Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 8 März 2012 (België). RG 38/2012

Datum :
08-03-2012
Taal :
Duits Frans Nederlands
Grootte :
4 pagina's
Sectie :
Rechtspraak
Bron :
Justel D-20120308-5
Rolnummer :
38/2012

Samenvatting :

Der Gerichtshof erkennt für Recht: Artikel 14524 § 1 Absatz 5 erster Gedankenstrich des Einkommensteuergesetzbuches 1992 in der für das Steuerjahr 2009 geltenden Fassung verstößt gegen die Artikel 10, 11 und 172 der Verfassung, insofern die Steuerermäßigung für Ausgaben zur Energieeinsparung für Wohnungen bei einer gemeinsamen Veranlagung für Ehepartner entsprechend dem Anteil jedes Ehepartners am Katastereinkommen statt entsprechend ihrem jeweiligen Anteil an der Gesamtheit ihrer steuerpflichtigen Einkünfte proportional aufgeteilt wird.

Arrest :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten M. Bossuyt und R. Henneuse, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Moerman, T. Merckx-Van Goey und F. Daoût, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten M. Bossuyt,

verkündet nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfrage und Verfahren

In seinem Urteil vom 18. April 2011 in Sachen Dries Vandeputte gegen den belgischen Staat, dessen Ausfertigung am 20. Mai 2011 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Brügge folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:

« Verstösst Artikel 14524 § 1 Absatz 5 erster Gedankenstrich des Einkommensteuergesetzbuches 1992 (in der für das Steuerjahr 2009 geltenden Fassung) gegen die Artikel 10, 11 und 172 der Verfassung, indem er dazu führt, dass die Eigentümer einer gemeinsamen Wohnung, auf deren Namen eine gemeinsame Veranlagung festgelegt wird und die während des Besteuerungszeitraums Ausgaben für die Installation von photovoltaischen Solarzellen zur Umwandlung von Sonnenenergie in elektrische Energie im Sinne von Artikel 14524 § 1 Absatz 1 Nr. 3 des EStGB 1992 getätigt haben, wobei

- wenigstens einer von beiden steuerpflichtige Einkünfte hat,

- einer von beiden keine oder beschränkte steuerpflichtige Einkünfte hat, wodurch sein Anteil am Betrag dieser in Artikel 14524 § 1 Absätze 3 und 4 des EStGB 1992 vorgesehenen Steuerermässigung (Anteil, der seinem Anteil am Katastereinkommen der Wohnung entspricht) höher ist als die für die Ermässigung zu berücksichtigende Basissteuer, die aufgrund seines Einkommens berechnet wird,

- der andere Ehepartner ausreichende steuerpflichtige Einkünfte hat, so dass nach Abzug seines Anteils am Betrag derselben Steuerermässigung (der ebenfalls seinem Anteil am Katastereinkommen der Wohnung entspricht) noch ein Restbetrag an aufzuteilender Steuer übrigbleibt,

nie den vollständigen Betrag der in Artikel 14524 § 1 Absätze 3 und 4 des EStGB 1992 vorgesehenen Steuerermässigung in Abzug bringen können, während in denselben Umständen die Mieter einer gemeinsamen Wohnung immer einen höheren Betrag bis sogar den vollständigen Betrag der in Artikel 14524 § 1 Absätze 3 und 4 des EStGB 1992 vorgesehenen Steuerermässigung geniessen, indem diese Steuerermässigung (gemäss Artikel 14524 § 1 Absatz 5 zweiter Gedankenstrich des EStGB 1992 (in der für das Steuerjahr 2009 geltenden Fassung)) proportional aufgeteilt wird entsprechend dem steuerpflichtigen Einkommen jedes Ehepartners in der Gesamtheit der steuerpflichtigen Einkünfte der beiden Ehepartner, was somit dazu führt, dass die Summe der beiden Basisbeträge der Ehepartner für den Abzug des Betrags der Steuerermässigung berücksichtigt wird? ».

(...)

III. Rechtliche Würdigung

(...)

B.1. Die Vorabentscheidungsfrage bezieht sich auf die Vereinbarkeit von Artikel 14524 § 1 Absatz 5 erster Gedankenstrich des Einkommensteuergesetzbuches 1992 (nachstehend: EStGB 1992) in der für das Steuerjahr 2009 geltenden Fassung mit dem Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung, der durch die Artikel 10 und 11 der Verfassung und in Steuersachen durch Artikel 172 der Verfassung gewährleistet wird.

