Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 3 Dezember 2015 (België). RG 171/2015
- Sectie :
- Rechtspraak
- Bron :
- Justel D-20151203-1
- Rolnummer :
- 171/2015
Samenvatting :
Der Gerichtshof weist die Klage zurück.
Arrest :
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und A. Alen, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, P. Nihoul, T. Giet und R. Leysen, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,
erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Klage und Verfahren
Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 14. Oktober 2014 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 15. Oktober 2014 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 8. Mai 2014, des Dekrets der Wallonischen Region vom 27. März 2014 und des Dekrets der Flämischen Region vom 25. April 2014, alle drei zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens (abgeschlossen am 13. Februar 2014) zwischen der Flämischen Region, der Wallonischen Region und der Region Brüssel-Hauptstadt über die interregionalen Interkommunalen (jeweils veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 17. Juni 2014, zweite Ausgabe, vom 14. April 2014 und vom 4. Juli 2014): die Gemeinden Ixelles und Woluwe-Saint-Pierre, unterstützt und vertreten durch RA P. Coenraets, in Brüssel zugelassen.
(...)
II. Rechtliche Würdigung
(...)
In Bezug auf den Umfang der Befassung
B.1. Die klagenden Parteien beantragen die Nichtigerklärung der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 8. Mai 2014, des Dekrets der Wallonischen Region vom 27. März 2014 und des Dekrets der Flämischen Region vom 25. April 2014 zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens, das am 13. Februar 2014 zwischen der Flämischen Region, der Wallonischen Region und der Region Brüssel-Hauptstadt über die interregionalen Interkommunalen geschlossen wurde.
Die klagenden Parteien beantragen ebenfalls, « wenn nötig », die Nichtigerklärung dieses Zusammenarbeitsabkommens.
B.2. Aufgrund von Artikel 1 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 ist der Gerichtshof befugt, über Klagen auf völlige oder teilweise Nichtigerklärung eines Dekrets oder einer in Artikel 134 der Verfassung erwähnten Regel wegen Verletzung einer der im selben Artikel 1 erwähnten Verfassungsbestimmungen zu befinden.
Diese Befugnis des Gerichtshofes betrifft ebenfalls die Gesetzesnormen zur Billigung eines Zusammenarbeitsabkommens. Die sinnvolle Ausübung dieser Befugnis setzt voraus, dass der Gerichtshof auch den Inhalt des Zusammenarbeitsabkommens in seine Prüfung einbezieht. Insofern die Nichtigkeitsklage gegen das Zusammenarbeitsabkommen gerichtet ist, ist sie unzulässig.
B.3.1. Das Zusammenarbeitsabkommen vom 13. Februar 2014 über die interregionalen Interkommunalen bestimmt:
« Begriffsbestimmungen
Artikel 1. Zur Anwendung dieses Abkommens gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. interregionale Interkommunale: eine Vereinigung von Gemeinden zum Nutzen der Allgemeinheit, der Gemeinden aus mehr als einer Region angeschlossen sind;
2. anwendbares Recht: die Gesamtheit der durch eine Region festgelegten Vorschriften in Bezug auf
- die Organisation und die Arbeitsweise der Interkommunalen;
- die Verwaltungsaufsicht über die Interkommunalen.
3. Sitz der interregionalen Interkommunale: Ort ihrer Hauptniederlassung im Sinne von Artikel 110 des Gesetzes zur Einführung des Gesetzbuches über das internationale Privatrecht, der sich auf dem Gebiet einer Region, die dieses Abkommen unterschrieben hat, befindet.
Anknüpfungskriterium der interregionalen Interkommunalen
Art. 2. § 1. Auf die interregionalen Interkommunalen findet das Recht der Region Anwendung, der die juristischen Personen des öffentlichen Rechts angehören, die zusammen den größten Teil der Anteile besitzen.
Dennoch gilt in Abweichung vom vorstehenden Absatz, dass in dem Fall, dass eine sich über mehrere Regionen erstreckende Interkommunale mehr Endkunden für die Verteilung der durch diese Interkommunale erbrachten Dienstleistungen in einer anderen Region als derjenigen im Sinne des vorstehenden Absatzes hat, das Recht dieser Region Anwendung findet.
