Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 23 Februar 2017 (België). RG 30/2017

Date :
23-02-2017
Langue :
Allemand Français Néerlandais
Taille :
10 pages
Section :
Jurisprudence
Source :
Justel D-20170223-4
Numéro de rôle :
30/2017

Résumé :

Der Gerichtshof weist die Klage zurück

Arrêt :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten E. De Groot und J. Spreutels, und den Richtern L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F. Daoût und T. Giet, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten E. De Groot,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Klage und Verfahren

Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 10. Februar 2016 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 12. Februar 2016 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob die VoG « Sigma », unterstützt und vertreten durch RA D. Blommaert, RA J. Ghysels und RA Y. Sacreas, in Brüssel zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung des Dekrets der Flämischen Region vom 3. Juli 2015 zur Einführung der Kilometerabgabe und Aufhebung der Erhebung der Eurovignette sowie zur diesbezüglichen Abänderung des Flämischen Steuerkodex vom 13. Dezember 2013 (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 10. August 2015).

(...)

II. Rechtliche Würdigung

(...)

In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen und den Umfang der Klage

B.1.1. Mit dem angefochtenen Dekret wird mit Wirkung vom 1. April 2016 eine Kilometerabgabe auf dem Gebiet der Flämischen Region eingeführt. Die Kilometerabgabe ist eine Steuer auf die Benutzung bestimmter Straßen durch ein Fahrzeug. Die Steuer wird auf die Anzahl Kilometer berechnet, die das Fahrzeug auf diesen Straßen zurückgelegt hat. Die gefahrenen Kilometer werden elektronisch registriert. Die Steuer schuldet der Halter des Fahrzeugs.

Die durch das angefochtene Dekret eingeführte Kilometerabgabe gilt lediglich für Lastkraftwagen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen.

B.1.2. Das Dekret bezweckt in erster Linie die Umsetzung der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge. Durch diese Richtlinie werden die Bedingungen harmonisiert, unter denen die nationalen Behörden Steuern, Maut- und Benutzungsgebühren auf Güter erheben können, die auf den Straßen befördert werden.

Das Dekret bezweckt ebenfalls die teilweise Umsetzung der Richtlinie 2004/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Interoperabilität elektronischer Mautsysteme in der Gemeinschaft. In dieser Richtlinie ist der Aufbau eines europäischen elektronischen Mautdienstes zur Ergänzung der nationalen elektronischen Mautdienste der Mitgliedstaaten vorgesehen.

B.1.3. Die Richtlinie 1999/62/EG wurde unter anderem durch die Richtlinie 2011/76/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 abgeändert. Gemäß dieser Richtlinie ist die Förderung des nachhaltigen Verkehrs ein zentrales Element der gemeinsamen Verkehrspolitik. Zu diesem Zweck sollten der Beitrag des Verkehrssektors zum Klimawandel und seinen negativen Auswirkungen reduziert werden - insbesondere Staus, die die Mobilität einschränken, sowie Luftverschmutzung und Lärmbelastung, die Gesundheits- und Umweltschäden verursachen (Erwägung 1).

Im Interesse des Übergangs zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik sollten die Beförderungspreise die mit verkehrsbedingter Luftverschmutzung und Lärmbelastung, Klimawandel und Verkehrsstaus verbundenen Kosten, die durch die tatsächliche Nutzung aller unterschiedlichen Verkehrsträger verursacht werden, besser widerspiegeln, um so als Instrument für die Optimierung der Infrastrukturnutzung, die Verringerung lokaler Verschmutzung, die Bewältigung von Verkehrsstaus und die Bekämpfung des Klimawandels zu den geringstmöglichen Kosten für die Wirtschaft dienen zu können. Dazu bedarf es eines abgestuften Konzepts für alle Verkehrsträger, das deren jeweiligen Besonderheiten Rechnung trägt (Erwägung 5).

