Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 16 Juni 2016 (België). RG 93/2016

Date :
16-06-2016
Language :
German French Dutch
Size :
5 pages
Section :
Case law
Source :
Justel D-20160616-3
Role number :
93/2016

Summary :

Der Gerichtshof erkennt für Recht: Die Wortfolge « und nicht im Besitz der erforderlichen Summe zur Deckung der Kosten der Gerichtsvollzieherurkunde ist » in Artikel 2 des königlichen Erlasses Nr. 236 vom 20. Januar 1936 « zur Vereinfachung bestimmter Formen des Strafverfahrens in Bezug auf Inhaftierte », vor seiner Aufhebung durch Artikel 124 Nr. 1 des Gesetzes vom 5. Februar 2016 zur Abänderung des Strafrechts und des Strafprozessrechts und zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich der Justiz, verstößt gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit den Artikeln 6 und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Arrêt :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und E. De Groot, und den Richtern L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Moerman, E. Derycke und F. Daoût, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfrage und Verfahren

In seinem Entscheid vom 24. November 2014 in Sachen Khalid Oussaih, dessen Ausfertigung am 12. Dezember 2014 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat der Kassationshof folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:

« Verstößt Artikel 2 des königlichen Erlasses Nr. 236 vom 20. Januar 1936 zur Vereinfachung bestimmter Formen des Strafverfahrens in Bezug auf Inhaftierte, bestätigt durch das Gesetz vom 4. Mai 1936, gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit den Artikeln 6 und 13 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, insofern ein Angeklagter, der im Versäumniswege verurteilt wird und in einer Strafanstalt inhaftiert ist, Einspruch gegen die strafrechtlichen Verurteilungen, die von den Appellationshöfen, den Korrektionalgerichten und den Polizeigerichten verhängt worden sind, mittels einer bei dem Attaché-Gefängnisdirektor oder dem Berater-Gefängnisdirektor der Strafanstalt beziehungsweise seinem Beauftragten abgegebenen Erklärung nur unter der Bedingung erheben kann, dass nicht im Besitz des zur Deckung der Kosten der Gerichtsvollzieherurkunde notwendigen Betrags ist, während kraft Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Juli 1893 über die Berufungs- oder Kassationserklärungen von inhaftierten oder internierten Personen die Berufungs- oder Kassationserklärungen in Strafsachen in den Strafanstalten von den dort inhaftierten oder internierten Personen ohne Einschränkung bei den Direktoren dieser Anstalten oder bei ihren Beauftragten abgegeben werden können? ».

III. Rechtliche Würdigung

(...)

B.1.1. Artikel 2 des königlichen Erlasses Nr. 236 vom 20. Januar 1936 « zur Vereinfachung bestimmter Formen des Strafverfahrens in Bezug auf Inhaftierte » (bestätigt durch Artikel 1 Nr. 84 des Gesetzes vom 4. Mai 1936 « zur Bestätigung bestimmter königlicher Erlasse, ergangen in Ausführung des Gesetzes vom 31. Juli 1934, so wie verlängert und ergänzt durch die Gesetze vom 7. Dezember 1934, 15. und 30. März 1935 ») bestimmte vor seiner Abänderung durch Artikel 7 des Gesetzes vom 19. Dezember 2014 « zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich der Justiz »:

« Wenn der Einspruchskläger inhaftiert ist und nicht im Besitz der erforderlichen Summe zur Deckung der Kosten der Gerichtsvollzieherurkunde ist, kann der Einspruch gegen strafrechtliche Verurteilungen durch Appellationshöfe, Korrektionalgerichte und Polizeigerichte durch eine Erklärung an den Direktor der Strafanstalt oder dessen Beauftragten erfolgen.

Von dieser Erklärung wird ein Protokoll in einem dazu bestimmten Register erstellt. In diesem Protokoll wird der Umstand vermerkt, dass der Einspruchskläger nicht im Besitz der erforderlichen Summe zur Deckung der Kosten der Gerichtsvollzieherurkunde ist.