Unbeschadet der vorstehenden Bestimmungen und in jedem Fall
- übt die Flämische Region die Aufsicht über die Interkommunale aus, die derzeit die Bezeichnung Sibelgas trägt (Unternehmensnummer BE 0229.921.078), und dies ungeachtet ihrer etwaigen künftigen Bezeichnung;
- übt die Brüsseler Region die Aufsicht über die Interkommunale aus, die derzeit die Bezeichnung Vivaqua trägt (Unternehmensnummer BE 0202.962.701), und dies ungeachtet ihrer etwaigen künftigen Bezeichnung;
- übt die Wallonische Region die Aufsicht über die Interkommunale aus, die derzeit die Bezeichnung Tecteo trägt (Unternehmensnummer BE 0204.245.277), und dies ungeachtet ihrer etwaigen künftigen Bezeichnung.
§ 2. Die am Datum des Inkrafttretens dieses Zusammenarbeitsabkommens bestehenden interregionalen Interkommunalen sind spätestens ein Jahr nach dem Inkrafttreten dieses Zusammenarbeitsabkommens verpflichtet,
- die internen Regeln bezüglich der Organisation und Arbeitsweise einzuhalten, die für die Interkommunalen durch die Region, deren Recht anwendbar ist, vorgesehen sind;
- einer Gemeinde mit Anteilen, die einer anderen Region angehört als derjenigen, deren Recht Anwendung findet, satzungsgemäß die Möglichkeit zum Austritt aus der Interkommunalen zu bieten. Diese Möglichkeit endet nach einem Jahr, es sei denn, dass durch das anwendbare Recht größere Möglichkeiten geboten werden.
§ 3. Das Gericht erster Instanz des Ortes, an dem sich der Sitz der interregionalen Interkommunale befindet, kann auf Antrag eines Teilhabers, eines Interesse habenden Dritten oder des zuständigen Ministers die Auflösung einer interregionalen Interkommunalen anordnen, die nicht innerhalb der im vorstehenden Paragraphen vorgesehenen Frist ihre Satzung geändert hat.
Ausübung der Verwaltungsaufsicht
Art. 3. § 1. Für die Ausübung der Verwaltungsaufsicht über eine interregionale Interkommunale ist die Region zuständig, deren Recht aufgrund von Artikel 2 § 1 anwendbar ist.
§ 2. Die Beschlüsse der interregionalen Interkommunalen, die Gegenstand einer Aufsicht in einer der betreffenden Regionen waren, deren Recht jedoch aufgrund von Artikel 2 § 1 nicht anwendbar ist, werden durch die interregionale Interkommunale zur Information der Aufsichtsbehörde und der (den) Regierung(en) oder der durch diese bestimmten Behörde der betreffenden Region(en) übermittelt.
Enteignungen
Art. 4. Enteignungsgenehmigungen werden durch die Region erteilt, in der sich das zu enteignende Gut befindet.
Eine Enteignungsgenehmigung kann nur verweigert werden, wenn der in Artikel 6 erwähnte Konzertierungsausschuss dazu befragt wurde.
Konzertierungsausschuss
Art. 5. Im Bemühen um die Stärkung der ständigen Zusammenarbeit zwischen den Regionalbehörden wird ein Ausschuss eingesetzt, der aus einem Vertreter eines jeden regionalen Ministers, der für die Ausübung der Aufsicht über die Interkommunales zuständig ist, und einem Vertreter einer jeden regionalen Verwaltung besteht.
Er legt seine Geschäftsordnung fest.
Er kann durch eine Regierung befasst werden, wenn sich ein Problem bezüglich der Ausübung der Aufsicht durch die Region stellt, deren Recht aufgrund von Artikel 2 § 1 anwendbar ist, oder wenn irgendeine Frage im Zusammenhang mit der Ausführung dieses Abkommens besteht.
Der Ausschuss ist beauftragt, den Regierungen jährlich Bericht über seine Tätigkeiten zu erstatten.
Jährliche Weiterverfolgung
Art. 6. Unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 2 § 1 Absatz 3 stellt der Konzertierungsausschuss jedes Jahr auf der Grundlage der von ihm bestimmten Begründungsunterlagen einstimmig das Recht fest, das auf die einzelnen interregionalen Interkommunalen in Ausführung von Artikel 2 § 1 Absätze 1 und 2 anwendbar ist.
Wenn der Konzertierungsausschuss eine Änderung des auf eine interregionale Interkommunale anwendbaren Rechts feststellt, informiert er die interregionale Interkommunale über die Frist, in der sie ihre internen Regeln bezüglich der Organisation und Arbeitsweise mit dem neuen Recht in Einklang bringen muss, sowie über die Kontrollregeln der Region, deren Recht anwendbar ist.
