Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 19 September 2014 (België). RG 123/2014

Date :
19-09-2014
Language :
German French Dutch
Size :
5 pages
Section :
Case law
Source :
Justel D-20140919-2
Role number :
123/2014

Summary :

Der Gerichtshof erkennt für Recht: Artikel 62 Absatz 8 der durch den königlichen Erlass vom 16. März 1968 koordinierten Gesetze über die Straßenverkehrspolizei verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung.

Arrêt :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und A. Alen, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Moerman, E. Derycke und F. Daoût, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfrage und Verfahren

In seinem Urteil vom 1. August 2013 in Sachen der Staatsanwaltschaft gegen Pierre Herbiet, dessen Ausfertigung am 2. August 2013 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Polizeigericht Dinant folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:

« Verstößt Artikel 62 Absatz 8 des Gesetzes über die Straßenverkehrspolizei dadurch, dass er bestimmt, dass die Abschrift der Protokolle den 'Zuwiderhandelnden' und nicht den 'Zuwiderhandelnden und/oder den Inhabern des Nummernschildes' binnen einer Frist von vierzehn Tagen zuzusenden ist, gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, wenn er dahingehend ausgelegt wird, das nur die Protokolle, von denen eine Abschrift dem Zuwiderhandelnden, und zwar einer natürlichen Person, die Inhaberin des Nummernschildes ist (und dadurch die vermutliche 'Zuwiderhandelnde', weil aufgrund von Artikel 67bis des Gesetzes vom 16. März 1968 davon ausgegangen wird, dass sie den Verstoß begangen hat), oder jeder anderen Person, bei der sich herausstellen würde, dass sie die 'Zuwiderhandelnde' ist, innerhalb einer Frist von vierzehn Tagen ab dem Datum der Feststellung des Verstoßes zugesandt wurde, die besondere Beweiskraft im Sinne von Artikel 62 Absatz 2 desselben Gesetzes besitzen, während die Protokolle, von denen eine Abschrift einer juristischen Person, die Inhaberin des Nummernschildes ist, der gegenüber keine Schuldvermutung vorliegt, zugesandt wurde, nicht diese besondere Beweiskraft besitzen würden? ».

(...)

III. Rechtliche Würdigung

(...)

B.1.1. Der Gerichtshof wird gebeten, sich zur Vereinbarkeit von Artikel 62 Absatz 8 der durch den königlichen Erlass vom 16. März 1968 koordinierten Gesetze über die Straßenverkehrspolizei mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung zu äußern.

B.1.2. Artikel 62 der vorerwähnten Gesetze bestimmt:

« Bedienstete der Behörde, die vom König mit der Überwachung der Anwendung des vorliegenden Gesetzes und der zu seiner Ausführung ergangenen Erlasse beauftragt werden, stellen die Verstöße durch Protokolle fest, die Beweiskraft haben bis zum Beweis des Gegenteils.

Feststellungen, die auf materiellen Beweisen beruhen, die durch in Anwesenheit eines befugten Bediensteten automatisch betriebene Geräte beigebracht werden, haben Beweiskraft bis zum Beweis des Gegenteils, wenn es sich um Verstöße gegen das vorliegende Gesetz und die zu seiner Ausführung ergangenen Erlasse handelt.

Feststellungen, die auf materiellen Beweisen beruhen, die durch in Abwesenheit eines befugten Bediensteten automatisch betriebene Geräte beigebracht werden, haben Beweiskraft bis zum Beweis des Gegenteils, wenn es sich um Verstöße gegen das vorliegende Gesetz und die zu seiner Ausführung ergangenen Erlasse handelt und diese Verstöße in einem im Ministerrat beratenen Königlichen Erlass erwähnt sind. Ist ein Verstoß durch in Abwesenheit eines befugten Bediensteten automatisch betriebene Geräte festgestellt worden, wird dies im Protokoll vermerkt.

Automatisch betriebene Geräte, die für die Überwachung der Anwendung des vorliegenden Gesetzes und der zu seiner Ausführung ergangenen Erlasse gebraucht werden, müssen zugelassen oder homologiert werden auf Kosten der Hersteller, Importeure oder Verteiler, die die Zulassung oder Homologierung beantragen, und zwar gemäß den Bestimmungen, die festgelegt werden durch einen im Ministerrat beratenen Königlichen Erlass, in dem auch besondere Modalitäten für den Gebrauch dieser Geräte festgelegt werden können.

