hervorgehoben, dass ' ... anlässlich der Erörterung dieses Gesetzentwurfs geprüft werden muss, ob schließlich die Möglichkeit vorgesehen werden muss, die Adoption durch zwei Zusammenwohnende gleichen Geschlechts zuzulassen. Diese Frage muss selbstverständlich Gegenstand einer umfassenden gesellschaftlichen Debatte sein, in die das parlamentarische Halbrund einbezogen werden muss. '.
Dies ist eine grundsätzliche Frage, da sie die Lebensweise und den Zivilstand der Personen, die sich um eine Adoption bewerben können, betrifft.
Die im Entwurf vorgesehene Lösung (vorgeschlagener Artikel 344-2 des Zivilgesetzbuches), nämlich die Adoption nur verheirateten oder unverheirateten Paaren unterschiedlichen Geschlechts oder aber ledigen Personen vorbehalten, ist offensichtlich nicht endgültig.
Der Autor des Entwurfs wird darauf aufmerksam gemacht, dass einerseits eine solche Angelegenheit nicht den Instanzen der Gemeinschaften überlassen werden darf im Rahmen der Prüfung der Eignung eines Adoptionskandidaten und dass andererseits der Verfassungsgerichtshof oft mit Vorabentscheidungsfragen im Zusammenhang mit der Adoption befasst worden ist, wobei Probleme in Bezug auf die Gleichheit und Nichtdiskriminierung zwischen den verschiedenen Kategorien von Adoptierenden aufgeworfen wurden » (ebenda, 2000-2001, DOC 50-1366/001 und 50-1367/001, SS. 157-158).
In der Begründung vor dem Gesetzentwurf, der zu dem vorerwähnten Gesetz vom 18. Mai 2006 geführt hat, wurde dies folgenderweise gerechtfertigt:
« Es ist eine gesellschaftliche Realität, dass in unserer Gesellschaft Kinder liebevoll in einer Vielfalt von Lebensformen großgezogen werden: durch Alleinstehende, durch geschiedene Personen, durch Paare gleichen und unterschiedlichen Geschlechts, in Patchworkfamilien.
Diese Verschiedenartigkeit der Formen des Zusammenlebens spiegelt sich auch immer mehr in unseren Rechtsvorschriften wider, wie die vorgesehene Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare beweist.
Es kommt nicht dem Gesetzgeber zu, eine bestimmte Form des Zusammenlebens, nämlich die von zwei Personen gleichen Geschlechts, von der Adoption auszuschließen. Hierfür gibt es nämlich keine objektiven Gründe, weder im Interesse des Kindes, noch im Interesse der Adoptionskandidaten: Kinder, die innerhalb einer gleichgeschlechtlichen Beziehung aufwachsen, sind mindestens genauso glücklich wie Kinder, die innerhalb einer anderen Art von Beziehung aufwachsen. Die Bestimmung, wonach nur Ehepaare und Zusammenwohnende unterschiedlichen Geschlechts als Adoptierende angesehen werden können, ist folglich eine unannehmbare Diskriminierung und steht überdies im Widerspruch zu Artikel 11 der Verfassung » (ebenda, 2003-2004, DOC 51-0664/001, S. 3).
Ziel des Gesetzgebers war es also, die Kinder zu schützen, die in einer aus einem gleichgeschlechtlichen Paar bestehenden Familie aufwachsen, indem er die Möglichkeit geschaffen hat, ein doppeltes Abstammungsverhältnis zwischen den Kindern und den beiden Mitgliedern dieses Paares herzustellen, und dies durch ein Abstammungsverhältnis der einfachen Adoption oder der Volladoption.
B.21. Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention bestimmt:
« Der Genuss der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten muss ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, politischen oder sonstigen Anschauungen, nationaler oder sozialer Herkunft, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status gewährleistet werden ».
B.22. Artikel 7 des Gesetzes vom 6. Juli 2007 bestimmt:
« Vor jeglichem medizinischen Schritt mit Bezug auf die medizinisch assistierte Fortpflanzung erstellen die Wunscheltern beziehungsweise der Wunschelternteil und das zu Rate gezogene Fertilitätszentrum eine Vereinbarung.