Verschiedenes
Art. 7. Jede Vertragspartei verpflichtet sich, die jeweils anderen Vertragsparteien über jede Änderung der Bestimmungen bezüglich der Arbeitsweise der Interkommunalen und der Ausübung der Aufsicht über dieselben zu informieren.
Diese Information betrifft ebenfalls die Bestimmungen über die Filialisierung und die Tochtergesellschaften der Interkommunalen.
Inkrafttreten
Art. 8. Dieses Zusammenarbeitsabkommen tritt am 1. Juli 2014 in Kraft ».
B.3.2. Die klagenden Parteien beantragen die Nichtigerklärung der angefochtenen Gesetzesnormen, insofern damit die Artikel 1 bis 3 des vorerwähnten Zusammenarbeitsabkommens gebilligt werden.
Der Gerichtshof begrenzt seine Prüfung auf diese Bestimmungen.
In Bezug auf das Interesse der klagenden Parteien
B.4.1. Die Flämische Regierung und die Regierung der Region Brüssel-Hauptstadt führen an, dass die klagenden Parteien nicht das rechtlich erforderliche Interesse nachwiesen, da sie als Gemeinden nicht unmittelbar und in ungünstigem Sinne durch die angefochtenen Bestimmungen zur Regelung der Arbeitsweise der interregionalen Interkommunalen betroffen seien.
B.4.2. Die Verfassung und das Sondergesetz vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof erfordern, dass jede natürliche oder juristische Person, die eine Nichtigkeitsklage erhebt, ein Interesse nachweist. Das erforderliche Interesse liegt nur bei jenen Personen vor, deren Situation durch die angefochtene Rechtsnorm unmittelbar und ungünstig beeinflusst werden könnte.
B.4.3. Die klagenden Parteien sind Gemeinden, die derzeit bereits Mitglied von interregionalen Interkommunalen sind. Sie weisen das rechtlich erforderliche Interesse an der Beantragung der Nichtigerklärung der angefochtenen Bestimmungen nach, mit denen ein Zusammenarbeitsabkommen gebilligt wird, das die Anknüpfungskriterien zur Bestimmung des auf solche Interkommunalen anwendbaren Rechts festlegt (Artikel 1 und 2) und das die Ausübung der Verwaltungsaufsicht regelt (Artikel 3).
B.4.4. Die Einrede wird abgewiesen.
Zur Hauptsache
In Bezug auf den ersten Klagegrund
B.5. In ihrem ersten Klagegrund führen die klagenden Parteien einen Verstoß gegen die Artikel 4, 27, 39 und 134 der Verfassung, gegen die Artikel 6 § 1 VIII Absatz 1 Nr. 7 und 92bis des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen sowie gegen Artikel 4 des Sondergesetzes vom 12. Januar 1989 über die Brüsseler Institutionen an. In ihrem Erwiderungsschriftsatz präzisieren sie, dass die Bezugnahme auf den vorerwähnten Artikel 6 § 1 VIII Absatz 1 Nr. 7 auf einem materiellen Irrtum beruhe und dass es sich eindeutig um Artikel 6 § 1 VIII Absatz 1 Nr. 8 handele. Diese Berichtigung kann nicht als ein neuer Klagegrund gelten.
B.6. In Artikel 1 des Zusammenarbeitsabkommens vom 13. Februar 2014 wird die interregionale Interkommunale als « eine Vereinigung von Gemeinden zum Nutzen der Allgemeinheit, der Gemeinden aus mehr als einer Region angeschlossen sind » definiert. Aufgrund der in Artikel 2 § 1 des Zusammenarbeitsabkommens enthaltenen Anknüpfungskriterien findet immer das Recht einer einzigen Region Anwendung auf eine interregionale Interkommunale. Gemäß Artikel 1 des Zusammenarbeitsabkommens ist das anwendbare Recht « die Gesamtheit der durch eine Region festgelegten Vorschriften in Bezug auf die Organisation und die Arbeitsweise der Interkommunalen [und] die Verwaltungsaufsicht über die Interkommunalen ». Artikel 3 § 1 bestimmt ferner, dass für die Ausübung der Verwaltungsaufsicht über eine interregionale Interkommunale die Region zuständig ist, deren Recht aufgrund von Artikel 2 § 1 anwendbar ist.
