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Auszug aus dem Entscheid Nr. 15/2021 vom 28. Januar 2021
Geschäftsverzeichnisnummern 7264 und 7323
In Sachen: Vorabentscheidungsfragen betreffend Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 « zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft » (Artikel 2bis des Gesetzes vom 21. November 1989 « über die Haftpflichtversicherung in Bezug auf Kraftfahrzeuge »), gestellt vom Gericht erster Instanz Ostflandern, Abteilung Gent.
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten L. Lavrysen und F. Daoût, und den Richtern J.-P. Moerman, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, T. Giet, R. Leysen, J. Moerman, M. Pâques und Y. Kherbach, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten L. Lavrysen,
erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfragen und Verfahren
a. In seinem Urteil vom 8. Oktober 2019, dessen Ausfertigung am 15. Oktober 2019 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Ostflandern, Abteilung Gent, folgende Vorabentscheidungsfragen gestellt:
« 1. Verstößt Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft gegen die Bestimmungen über die Grundrechte und -freiheiten im Sinne von Titel II der Verfassung (insbesondere die Artikel 10, 11 und 13 der Verfassung) sowie Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern diese Bestimmung die Versicherungspflicht für Kleinkrafträder der Klasse A im Sinne von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung aufrechterhält, jedoch nicht für Fahrzeuge, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung fallen und eine autonome Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h haben, jedoch mittels Unterstützung eine höhere Geschwindigkeit erreichen können und demzufolge eine gleichwertige, wenn nicht höhere kinetische Energie als Kleinkrafträder der Klasse A haben?
2. Verstößt Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft gegen die Bestimmungen über die Grundrechte und -freiheiten im Sinne von Titel II der Verfassung (insbesondere die Artikel 10, 11 und 13 der Verfassung) sowie Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern diese Bestimmung die Versicherungspflicht für Kleinkrafträder der Klasse A im Sinne von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung aufrechterhält, jedoch nicht für Fahrzeuge, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung fallen und eine autonome Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h haben, jedoch im Durchschnitt eine höhere Masse als Kleinkrafträder der Klasse A aufweisen und demzufolge eine höhere kinetische Energie als Kleinkrafträder der Klasse A haben? ».
b. In seinem Urteil vom 28. November 2019, dessen Ausfertigung am 5. Dezember 2019 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Ostflandern, Abteilung Gent, folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:
« Verstößt Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft gegen die Bestimmungen über die Grundrechte und -freiheiten im Sinne von Titel II der Verfassung (insbesondere die Artikel 10, 11 und 13 der Verfassung) sowie Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern diese Bestimmung die Versicherungspflicht für Kleinkrafträder der Klasse A im Sinne von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung aufrechterhält, jedoch nicht für Fahrzeuge, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung fallen und eine autonome Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h haben, jedoch im Durchschnitt eine höhere Masse als Kleinkrafträder der Klasse A aufweisen und demzufolge eine höhere kinetische Energie als Kleinkrafträder der Klasse A haben? ».
Diese unter den Nummern 7264 und 7323 ins Geschäftsverzeichnis des Gerichtshofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.
(...)
III. Rechtliche Würdigung
(...)
In Bezug auf die Zulässigkeit der Rechtssache Nr. 7223
B.1.1. Der Ministerrat führt an, dass die Antwort auf die Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 7323 nicht sachdienlich sei zur Lösung der Streitsache, weil die Frage auf der falschen Annahme beruhe, dass eine Hubarbeitsbühne in den Anwendungsbereich der in Frage stehenden Bestimmung falle.
B.1.2. In der Regel obliegt es dem vorlegenden Richter zu beurteilen, ob die Antwort auf die Vorabentscheidungsfrage zur Lösung des Streitfalls sachdienlich ist. Nur wenn dies eindeutig nicht der Fall ist, kann der Gerichtshof beschließen, dass die Frage keiner Antwort bedarf.
B.1.3. Der Begründung der Verweisungsentscheidung lässt sich entnehmen, dass der vorlegende Richter der Ansicht ist, dass eine Hubarbeitsbühne zum Anwendungsbereich von Artikel 2bis des Gesetzes vom 21. November 1989 « über die Haftpflichtversicherung in Bezug auf Kraftfahrzeuge » (nachstehend: Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetz), eingefügt durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 « zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft » (nachstehend: Gesetz vom 2. Mai 2019), gehört. Der Ministerrat erwähnt in seiner Einrede selbst die Möglichkeit, dass die in Frage stehende Bestimmung auf Hubarbeitsbühnen Anwendung finde, und führt folglich keine Elemente an, aus denen sich ergibt, dass die in Frage stehende Bestimmung auf die vom vorlegenden Richter vorgelegte Streitigkeit offensichtlich nicht anzuwenden ist.
B.1.4. Die Einrede wird abgewiesen.
In Bezug auf die fragliche Bestimmung
B.2.1. Artikel 1 Absatz 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes definiert den Begriff « Kraftfahrzeug » wie folgt:
« [Unter] Kraftfahrzeugen [sind zu verstehen]: maschinell angetriebene Fahrzeuge, die zum Verkehr zu Lande bestimmt und nicht an Gleise gebunden sind; an das Fahrzeug angekoppelte Vorrichtungen werden als Teil davon betrachtet ».
Wenn ein Fahrzeug als Kraftfahrzeug angesehen wird, hat das zur Folge, dass der Eigentümer grundsätzlich verpflichtet ist, eine zivile Haftpflichtversicherung abzuschließen, wenn das Fahrzeug im Verkehr auf öffentlicher Straße, der Öffentlichkeit zugänglichem Gelände und nicht-öffentlichem Gelände, das aber einer bestimmten Anzahl berechtigter Personen zugänglich ist, benutzt wird (Artikel 2 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes). Diese obligatorische Versicherung soll unter anderem den Ersatz des Schadens der Opfer eines Verkehrsunfalls und ihrer Rechtsnachfolger gewährleisten.
