Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 20 Oktober 2016 (België). RG 132/2016

Date :
20-10-2016
Langue :
Allemand Français Néerlandais
Taille :
3 pages
Section :
Jurisprudence
Source :
Justel D-20161020-5
Numéro de rôle :
132/2016

Résumé :

Der Gerichtshof erkennt für Recht: Artikel 257 Absatz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 in der durch Artikel 2 Nr. 2 des Dekrets der Wallonischen Region vom 10. Dezember 2009 « über Steuergerechtigkeit und Umwelteffizienz für den Fahrzeugpark und die Passivhäuser » abgeänderten Fassung verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung.

Arrêt :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und E. De Groot, und den Richtern L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Moerman, E. Derycke und F. Daoût, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfrage und Verfahren

In seinem Urteil vom 27. April 2015 in Sachen RA Xavier Drion, handelnd in seiner Eigenschaft als vorläufiger Verwalter des Vermögens von Stefan Wachel, gegen den belgischen Staat, dessen Ausfertigung am 13. Mai 2015 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Lüttich, Abteilung Lüttich, folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:

« Verstößt Artikel 257 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 in der durch Artikel 2 Nr. 2 des wallonischen Dekrets vom 10. Dezember 2009 über Steuergerechtigkeit und Umwelteffizienz für den Fahrzeugpark und die Passivhäuser abgeänderten Fassung gegen die Artikel 10, 11 und 172 der Verfassung, indem er einen Erlass beziehungsweise eine proportionale Ermäßigung des Immobiliensteuervorabzugs je nach Dauer und Ausmaß der Nichtbenutzung, Inaktivität oder Ertraglosigkeit des bebauten unbeweglichen Gutes den Eigentümern eines solchen ertraglosen unbeweglichen Gutes, die während mindestens 180 Tagen im Laufe des Jahres Eigentümer dieses Gutes gewesen sind, vorbehält? ».

(...)

III. Rechtliche Würdigung

(...)

B.1. Artikel 257 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 (nachstehend: EStGB 1992) ist Bestandteil von Abschnitt 2 (« Immobiliensteuervorabzug ») von Kapitel 1 (« Steuerzahlung durch Vorabzug ») von Titel VI (« Gemeinsame Bestimmungen in Bezug auf die vier Steuern ») dieses Gesetzbuches.

In der durch Artikel 2 Nr. 2 des wallonischen Dekrets vom 10. Dezember 2009 « über Steuergerechtigkeit und Umwelteffizienz für den Fahrzeugpark und die Passivhäuser » abgeänderten Fassung bestimmt Artikel 257 Absatz 1 Nr. 4 des EStGB 1992:

« Auf Antrag des Steuerpflichtigen werden folgende Ermäßigungen gewährt:

[...]

4. ein Erlass beziehungsweise eine proportionale Ermäßigung des Immobiliensteuervorabzugs in einem verhältnismäßigen Maße mit der Dauer oder dem Umfang der Nichtbenutzung, Nichtaktivität oder Nichtproduktivität des Immobiliengutes:

a) wenn ein unmöbliertes bebautes Immobiliengut während mindestens 180 Tagen im Laufe des Jahres unbenutzt und unproduktiv gewesen ist;

b) wenn das Material und die Werkzeugausrüstung entweder völlig oder zu einem Teil, der mindestens 25% ihres Katastereinkommens entspricht, im Laufe des Jahres mindestens 90 Tage lang außer Betrieb gewesen ist;

c) wenn ein bebautes Immobiliengut oder Material und Werkzeugausrüstung entweder völlig oder zu einem Teil, der mindestens 25% ihres jeweiligen Katastereinkommens entspricht, zerstört sind.

Die Bedingungen für die Ermäßigung müssen pro Katasterparzelle oder Teil einer Katasterparzelle beurteilt werden, wenn ein solcher Teil entweder eine separate Wohnung, oder eine Produktions- oder Aktivitätsabteilung oder -sektion, die separat arbeiten oder berücksichtigt werden kann, oder aber eine Einheit bildet, die von den anderen Gütern oder Teilen, die die Parzelle bilden, getrennt und separat katastriert werden kann.

Die Nichtproduktivität muss einen unbeabsichtigten Charakter haben. Das gleichzeitige Angebot zur Vermietung und zum Verkauf des Gutes durch den Steuerpflichtigen ist kein genügender Beweis für die Nichtproduktivität.