Artikel 14524 § 1 des EStGB 1992 betrifft die Steuerermässigung für Ausgaben, die im Hinblick auf Energieeinsparungen für Wohnungen getätigt werden. Dessen fraglicher Absatz 5 bestimmt in der für das Steuerjahr 2009 geltenden Fassung:

« Wird eine gemeinsame Veranlagung festgelegt, wird die Steuerermässigung für Ausgaben in Bezug auf die in Absatz 1 erwähnte Wohnung proportional aufgeteilt entsprechend:

- dem Anteil jedes Ehepartners am Katastereinkommen dieser Wohnung für Ehepartner, die Eigentümer, Besitzer, Erbpächter, Erbbauberechtigte oder Niessbraucher sind,

- dem steuerpflichtigen Einkommen jedes Ehepartners in der Gesamtheit der steuerpflichtigen Einkünfte der beiden Ehepartner für Ehepartner, die Mieter sind ».

B.2. Der Kläger vor dem vorlegenden Richter bemängelt, dass er als Eigentümer anders behandelt werde als die Mieter, die in der gleichen Situation ihre Ausgaben für photovoltaische Solarzellen steuerlich absetzen möchten.

Für verheiratete Mieter wird die Steuerermässigung gemäss Artikel 14524 § 1 Absatz 5 zweiter Gedankenstrich des EStGB 1992 entsprechend dem steuerpflichtigen Einkommen jedes Ehepartners in der Gesamtheit der steuerpflichtigen Einkünfte der beiden Ehepartner proportional aufgeteilt, was nach dem Wortlaut der Vorabentscheidungsfrage zur Folge habe, dass die Summe der Basisbeträge der beiden Ehepartner für die Steuerermässigung berücksichtigt werde.

Für verheiratete Eigentümer musste die Steuerermässigung für das Steuerjahr 2009 entsprechend dem Anteil jedes Ehepartners am Katastereinkommen der betreffenden Wohnung proportional aufgeteilt werden. In dem Fall, der dem vorlegenden Richter unterbreitet wurde und in dem die Ehepartner zu gleichen Teilen Eigentümer der Wohnung sind, wobei die Ehegattin über ein begrenztes steuerpflichtiges Einkommen verfügt, so dass ihr Anteil von 1.720 Euro (die Hälfte des damals abzugsfähigen Höchstbetrags von 3.440 Euro) nicht vollständig genutzt werden kann (in casu 480,40 Euro), beschränkt sich der Anteil ihres Ehegatten auf 1.720 Euro und kann der nicht genutzte Restbetrag der Ehegattin nach Auffassung der Steuerverwaltung nicht auf den Anteil ihres Ehegatten übertragen werden, auch wenn dieser über höhere steuerpflichtige Einkünfte verfügt.

Der vorlegende Richter fragt sich, was es in einem solchen Fall rechtfertige, dass die verheirateten Steuerpflichtigen nicht in den Genuss der maximalen Steuerermässigung von 3.440 Euro für das Steuerjahr 2009 als Eigentümer der Wohnung, in der sie in photovoltaische Solarzellen investiert hätten, gelangen könnten, während dies wohl der Fall gewesen wäre, wenn sie nicht Eigentümer, sondern Mieter dieser Wohnung gewesen wären.

B.3.1. Die fragliche Bestimmung ist Bestandteil einer Reihe von Massnahmen zur Stimulierung von Ausgaben im Hinblick auf eine rationellere Energienutzung. Indem der Gesetzgeber einen Artikel 14524 in das EStGB 1992 eingeführt hat durch die Annahme von Artikel 33 des Gesetzes vom 10. August 2001 zur Reform der Steuer der natürlichen Personen, wollte er, dass « Steuerpflichtige, die in ihrer Wohnung eine oder mehrere genau definierte Arbeiten im Hinblick auf die Einsparung von Energie haben ausführen lassen, eine Steuerermässigung erhalten » (Parl. Dok., Kammer, 2000-2001, DOC 50-1270/001, SS. 25-26).

Diese Steuerermässigung wurde ursprünglich nur den Steuerpflichtigen gewährt, die Eigentümer, Besitzer, Erbpächter, Erbauberechtigte oder Niessbraucher der Wohnung waren, für die die Ausgaben zur Energieeinsparung getätigt worden waren.