B.2.2. Durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 wird ein Artikel 2bis in das Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetz eingefügt.
« Ne sont pas soumis à l'obligation d'assurance visée à l'article 2, § 1 er, les véhicules automoteurs visés à l'article 1 er, alinéa 1 er, qui par la force mécanique ne dépassent pas 25 km/h.
Restent soumis à l'obligation d'assurance visée à l'article 2, § 1 er, les cyclomoteurs de classe A tels que définis à l'article 2, 2.17, 1), de l'arrêté royal du 1 er décembre 1975 portant règlement général sur la police de la circulation routière et de l'usage de la voie publique ».
B.2.3. Nach den Vorarbeiten bewegt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht im Rahmen der in Artikel 5 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 « über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht » vorgesehenen Möglichkeit, Elektrofahrräder oder andere neue elektrische Kraftfahrzeuge von der gesetzlichen Haftpflichtversicherung auszunehmen. Mit der Einführung von Artikel 2bis des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes wollte der Gesetzgeber die Versicherungspflicht an die jüngste Einführung neuer elektrischer Kraftfahrzeuge anpassen:
« La modification est motivée par le constat que l'interprétation stricte de la définition à l'article 1 er de la loi RC auto, en particulier l'aspect concernant la capacité à rouler de manière autonome, mène :
1° à ce que certains vélos électriques, les engins de déplacement motorisés et les chaises roulantes électriques relèveraient en général de l'obligation d'assurance et;
2° à ce que leurs utilisateurs tomberaient hors du champ d'application du système d'indemnisation légale automatique de l'article 29bis loi RC auto (usagers faibles) » (Parl. Dok., Kammer, 2018-2019, DOC 54-3570/001, S. 33).
B.2.4. Durch Artikel 29bis des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes wird ein vom allgemeinen Recht der zivilrechtlichen Haftung abweichendes System der objektiven Haftung des Fahrers eines Kraftfahrzeugs organisiert, wobei der Fahrer eines Kraftfahrzeugs, der in einen Unfall verwickelt ist, sich nicht seiner Verpflichtung zur Wiedergutmachung der Schäden, die die Opfer erlitten haben, entziehen kann, indem er geltend macht, dass seinerseits kein Fehler vorliege. Die Verpflichtung zur Wiedergutmachung des Schadens, den die Opfer eines Verkehrsunfalls und ihre Rechtsnachfolger erlitten haben, wird den Versicherern auferlegt, die die Haftung des Eigentümers, des Fahrers oder des Halters des Kraftfahrzeugs decken.
B.2.5. Artikel 46 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 ändert Artikel 29bis § 3 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes ab, wodurch im Rahmen der Anwendung der objektiven Haftung im Sinne von Artikel 29bis die im neuen Artikel 2bis Absatz 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes erwähnten Fahrzeuge nicht als Kraftfahrzeuge, sondern als Fahrzeuge schwacher Verkehrsteilnehmer angesehen werden.
B.2.6. Artikel 2.17 Nr. 1 des königlichen Erlasses vom 1. Dezember 1975 « zur Festlegung der allgemeinen Ordnung über den Straßenverkehr und die Benutzung der öffentlichen Straße » definiert den Begriff Kleinkraftrad der Klasse A wie folgt:
« jedes zwei- oder dreirädrige Fahrzeug, das ausgestattet ist mit einem Verbrennungsmotor von höchstens 50 cm3 Hubraum mit einer maximalen Nutzleistung von höchstens 4 kW oder mit einem Elektromotor mit einer maximalen Nenndauerleistung von höchstens 4 kW und mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h, mit Ausnahme der motorisierten Fortbewegungsgeräte ».
Die Gesetzgebungsabteilung des Staatsrats wies in ihrem Gutachten darauf hin, dass die Entscheidung, Kleinkrafträder der Klasse A nicht in die Ausnahmeregelung aufzunehmen, nicht durch die Feststellung gerechtfertigt werden könne, dass diese Kleinkrafträder bereits seit geraumer Zeit der Versicherungspflicht unterlägen :
« Le délégué a été invité à justifier, au regard des articles 10 et 11 de la Constitution, la distinction opérée entre les conducteurs de véhicules visés à l'article 2bis, alinéa 1 er, en projet, de la loi du 21 novembre 1989, d'une part, et les conducteurs de cyclomoteurs de classe A, d'autre part, en attirant notamment son attention sur l'arrêt précité de la Cour constitutionnelle. Le délégué a justifié la distinction opérée comme suit :
' L'arrêt n° 23/2002 du 23 janvier 2002 de la Cour constitutionnelle met bien en exergue les objectifs poursuivis par le législateur en adoptant l'indemnisation automatique des victimes des accidents de la route réputés faibles.
Les critères retenus pour justifier cette 'faiblesse' sont d'une part, de ne pas être conducteur d'un véhicule automoteur et d'autre part, du danger que constitue en soi la mise en circulation d'un véhicule automoteur sur la voie publique.
Le critère retenu dans le projet de loi prend en considération le critère de la dangerosité d'un véhicule puisque sa vitesse maximale est limitée à 25 km/h.
L'exclusion de la classe A tient compte du fait que ces véhicules sont déjà soumis depuis de nombreuses années (à l'immatriculation ainsi qu') à l'obligation d'assurance '.