Im Güterkraftverkehr sind entfernungsabhängig berechnete Mautgebühren für die Infrastrukturnutzung ein gerechtes und wirksames wirtschaftliches Instrument, um eine nachhaltige Verkehrspolitik zu erreichen, da sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Infrastrukturnutzung, der Umweltfreundlichkeit von Fahrzeugen sowie Ort und Zeit der Fahrzeugnutzung stehen und deshalb so festgesetzt werden können, dass ihre Höhe die durch die tatsächliche Fahrzeugnutzung in Form von Verschmutzung und Verkehrsstaus verursachten Kosten widerspiegelt (Erwägung 7).

Die Kosten verkehrsbedingter Luftverschmutzung und Lärmbelastung, z.B. Gesundheitsausgaben einschließlich Aufwand für medizinische Versorgung, Ernte- und Produktionsausfälle sowie Wohlfahrtskosten, werden von der Bevölkerung im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats getragen, in dem der Verkehr stattfindet. Das Verursacherprinzip kommt in Form der Gebühr für externe Kosten zur Anwendung, was zur Verringerung von externen Kosten beiträgt (Erwägung 10).

B.1.4. In der Begründung zum angefochtenen Dekret wird das Ziel der Kilometerabgabe erläutert:

« Gemäß Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 1999/62/EG in der zuletzt abgeänderten Fassung beinhaltet eine Mautgebühr eine Infrastrukturgebühr, eine Gebühr für externe Kosten oder beides. Man hat sich dafür entschieden, die Kilometerabgabe dort, wo sie als Steuer eingeführt wird, mit zwei Komponenten einzuführen, nämlich einer Infrastrukturgebühr und einer Gebühr für externe Kosten. In diesem Fall sind die Infrastrukturgebühr und die Gebühr für externe Kosten als solche keine getrennten Steuern. Ihre Eingliederung als zwei Komponenten in ein und dieselbe Kilometerabgabe als Steuer bedeutet, dass externe Kosten oder Infrastrukturkosten lediglich Parameter ein und derselben Steuer sind » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2014-2015, Nr. 370/1, SS. 7-8).

Eine Infrastrukturgebühr ist eine Abgabe zur Anlastung der infrastrukturbezogenen Bau-, Instandhaltungs-, Betriebs- und Ausbaukosten, die in einem Mitgliedstaat entstehen (Artikel 2 Buchstabe ba der Richtlinie 1999/62/EG).

Eine Gebühr für externe Kosten ist eine Abgabe zur Anlastung der Kosten, die in einem Mitgliedstaat durch verkehrsbedingte Luftverschmutzung und/oder Lärmbelastung entstehen (Artikel 2 Buchstabe bb der Richtlinie 1999/62/EG).

B.1.5. Vor dem angefochtenen Dekret haben die drei Regionen ein Zusammenarbeitsabkommen geschlossen: das Zusammenarbeitsabkommen vom 31. Januar 2014 zwischen der Flämischen Region, der Wallonischen Region und der Region Brüssel-Hauptstadt « über die Einführung des Systems zur Erhebung der Kilometergebühr auf dem Gebiet der drei Regionen und zur Bildung einer interregionalen Partnerschaft öffentlichen Rechts Viapass in der Form einer gemeinsamen Einrichtung im Sinne von Artikel 92bis § 1 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen ».

Gemäß Artikel 2 dieses Abkommens soll damit die Zusammenarbeit zwischen der Flämischen Region, der Wallonischen Region und der Region Brüssel-Hauptstadt in der Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten in Sachen Verwaltung der Straßen und ihrer Nebenanlagen und in Sachen Festlegung der rechtlichen Regelung der Verkehrsstraßen zu Lande im Sinne von Artikel 6 § 1 X Absatz 1 Nrn. 1 und 2bis des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen geregelt werden.

In diesem Zusammenarbeitsabkommen, das durch das Zusammenarbeitsabkommen vom 24. April 2015 abgeändert wurde, haben die Regionen Absprachen getroffen über die Weise der Einführung der Kilometerabgabe und zur Bildung einer interregionalen Partnerschaft öffentlichen Rechts Viapass in der Form einer gemeinsamen Einrichtung, die für die tagtägliche Verwaltung des Systems der Kilometerabgabe zuständig ist.