Der König kann nach Stellungnahme des Ausschusses für den Schutz des Privatlebens die besonderen Modalitäten für Verwendung, Konsultierung und Aufbewahrung der Daten, die von diesen Geräten geliefert werden, festlegen. Hat der Ausschuss binnen der ihm gesetzlich vorgeschriebenen Frist keine Stellungnahme abgegeben, wird davon ausgegangen, dass er sein Einverständnis gegeben hat.

Unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 29 [des Strafprozessgesetzbuches] dürfen die Geräte und die Auskünfte, die sie liefern, lediglich zu gerichtlichen Zwecken im Rahmen der Ahndung der auf öffentlicher Straße begangenen Verstöße gegen das vorliegende Gesetz und die zu seiner Ausführung ergangenen Erlasse und zur Regelung des Straßenverkehrs benutzt werden.

Sind die Geräte dazu bestimmt, als feste Ausrüstung auf öffentlichen Straßen in Abwesenheit eines befugten Bediensteten benutzt zu werden, werden das Anbringen und die Gebrauchsumstände anlässlich von Konzertierungen bestimmt, die die zuständigen gerichtlichen, polizeilichen und Verwaltungsbehörden - unter ihnen die Straßenverwaltung - organisieren. Der König bestimmt die besonderen Modalitäten für diese Konzertierung. Das Anbringen fester Ausrüstungen auf öffentlichen Straßen von Geräten, die in Abwesenheit eines befugten Bediensteten automatisch betrieben werden, geschieht mit Zustimmung der Straßenverwaltung.

Eine Abschrift dieser Protokolle wird den Zuwiderhandelnden binnen einer Frist von vierzehn Tagen ab dem Datum der Feststellung der Straftaten zugesandt.

[...] ».

B.2. Der vorlegende Richter befragt den Gerichtshof zur Vereinbarkeit des fraglichen Artikels 62 Absatz 8 mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung, insofern er eine Diskriminierung einführe zwischen Zuwiderhandelnden, die als natürliche Person Inhaber eines Nummernschildes seien, und Zuwiderhandelnden, die ein Fahrzeug führten, das auf den Namen einer juristischen Person zugelassen sei. Nur die Protokolle, deren Abschrift der ersteren Kategorie oder gleich welcher Person, bei der sich herausstelle, dass sie die Zuwiderhandelnde sei, binnen einer Frist von vierzehn Tagen ab dem Datum der Feststellung des Verstoßes zugesandt worden sei, wiesen die besondere Beweiskraft im Sinne von Absatz 2 derselben Bestimmung auf, während eine solche Wirkung nicht den Protokollen verliehen werde, deren Abschrift der letzteren Kategorie zugesandt werde.

B.3. Wie der Ministerrat hervorhebt, ist der vorerwähnte Artikel 62 im Lichte der Artikel 67bis und 67ter derselben koordinierten Gesetze zu betrachten, die bestimmen:

« Art. 67bis. Wird ein Verstoß gegen das vorliegende Gesetz und seine Ausführungserlasse mit einem auf den Namen einer natürlichen Person zugelassenen Motorfahrzeug begangen und der Führer bei der Feststellung des Verstoßes nicht identifiziert, wird davon ausgegangen, dass dieser Verstoß vom Inhaber des Nummernschilds des Fahrzeugs begangen worden ist. Die Schuldvermutung kann auf dem Rechtsweg widerlegt werden.

Art. 67ter. Wird ein Verstoß gegen das vorliegende Gesetz und seine Ausführungserlasse mit einem auf den Namen einer juristischen Person eingetragenen Motorfahrzeug begangen, sind die natürlichen Personen, die die juristische Person rechtlich vertreten, verpflichtet, die Identität des Führers zum Zeitpunkt der Tat oder, wenn sie diese nicht kennen, die Identität der für das Fahrzeug verantwortlichen Person mitzuteilen.

Diese Mitteilung muss binnen einer Frist von fünfzehn Tagen nach Zusendung der Anfrage um Auskunft, die der Abschrift des Protokolls beigefügt ist, erfolgen.