Auch wenn in den Vorarbeiten zum Gesetz vom 10. August 2001 angeführt wurde, dass in dem Fall, wo « eine gemeinsame Besteuerung festgelegt wird, die Steuerermässigung entsprechend dem steuerpflichtigen Einkommen jedes Ehepartners proportional aufgeteilt wird » (ebenda, S. 27), und auch wenn diese Regelung im Vorentwurf auf diese Weise dargestellt wurde (ebenda, S. 65), hat sich der Gesetzgeber schliesslich auf der Grundlage einer Erklärung des beauftragten Beamten gegenüber der Gesetzgebungsabteilung des Staatsrates (ebenda, S. 82) für eine Aufteilung entsprechend dem Anteil jedes Ehepartners am Katastereinkommen der betreffenden Wohnung entschieden.

B.3.2. Durch das Gesetz vom 31. Juli 2004 « zur Abänderung von Artikel 14524 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 zur verstärkten Förderung der rationelleren Energienutzung in Wohnungen » wurde die Möglichkeit zur Steuerermässigung für energiesparende Ausgaben für Wohnungen ab dem Steuerjahr 2006 auf die Mieter ausgedehnt.

Diesbezüglich wurde vorgesehen, dass in dem Fall, wo eine gemeinsame Veranlagung für Ehepartner, die Mieter sind, festgelegt wird, die Steuerermässigung entsprechend dem steuerpflichtigen Einkommen jedes Ehepartners in der Gesamtheit der steuerpflichtigen Einkünfte der beiden Ehepartner proportional aufgeteilt wird. Auf diese Weise hat der Gesetzgeber das Gutachten der Gesetzgebungsabteilung des Staatsrates berücksichtigt, wonach es zur Erweiterung der Steuerermässigung auf Mieter notwendig war, einen anderen Verteilerschlüssel zu verwenden als denjenigen, der auf dem Katastereinkommen beruht (Parl. Dok., Kammer, 2003-2004, DOC 51-1196/001, SS. 4 und 7, und ebenda, DOC 51-1196/002, S. 6).

B.3.3. Durch die Annahme von Artikel 4 Nr. 3 des Gesetzes vom 27. März 2009 zur Belebung der Wirtschaft hat der Gesetzgeber erneut den Verteilerschlüssel abgeändert, und zwar in dem Sinne, dass sowohl die Eigentümer, Besitzer, Erbpächter, Erbauberechtigten oder Niessbraucher als auch die Mieter dem Grundsatz unterliegen, wonach im Falle der Festlegung einer gemeinsamen Veranlagung die betreffende Steuerermässigung entsprechend dem steuerpflichtigen Einkommen jedes Ehepartners in der Gesamtheit der steuerpflichtigen Einkünfte der beiden Ehepartner proportional aufgeteilt wird.

Aus den Vorarbeiten geht hervor, dass der Gesetzgeber nicht spezifisch eine Gleichbehandlung der Eigentümer und Mieter hinsichtlich der Steuerermässigung für energiesparende Ausgaben angestrebt hat. Er beabsichtigte in erster Linie, ein einheitliches System von Steuerermässigungen im Falle der gemeinsamen Veranlagung einzuführen, sowohl für energiesparende Ausgaben (Artikel 14524 § 1 des EStGB 1992) als auch für Ausgaben bezüglich eines Passivhauses ( § 2) und für die Zinsen gewisser « grüner Darlehen » ( § 3) (Parl. Dok., Kammer, 2008-2009, DOC 52-1788/001, S. 8).

Aufgrund von Artikel 6 Absatz 3 des vorerwähnten Gesetzes vom 27. März 2009 gilt diese Abänderung ab dem Steuerjahr 2010.

B.4. Der Gesetzgeber verfügt über eine breite Ermessensbefugnis zur Einführung von Steuern und zur Genehmigung von Steuerermässigungen als Anreiz für die Verwirklichung bestimmter politischer Ziele. Es obliegt ihm, eine Wahl zwischen den verschiedenen Massnahmen zu treffen, die er hierzu als notwendig erachtet.