Le fait que les cyclomoteurs de classe A sont déjà soumis depuis plusieurs années à une obligation d'assurance peut difficilement être considéré au regard des articles 10 et 11 de la Constitution comme une justification pertinente et objective de la distinction opérée dans l'avant-projet » (Parl. Dok., Kammer, 2018-2019, DOC 54-3570/004, SS. 45-46).
B.2.7. Der Gesetzgeber hat den Unterschied zwischen den ausgenommenen Fahrzeugen und den Kleinkrafträdern der Klasse A zusätzlich anhand der sogenannten kinetischen Energie des Fahrzeugs begründet, wobei einerseits die Geschwindigkeit und andererseits das Gewicht des Fahrzeugs berücksichtigt werden, um die mit dem Inverkehrbringen verbundenen Risiken zu bewerten:
« Via cette disposition, un certain nombre de nouveaux véhicules automoteurs électriques sont exonérés de l'obligation d'assurance. Par souci de cohérence et pour la sécurité juridique du justiciable, on a opté pour un plafond uniforme de vitesse autonome maximale de 25 km/h.
Le critère utilisé pour être soumis ou non à l'assurance obligatoire, est l'énergie cinétique du véhicule.
L'énergie cinétique est la forme d'énergie d'un corps ou d'un objet parce qu'il bouge. La masse et la vitesse du corps ou de l'objet déterminent la quantité d'énergie cinétique.
Etant donné qu'un cyclomoteur classe A pèse vite 80 à 100 kg et qu'un vélo électrique, y compris sa batterie, pèse en moyenne 20 à 30 kg, il est justifié de maintenir l'obligation d'assurance pour le cyclomoteur classe A. En effet, l'énergie cinétique à une vitesse identique est significativement plus élevée.
Exemples de véhicules automoteurs visés : le fauteuil roulant électrique, qui était déjà exclu de l'article 29bis, l'hoverboard, les engins auto équilibrés, le skateboard électrique, le vélo électrique, le miniquad et la minimoto, pour autant que leur vitesse maximale soit limitée à 25 km/h. Cette liste n'est aucunement exhaustive et purement indicative.
Peuvent aussi être visés les véhicules automoteurs avec les fonctions suivantes: l'assistance au pédalage, l'assistance au démarrage, le bouton garage, le walk assist, l'assistance au parking, quelles que soient leur dénomination et leur forme. L'aide à la marche, le bouton garage et l'assistance au parking visent par exemple à faciliter la manipulation du vélo électrique lorsque l'on ne roule pas dessus et non à propulser le vélo lorsque l'on est dessus, si bien que le risque inhérent à la circulation est quasi négligeable (la vitesse autonome qui est en effet très basse avoisine en effet généralement les 6 km/h).
La responsabilité civile extracontractuelle à laquelle ces moyens de transport pourraient donner lieu, devrait pouvoir être assurée au moyen d'une autre police d'assurance que la RC auto (par ex. RC vie privée) » (Parl. Dok., Kammer, 2018-2019, DOC 54-3570/001, SS. 33-34).
Aus der Erörterung während der Vorarbeiten ergibt sich, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sich die Definition für Kraftfahrzeug in Artikel 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes nur auf maschinell angetriebene Fahrzeuge bezieht, ohne dass dabei Muskelkraft eingesetzt werden muss. Das impliziert auch, dass die in Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 erwähnte Höchstgeschwindigkeit die Geschwindigkeit ist, die durch den Motor selbst erreicht werden kann, ohne zusätzliche Unterstützung durch Muskelkraft.
In Bezug auf den Behandlungsunterschied zwischen Kleinkrafträdern der Klasse A und Fahrzeugen mit einem höheren Gewicht
B.3.1. Die Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 7323 ist identisch mit der zweiten Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 7264. Der Gerichtshof soll sich zur Vereinbarkeit von Artikel 2bis des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes, eingefügt durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019, mit unter anderem den Artikeln 10 und 11 der Verfassung äußern, weil diese Bestimmung einen Behandlungsunterschied zwischen einerseits Kleinkrafträdern der Klasse A und andererseits anderen Fahrzeugen, deren autonome Geschwindigkeit ebenso auf 25 km/h begrenzt sei und die ein höheres Gewicht als Kleinkrafträder der Klasse A aufwiesen, einführe. Diese letztgenannten Fahrzeuge fielen nämlich unter die Ausnahmeregelung hinsichtlich der Versicherungspflicht, während Kleinkrafträder der Klasse A der Versicherungspflicht ausdrücklich unterworfen würden.
B.3.2. Der Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung schließt nicht aus, dass ein Behandlungsunterschied zwischen Kategorien von Personen eingeführt wird, soweit dieser Unterschied auf einem objektiven Kriterium beruht und in angemessener Weise gerechtfertigt ist.
Das Vorliegen einer solchen Rechtfertigung ist im Hinblick auf Zweck und Folgen der beanstandeten Maßnahme sowie auf die Art der einschlägigen Grundsätze zu beurteilen; es wird gegen den Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung verstoßen, wenn feststeht, dass die eingesetzten Mittel in keinem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen.