B.7. Nach Darlegung der klagenden Parteien hätten die angefochtenen Bestimmungen zur Folge, dass eine Region einer anderen Region ihre Normsetzungsbefugnis in Bezug auf die Verwaltungsaufsicht über die interregionalen Interkommunalen sowie in Bezug auf deren Arbeitsweise abtrete. Eine solche Befugnisabtretung stehe im Widerspruch zu den in B.5 angeführten Bestimmungen. Die klagenden Parteien bemängeln ebenfalls, dass in den angefochtenen Bestimmungen keinerlei Form der Mitbestimmung in Bezug auf die Ausübung der Verwaltungsaufsicht über die interregionalen Interkommunalen vorgesehen sei.
B.8. Artikel 27 der Verfassung bestimmt:
« Die Belgier haben das Recht, Vereinigungen zu bilden; dieses Recht darf keiner präventiven Maßnahme unterworfen werden ».
Diese Bestimmung bezweckt, die Gründung von privaten Vereinigungen und die Teilnahme an ihren Tätigkeiten zu gewährleisten; sie findet nicht Anwendung auf die Gemeinden.
Insofern im Klagegrund ein Verstoß gegen Artikel 27 der Verfassung angeführt wird, ist er unbegründet.
B.9.1. Artikel 162 letzter Absatz der Verfassung bestimmt:
« In Ausführung eines Gesetzes, das mit der in Artikel 4 letzter Absatz bestimmten Mehrheit angenommen wird, regelt das Dekret oder die in Artikel 134 erwähnte Regel, unter welchen Bedingungen und wie [...] mehrere Gemeinden sich verständigen oder vereinigen dürfen. [...] ».
B.9.2. Artikel 4 der Verfassung bestimmt:
« Belgien umfasst vier Sprachgebiete: das deutsche Sprachgebiet, das französische Sprachgebiet, das niederländische Sprachgebiet und das zweisprachige Gebiet Brüssel-Hauptstadt.
Jede Gemeinde des Königreichs gehört einem dieser Sprachgebiete an.
Die Grenzen der vier Sprachgebiete können nur durch ein mit Stimmenmehrheit in jeder Sprachgruppe einer jeden Kammer angenommenes Gesetz abgeändert oder berichtigt werden, vorausgesetzt, dass die Mehrheit der Mitglieder jeder Gruppe versammelt ist, und insofern die Gesamtzahl der Jastimmen aus beiden Sprachgruppen zwei Drittel der abgegebenen Stimmen erreicht ».
B.9.3. Artikel 39 der Verfassung bestimmt:
« Das Gesetz überträgt den regionalen Organen, die es schafft und die sich aus gewählten Vertretern zusammensetzen, die Zuständigkeit, innerhalb des von ihm bestimmten Bereichs und gemäß der von ihm bestimmten Weise die von ihm bezeichneten Angelegenheiten zu regeln unter Ausschluss derjenigen, die in den Artikeln 30 und 127 bis 129 erwähnt sind. Dieses Gesetz muss mit der in Artikel 4 letzter Absatz bestimmten Mehrheit angenommen werden ».
B.9.4. Artikel 134 der Verfassung bestimmt:
« Die in Ausführung von Artikel 39 ergangenen Gesetze bestimmen die Rechtskraft der Regeln, die die von ihnen geschaffenen Organe in den Angelegenheiten erlassen, die sie bezeichnen.
Sie können diesen Organen die Zuständigkeit zuerkennen, Dekrete mit Gesetzeskraft innerhalb des von ihnen bestimmten Bereichs und gemäß der von ihnen bestimmten Weise zu erlassen ».
B.9.5. Artikel 6 § 1 VIII Absatz 1 Nr. 8 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen bestimmt:
« § 1. Die Angelegenheiten, auf die sich Artikel 107quater [nunmehr Artikel 39] der Verfassung bezieht, sind:
[...]
VIII. was die untergeordneten [Behörden] betrifft:
[...]
8. die Vereinigungen von [...] Gemeinden zum Nutzen der Allgemeinheit, mit Ausnahme der durch das Gesetz organisierten spezifischen Aufsicht in Sachen Brandbekämpfung, ».
B.9.6. Artikel 4 des Sondergesetzes vom 12. Januar 1989 über die Brüsseler Institutionen bestimmt:
« Die Region Brüssel-Hauptstadt hat die gleichen Befugnisse wie die Wallonische Region und die Flämische Region. Die den Regionalparlamenten zuerkannten Befugnisse werden, was die Region Brüssel-Hauptstadt betrifft, im Wege von Ordonnanzen ausgeübt.