Der Direktor benachrichtigt unverzüglich den Beamten der Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsprechungsorgan, das die angefochtene Entscheidung getroffen hat, über die Erklärung und übermittelt ihm innerhalb von vierundzwanzig Stunden eine Ausfertigung des Protokolls. Die Mitteilung und die Ausfertigung werden der Akte hinzugefügt.

Die Einspruchserklärung hat von Rechts wegen die Ladung zur ersten Sitzung nach Ablauf der Fristen zur Folge und gilt als nichtig, wenn der Einspruchskläger dort nicht erscheint.

Unmittelbar nach Eingang der Mitteilung des Direktors lädt der Beamte der Staatsanwaltschaft den Einspruchskläger zu dieser Sitzung in den in Artikel 1 beschriebenen Form ».

B.1.2. Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Juli 1893 « über die Berufungserklärungen von inhaftierten oder internierten Personen » bestimmte vor seiner Abänderung durch Artikel 46 des Gesetzes vom 14. Februar 2014 « über das Verfahren vor dem Kassationshof in Strafsachen »:

« In Zentralgefängnissen, Sicherungsanstalten, Untersuchungshaftanstalten und in per Gesetz vom 9. April 1930 über den Schutz der Gesellschaft vorgesehenen Einrichtungen, in Arbeitshäusern, Zufluchtsheimen und staatlichen Wohlfahrtseinrichtungen geben die dort inhaftierten oder internierten Personen die Berufungs- oder Kassationserklärungen in Strafsachen bei den Leitern dieser Einrichtungen oder bei ihren Beauftragten ab. Diese Erklärungen haben dieselben Wirkungen wie die bei der Kanzlei eingegangenen oder vom Greffier entgegengenommenen Erklärungen.

Darüber wird in einem eigens dazu bestimmten Register Protokoll erstellt.

Die Leiter setzen den Greffier des Gerichts oder des Gerichtshofes, die die angefochtene Entscheidung erlassen haben, unverzüglich hiervon in Kenntnis und übermitteln ihm binnen vierundzwanzig Stunden eine Ausfertigung des Protokolls ».

B.2. Aus der Begründung der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Gerichtshof gebeten wird, über die Vereinbarkeit von Artikel 2 Absatz 1 des königlichen Erlasses vom 20. Januar 1936 mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung, gegebenenfalls in Verbindung mit den Artikeln 6 und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention, zu befinden, insofern durch die Wörter « und nicht im Besitz der erforderlichen Summe zur Deckung der Kosten der Gerichtsvollzieherurkunde ist » ein Behandlungsunterschied eingeführt werde zwischen zwei Kategorien von in einem Gefängnis inhaftierten Personen, die eine auf eine öffentliche Klage hin ergangene Entscheidung zur Verurteilung anfechten möchten und im Besitz der erforderlichen Summe zur Deckung der Kosten für die Zustellung einer Einspruchsurkunde seien: einerseits diejenigen, die Berufung gegen ein Urteil einlegen oder Kassationsbeschwerde gegen ein Urteil oder einen Entscheid einreichen möchten, und andererseits diejenigen, die Einspruch gegen ein Urteil des Korrektionalgerichts einlegen möchten, mit dem sie im Versäumniswege in Korrektionalsachen verurteilt worden seien.

Nur die Ersteren könnten, in Anwendung von Artikel 1 Absatz 1 des Gesetzes vom 25. Juli 1893, ihre Beschwerde rechtsgültig durch eine Erklärung an den Direktor des Gefängnisses oder dessen Beauftragten einreichen.

B.3. Der Behandlungsunterschied zwischen bestimmten Kategorien von Personen, der sich aus der Anwendung von unterschiedlicher Verfahrensregeln unter unterschiedlichen Umständen ergibt, ist an sich nicht diskriminierend. Es könnte nur eine Diskriminierung vorliegen, wenn der Behandlungsunterschied, der sich aus der Anwendung dieser Verfahrensregeln ergibt, zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung der Rechte der betroffenen Personen führen würde.

B.4.1. Um Berufung gegen ein Urteil des Korrektionalgerichts einzulegen, muss ein strafrechtlich Verurteilter grundsätzlich eine « Berufungserklärung bei der Kanzlei des Gerichts, das das Urteil erlassen hat » einreichen (Artikel 203 § 1 des Strafprozessgesetzbuches).

