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Date :
21-05-2004
Language :
German French Dutch
Size :
3 pages
Section :
Legislation
Source :
Numac 2004201343
Author :
Schiedshof

Original text :

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Auszug aus dem Urteil Nr. 38/2004 vom 10. März 2004
Geschäftsverzeichnisnummer 2748
In Sachen : Präjudizielle Frage in bezug auf Artikel 37 des Dekrets der Französischen Gemeinschaft vom 4. März 1991 über die Jugendhilfe, gestellt vom Appellationshof Lüttich.
Der Schiedshof,
zusammengesetzt aus den Vorsitzenden M. Melchior und A. Arts, und den Richtern P. Martens, R. Henneuse, M. Bossuyt, E. De Groot und L. Lavrysen, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Vorsitzenden M. Melchior,
verkündet nach Beratung folgendes Urteil:
I. Gegenstand der präjudiziellen Frage und Verfahren
In seinem Urteil vom 27. Juni 2003 in Sachen C. Warenghien gegen den Direktor der Dienststelle für Gerichtsschutz, dessen Ausfertigung am 1. Juli 2003 in der Kanzlei des Schiedshofes eingegangen ist, hat der Appellationshof Lüttich folgende präjudizielle Frage gestellt:
« Verstösst Artikel 37 des Dekrets [der Französischen Gemeinschaft] vom 4. März 1991 über die Jugendhilfe, indem er bestimmt, dass entweder eine der Personen, die die elterliche Gewalt oder das rechtliche oder faktische Sorgerecht über den Jugendlichen ausüben, oder der Jugendliche selbst, wenn er über vierzehn Jahre alt ist, oder (in den angegebenen Fällen) wenn er jünger als vierzehn Jahre alt ist, einen Streitfall bezüglich der Gewährung, Verweigerung oder Anwendungsmodalitäten einer unterstützenden Einzelmassnahme beim Jugendgericht anhängig machen kann, gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, indem er den anderen Personen, die von der unterstützenden Einzelmassnahme betroffen sind, insbesondere den Grosseltern und mehr im allgemeinen den in Artikel 7 Absatz 2 des Dekrets vom 4. März 1991 erwähnten Vertrauten nicht ermöglicht, die darin vorgesehene Klage einzureichen, und somit einen Behandlungsunterschied einführt zwischen den in diesem Artikel bezeichneten Personen und jenen Personen, die nicht in diesem Artikel bezeichnet worden sind? »
(...)
III. In rechtlicher Beziehung
(...)
B.1. Die präjudizielle Frage bezieht sich auf Artikel 37 des Dekrets der Französischen Gemeinschaft vom 4. März 1991 über die Jugendhilfe in der durch das Dekret vom 5. Mai 1999 abgeänderten Fassung, der besagt:
« Das Jugendgericht befindet über Streitfälle bezüglich der Gewährung, der Verweigerung oder der Anwendungsmodalitäten einer unterstützenden Einzelmassnahme, die unterbreitet werden:
1. von einer der Personen, die die elterliche Gewalt oder das rechtliche oder faktische Sorgerecht über den Jugendlichen ausüben;
2. vom Jugendlichen, der mindestens vierzehn Jahre alt ist;
3. in den Fällen, wo in bezug auf einen Jugendlichen unter vierzehn Jahren die in Nr. 1 genannten Personen darauf verzichten, das Jugendgericht zu befassen:
a) entweder vom Jugendlichen persönlich;
b) oder durch einen Ad-hoc-Vormund, der vom Präsidenten des Gerichts erster Instanz auf Ersuchen gleich welcher betroffenen Person und notwendigenfalls durch den Prokurator des Königs bestimmt wurde;
c) oder durch einen Ad-hoc-Vormund, der durch den Präsidenten des Gerichts erster Instanz auf Ersuchen derselben Personen zu bestimmen ist, wenn sich herausstellt, dass der Jugendliche unter vierzehn Jahren nicht imstande ist, die Frage, auf die sich der Streitfall bezieht, zu beurteilen, wobei das Jugendgericht auf ein Urteil verzichtet, bis der Ad-hoc-Vormund bestimmt ist.
Das Jugendgericht beendet den Streitfall, wenn es die Zustimmung der Parteien erhält.
Wenn die Schlichtung scheitert, befindet das Jugendgericht über den ihm unterbreiteten Streitfall.
Die Entscheidung des Jugendgerichts verhindert nicht den Abschluss und die Ausführung einer von der gerichtlichen Entscheidung abweichenden Vereinbarung, die später zwischen den Parteien zustande kommt. Diese Vereinbarung kann dem Jugendgericht übermittelt werden. »
B.2.1. Der verweisende Richter stellt dem Hof die Frage nach einer etwaigen Diskriminierung bezüglich des Rechts, das Jugendgericht mit der durch diese Bestimmung organisierten Klage zu befassen, zwischen den darin bestimmten Inhabern des Klageerhebungsrechts und den Personen, die nicht bestimmt sind, « insbesondere den Grosseltern » und « mehr im allgemeinen den in Artikel 7 Absatz 2 [desselben] Dekrets [...] erwähnten Vertrauten ».
B.2.2. Aus dem Urteil zur Befragung des Hofes geht hervor, dass das verweisende Rechtsprechungsorgan durch den Grossvater des Kindes befasst wurde, auf das sich die beanstandete Massnahme bezieht. Der Hof beschränkt seine Prüfung folglich auf die Frage nach dem durch Artikel 37 geschaffenen Behandlungsunterschied in bezug auf das durch ihn eingeführte Klageerhebungsrecht zwischen den darin genannten Personen, die Inhaber dieses Rechts sind, und den Grosseltern, die davon ausgeschlossen sind, da sie in der Bestimmung nicht als solche erwähnt sind.