Er konnte daher den Abzug der energiesparenden Ausgaben auf einen bestimmten Prozentsatz der Ausgaben begrenzen und diesbezüglich einen abzugsfähigen Höchstbetrag festlegen (für das Steuerjahr 2009: 3.440 Euro, nämlich 2.650 Euro (indexiert), erhöht um 790 Euro (indexiert), für Ausgaben in Bezug auf die Installation von photovoltaischen Solarzellen).

Wenn anlässlich dieser Entscheidung ein Behandlungsunterschied entsteht, im vorliegenden Fall bezüglich der Modalitäten dieser Steuerermässigung im Fall einer gemeinsamen Veranlagung, muss der Gerichtshof jedoch prüfen, ob er auf einer vernünftigen Rechtfertigung beruht.

B.5. Es konnte gerechtfertigt sein, dass der Gesetzgeber ursprünglich die Steuerermässigung für energiesparende Ausgaben für Wohnungen den steuerpflichtigen Eigentümern, Besitzern, Erbpächtern, Erbauberechtigten oder Niessbrauchern vorbehielt und dass er im Falle einer gemeinsamen Veranlagung den Anteil der beiden Partner am Katastereinkommen der betreffenden Wohnung als Kriterium für die Verteilung auf die beiden verwendete.

Ebenso konnte es gerechtfertigt sein, dass er infolge der Erweiterung dieser Steuerermässigung auf Mieter im Falle einer gemeinsamen Veranlagung ein anderes Kriterium festlegte, da das Katastereinkommen für diese Kategorie von Personen kein sachdienliches Kriterium zur Verteilung auf die Ehepartner darstellen konnte.

Die gleichzeitige Anwendung dieser beiden Kriterien hat jedoch zur Folge gehabt, dass in dieser Hinsicht ein Behandlungsunterschied zwischen einerseits der Kategorie der Eigentümer, Besitzer, Erbpächter, Erbauberechtigten oder Niessbraucher und andererseits der Kategorie der Mieter entstand.

Da für die erstere Kategorie von Steuerpflichtigen aufgrund der fraglichen Bestimmung der Anteil des Katastereinkommens im Falle einer gemeinsamen Veranlagung als Verteilungskriterium zwischen den Ehepartnern angewandt wurde, war der maximal abzugsfähige Betrag de facto stärker begrenzt in den Fällen, in denen jeder der Ehepartner zur Hälfte Miteigentümer, Besitzer, Erbpächter, Erbauberechtigter oder Niessbraucher war und einer von ihnen über begrenzte steuerpflichtige Einkünfte verfügte, da der Restbetrag der Steuerermässigung, der bei einem von ihnen nicht genutzt werden konnte, nicht auf den anderen Ehepartner übertragen werden konnte, obwohl dies offensichtlich wohl der Fall ist, wenn die Ehepartner Mieter sind, selbst wenn die Umstände im Ubrigen identisch sind.

Es gibt keine vernünftige Rechtfertigung für diesen Behandlungsunterschied, der in der Rechtssache vor dem vorlegenden Richter in Bezug auf das Steuerjahr 2009 ersichtlich ist, angesichts der Zielsetzung des Gesetzgebers, die darin bestand, beiden Kategorien von Personen den gleichen Anreiz zu bieten, energiesparende Ausgaben zu tätigen.

Im Ubrigen besteht seit dem Steuerjahr 2010 diesbezüglich kein Behandlungsunterschied mehr zwischen den beiden betroffenen Kategorien von Personen.

B.6. Die Vorabentscheidungsfrage ist bejahend zu beantworten.

Aus diesen Gründen:

Der Gerichtshof

erkennt für Recht:

Artikel 14524 § 1 Absatz 5 erster Gedankenstrich des Einkommensteuergesetzbuches 1992 in der für das Steuerjahr 2009 geltenden Fassung verstösst gegen die Artikel 10, 11 und 172 der Verfassung, insofern die Steuerermässigung für Ausgaben zur Energieeinsparung für Wohnungen bei einer gemeinsamen Veranlagung für Ehepartner entsprechend dem Anteil jedes Ehepartners am Katastereinkommen statt entsprechend ihrem jeweiligen Anteil an der Gesamtheit ihrer steuerpflichtigen Einkünfte proportional aufgeteilt wird.

Verkündet in niederländischer und französischer Sprache, gemäss Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, in der öffentlichen Sitzung vom 8. März 2012.

Der Kanzler,

P.-Y. Dutilleux.

Der Präsident,

M. Bossuyt.