Diese Person kann diese Erklärung persönlich oder durch einen Rechtsanwalt abgeben (Artikel 203bis des Strafprozessgesetzbuches).

B.4.2. Zum Zeitpunkt der Verkündung der Vorlageentscheidung musste die Kassationsbeschwerde, die durch die strafrechtlich verurteilte Person gegen ein Urteil eines Korrektionalgerichts oder gegen einen Entscheid eines Appellationshofes eingereicht wurde, grundsätzlich in Form einer « Kassationserklärung » erfolgen, die « von der verurteilten Partei bei der Kanzlei abgegeben und von ihr und dem Greffier unterzeichnet » wurde (Artikel 417 Absatz 1 des Strafprozessgesetzbuches vor seiner Ersetzung durch Artikel 17 des Gesetzes vom 14. Februar 2014).

Diese Erklärung, die auch von einem Rechtsanwalt ausgehen konnte, musste bei der Kanzlei des Rechtsprechungsorgans erfolgen, das die angefochtene Entscheidung getroffen hatte (Kass., 13. Juni 1990, Pas., 1990, Nr. 592; Kass., 17. September 1997, Pas., 1997, Nr. 356; Kass., 31. Januar 2001, Pas., 2001, Nr. 61; Kass., 31. Oktober 2001, Pas., 2001, Nr. 590).

B.4.3. Die Erteilung der Befugnis, die Berufungserklärung oder die Kassationserklärung in Strafsachen entgegenzunehmen, die ein Inhaftierter einreicht, durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Juli 1893 an den Gefängnisdirektor oder dessen Beauftragten, diente dazu, diese Erklärungen zu erleichtern, um die Nachteile zu beheben, die sich aus dem Umstand ergaben, dass diese Erklärungen « den Transport entweder des zuständigen Greffiers zur Haftanstalt oder des Inhaftierten zur Kanzlei » erforderten (Parl. Dok., Kammer, 1892-1893, Nr. 89, Anlage; Parl. Dok., Senat, 1892-1893, Nr. 112, S. 1).

Diese Fahrten störten den « Dienstablauf » und beinhalteten für die Betroffenen die Gefahr von Verspätungen, Verzögerungen oder Schwierigkeiten, die ihre Rechte gefährden oder ihnen ernsthafte Nachteile zufügen konnten (Parl. Dok., Kammer, 1892-1893, Nr. 89, Anlage; ebenda, Nr. 109, S. 1; Parl. Dok., Senat, 1892-1893, Nr. 112, S. 1).

B.5.1. Zum Zeitpunkt der Verkündung der Vorlageentscheidung musste ein strafrechtlich Verurteilter, um rechtsgültig Einspruch gegen ein Urteil eines Korrektionalgerichts einlegen zu können, ihn grundsätzlich « der Staatsanwaltschaft, der verfolgenden Partei oder den anderen Parteien des Rechtsstreits » zustellen lassen (Artikel 187 Absatz 4 des Strafprozessgesetzbuches vor seiner Ersetzung durch Artikel 83 des Gesetzes vom 5. Februar 2016).

B.5.2. Im Bericht an den König vor dem königlichen Erlass Nr. 236 vom 20. Januar 1936 wurde Artikel 2 dieses Erlasses wie folgt begründet, insofern er den Einspruch gegen ein Urteil des Korrektionalgerichts, das auf eine öffentliche Klage in Korrektionalsachen hin verkündet wurde, betraf:

« Es kommt vor, dass ein Inhaftierter, der festgenommen wurde, nachdem er von [...] einem Korrektionalgericht [...] im Versäumniswege verurteilt worden war, Schwierigkeiten hat, Einspruch einzulegen.

Im Gesetz ist keine andere Form von Einspruch als die Zustellung einer Gerichtsvollzieherurkunde an die Staatsanwaltschaft und an die Verfahrensparteien vorgesehen. [...]