B.3. Aufgrund von Artikel 7 Absatz 2 des obengenannten Dekrets vom 4. März 1991 werden, wenn der Direktor für Jugendhilfe eine Massnahme anwendet, die durch das Jugendgericht aufgrund von Artikel 38 desselben Dekrets auferlegt wird, « das Kind und seine Vertrauten an dieser Massnahme beteiligt ».
Artikel 1 Nr. 4 desselben Dekrets beschreibt den Begriff « Vertraute » als « die Personen, die das Familienumfeld des Jugendlichen bilden, einschliesslich der Pflegeeltern ». Es ist davon auszugehen, dass die Grosseltern des betreffenden Kindes oft als « Vertraute » im Sinne des Dekrets anzusehen sind.
B.4. Folglich können, wenn das Jugendgericht über eine Massnahme zur Unterbringung des Kindes ausserhalb seines Familienkreises auf der Grundlage von Artikel 38 des Dekrets entscheidet, dessen Grosseltern aufgrund von Artikel 7 Absatz 2 vom des obengenannten Dekrets vom 4. März 1991 den Direktor für Jugendhilfe bitten, an der Anwendung dieser Massnahme beteiligt zu werden.
Sie haben jedoch kein Rechtsmittel gegen eine Ablehnung ihres Antrags durch den Direktor für Jugendhilfe, da sie nicht in Artikel 37 erwähnt sind, der Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Beraters im Rahmen der gewährten Hilfe und des Direktors im Rahmen der Anwendung einer auferlegten Hilfsmassnahme organisiert.
B.5. Aus den Vorarbeiten zum Dekret vom 4. März 1991 geht hervor, dass der Dekretgeber das Recht, die durch den angefochtenen Artikel 37 organisierte Klage zu erheben, nur den Personen gewährt hat, « die über ein Recht gegenüber dem Kind verfügen », « um eine für alle nachteilige berlastung des Gerichts zu vermeiden » (Parl. Dok., Rat der Französischen Gemeinschaft, 1990-1991, Nr. 165/1, S. 27).
B.6.1. Seit der Annahme dieser Bestimmung wurde den Grosseltern ein Recht auf persönlichen Umgang mit ihren Enkeln durch die Einführung von Artikel 375bis in das Zivilgesetzbuch gewährt, der besagt:
« Die Grosseltern haben das Recht, persönlichen Umgang mit dem Kind zu unterhalten. Dasselbe Recht kann jeder anderen Person zuerkannt werden, wenn sie nachweist, dass sie zum Kind ein besonderes affektives Verhältnis hat.
In Ermangelung einer Vereinbarung zwischen den Parteien wird über die Ausübung dieses Rechtes im Interesse des Kindes vom Jugendgericht auf Antrag der Parteien oder des Prokurators des Königs entschieden. »
B.6.2. Aus den Vorarbeiten zum Gesetz vom 13. April 1995, mit dem diese Bestimmung in das Zivilgesetzbuch eingeführt wurde, geht hervor, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, im Interesse der Grosseltern und des Kindes ein Recht auf persönlichen Umgang zu schaffen (Parl. Dok., Kammer, 1990-1991, Nr. 1412/1, SS. 2-3; Parl. Dok., Kammer, 1988-1989, Nr. 848/1, SS. 1-2; Parl. Dok., Senat, 1994-1995, Nr. 1270/2, S. 3).
B.7.1. Das Ziel, eine Überlastung der Gerichte zu vermeiden, kann es nicht rechtfertigen, dass gewissen Kategorien von Rechtsunterworfenen der gerichtliche Schutz von Rechten, die ihnen durch das Gesetz gewährt werden, entzogen wird. Wenn eine Massnahme zur Folge hat, dass die Grosseltern daran gehindert werden, ihr Recht auf persönlichen Umgang mit dem Kind auszuüben, müssen sie diese Entscheidung beim Jugendgericht anfechten können, das entsprechend der Situation des Kindes und der ihm gegenüber zu ergreifenden Massnahmen darüber entscheidet, ob es angesichts seines Interesses gerechtfertigt ist, deren Recht auf persönlichen Umgang mit dem Kind einzuschränken oder einstweilig aufzuheben.
B.7.2. Insofern sie zur Folge hat, dass Grosseltern daran gehindert werden, die durch den Direktor für Jugendhilfe ausgesprochene Ablehnung ihrer Beteiligung an einer durch das Jugendgericht in bezug auf ihr Enkelkind beschlossenen Hilfsmassnahme anzufechten, verletzt die Bestimmung, die ihnen das Recht auf Befassung des Jugendgerichtes entzieht, auf ungerechtfertigte Weise ihr Recht auf persönlichen Umgang mit dem Kind.
B.8. Die präjudizielle Frage ist bejahend zu beantworten.
Aus diesen Gründen:
Der Hof
erkennt für Recht:
Artikel 37 des Dekrets der Französischen Gemeinschaft vom 4. März 1991 über die Jugendhilfe verstösst gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, indem er es den Grosseltern des Kindes, für das die Hilfsmassnahme ergriffen wurde, nicht erlaubt, die darin vorgesehene Klage zu erheben.
Verkündet in französischer und niederländischer Sprache, gemäss Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Schiedshof, in der öffentlichen Sitzung vom 10. März 2004.
Der Kanzler,
P.-Y. Dutilleux.
Der Vorsitzende,
M. Melchior.