War die für das Fahrzeug verantwortliche Person zum Zeitpunkt der Tat nicht Führer, ist sie ebenfalls verpflichtet, nach den oben festgelegten Modalitäten, die Identität des Führers mitzuteilen.

Natürliche Personen, die eine juristische Person als Inhaber des Nummernschildes oder als Halter eines Fahrzeugs rechtlich vertreten, sind verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen im Hinblick auf die Erfüllung dieser Pflicht zu treffen ».

B.4.1. Nach Auffassung des Ministerrates sei die gestellte Frage offensichtlich nicht zweckdienlich zur Lösung der dem vorlegenden Richter unterbreiteten Streitsache. Die natürliche Person, die die Geschwindigkeitsübertretung begangen habe, habe den Sachverhalt nämlich anerkannt, so dass sie sich nicht auf das Fehlen der Beweiskraft des ihr zugesandten Protokolls berufen könne, um einen Freispruch zu erreichen.

B.4.2. Es obliegt grundsätzlich dem Richter, der eine Vorabentscheidungsfrage stellt, zu beurteilen, ob die Beantwortung dieser Frage zweckdienlich ist zur Lösung der Streitsache, über die er befinden muss. Nur wenn dies offensichtlich nicht der Fall ist, kann der Gerichtshof beschließen, dass die Frage keiner Antwort bedarf.

B.4.3. Da der Verstoß mit einem Fahrzeug begangen wurde, dessen Fahrer, der schneller gefahren sei als die zulässige Höchstgeschwindigkeit, die Beweiskraft der mit Hilfe eines automatischen Radars vorgenommenen Feststellungen anficht, kann angenommen werden, dass ein Vergleich der Situation der zuwiderhandelnden natürlichen Personen, die Inhaber eines Nummernschildes sind und die ein Protokoll mit besonderer Beweiskraft erhalten haben, mit derjenigen der Zuwiderhandelnden, die einen Verstoß mit einem Fahrzeug begangen haben, dessen Nummernschild im Besitz einer juristischen Person ist und denen ein Protokoll übermittelt wurde, das nicht eine solche Beweiskraft aufweist, zur Lösung der Streitsache zweckdienlich ist.

In Anbetracht der vor dem Gerichtshof angeführten Elemente kann aufgrund des Umstands, dass das Nummernschild, dessen Inhaber der Fahrer ist, zum Zeitpunkt der mit Hilfe eines automatischen Radars vorgenommenen Feststellung nicht an dem Fahrzeug angebracht war, dessen Eigentümer er ist und auf das sich die Zulassung bezieht, sondern an dem von ihm gelenkten Ersatzfahrzeug, nicht geurteilt werden, dass die Frage zur Lösung der Streitsache, mit der der vorlegende Richter befasst ist, offensichtlich nicht zweckdienlich ist.

B.4.4. Die Einrede wird abgewiesen.

B.5. In seinem Entscheid Nr. 178/2013 vom 19. Dezember 2013 hat der Gerichtshof erkannt:

« B.5.1. Artikel 62 der Gesetze über die Straßenverkehrspolizei ist entstanden aus Artikel 4 des Gesetzes vom 1. August 1899 zur Revision der Rechtsvorschriften und Verordnungen über die Verkehrspolizei (Belgisches Staatsblatt, 25. August 1899), der bestimmte:

'Beamte und Bedienstete der Behörde, die von der Regierung mit der Überwachung der Anwendung des vorliegenden Gesetzes beauftragt werden, stellen die Verstöße gegen das Gesetz und die Verordnungen durch Protokolle fest, die Beweiskraft haben bis zum Beweis des Gegenteils.

Eine Abschrift dieser Protokolle wird den Zuwiderhandelnden innerhalb von achtundvierzig Stunden nach Feststellung der Straftaten zugesandt.

[...]'.

Absatz 1 dieses Artikels 62 wurde ersetzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 4. August 1996 'über die Zulassung und den Gebrauch im Straßenverkehr von Geräten, die in Anwesenheit oder Abwesenheit eines befugten Bediensteten automatisch betrieben werden' (Belgisches Staatsblatt, 12. September 1996), in seiner heutigen Fassung.