Ein Inhaftierter, der Einspruch gegen die Verurteilung einlegen möchte, muss sich also der Unterstützung durch einen Gerichtsvollzieher vergewissern und die Kosten der Zustellungsurkunde decken oder [...] den Vorteil der Gerichtskostenhilfe oder des kostenlosen Verfahrens erhalten.

Der Umstand, dass er seiner Freiheit beraubt ist, kann ihn daran hindern, dies zu erreichen vor dem Ablauf der ihm erteilten kurzen Fristen, und die Strafvollzugsverwaltung war bisweilen, um die Ausübung des Einspruchsrechts nicht zu verhindern, veranlasst, Inhaftierten die Kosten des Einspruchs vorzustrecken.

Durch Artikel 2 des Erlasses soll dieser Situation ein Ende bereit werden. Er ist angelehnt an das Gesetz vom 25. Juli 1893, durch das die Berufung und die Kassationsbeschwerde durch eine Erklärung an den Gefängnisdirektor geregelt wird; er ermöglicht den Einspruch durch eine Erklärung an diesen Beamten, wenn der Einspruchskläger sich in Haft befindet und nicht die erforderliche Summe zur Deckung der Kosten der Gerichtsvollzieherurkunde besitzt.

Der Umstand, dass der Inhaftierte bei der Kanzlei des Gefängnisses nicht über die Summe verfügt, die es ihm ermöglicht, eine Gerichtsvollzieherurkunde für den Einspruch zustellen zu lassen, wird gewissermaßen als Vermutung der Bedürftigkeit betrachtet.

Dies ist eine Möglichkeit, die den Inhaftierten durch den Erlass geboten wird; sie können auf eine Gerichtsvollzieherurkunde zurückgreifen, wenn sie es als sachdienlich erachten und die Mittel dafür haben oder wenn sie den Vorteil der Gerichtskostenhilfe erhalten.

Die neue Form des Einspruchs durch Erklärung an den Direktor der Strafanstalt wird nur für strafrechtliche Verurteilungen, die durch [...], die Korrektionalgerichte [...] verkündet wurden, zugelassen; die Erklärung an den Direktor ersetzt die Gerichtsvollzieherurkunde, die der Staatsanwaltschaft zugestellt wird [...].

[...]

Durch den Erlass wird bei gleichzeitiger Einhaltung der Grundsätze des Strafprozessgesetzbuches und des Gesetzes vom 9. März 1908 eine neue Weise des Einspruchs geregelt, die uneingeschränkt die Ausübung des Rechts auf Einspruch durch bedürftige Inhaftierte gewährleistet, ohne ihnen irgendeine Garantie zu entziehen ».

B.6.1. Artikel 13 der Verfassung beinhaltet ein Recht auf Zugang zum zuständigen Richter. Dieses Recht wird ebenfalls durch Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention und durch einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gewährleistet.

Artikel 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet jeder Person, deren in dieser Konvention festgelegte Rechte und Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen.

B.6.2. Gemäß Artikel 185 des Strafprozessgesetzbuches muss der Angeklagte persönlich oder durch einen Rechtsanwalt erscheinen. Wenn ein Angeklagter im Versäumniswege verurteilt wird, besitzt er das Recht auf eine neue faktische und rechtliche Beurteilung und das Recht, angehört zu werden, außer wenn er auf sein Recht, zu erscheinen und sich zu verteidigen, verzichtet hat, oder wenn er die Absicht hat, sich der Justiz zu entziehen (EuGHMR, 24. Mai 2007, Da Luz Domingues Ferreira gegen Belgien, § 54; 1. März 2011, Faniel gegen Belgien, § 26).

Das Recht, Einspruch gegen ein Versäumnisurteil einzulegen, kann zwar mit Verfahrenserfordernissen hinsichtlich der Anwendung von Rechtsmitteln einhergehen, doch diese Erfordernisse dürfen den Angeklagten nicht daran hindern, von den verfügbaren Rechtsmitteln Gebrauch zu machen (EuGHMR, 28. Oktober 1998, Pérez de Rada Cavanilles gegen Spanien, §§ 44-45; 24. Mai 2007, Da Luz Domingues Ferreira gegen Belgien, § 57; 1. März 2011, Faniel gegen Belgien, § 26).