In der Vereinbarung sind Identität, Alter und Adresse der Wunscheltern beziehungsweise des Wunschelternteils sowie die Kontaktinformationen des zu Rate gezogenen Fertilitätszentrums vermerkt.
Wenn es sich um ein Paar handelt, wird die Vereinbarung von beiden Wunschelternteilen unterzeichnet.
Die Vereinbarung wird in zwei Ausfertigungen erstellt, wobei eine für das Fertilitätszentrum und die andere für die Wunscheltern beziehungsweise den Wunschelternteil bestimmt ist ».
B.23. Das mögliche Interesse des Kindes, in den Vorteil eines doppelten rechtlichen Abstammungsverhältnisses zu gelangen, hat grundsätzlich Vorrang vor dem Recht der Mutter, ihre Zustimmung zu der Adoption durch die Frau, mit der sie verheiratet war, die mit ihr vor der Geburt des Kindes ein Elternschaftsprojekt eingeleitet hatte und es nach der Geburt fortgesetzt hatte, im Rahmen eines Adoptionsverfahrens zu verweigern.
Das Kind, das Gegenstand einer einfachen Adoption ist, gehört weiterhin seiner Ursprungsfamilie an. Folglich ist die Maßnahme, die die Verweigerung der Zustimmung durch die Mutter als einen Grund der Unzulässigkeit vorsieht, außer wenn sich die Mutter nicht mehr um das Kind gekümmert hat oder die Gesundheit, die Sicherheit oder die Moralität des Kindes gefährdet hat, und die somit dem Richter keine Möglichkeit lässt, das Wohl des Kindes zu berücksichtigen, um gegebenenfalls die unverantwortliche Beschaffenheit der Verweigerung dieser Zustimmung zu beurteilen, nicht vernünftig gerechtfertigt und somit nicht vereinbar mit den Artikeln 22 und 22bis der Verfassung.
B.24. Die erste Vorabentscheidungsfrage ist bejahend zu beantworten.
B.25. Da die in B.20.4 erfolgte Feststellung der Rechtslücke in einer ausreichend präzisen und vollständigen Formulierung ausgedrückt ist, die es ermöglicht, die fraglichen Bestimmungen unter Einhaltung der Referenznormen, auf deren Grundlage der Gerichtshof seine Kontrolle ausübt, anzuwenden, obliegt es dem vorlegenden Richter, dem Verstoß gegen diese Normen ein Ende zu setzen.
In Bezug auf die zweite Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 6021
B.26. Aus der Begründung der Vorlageentscheidung und dem Wortlaut der Vorabentscheidungsfrage geht hervor, dass der Gerichtshof gebeten wird, über die Vereinbarkeit der Artikel 343 § 1 Buchstabe a), 353-8 Absatz 1 und 353-9 Absatz 1 des Zivilgesetzbuches mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit den Artikeln 22 und 22bis der Verfassung und mit Artikel 21 Buchstabe a) des Übereinkommens über die Rechte des Kindes zu befinden, insofern in diesen Gesetzesbestimmungen vorgesehen sei, dass die einfache Adoption eines minderjährigen Kindes durch die ehemalige Ehepartnerin seiner biologischen Mutter zur Folge habe, dass diese ihre elterliche Autorität über dieses Kind verliere.
B.27. In der Regel obliegt es dem Rechtsprechungsorgan, das den Gerichtshof befragt, festzustellen, welche Normen auf den bei ihm anhängig gemachten Streitfall anwendbar sind, und - mehr im Allgemeinen - zu beurteilen, ob die Antwort auf eine Vorabentscheidungsfrage der Lösung des ihm unterbreiteten Streitfalls dienlich ist.
Nur wenn die Antwort offensichtlich nicht der Lösung des Streitfalls dienlich ist, insbesondere deshalb, weil die fragliche Norm offensichtlich nicht darauf anwendbar ist, kann der Gerichtshof beschließen, dass die Vorabentscheidungsfrage keiner Antwort bedarf.