[...] ».
B.9.7. Artikel 92bis § 2 des vorerwähnten Sondergesetzes vom 8. August 1980 bestimmt:
« Die Regionen schließen auf jeden Fall Zusammenarbeitsabkommen ab zur Regelung von Angelegenheiten mit Bezug auf:
[...]
d) Gemeinde- und Provinzvereinigungen zum Nutzen der Allgemeinheit, deren Zuständigkeitsbereich die Grenzen einer Region überschreitet,
[...] ».
Artikel 42 des vorerwähnten Sondergesetzes vom 12. Januar 1989 hat diese Bestimmung für sinngemäß auf die Region Brüssel-Hauptstadt anwendbar erklärt.
B.10. Aufgrund von Artikel 162 letzter Absatz und Artikel 39 der Verfassung ist durch Artikel 6 § 1 VIII Absatz 1 Nr. 8 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 den Regionen die Zuständigkeit in Bezug auf « die Vereinigungen von [...] Gemeinden zum Nutzen der Allgemeinheit, mit Ausnahme der durch das Gesetz organisierten spezifischen Aufsicht in Sachen Brandbekämpfung » zugeteilt worden. Den Regionen stehen auch die Organisation und die Ausübung der Verwaltungsaufsicht über diese Vereinigungen zu.
B.11. Insoweit sie nicht anders darüber verfügt haben, haben der Verfassungsgeber und der Sondergesetzgeber den Regionen die vollständige Befugnis erteilt, Regeln aufzustellen, die den ihnen zugewiesenen Angelegenheiten eigen sind, unbeschadet der Möglichkeit, gegebenenfalls Artikel 10 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 in Anspruch zu nehmen.
B.12. Der Abschluss eines Zusammenarbeitsabkommens darf nicht dazu führen, dass der Staat, eine Gemeinschaft oder eine Region eine Befugnis abgibt, die ihm beziehungsweise ihr durch die Verfassung oder durch das Sondergesetz zur Reform der Institutionen zugeteilt wurde. Ein Zusammenarbeitsabkommen darf keinen Tausch, keine Abtretung oder keine Rückgabe von Befugnissen zur Folge haben.
B.13.1. Aus der Verbindung von Artikel 6 § 1 VIII Absatz 1 Nr. 8 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 mit Artikel 92bis § 2 Buchstabe d) desselben Gesetzes geht hervor, dass keine Region befugt ist, selbst einseitig die Angelegenheit der interregionalen Interkommunalen und der Verwaltungsaufsicht über diese Vereinigungen zu regeln. Diese Angelegenheit muss zwingend durch ein Zusammenarbeitsabkommen zwischen den Regionen geregelt werden. In Ermangelung eines solchen Abkommens unterliegen diese Interkommunalen in Anwendung von Artikel 94 § 2 desselben Sondergesetzes weiterhin dem Gesetz vom 22. Dezember 1986 über die Interkommunalen.
B.13.2. Die angefochtenen Bestimmungen ermöglichen es, die in Artikel 92bis § 2 Buchstabe d) des Sondergesetzes vom 8. August 1980 enthaltene Verpflichtung auszuführen.
Aufgrund dieser Bestimmung sind die Regionen verpflichtet, ein Zusammenarbeitsabkommen in Bezug auf die interregionalen Interkommunalen zu schließen, doch sind sie nicht verpflichtet, gemeinsame Strukturen für die Ausübung der Verwaltungsaufsicht über diese Interkommunalen vorzusehen.
Indem sie die Organisation und die Ausübung der Verwaltungsaufsicht einer einzigen Region gemäß den in Artikel 2 des Zusammenarbeitsabkommens festgelegten Kriterien anvertraut haben, haben die betreffenden Regionalgesetzgeber nicht auf eine ihnen zugewiesene Befugnis verzichtet. Sie legen nur die Tragweite der Befugnisse fest, die jede Region in Bezug auf die interregionalen Interkommunalen ausüben kann.
B.14. Der erste Klagegrund ist unbegründet.
In Bezug auf den zweiten Klagegrund
B.15. Im zweiten Klagegrund führen die klagenden Parteien an, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung verstießen, insofern damit Artikel 2 § 1 Absatz 3 des Zusammenarbeitsabkommens vom 13. Februar 2014 gebilligt werde.