Das Recht auf Zugang zum Richter kann ebenfalls durch das Bestehen von Zulässigkeitsbedingungen beeinträchtigt werden, die nicht ausreichend kohärent und deutlich sind (EuGHMR, 15. Dezember 2015, Raihani gegen Belgien, § 34). Darüber hinaus sind die Erfordernisse des « fairen Verfahrens » in Strafsachen strikter (EuGHMR, 26. Juni 2012, Ghirea gegen Moldawien, § 34).

B.6.3. Das Recht auf Zugang zu einem Richter, das einem jeden unter Einhaltung der Artikel 10 und 11 der Verfassung garantiert werden muss, kann Gegenstand von Einschränkungen, darunter solche finanzieller Art, sein, sofern diese Einschränkungen nicht das Recht auf Zugang zu einem Richter substanziell beeinträchtigen.

Das Recht auf Zugang zum Richter muss jedoch auf nichtdiskriminierende Weise gewährleistet werden (siehe Entscheid Nr. 74/2014 vom 8. Mai 2014, B.12.2).

B.6.4. Indem er die Möglichkeit, das verfügbare Rechtsmittel durch eine Erklärung an den Direktor des Gefängnisses oder an dessen Beauftragten auszuüben, den Inhaftierten vorbehalten hat, die Berufung gegen ein Urteil einlegen oder Kassationsbeschwerde gegen ein Urteil oder einen Entscheid einreichen möchten, und indem er diese Möglichkeit ausgeschlossen hat für Inhaftierte, die Einspruch gegen ein Urteil des Korrektionalgerichts, wodurch sie im Versäumniswege in Korrektionalsachen verurteilt wurden, einlegen möchten, hat der Gesetzgeber ohne vernünftige Rechtfertigung das Recht auf gleichen Zugang zum Richter verletzt.

B.7. Durch Artikel 124 Nr. 1 des Gesetzes vom 5. Februar 2016 « zur Abänderung des Strafrechts und des Strafprozessrechts und zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich der Justiz » werden in Artikel 2 des königlichen Erlasses vom 20. Januar 1936 die Wörter « und nicht im Besitz der erforderlichen Summe zur Deckung der Kosten der Gerichtsvollzieherurkunde ist » aufgehoben.

Der Zweck dieser Aufhebung besteht darin, dass das Recht, Einspruch durch eine einfache Erklärung einzulegen, « nicht mehr von einer Bedingung hinsichtlich der Mittel des Inhaftierten abhängt » (Parl. Dok., Kammer, 2015-2016, DOC 54-1418/001, S. 118).

Es wird davon ausgegangen, dass die vorerwähnte Bedingung « in Bezug auf die Mittel, über die die Inhaftierten verfügen » nicht mehr « zu rechtfertigen » ist, und sie wird als eine « Quelle für Komplikationen und Ungerechtigkeiten, ohne irgendeinen praktischen Nutzen » betrachtet (Parl. Dok., Kammer, 2015-2016, DOC 54-1418/005, S. 22).

B.8. Die Vorabentscheidungsfrage ist bejahend zu beantworten.

Aus diesen Gründen:

Der Gerichtshof

erkennt für Recht:

Die Wortfolge « und nicht im Besitz der erforderlichen Summe zur Deckung der Kosten der Gerichtsvollzieherurkunde ist » in Artikel 2 des königlichen Erlasses Nr. 236 vom 20. Januar 1936 « zur Vereinfachung bestimmter Formen des Strafverfahrens in Bezug auf Inhaftierte », vor seiner Aufhebung durch Artikel 124 Nr. 1 des Gesetzes vom 5. Februar 2016 zur Abänderung des Strafrechts und des Strafprozessrechts und zur Festlegung verschiedener Bestimmungen im Bereich der Justiz, verstößt gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung in Verbindung mit den Artikeln 6 und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Erlassen in französischer und niederländischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 16. Juni 2016.

Der Kanzler,

(gez.) F. Meersschaut

Der Präsident,

(gez.) J. Spreutels