B.3.3. Der Gesetzgeber wollte mit der in Frage stehenden Bestimmung die Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge trotzdem als schwache Verkehrsteilnehmer im Sinne von Artikel 29bis einstufen und sie von der Versicherungspflicht für Kraftfahrzeuge befreien. Wie sich aus den in B.2.7 erwähnten Vorarbeiten ergibt, wollte der Gesetzgeber Kleinkrafträder der Klasse A dennoch ausdrücklich der Versicherungspflicht unterwerfen, und zwar trotz des Umstands, dass deren Höchstgeschwindigkeit 25 km/h nicht überschreitet, weil das Gewicht solcher Kleinkrafträder in Verbindung mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bestimmte Risiken beinhaltet. Daneben beruft sich der Gesetzgeber auf den vom Gerichtshof erlassenen Entscheid Nr. 23/2002 vom 26. März 2002. In diesem Entscheid hat der Gerichtshof entschieden, dass der Gesetzgeber vernünftigerweise zu dem Schluss gelangen durfte, dass Fahrer von Kleinkrafträdern der Klasse A zu den nicht-schwachen Verkehrsteilnehmern gehören, weil sie ein Kraftfahrzeug lenken, dessen Inverkehrbringen schon als solches eine Gefahr für die anderen Benutzer öffentlicher Wege darstellt.
Obwohl die Definition für ein Kleinkraftrad der Klasse A, wie in B.2.6 erwähnt, an sich nicht auf das Gewicht des Fahrzeugs Bezug nimmt, sondern nur auf die Leistung und die Geschwindigkeit, ist es nicht unvernünftig, zu dem Schluss zu gelangen, dass der Fahrer eines Fahrzeugs, das unter diese Definition fällt, zu den nicht-schwachen Verkehrsteilnehmern gehört, weil das Inverkehrbringen des betreffenden Fahrzeugs als solches eine Gefahr für die anderen Benutzer öffentlicher Wege darstellt. Folglich ist es nicht sachlich ungerechtfertigt, Kleinkrafträder der Klasse A, deren Gewicht in Verbindung mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in der Regel eine höhere kinetische Energie zur Folge hat, der Versicherungspflicht zu unterwerfen.
B.3.4. Angesichts des in B.3.3 erwähnten Ziels ist es hingegen nicht sachlich gerechtfertigt, dass für alle anderen Fahrzeuge, die nicht unter die Definition für ein Kleinkraftrad der Klasse A fallen, eine Befreiung von der Versicherungspflicht unabhängig von ihrem Gewicht und ausschließlich auf Grundlage ihrer autonomen Höchstgeschwindigkeit gilt. Aus der nicht abschließenden Aufzählung der Fahrzeuge in den Vorarbeiten ergibt sich, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass alle anderen Fahrzeuge, die eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h haben, notwendigerweise ein geringeres Gewicht als Kleinkrafträder der Klasse A aufweisen. Andererseits geht der Gesetzgeber davon aus, dass bei den Fahrzeugen, die trotzdem ein höheres Gewicht aufweisen und die folglich einen motorisierten Antrieb erforderlich machen, damit die Bedienung einfach ist, die autonome Geschwindigkeit beträchtlich unterhalb von 25 km/h liegen wird, was auch ihren Ausschluss rechtfertigten würde.
Im Gegensatz zu dem, was diese Aufzählung vermuten lässt, enthält die in Frage stehende Bestimmung selbst jedoch nur ein Erfordernis in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit und wird das Gewicht des betreffenden Fahrzeugs im Rahmen der Befreiung nicht berücksichtigt.
Die notwendige Flexibilität, um die schnelle Entwicklung dieser neuen Art von Fahrzeugen berücksichtigen zu können, rechtfertigt es auch nicht, dass diese Fahrzeuge nur auf Grundlage der autonomen Höchstgeschwindigkeit und des Umstands, dass sie nicht als Kleinkrafträder der Klasse A angesehen werden, von der Versicherungspflicht befreit werden. Diese schnelle Entwicklung erschwert es nämlich ebenso, etwa das Gewicht und ganz allgemein das Verkehrsrisiko solcher neuen Fahrzeuge vorherzusagen.
B.4.1. Artikel 2bis Absatz 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes, eingeführt durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019, verstößt gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, sofern er bestimmt, dass die in Artikel 1 Absatz 1 erwähnten Kraftfahrzeuge, die auf Grundlage der maschinellen Kraft 25 km/h nicht überschreiten, von der in Artikel 2 § 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes erwähnten Versicherungspflicht ausgenommen sind, ohne das Gewicht dieser Kraftfahrzeuge zu berücksichtigen.
Die Vorabentscheidungsfrage ist bejahend zu beantworten.
B.4.2. Die Prüfung der fraglichen Bestimmungen anhand der anderen in der Vorabentscheidungsfrage angeführten Bestimmungen kann nicht zu einer umfassenderen Feststellung der Verfassungswidrigkeit führen.
B.4.3. Da die Prüfung der ersten Vorabentscheidungsfrage zur Feststellung eines Verstoßes gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung geführt hat, besteht kein Anlass, die andere Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 7264 zu prüfen, da eine solche Prüfung nicht zu einer umfassenderen Feststellung der Verfassungswidrigkeit führen würde.
Aus diesen Gründen:
Der Gerichtshof
erkennt für Recht:
Artikel 2bis Absatz 1 des Gesetzes vom 21. November 1989 « über die Haftpflichtversicherung in Bezug auf Kraftfahrzeuge », eingefügt durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 « zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft », verstößt gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, sofern er bestimmt, dass die in Artikel 1 Absatz 1 erwähnten Kraftfahrzeuge, die auf Grundlage der maschinellen Kraft 25 km/h nicht überschreiten, von der Versicherungspflicht im Sinne von Artikel 2 § 1 des vorerwähnten Gesetzes vom 21. November 1989 ausgenommen sind, ohne das Gewicht dieser Kraftfahrzeuge zu berücksichtigen.
Erlassen in niederländischer und französischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, 28. Januar 2021.