B.16. Gemäß Artikel 2 § 1 Absatz 1 des Zusammenarbeitsabkommen findet auf die interregionalen Interkommunalen das Recht der Region Anwendung, der die juristischen Personen des öffentlichen Rechts angehören, die zusammen den größten Teil der Anteile besitzen. In Abweichung von dieser Regel ist in Absatz 2 vorgesehen, dass in dem Fall, dass eine sich über mehrere Regionen erstreckende Interkommunale mehr Endkunden für die Verteilung der durch diese Interkommunale erbrachten Dienstleistungen in einer anderen Region als derjenigen im Sinne von Absatz 1 hat, das Recht dieser Region Anwendung findet. Gemäß dem nicht angefochtenen Artikel 6 stellt unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 2 § 1 Absatz 3 der Konzertierungsausschuss jedes Jahr auf der Grundlage der von ihm bestimmten Begründungsunterlagen einstimmig das Recht fest, das auf die einzelnen interregionalen Interkommunalen in Ausführung von Artikel 2 § 1 Absätze 1 und 2 anwendbar ist.
Aufgrund von Artikel 2 § 1 Absatz 3 sind drei namentlich genannte interregionale Interkommunalen von der vorerwähnten Regelung ausgeschlossen. So ist die Flämische Region zuständig für die Aufsicht über Sibelgas, die Region Brüssel-Hauptstadt für die Aufsicht über Vivaqua und die Wallonische Region für die Aufsicht über Tecteo. Indem in dem Zusammenarbeitsabkommen von den für die anderen interregionalen Interkommunalen geltenden Anknüpfungskriterien abgewichen werde, werde dadurch nach Darlegung der klagenden Parteien ein nicht vernünftig gerechtfertigter Behandlungsunterschied eingeführt.
B.17.1. Im Anschluss an eine Frage der Gesetzgebungsabteilung des Staatsrates nach der Rechtfertigung des bemängelten Behandlungsunterschieds erklärte der durch den Einreicher des Begutachtungsantrags der Flämischen Region bestimmte Vertreter dazu Folgendes:
« Es handelt sich hier um drei Interkommunalen, die Verteilungsdienste anbieten. Sie würden grundsätzlich an die Region angeknüpft, in der sie die meisten Endkunden hätten (gemäß Artikel 2 § 1). Während der Verhandlungen wurde in Erwägung gezogen, dass der Hauptsitz oder die Länge der Leitungen, die sich auf dem Gebiet einer bestimmten Region befänden, ausschlaggebend wäre. Die vorgeschlagenen Kriterien wurden für - so vermute ich - zwei dieser Interkommunalen bemängelt. In Bezug auf Tecteo gab es offensichtlich weniger Diskussionen » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2013-2014, Nr. 2486/1, S. 27; Parl. Dok., Parlament der Region Brüssel-Hauptstadt, 2013-2014, Nr. A-525/1, SS. 9-10; Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 2013-2014, Nr. 998/1, S. 7).
B.17.2. In den Vorarbeiten wurde präzisiert, dass diese namentliche Bestimmung angenommen wurde, « um ein ausgewogenes Abkommen zu erreichen und jegliche Diskussion über die Zuordnung dieser Interkommunalen auszuschließen » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2013-2014, Nr. 2486/1, S. 4), und dass diese Ausnahme « auf den regionalen Interessen beruht, weil der Ausschluss wegen der eigenen Prioritäten jeder Region angebracht war » (Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 2013-2014, CRIC Nr. 106, S. 16).
B.18. Aus dem Vorstehenden geht hervor, dass die Ausnahme bezüglich der drei namentlich angeführten Interkommunalen angenommen wurde, um ein ausgewogenes Abkommen zwischen den drei betreffenden Regionen zu erreichen, und dass weder die in Artikel 2 Absätze 1 und 2 gewählten Anknüpfungskriterien, noch die anderen Kriterien wegen der spezifischen Situation dieser Vereinigungen als relevant betrachtet wurden. Dennoch unterstehen die betreffenden Interkommunalen, ebenso wie alle anderen interregionalen Interkommunalen, künftig der Aufsicht einer einzigen Region. Der bemängelte Behandlungsunterschied entbehrt folglich nicht einer vernünftigen Rechtfertigung.
B.19. Der zweite Klagegrund ist unbegründet.
Aus diesen Gründen:
Der Gerichtshof
weist die Klage zurück.
Erlassen in französischer, niederländischer und deutscher Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 3. Dezember 2015.
Der Kanzler,
F. Meersschaut
Der Präsident,
J. Spreutels