Ab dem Moment, wo das Gut unter Berücksichtigung des vorherigen Steuerjahres seit mehr als zwölf Monaten nicht mehr benutzt worden ist, kann der Erlass bzw. die proportionale Ermäßigung, sowie in dem vorstehenden Punkt a) erwähnt, nicht mehr gewährt werden, in dem Masse, wo die Periode der Nichtbewohnung zwölf Monate übersteigt, außer in dem Falle einer Immobilie, deren Steuerpflichtiger die dinglichen Rechte nicht ausüben kann wegen einer Kalamität, eines Falls höherer Gewalt, eines Verwaltungs- oder Strafverfahrens, durch das die freie Nutzung der Immobilie beeinträchtigt wird, dies bis zum Tag, wo diese Umstände, die die freie Nutzung der Immobilie beeinträchtigen, verschwunden sind. Als solches gilt insbesondere die Immobilie, die eine nicht verbesserungsfähige Wohnung im Sinne von Artikel 1, 14°, des Wallonischen Wohngesetzbuches bildet, die durch einen Vertreter des Ministers für Wohnungswesen oder einen Erlass des Bürgermeisters als solche anerkannt wird ».

B.2. Aus dem Wortlaut der Vorabentscheidungsfrage geht hervor, dass diese sich auf die Vereinbarkeit eines Behandlungsunterschieds zwischen zwei Kategorien von Personen mit den Artikeln 10, 11 und 172 der Verfassung bezieht.

B.3.1. Der Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung schließt nicht aus, dass ein Behandlungsunterschied zwischen Kategorien von Personen eingeführt wird, sofern er auf einem objektiven Kriterium beruht und vernünftig gerechtfertigt ist.

Artikel 172 Absatz 1 der Verfassung enthält den gleichen Grundsatz in Steuerangelegenheiten.

B.3.2. Die Untersuchung der Vereinbarkeit einer Gesetzesbestimmung mit diesem Grundsatz setzt insbesondere die präzise Identifizierung von zwei Kategorien von Personen, die Gegenstand eines Behandlungsunterschieds sind, voraus.

B.4. Im vorliegenden Fall geht aus dem Wortlaut der Vorabentscheidungsfrage hinlänglich hervor, dass der Gerichtshof gebeten wird, über die Verfassungsmäßigkeit eines Behandlungsunterschieds zwischen zwei Kategorien von Schuldnern des Immobiliensteuervorabzugs zu befinden, die Eigentümer eines nicht eingerichteten und ertraglosen bebauten unbeweglichen Gutes, das sich auf dem Gebiet der Wallonischen Region befindet, gewesen sind: einerseits diejenigen, die während mindestens 180 Tagen des Kalenderjahres Eigentümer eines solchen Gutes gewesen sind, und andererseits diejenigen, die während weniger als 180 Tagen Eigentümer eines solchen Gutes gewesen sind.

B.5. Der Eigentümer eines unbeweglichen Gutes, das auf dem Gebiet des Königreichs gelegen ist und nicht vermietet wird, schuldet grundsätzlich den Immobiliensteuervorabzug (Artikel 7 § 1 Nr. 1 Buchstabe a) des EStGB 1992 in Verbindung mit Artikel 251 desselben Gesetzbuches in der auf dem Gebiet der Wallonischen Region anwendbaren Fassung).

Das Steuerjahr des Immobiliensteuervorabzugs ist das Jahr, dessen Einkünfte als Grundlage für diesen Vorabzug dienen (Artikel 254 des EStGB 1992 in der auf dem Gebiet der Wallonischen Region anwendbaren Fassung). Der Besteuerungszeitraum stimmt mit dem Jahr überein, dessen Jahreszahl das Steuerjahr bestimmt (Artikel 199 Buchstabe a) des königlichen Erlasses zur Ausführung des Einkommensteuergesetzbuches 1992 in der auf dem Gebiet der Wallonischen Region anwendbaren Fassung). Die Einkünfte dieses Zeitraums sind die Einkünfte aus bebauten oder unbebauten unbeweglichen Gütern, die sich auf diesen Zeitraum beziehen (Artikel 204 Nr. 1 desselben königlichen Erlasses).

B.6. Ein Erlass des Immobiliensteuervorabzugs kann nur denjenigen gewährt werden, die diesen Vorabzug schulden.

Im Fall der Übertragung des Eigentumsrechtes des Gutes während des Steuerjahres wird dieser Vorabzug durch denjenigen geschuldet, der am 1. Januar des Jahres, dessen Jahreszahl das Steuerjahr bestimmt, Eigentümer ist.