Der Kanzler,
(gez.) P.-Y. Dutilleux
Der Präsident,
(gez.) L. Lavrysen
Geschäftsverzeichnisnummern 7264 und 7323
In Sachen: Vorabentscheidungsfragen betreffend Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 « zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft » (Artikel 2bis des Gesetzes vom 21. November 1989 « über die Haftpflichtversicherung in Bezug auf Kraftfahrzeuge »), gestellt vom Gericht erster Instanz Ostflandern, Abteilung Gent.
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten L. Lavrysen und F. Daoût, und den Richtern J.-P. Moerman, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, T. Giet, R. Leysen, J. Moerman, M. Pâques und Y. Kherbach, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten L. Lavrysen,
erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfragen und Verfahren
a. In seinem Urteil vom 8. Oktober 2019, dessen Ausfertigung am 15. Oktober 2019 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Ostflandern, Abteilung Gent, folgende Vorabentscheidungsfragen gestellt:
« 1. Verstößt Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft gegen die Bestimmungen über die Grundrechte und -freiheiten im Sinne von Titel II der Verfassung (insbesondere die Artikel 10, 11 und 13 der Verfassung) sowie Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern diese Bestimmung die Versicherungspflicht für Kleinkrafträder der Klasse A im Sinne von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung aufrechterhält, jedoch nicht für Fahrzeuge, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung fallen und eine autonome Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h haben, jedoch mittels Unterstützung eine höhere Geschwindigkeit erreichen können und demzufolge eine gleichwertige, wenn nicht höhere kinetische Energie als Kleinkrafträder der Klasse A haben?
2. Verstößt Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft gegen die Bestimmungen über die Grundrechte und -freiheiten im Sinne von Titel II der Verfassung (insbesondere die Artikel 10, 11 und 13 der Verfassung) sowie Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern diese Bestimmung die Versicherungspflicht für Kleinkrafträder der Klasse A im Sinne von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung aufrechterhält, jedoch nicht für Fahrzeuge, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung fallen und eine autonome Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h haben, jedoch im Durchschnitt eine höhere Masse als Kleinkrafträder der Klasse A aufweisen und demzufolge eine höhere kinetische Energie als Kleinkrafträder der Klasse A haben? ».
b. In seinem Urteil vom 28. November 2019, dessen Ausfertigung am 5. Dezember 2019 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Ostflandern, Abteilung Gent, folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:
« Verstößt Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft gegen die Bestimmungen über die Grundrechte und -freiheiten im Sinne von Titel II der Verfassung (insbesondere die Artikel 10, 11 und 13 der Verfassung) sowie Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern diese Bestimmung die Versicherungspflicht für Kleinkrafträder der Klasse A im Sinne von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung aufrechterhält, jedoch nicht für Fahrzeuge, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 2.17.1 der Straßenverkehrsordnung fallen und eine autonome Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h haben, jedoch im Durchschnitt eine höhere Masse als Kleinkrafträder der Klasse A aufweisen und demzufolge eine höhere kinetische Energie als Kleinkrafträder der Klasse A haben? ».
Diese unter den Nummern 7264 und 7323 ins Geschäftsverzeichnis des Gerichtshofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.
(...)
III. Rechtliche Würdigung
(...)
In Bezug auf die Zulässigkeit der Rechtssache Nr. 7223
B.1.1. Der Ministerrat führt an, dass die Antwort auf die Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 7323 nicht sachdienlich sei zur Lösung der Streitsache, weil die Frage auf der falschen Annahme beruhe, dass eine Hubarbeitsbühne in den Anwendungsbereich der in Frage stehenden Bestimmung falle.
B.1.2. In der Regel obliegt es dem vorlegenden Richter zu beurteilen, ob die Antwort auf die Vorabentscheidungsfrage zur Lösung des Streitfalls sachdienlich ist. Nur wenn dies eindeutig nicht der Fall ist, kann der Gerichtshof beschließen, dass die Frage keiner Antwort bedarf.
B.1.3. Der Begründung der Verweisungsentscheidung lässt sich entnehmen, dass der vorlegende Richter der Ansicht ist, dass eine Hubarbeitsbühne zum Anwendungsbereich von Artikel 2bis des Gesetzes vom 21. November 1989 « über die Haftpflichtversicherung in Bezug auf Kraftfahrzeuge » (nachstehend: Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetz), eingefügt durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 « zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft » (nachstehend: Gesetz vom 2. Mai 2019), gehört. Der Ministerrat erwähnt in seiner Einrede selbst die Möglichkeit, dass die in Frage stehende Bestimmung auf Hubarbeitsbühnen Anwendung finde, und führt folglich keine Elemente an, aus denen sich ergibt, dass die in Frage stehende Bestimmung auf die vom vorlegenden Richter vorgelegte Streitigkeit offensichtlich nicht anzuwenden ist.
B.1.4. Die Einrede wird abgewiesen.
In Bezug auf die fragliche Bestimmung
B.2.1. Artikel 1 Absatz 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes definiert den Begriff « Kraftfahrzeug » wie folgt:
« [Unter] Kraftfahrzeugen [sind zu verstehen]: maschinell angetriebene Fahrzeuge, die zum Verkehr zu Lande bestimmt und nicht an Gleise gebunden sind; an das Fahrzeug angekoppelte Vorrichtungen werden als Teil davon betrachtet ».
Wenn ein Fahrzeug als Kraftfahrzeug angesehen wird, hat das zur Folge, dass der Eigentümer grundsätzlich verpflichtet ist, eine zivile Haftpflichtversicherung abzuschließen, wenn das Fahrzeug im Verkehr auf öffentlicher Straße, der Öffentlichkeit zugänglichem Gelände und nicht-öffentlichem Gelände, das aber einer bestimmten Anzahl berechtigter Personen zugänglich ist, benutzt wird (Artikel 2 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes). Diese obligatorische Versicherung soll unter anderem den Ersatz des Schadens der Opfer eines Verkehrsunfalls und ihrer Rechtsnachfolger gewährleisten.