B.5.2. Durch die Annahme des Gesetzes vom 4. August 1996 wollte der Gesetzgeber Maßnahmen zur Bekämpfung der Verkehrsunsicherheit ergreifen. Er wollte somit die Feststellung von Verstößen ohne Anwesenheit von Bediensteten juristisch und technisch ermöglichen im Sinne der Vorbeugung, da die Gefahr, kontrolliert zu werden, die Fahrzeugführer zur Einhaltung der Verkehrsregeln veranlassen würde. Er wollte ebenfalls eine Kontrolltechnik entwickeln, die weniger Personaleinsatz erfordert (Parl. Dok., Kammer, 1995-1996, Nr. 577/1, SS. 1 und 2, und Nr. 577/7, S. 4). Auch mit dem Ziel, eine Zunahme von Anfechtungen in Bezug auf Feststellungen 'im Fluge' zu vermeiden und zu verhindern, dass eine gewisse Anzahl von Tätern schwerer Verstöße jeglicher Sanktion entgehen könnte, hat der Gesetzgeber Artikel 67bis in dieselben koordinierten Gesetze eingefügt und eine 'Schuldvermutung' zu Lasten des Inhabers des Nummernschildes eines Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verstoß begangen wurde, sowie den in Artikel 67ter derselben Gesetze vorgesehenen Mechanismen für juristische Personen, die Inhaber des Nummernschildes sind, eingeführt (Parl. Dok., Kammer, 1995-1996, Nr. 577/2, SS. 9 und 10).

B.6. Die Frist, innerhalb deren die Abschrift der Protokolle den Zuwiderhandelnden zugesandt werden muss, wurde durch Artikel 29 des Gesetzes vom 7. Februar 2003 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen in Sachen Verkehrssicherheit (Belgisches Staatsblatt, 25. Februar 2003) auf vierzehn Tage verlängert, 'wegen der Beteiligung verschiedener Mitwirkender am Verfahren', wobei eine kürzere Frist nur schwer einzuhalten zu sein schien (Parl. Dok., Kammer, 2001-2002, DOC 50-1915/001, S. 16).

B.7. Die durch Artikel 67bis der koordinierten Gesetze über die Straßenverkehrspolizei eingeführte Schuldvermutung weicht von dem Prinzip ab, wonach die Beweislast der verfolgenden Partei obliegt. Diese Abweichung ist jedoch unter Berücksichtigung der in B.5.2 erläuterten Zielsetzung des Gesetzgebers durch die Unmöglichkeit gerechtfertigt, in einer Angelegenheit, in der zahllose und häufig nur flüchtig festzustellende Verstöße vorkommen, die Identität des Täters auf andere Weise und mit Sicherheit festzustellen. Diese Vermutung ist im Übrigen widerlegbar, da der Gegenbeweis mit jedem rechtlichen Mittel erbracht werden kann. In seinem Entscheid Nr. 27/2000 vom 21. März 2000 hat der Gerichtshof erkannt, dass eine solche Vermutung nicht die unter anderem durch Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgedrückte Unschuldsvermutung beeinträchtigt.

B.8. Die besondere gesetzliche Beweiskraft, die durch den fraglichen Artikel 62 den Protokollen verliehen wird, deren Abschrift dem Zuwiderhandelnden innerhalb der darin vorgesehenen Frist zugesandt werden muss, stellt eine Ausnahme zu der allgemeinen Regel dar, dass ein Protokoll als bloße Auskunft gilt, sowie zu der Regel der freien Beweisführung in Strafsachen, wobei der Richter nach seiner eigenen Überzeugung die Beweiskraft eines bestimmten Elementes beurteilt. Diese Protokolle haben also zur Folge, den Angeklagten in eine Situation zu versetzen, die sich von derjenigen unterscheidet, die die Regel im Strafprozessrecht ist.