B.7. Aus dem Vorstehenden und aus der Begründung der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Gerichtshof gebeten wird, über die Vereinbarkeit von Artikel 257 Absatz 1 Nr. 4 Buchstabe a) des EStGB 1992 in der auf dem Gebiet der Wallonischen Region anwendbaren Fassung mit den Artikeln 10, 11 und 172 der Verfassung zu befinden, insofern durch ihn ein Behandlungsunterschied zwischen zwei Kategorien von der Steuer der natürlichen Personen unterliegenden Steuerpflichtigen eingeführt werde, die am 1. Januar 2012 Eigentümer eines nicht eingerichteten bebauten unbeweglichen Gutes gewesen seien, das während des Steuerjahres 2012 nicht benutzt worden sei und ertraglos geblieben sei, und die ihr Eigentumsrecht während dieses Steuerjahres durch einen Verkauf abgetreten hätten: einerseits diejenigen, die vor dem 181. Tag des Jahres 2012 nicht mehr Eigentümer gewesen seien und die keinen Erlass des Immobiliensteuervorabzugs im Verhältnis zur Dauer und zum Umfang der Nichtbenutzung oder Ertraglosigkeit ihres Gutes erhalten könnten, und andererseits diejenigen, die nach dem 180. Tag des Jahres Eigentümer geblieben seien und einen solchen Erlass erhalten könnten.

B.8. Dieser Behandlungsunterschied ergibt sich aus der Regel, wonach ein Erlass des Immobiliensteuervorabzugs aufgrund der Nichtbenutzung und der Ertraglosigkeit eines unbeweglichen Gutes nur gewährt werden kann, wenn dieses Gut im Laufe des Steuerjahres mindestens 180 Tage nicht benutzt wurde und ertraglos geblieben ist.

Ein solcher Erlass kann nur demjenigen gewährt werden, der diesen Vorabzug schuldet. Wenn er durch Verkauf sein Eigentumsrecht am unbeweglichen Gut vor dem 181. Tag des Steuerjahres abtritt, kann er bei der Verwaltung nicht eine Nichtbenutzung seines Gutes während eines Zeitraums von mindestens 180 Tagen geltend machen.

B.9. Die Einführung der Möglichkeit, einen Erlass des Immobiliensteuervorabzugs im Falle der Nichtbenutzung oder der Ertraglosigkeit des betreffenden unbeweglichen Gutes zu gewähren, entspricht dem Bemühen, « den Besitzer eines unbeweglichen Gutes, dem es zeitweilig unmöglich geworden ist, Einkünfte aus seinem unbeweglichen Gut zu beziehen aus Gründen, die unabhängig von seinem Willen sind, nicht zu besteuern » (Parl. Dok, Wallonisches Parlament, 2009-2010, Nr. 118/1, S. 3).

Das Erfordernis einer Nichtbenutzung und einer Ertraglosigkeit von mindestens 180 Tagen bezweckt, « den Vorteil [des Erlasses des Immobiliensteuervorabzugs] auf Nichtbenutzungen zu begrenzen, die ausreichend lang sind, um zu einem substanziellen Einkommensverlust während des Jahres zu führen », unter Ausschluss der « zeitlich ziemlich begrenzten Nichtbenutzung » (ebenda, S. 4).

B.10. Dem Schuldner des Immobiliensteuervorabzugs, der weiß, dass er keinen Erlass erhalten kann, weil er vor dem 181. Tag des Steuerjahres anhand eines Verkaufs sein Eigentumsrecht an einem nicht eingerichteten, nicht benutzten und ertraglosen bebauten unbeweglichen Gut verliert, steht es frei, mit dem Käufer dieses Gutes zu vereinbaren, dass dieser ihm zum Zeitpunkt des Verkaufs einen Geldbetrag zahlt, der dem Anteil des Immobiliensteuervorabzugs bezüglich des Zeitraums des Steuerjahres entspricht, in dem der Käufer die Nutzung des verkauften Gutes hat.

B.11. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der in B.7 beschriebene Behandlungsunterschied nicht einer vernünftigen Rechtfertigung entbehrt.

B.12. Die Vorabentscheidungsfrage ist verneinend zu beantworten.

Aus diesen Gründen:

Der Gerichtshof

erkennt für Recht:

Artikel 257 Absatz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 in der durch Artikel 2 Nr. 2 des Dekrets der Wallonischen Region vom 10. Dezember 2009 « über Steuergerechtigkeit und Umwelteffizienz für den Fahrzeugpark und die Passivhäuser » abgeänderten Fassung verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung.

Erlassen in französischer und niederländischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 20. Oktober 2016.

Der Kanzler,

(gez.) F. Meersschaut

Der Präsident,

(gez.) J. Spreutels