B.2.2. Durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 wird ein Artikel 2bis in das Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetz eingefügt.
« Ne sont pas soumis à l'obligation d'assurance visée à l'article 2, § 1 er, les véhicules automoteurs visés à l'article 1 er, alinéa 1 er, qui par la force mécanique ne dépassent pas 25 km/h.
Restent soumis à l'obligation d'assurance visée à l'article 2, § 1 er, les cyclomoteurs de classe A tels que définis à l'article 2, 2.17, 1), de l'arrêté royal du 1 er décembre 1975 portant règlement général sur la police de la circulation routière et de l'usage de la voie publique ».
B.2.3. Nach den Vorarbeiten bewegt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht im Rahmen der in Artikel 5 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 « über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht » vorgesehenen Möglichkeit, Elektrofahrräder oder andere neue elektrische Kraftfahrzeuge von der gesetzlichen Haftpflichtversicherung auszunehmen. Mit der Einführung von Artikel 2bis des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes wollte der Gesetzgeber die Versicherungspflicht an die jüngste Einführung neuer elektrischer Kraftfahrzeuge anpassen:
« La modification est motivée par le constat que l'interprétation stricte de la définition à l'article 1 er de la loi RC auto, en particulier l'aspect concernant la capacité à rouler de manière autonome, mène :
1° à ce que certains vélos électriques, les engins de déplacement motorisés et les chaises roulantes électriques relèveraient en général de l'obligation d'assurance et;
2° à ce que leurs utilisateurs tomberaient hors du champ d'application du système d'indemnisation légale automatique de l'article 29bis loi RC auto (usagers faibles) » (Parl. Dok., Kammer, 2018-2019, DOC 54-3570/001, S. 33).
B.2.4. Durch Artikel 29bis des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes wird ein vom allgemeinen Recht der zivilrechtlichen Haftung abweichendes System der objektiven Haftung des Fahrers eines Kraftfahrzeugs organisiert, wobei der Fahrer eines Kraftfahrzeugs, der in einen Unfall verwickelt ist, sich nicht seiner Verpflichtung zur Wiedergutmachung der Schäden, die die Opfer erlitten haben, entziehen kann, indem er geltend macht, dass seinerseits kein Fehler vorliege. Die Verpflichtung zur Wiedergutmachung des Schadens, den die Opfer eines Verkehrsunfalls und ihre Rechtsnachfolger erlitten haben, wird den Versicherern auferlegt, die die Haftung des Eigentümers, des Fahrers oder des Halters des Kraftfahrzeugs decken.
B.2.5. Artikel 46 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 ändert Artikel 29bis § 3 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes ab, wodurch im Rahmen der Anwendung der objektiven Haftung im Sinne von Artikel 29bis die im neuen Artikel 2bis Absatz 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes erwähnten Fahrzeuge nicht als Kraftfahrzeuge, sondern als Fahrzeuge schwacher Verkehrsteilnehmer angesehen werden.
B.2.6. Artikel 2.17 Nr. 1 des königlichen Erlasses vom 1. Dezember 1975 « zur Festlegung der allgemeinen Ordnung über den Straßenverkehr und die Benutzung der öffentlichen Straße » definiert den Begriff Kleinkraftrad der Klasse A wie folgt:
« jedes zwei- oder dreirädrige Fahrzeug, das ausgestattet ist mit einem Verbrennungsmotor von höchstens 50 cm3 Hubraum mit einer maximalen Nutzleistung von höchstens 4 kW oder mit einem Elektromotor mit einer maximalen Nenndauerleistung von höchstens 4 kW und mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h, mit Ausnahme der motorisierten Fortbewegungsgeräte ».
Die Gesetzgebungsabteilung des Staatsrats wies in ihrem Gutachten darauf hin, dass die Entscheidung, Kleinkrafträder der Klasse A nicht in die Ausnahmeregelung aufzunehmen, nicht durch die Feststellung gerechtfertigt werden könne, dass diese Kleinkrafträder bereits seit geraumer Zeit der Versicherungspflicht unterlägen :
« Le délégué a été invité à justifier, au regard des articles 10 et 11 de la Constitution, la distinction opérée entre les conducteurs de véhicules visés à l'article 2bis, alinéa 1 er, en projet, de la loi du 21 novembre 1989, d'une part, et les conducteurs de cyclomoteurs de classe A, d'autre part, en attirant notamment son attention sur l'arrêt précité de la Cour constitutionnelle. Le délégué a justifié la distinction opérée comme suit :
' L'arrêt n° 23/2002 du 23 janvier 2002 de la Cour constitutionnelle met bien en exergue les objectifs poursuivis par le législateur en adoptant l'indemnisation automatique des victimes des accidents de la route réputés faibles.
Les critères retenus pour justifier cette 'faiblesse' sont d'une part, de ne pas être conducteur d'un véhicule automoteur et d'autre part, du danger que constitue en soi la mise en circulation d'un véhicule automoteur sur la voie publique.
Le critère retenu dans le projet de loi prend en considération le critère de la dangerosité d'un véhicule puisque sa vitesse maximale est limitée à 25 km/h.
L'exclusion de la classe A tient compte du fait que ces véhicules sont déjà soumis depuis de nombreuses années (à l'immatriculation ainsi qu') à l'obligation d'assurance '.