Eine solche Maßnahme ist gerechtfertigt durch die Schwierigkeit, den Beweis für das Begehen von Verstößen zu erbringen, die - wie der Gerichtshof in B.7 angegeben hat - häufig nur flüchtig festzustellen sind und deren Feststellung durch die Mobilität des Fahrzeugs erschwert wird. Die in Absatz 8 der fraglichen Bestimmung festgelegte Frist von vierzehn Tagen ermöglicht es dem Zuwiderhandelnden, den Gegenbeweis anzutreten, wobei dieser Beweis mit allen gesetzlichen Beweismitteln erbracht werden kann, die der Richter beurteilen wird. Wenn somit der Beweis erbracht wird, dass die natürliche Person, die Inhaber des Nummernschildes ist, nicht der Täter des Verstoßes ist, verliert das Protokoll die Beweiskraft, die ihm durch Artikel 62 Absatz 2 der koordinierten Gesetze verliehen wird, und wird es durch den Richter nur mehr als Auskunft gewertet.

B.9. Die kennzeichnenden Merkmale der juristischen Person verhindern es, eine Schuldvermutung vorzunehmen, so wie sie durch Artikel 67bis der koordinierten Gesetze über die Straßenverkehrspolizei eingeführt wurde. Wegen der Unmöglichkeit, eine direkte Verbindung zwischen dem Fahrzeug, mit dem der Verstoß begangen wurde, wenn dieses Fahrzeug auf den Namen einer juristischen Person zugelassen ist, und dem Täter des Verstoßes herzustellen, hat der Gesetzgeber in Artikel 67ter der koordinierten Gesetze die Verpflichtung vorgesehen, die Identität des Fahrzeugführers zum Zeitpunkt der Tat oder die Identität der für das Fahrzeug verantwortlichen Person unter Androhung einer Sanktion mitzuteilen.

Wie der Gerichtshof in seinem Entscheid Nr. 5/2007 vom 11. Januar 2007 ebenfalls erkannt hat, hat das Fehlen einer gesetzlichen Vermutung der Zurechenbarkeit in Artikel 67ter nicht zur Folge, dass die Zurechnung von Verstößen im Bereich des Straßenverkehrs zu Lasten einer natürlichen Person oder einer juristischen Person unmöglich würde, da diese Zurechnung durch den Richter nach den gemeinrechtlichen Regeln vorgenommen werden muss.

B.10. Da unterschiedliche Regeln der Zurechenbarkeit von Verstößen im Bereich des Straßenverkehrs auf juristische Personen angewandt werden müssen, insofern es unmöglich ist, eine direkte Verbindung zwischen dem Fahrzeug, mit dem der Verstoß begangen wurde, und dessen Täter herzustellen, ist es vernünftig gerechtfertigt, dass das Protokoll, das in Anwendung von Artikel 67ter diesem Täter durch die juristische Person, die Inhaber des Nummernschildes ist, zugesandt wird, in Bezug auf ihn nicht die Beweiskraft hat, die den Protokollen beigemessen wird, die der natürlichen Person zugesandt werden, die Täter des Verstoßes ist, der mit einem Fahrzeug, bei dem sie Inhaber des Nummernschildes ist, begangen wurde.

Im Übrigen befindet sich ein Zuwiderhandelnder, der ein auf den Namen einer juristischen Person zugelassenes Fahrzeug führt und dem ein solches Protokoll zugesandt wird, in einer Situation, die identisch ist mit derjenigen eines Zuwiderhandelnden, der einen Verstoß im Bereich des Straßenverkehrs mit einem Fahrzeug begangen hat, wobei der Inhaber des Nummernschildes eine andere natürliche Person als der Täter des Verstoßes ist. In beiden Fällen gelten die Protokolle, mit denen die begangenen Verstöße festgestellt werden, für sie nämlich als bloße Auskünfte.

B.11. Die Vorabentscheidungsfrage ist verneinend zu beantworten ».

B.6. Der Umstand, dass der Angeklagte im vorliegenden Fall eine natürliche Person ist, die Inhaber des Nummernschildes ist, ist nicht geeignet, zu einer anderen Schlussfolgerung zu führen.

B.7. Die Vorabentscheidungsfrage ist verneinend zu beantworten.

Aus diesen Gründen:

Der Gerichtshof

erkennt für Recht:

Artikel 62 Absatz 8 der durch den königlichen Erlass vom 16. März 1968 koordinierten Gesetze über die Straßenverkehrspolizei verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung.

Erlassen in französischer und niederländischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 19. September 2014.

Der Kanzler,

(gez.) P.-Y. Dutilleux

Der Präsident,

(gez.) J. Spreutels