Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 8 März 2012 (België). RG 44/2012

Datum :
08-03-2012
Taal :
Duits Frans Nederlands
Grootte :
3 pagina's
Sectie :
Rechtspraak
Bron :
Justel D-20120308-11
Rolnummer :
44/2012

Samenvatting :

Der Gerichtshof weist die Klage auf einstweilige Aufhebung zurück.

Arrest :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten M. Bossuyt und R. Henneuse, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, J. Spreutels, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul und F. Daoût, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten M. Bossuyt,

verkündet nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Klage und Verfahren

Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 18. Januar 2012 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 19. Januar 2012 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf einstweilige Aufhebung von Artikel 53 des Gesetzes vom 28. Dezember 2011 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen (Abänderung von Artikel 44 Absatz 1 Nr. 1 des Mehrwertsteuergesetzbuches), veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 30. Dezember 2011, vierte Ausgabe: Patrick Van den Weghe, wohnhaft in 3010 Löwen, Leopold Ruelensstraat 54, Marc Allard, wohnhaft in 3300 Tienen, Groot Begijnhof 59, und Christian Maes, wohnhaft in 3000 Löwen, Maria Theresiastraat 107.

Mit derselben Klageschrift beantragen die klagenden Parteien ebenfalls die Nichtigerklärung derselben Gesetzesbestimmung.

(...)

II. Rechtliche Würdigung

(...)

In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen

B.1. Die Klage auf Nichtigerklärung und einstweilige Aufhebung richtet sich gegen Artikel 53 des Gesetzes vom 28. Dezember 2011 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen, der wie folgt lautet:

« In Artikel 44 § 1 Nr. 1 des Mehrwertsteuergesetzbuches, ersetzt durch das Gesetz vom 28. Dezember 1992, werden die Wörter ' Notare, ' und die Wörter ' und Gerichtsvollzieher ' gestrichen ».

Infolgedessen bestimmt Artikel 44 § 1 Nr. 1 des Mehrwertsteuergesetzbuches gemäss Artikel 56 des vorerwähnten Gesetzes vom 28. Dezember 2011 mit Wirkung vom 1. Januar 2012:

« Steuerfrei sind Dienstleistungen, die von den nachstehend erwähnten Personen in der Ausübung ihrer gewöhnlichen Tätigkeit erbracht werden:

1. Rechtsanwälte, ».

Durch die angefochtene Bestimmung wurde somit die bis dahin für Notare, Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher geltende Mehrwertsteuerbefreiung für Notare und Gerichtsvollzieher gestrichen und für Rechtsanwälte beibehalten.

B.2. Der Abänderungsantrag, der zu dem angefochtenen Artikel geführt hat, wurde wie folgt begründet:

« Die Dienste der Notare, Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher unterliegen der Mehrwertsteuer gemäss den normalen Regeln der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem.

Gemäss Artikel 371 der vorerwähnten Richtlinie dürfen Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 1978 die im Anhang X Teil B der Richtlinie genannten Umsätze von der Steuer befreit haben, diese jedoch zu den in dem jeweiligen Mitgliedstaat zu dem genannten Zeitpunkt geltenden Bedingungen weiterhin von der Steuer befreien. Diese Abweichung gilt bis zur Einführung der endgültigen Regelung.

Belgien hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Die Dienste, die durch Notare, Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher in der Ausübung ihrer geregelten Tätigkeit erbracht werden, waren seit dem 1. Januar 1978 gemäss Artikel 44 § 1 Nr. 1 des Mehrwertsteuergesetzbuches von der Steuer befreit.

Der vorliegende Abänderungsantrag sieht die Aufhebung dieser Mehrwertsteuerbefreiung für die Dienste der Notare und Gerichtsvollzieher vor » (Parl. Dok., Kammer, 2011-2012, DOC 53-1952/004, S. 36).

In der Plenarsitzung des Senats erklärte der Minister, dass die angefochtene Bestimmung « das Ergebnis eines politischen Abkommens ist, wobei geprüft wurde, wie weit man für bestimmte Gruppen gehen konnte » (Ann., Senat, 2011-2012, 23. Dezember 2011, S. 9).

In Bezug auf das Interesse der klagenden Parteien

B.3.1. Nach Darlegung des Ministerrates hätten die klagenden Parteien, die allesamt Notare seien, kein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Bestimmung, insofern diese die Gerichtsvollzieher mehrwertsteuerpflichtig mache.

B.3.2. Da die Klage auf einstweilige Aufhebung der Nichtigkeitsklage untergeordnet ist, muss deren Zulässigkeit - insbesondere hinsichtlich des Vorhandenseins des erforderlichen Interesses - bereits in die Prüfung der Klage auf einstweilige Aufhebung einbezogen werden.

B.3.3. Die Verfassung und das Sondergesetz vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof erfordern, dass jede natürliche oder juristische Person, die eine Nichtigkeitsklage erhebt, ein Interesse nachweist. Das erforderliche Interesse liegt nur bei jenen Personen vor, deren Situation durch die angefochtene Rechtsnorm unmittelbar und ungünstig beeinflusst werden könnte.

B.3.4. Die klagenden Parteien sind Notare, die ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Bestimmung haben, insofern diese auf Notare Anwendung findet, jedoch nicht, insofern sie auf Gerichtsvollzieher Anwendung findet.