B.28.1. Mit den Artikeln 353-8 Absatz 1 und 353-9 Absatz 1 des Zivilgesetzbuches werden die Folgen der einfachen Adoption für die elterliche Autorität, der der Adoptierte untersteht, geregelt.
In Artikel 343 § 1 Buchstabe a) desselben Gesetzbuches ist eines der in den beiden vorerwähnten Bestimmungen verwendeten Wörter definiert.
B.28.2. Artikel 349-1 des Zivilgesetzbuches, eingefügt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. April 2003, bestimmt:
« Eine Adoption, die durch eine gemäß Artikel 1231-19 des Gerichtsgesetzbuches übertragene Entscheidung ausgesprochen worden ist, hat Wirkung ab Einreichung des Antrags ».
Also ist ab der Einreichung des Adoptionsantrags die einfache Adoption wirksam für die elterliche Autorität, der der Adoptierte untersteht.
B.28.3. Aus der Begründung der Vorlageentscheidung geht hervor, dass in der Rechtssache, die der Vorabentscheidungsfrage zugrunde liegt, die Antragschrift, mit der der Antrag auf Adoption gestellt wurde, eingereicht worden ist, während der Verfasser dieser Antragschrift noch die Ehepartnerin der biologischen Mutter des betreffenden Kindes war.
Falls das befasste Gericht in seiner Entscheidung über diese Antragschrift beschließen sollte, die Adoption auszusprechen, würden also die Adoptierende und die biologische Mutter des Kindes grundsätzlich gemeinsam die elterliche Autorität ausüben in Anwendung von Artikel 353-9 Absatz 1 des Zivilgesetzbuches in Verbindung mit Artikel 349-1 desselben Gesetzbuches.
B.28.4. Die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der in B.26 angeführten gesetzlichen Normen, die eine Situation betrifft, die nichts mit dem Sachverhalt zu tun hat, der der Vorabentscheidungsfrage zugrunde liegt, ist also offensichtlich nicht sachdienlich zur Lösung der Streitsache, die vor dem Gericht anhängig ist, das den Gerichtshof befragt.
B.29. Die Vorabentscheidungsfrage bedarf keiner Antwort.
Aus diesen Gründen:
Der Gerichtshof
erkennt für Recht:
1. Artikel 343 § 1 Buchstabe b) des Zivilgesetzbuches verstößt gegen Artikel 22bis Absatz 4 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, insofern er es unter den in B.4.2 beschriebenen Umständen nicht erlaubt, dass der ehemalige Partner der Adoptivmutter eines Kindes die einfache Adoption dieses Kindes beantragen kann.
2. Die Artikel 353-8 und 353-9 des Zivilgesetzbuches in der Fassung vor ihrer Abänderung durch das Gesetz vom 17. März 2013 « zur Reform der Regelungen in Sachen Handlungsunfähigkeit und zur Einführung eines neuen, die Menschenwürde wahrenden Schutzstatus » und Artikel 353-10 des Zivilgesetzbuches in der Fassung vor seiner Abänderung durch das Gesetz vom 30. Juli 2013 « zur Schaffung eines Familien- und Jugendgerichts » verstoßen nicht gegen die Artikel 10, 11, 22 und 22bis der Verfassung in Verbindung mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und mit Artikel 21 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes.
3. Die Artikel 348-3 und 348-11 des Zivilgesetzbuches verstoßen gegen die Artikel 22 und 22bis der Verfassung in Verbindung mit den Artikeln 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern sie es dem Gericht, das ersucht wird, eine Adoption unter den in B.17 beschriebenen Umständen auszusprechen, nur dann ermöglichen, die Weigerung der Mutter, dieser Adoption zuzustimmen, außer Betracht zu lassen, wenn sie sich nicht mehr um das Kind gekümmert hat oder die Gesundheit, die Sicherheit oder die Moralität des Kindes gefährdet hat.
4. Die zweite Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 6021 bedarf keiner Antwort.
Erlassen in französischer und niederländischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 25. Juni 2015.
Der Kanzler,
(gez.) F. Meersschaut
Der Präsident,
(gez.) J. Spreutels