Le fait que les cyclomoteurs de classe A sont déjà soumis depuis plusieurs années à une obligation d'assurance peut difficilement être considéré au regard des articles 10 et 11 de la Constitution comme une justification pertinente et objective de la distinction opérée dans l'avant-projet » (Parl. Dok., Kammer, 2018-2019, DOC 54-3570/004, SS. 45-46).
B.2.7. Der Gesetzgeber hat den Unterschied zwischen den ausgenommenen Fahrzeugen und den Kleinkrafträdern der Klasse A zusätzlich anhand der sogenannten kinetischen Energie des Fahrzeugs begründet, wobei einerseits die Geschwindigkeit und andererseits das Gewicht des Fahrzeugs berücksichtigt werden, um die mit dem Inverkehrbringen verbundenen Risiken zu bewerten:
« Via cette disposition, un certain nombre de nouveaux véhicules automoteurs électriques sont exonérés de l'obligation d'assurance. Par souci de cohérence et pour la sécurité juridique du justiciable, on a opté pour un plafond uniforme de vitesse autonome maximale de 25 km/h.
Le critère utilisé pour être soumis ou non à l'assurance obligatoire, est l'énergie cinétique du véhicule.
L'énergie cinétique est la forme d'énergie d'un corps ou d'un objet parce qu'il bouge. La masse et la vitesse du corps ou de l'objet déterminent la quantité d'énergie cinétique.
Etant donné qu'un cyclomoteur classe A pèse vite 80 à 100 kg et qu'un vélo électrique, y compris sa batterie, pèse en moyenne 20 à 30 kg, il est justifié de maintenir l'obligation d'assurance pour le cyclomoteur classe A. En effet, l'énergie cinétique à une vitesse identique est significativement plus élevée.
Exemples de véhicules automoteurs visés : le fauteuil roulant électrique, qui était déjà exclu de l'article 29bis, l'hoverboard, les engins auto équilibrés, le skateboard électrique, le vélo électrique, le miniquad et la minimoto, pour autant que leur vitesse maximale soit limitée à 25 km/h. Cette liste n'est aucunement exhaustive et purement indicative.
Peuvent aussi être visés les véhicules automoteurs avec les fonctions suivantes: l'assistance au pédalage, l'assistance au démarrage, le bouton garage, le walk assist, l'assistance au parking, quelles que soient leur dénomination et leur forme. L'aide à la marche, le bouton garage et l'assistance au parking visent par exemple à faciliter la manipulation du vélo électrique lorsque l'on ne roule pas dessus et non à propulser le vélo lorsque l'on est dessus, si bien que le risque inhérent à la circulation est quasi négligeable (la vitesse autonome qui est en effet très basse avoisine en effet généralement les 6 km/h).
La responsabilité civile extracontractuelle à laquelle ces moyens de transport pourraient donner lieu, devrait pouvoir être assurée au moyen d'une autre police d'assurance que la RC auto (par ex. RC vie privée) » (Parl. Dok., Kammer, 2018-2019, DOC 54-3570/001, SS. 33-34).
Aus der Erörterung während der Vorarbeiten ergibt sich, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sich die Definition für Kraftfahrzeug in Artikel 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes nur auf maschinell angetriebene Fahrzeuge bezieht, ohne dass dabei Muskelkraft eingesetzt werden muss. Das impliziert auch, dass die in Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 erwähnte Höchstgeschwindigkeit die Geschwindigkeit ist, die durch den Motor selbst erreicht werden kann, ohne zusätzliche Unterstützung durch Muskelkraft.
In Bezug auf den Behandlungsunterschied zwischen Kleinkrafträdern der Klasse A und Fahrzeugen mit einem höheren Gewicht
B.3.1. Die Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 7323 ist identisch mit der zweiten Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 7264. Der Gerichtshof soll sich zur Vereinbarkeit von Artikel 2bis des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes, eingefügt durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019, mit unter anderem den Artikeln 10 und 11 der Verfassung äußern, weil diese Bestimmung einen Behandlungsunterschied zwischen einerseits Kleinkrafträdern der Klasse A und andererseits anderen Fahrzeugen, deren autonome Geschwindigkeit ebenso auf 25 km/h begrenzt sei und die ein höheres Gewicht als Kleinkrafträder der Klasse A aufwiesen, einführe. Diese letztgenannten Fahrzeuge fielen nämlich unter die Ausnahmeregelung hinsichtlich der Versicherungspflicht, während Kleinkrafträder der Klasse A der Versicherungspflicht ausdrücklich unterworfen würden.
B.3.2. Der Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung schließt nicht aus, dass ein Behandlungsunterschied zwischen Kategorien von Personen eingeführt wird, soweit dieser Unterschied auf einem objektiven Kriterium beruht und in angemessener Weise gerechtfertigt ist.
Das Vorliegen einer solchen Rechtfertigung ist im Hinblick auf Zweck und Folgen der beanstandeten Maßnahme sowie auf die Art der einschlägigen Grundsätze zu beurteilen; es wird gegen den Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung verstoßen, wenn feststeht, dass die eingesetzten Mittel in keinem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen.