B.3.5. Aus der beschränkten Prüfung der Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage, die der Gerichtshof im Rahmen der Klage auf einstweilige Aufhebung hat durchführen können, geht hervor, dass die Nichtigkeitsklage - und somit die Klage auf einstweilige Aufhebung - als unzulässig zu betrachten ist, insofern sie sich auf die Lage der Gerichtsvollzieher bezieht.

In Bezug auf die Voraussetzungen für die einstweilige Aufhebung

B.4. Laut Artikel 20 Nr. 1 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof sind zwei Grundbedingungen zu erfüllen, damit auf einstweilige Aufhebung erkannt werden kann:

- Die vorgebrachten Klagegründe müssen ernsthaft sein.

- Die unmittelbare Durchführung der angefochtenen Massnahme muss die Gefahr eines schwer wiedergutzumachenden ernsthaften Nachteils in sich bergen.

Da die beiden Bedingungen kumulativ sind, führt die Feststellung der Nichterfüllung einer dieser Bedingungen zur Zurückweisung der Klage auf einstweilige Aufhebung.

Hinsichtlich des schwer wiedergutzumachenden ernsthaften Nachteils

B.5.1. Durch die einstweilige Aufhebung einer Gesetzesbestimmung durch den Gerichtshof soll es vermieden werden können, dass der klagenden Partei ein ernsthafter Nachteil aus der unmittelbaren Anwendung der angefochtenen Normen entsteht, der im Fall einer etwaigen Nichtigerklärung nicht oder nur schwer wiedergutzumachen wäre.

B.5.2. Aus Artikel 22 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof geht hervor, dass zur Erfüllung der zweiten Bedingung von Artikel 20 Nr. 1 dieses Gesetzes die Person, die Klage auf einstweilige Aufhebung erhebt, in ihrer Klageschrift konkrete und präzise Fakten darlegen muss, die hinlänglich beweisen, dass die unmittelbare Anwendung der Bestimmungen, deren Nichtigerklärung sie beantragt, ihr einen schwer wiedergutzumachenden ernsthaften Nachteil zu verursachen droht.

Diese Person muss insbesondere den Nachweis des Bestehens der Gefahr eines Nachteils, seiner Schwere und des Zusammenhangs dieser Gefahr mit der Anwendung der angefochtenen Bestimmungen erbringen.

B.6.1. Um das Vorhandensein eines schwer wiedergutzumachenden ernsthaften Nachteils nachzuweisen, führen die klagenden Parteien an, dass sie sich wegen des Inkrafttretens der angefochtenen Bestimmung nur vier Tage nach der Sanktionierung und Ausfertigung und zwei Tage nach ihrer Veröffentlichung Hals über Kopf dieser Massnahme anpassen müssten, mit allen damit verbundenen Folgen und Risiken oder Irrtümern. Ferner verweisen sie darauf, dass die Nichtigerklärung der angefochtenen Massnahme, wenn sie während der Zeit, die der Gerichtshof für die normale Behandlung der Rechtssache benötige, angewandt worden sein werde, zu derartigen Schwierigkeiten führen würde, dass diese Fälle der Anwendung praktisch unwiderruflich würden; die in der Zwischenzeit erhobene Mehrwertsteuer werde durch die Staatskasse an die Notare und durch die Notare an die betroffenen Klienten zurückgezahlt werden müssen. Insofern diese Mehrwertsteuer mittlerweile Bestandteil der Gerichtskosten sei, würden (gegebenenfalls rechtskräftig gewordene) Gerichtsentscheidungen in Anwendung von (aussergewöhnlichen) Rechtsmitteln rückgängig gemacht werden müssen.

B.6.2. Die Anpassung der Buchführung stellt die Notare nicht vor derart unüberwindbare praktische Probleme, dass aus diesem Grund eine einstweilige Aufhebung der angefochtenen Bestimmung gerechtfertigt wäre.

B.6.3. In der Annahme, dass das im vorliegenden Fall angeführte Risiko eines Nachteils bestünde, wäre dieses Risiko finanzieller Art.

Das blosse Risiko eines finanziellen Verlustes stellt grundsätzlich keinen schwer wiedergutzumachenden ernsthaften Nachteil dar (siehe Entscheid Nr. 60/92 vom 8. Oktober 1992, B.3.2; Entscheid Nr. 28/96 vom 30. April 1996, B.6; Entscheid Nr. 169/2006 vom 8. November 2006, B.16.1; Entscheid Nr. 204/2009 vom 23. Dezember 2009, B.4; Entscheid Nr. 96/2010 vom 29. Juli 2010, B.29).

Ausserdem weisen die klagenden Parteien nicht nach, dass im Falle einer Nichtigerklärung der angefochtenen Bestimmung die damit zu Unrecht erhobene Mehrwertsteuer nur sehr schwer erstattet werden könnte, umso mehr als die Notarkosten grundsätzlich nicht zu den Gerichtskosten gehören, die im Gerichtsgesetzbuch vorgesehen sind.

B.7. Angesichts dessen, dass eine der Bedingungen, die durch Artikel 20 Nr. 1 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof vorgeschrieben sind, nicht erfüllt ist, kann der Klage auf einstweilige Aufhebung nicht stattgegeben werden.

Aus diesen Gründen:

Der Gerichtshof

weist die Klage auf einstweilige Aufhebung zurück.

Verkündet in niederländischer und französischer Sprache, gemäss Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, in der öffentlichen Sitzung vom 8. März 2012.

Der Kanzler,

P.-Y. Dutilleux.

Der Präsident,

M. Bossuyt.