B.3.3. Der Gesetzgeber wollte mit der in Frage stehenden Bestimmung die Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge trotzdem als schwache Verkehrsteilnehmer im Sinne von Artikel 29bis einstufen und sie von der Versicherungspflicht für Kraftfahrzeuge befreien. Wie sich aus den in B.2.7 erwähnten Vorarbeiten ergibt, wollte der Gesetzgeber Kleinkrafträder der Klasse A dennoch ausdrücklich der Versicherungspflicht unterwerfen, und zwar trotz des Umstands, dass deren Höchstgeschwindigkeit 25 km/h nicht überschreitet, weil das Gewicht solcher Kleinkrafträder in Verbindung mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bestimmte Risiken beinhaltet. Daneben beruft sich der Gesetzgeber auf den vom Gerichtshof erlassenen Entscheid Nr. 23/2002 vom 26. März 2002. In diesem Entscheid hat der Gerichtshof entschieden, dass der Gesetzgeber vernünftigerweise zu dem Schluss gelangen durfte, dass Fahrer von Kleinkrafträdern der Klasse A zu den nicht-schwachen Verkehrsteilnehmern gehören, weil sie ein Kraftfahrzeug lenken, dessen Inverkehrbringen schon als solches eine Gefahr für die anderen Benutzer öffentlicher Wege darstellt.
Obwohl die Definition für ein Kleinkraftrad der Klasse A, wie in B.2.6 erwähnt, an sich nicht auf das Gewicht des Fahrzeugs Bezug nimmt, sondern nur auf die Leistung und die Geschwindigkeit, ist es nicht unvernünftig, zu dem Schluss zu gelangen, dass der Fahrer eines Fahrzeugs, das unter diese Definition fällt, zu den nicht-schwachen Verkehrsteilnehmern gehört, weil das Inverkehrbringen des betreffenden Fahrzeugs als solches eine Gefahr für die anderen Benutzer öffentlicher Wege darstellt. Folglich ist es nicht sachlich ungerechtfertigt, Kleinkrafträder der Klasse A, deren Gewicht in Verbindung mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in der Regel eine höhere kinetische Energie zur Folge hat, der Versicherungspflicht zu unterwerfen.
B.3.4. Angesichts des in B.3.3 erwähnten Ziels ist es hingegen nicht sachlich gerechtfertigt, dass für alle anderen Fahrzeuge, die nicht unter die Definition für ein Kleinkraftrad der Klasse A fallen, eine Befreiung von der Versicherungspflicht unabhängig von ihrem Gewicht und ausschließlich auf Grundlage ihrer autonomen Höchstgeschwindigkeit gilt. Aus der nicht abschließenden Aufzählung der Fahrzeuge in den Vorarbeiten ergibt sich, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass alle anderen Fahrzeuge, die eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h haben, notwendigerweise ein geringeres Gewicht als Kleinkrafträder der Klasse A aufweisen. Andererseits geht der Gesetzgeber davon aus, dass bei den Fahrzeugen, die trotzdem ein höheres Gewicht aufweisen und die folglich einen motorisierten Antrieb erforderlich machen, damit die Bedienung einfach ist, die autonome Geschwindigkeit beträchtlich unterhalb von 25 km/h liegen wird, was auch ihren Ausschluss rechtfertigten würde.
Im Gegensatz zu dem, was diese Aufzählung vermuten lässt, enthält die in Frage stehende Bestimmung selbst jedoch nur ein Erfordernis in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit und wird das Gewicht des betreffenden Fahrzeugs im Rahmen der Befreiung nicht berücksichtigt.
Die notwendige Flexibilität, um die schnelle Entwicklung dieser neuen Art von Fahrzeugen berücksichtigen zu können, rechtfertigt es auch nicht, dass diese Fahrzeuge nur auf Grundlage der autonomen Höchstgeschwindigkeit und des Umstands, dass sie nicht als Kleinkrafträder der Klasse A angesehen werden, von der Versicherungspflicht befreit werden. Diese schnelle Entwicklung erschwert es nämlich ebenso, etwa das Gewicht und ganz allgemein das Verkehrsrisiko solcher neuen Fahrzeuge vorherzusagen.
B.4.1. Artikel 2bis Absatz 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes, eingeführt durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019, verstößt gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, sofern er bestimmt, dass die in Artikel 1 Absatz 1 erwähnten Kraftfahrzeuge, die auf Grundlage der maschinellen Kraft 25 km/h nicht überschreiten, von der in Artikel 2 § 1 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes erwähnten Versicherungspflicht ausgenommen sind, ohne das Gewicht dieser Kraftfahrzeuge zu berücksichtigen.
Die Vorabentscheidungsfrage ist bejahend zu beantworten.
B.4.2. Die Prüfung der fraglichen Bestimmungen anhand der anderen in der Vorabentscheidungsfrage angeführten Bestimmungen kann nicht zu einer umfassenderen Feststellung der Verfassungswidrigkeit führen.
B.4.3. Da die Prüfung der ersten Vorabentscheidungsfrage zur Feststellung eines Verstoßes gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung geführt hat, besteht kein Anlass, die andere Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Nr. 7264 zu prüfen, da eine solche Prüfung nicht zu einer umfassenderen Feststellung der Verfassungswidrigkeit führen würde.
Aus diesen Gründen:
Der Gerichtshof
erkennt für Recht:
Artikel 2bis Absatz 1 des Gesetzes vom 21. November 1989 « über die Haftpflichtversicherung in Bezug auf Kraftfahrzeuge », eingefügt durch Artikel 43 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 « zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich Wirtschaft », verstößt gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, sofern er bestimmt, dass die in Artikel 1 Absatz 1 erwähnten Kraftfahrzeuge, die auf Grundlage der maschinellen Kraft 25 km/h nicht überschreiten, von der Versicherungspflicht im Sinne von Artikel 2 § 1 des vorerwähnten Gesetzes vom 21. November 1989 ausgenommen sind, ohne das Gewicht dieser Kraftfahrzeuge zu berücksichtigen.
Erlassen in niederländischer und französischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, 28. Januar 2021.
Der Kanzler,
(gez.) P.-Y. Dutilleux
Der Präsident,
(gez.) L. Lavrysen