Unter Beachtung der Besonderheiten der einer jeden Region und der von einer jeden dieser Regionen zu verfolgenden Ziele bezweckt das Zusammenarbeitsabkommen, diese Angelegenheiten gemeinsam zu regeln oder die erforderlichen Regeln festzulegen, um die Kilometerabgabe in den drei Regionen auf wirksame und rentable Weise einzuführen, zu organisieren und zu kontrollieren (Artikel 2 Absatz 2).

B.1.6. Durch ein Dekret vom 4. April 2014 hat die Flämische Region das Zusammenarbeitsabkommen vom 31. Januar 2014 gebilligt. Durch ein Dekret vom 3. Juli 2015 hat die Flämische Region da abändernde Zusammenarbeitsabkommen vom 24. April 2015 gebilligt.

Durch das angefochtene Dekret wurden die im Zusammenarbeitsabkommen enthaltenen Vereinbarungen in der Flämischen Region ausgeführt. Dieses Dekret bildet daher die Grundlage für die eingeführte Kilometerabgabe. Die Feststellung, dass gewisse Bestimmungen des Dekrets bereits vollständig oder teilweise im Zusammenarbeitsabkommen vom 31. Januar 2014 enthalten sind, ändert nichts daran. Im Gegensatz zu dem, was die Flämische Regierung anführt, wurde die Klage nicht verspätet eingereicht. Die klagende Partei konnte übrigens keine Nichtigkeitsklage gegen das Zusammenarbeitsabkommen selbst einreichen, da es nicht zu den Normen gehört, die der Gerichtshof prüfen darf.

B.1.7. Die Klage bezweckt die völlige Nichtigerklärung des angefochtenen Dekrets. Der Gerichtshof begrenzt seine Prüfung jedoch auf jene Bestimmungen, gegen die tatsächlich Beschwerdegründe angeführt wurden.

Die durch die VoG « Algemene Belgische Schoonmaak Unie » angeführten Beschwerdegründe können nur berücksichtigt werden, insofern sie sich den in der Klageschrift enthaltenen Klagegründen anschließen. Artikel 87 § 2 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof erlaubt es nämlich im Gegensatz zu Artikel 85 nicht, dass in einem Interventionsschriftsatz neue Klagegründe vorgebracht werden.

In Bezug auf den ersten Klagegrund

B.2. Der erste Klagegrund ist abgeleitet aus einem Verstoß gegen die Artikel 5, 39 und 134 der Verfassung in Verbindung mit den Artikeln 2 und 19 § 3 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen und mit den Artikeln 2 § 1 und 7 des Sondergesetzes vom 12. Januar 1989 über die Brüsseler Institutionen.

Bei einer Übertretung der flämischen Regelung über die Kilometerabgabe kann - ebenso wie bei den anderen Abgaben im Flämischen Steuerkodex - eine administrative Geldbuße zwischen 50 und 1 250 Euro auferlegt werden auf der Grundlage von Artikel 3.18.0.0.1 § 1 dieses Kodex (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2014-2015, Nr. 370/1, S. 25).

Die klagende Partei führt an, dass die Ermächtigung in Artikel 10 § 1 des angefochtenen Dekrets für Personalmitglieder der Region Brüssel-Hauptstadt und der Wallonischen Region, außerhalb des Gebiets der Flämischen Region administrative Geldbußen einzutreiben, gegen den Grundsatz der Territorialität verstoße. Auch Artikel 10 § 2 des angefochtenen Dekrets überschreite die Grenzen des Gebiets der Flämischen Region.

B.3. Artikel 10 des angefochtenen Dekrets bestimmt:

« § 1. Die zuständigen Personalmitglieder der Region Brüssel-Hauptstadt und der Wallonischen Region werden ermächtigt, im Namen und für Rechnung der Flämischen Region die gemäß den Bestimmungen von Titel 2 Kapitel 4 des Flämischen Steuerkodex vom 13. Dezember 2013 auferlegte administrative Geldbuße bei einer Verkehrskontrolle auf dem Gebiet ihrer Region einzutreiben.

§ 2. Wenn sich bei der Verkehrskontrolle herausstellt, dass auf Seiten des Halters des betreffenden Fahrzeugs unbezahlte administrative Geldbußen für eine oder mehrere andere Regionen bestehen, treibt dieses zuständige Personalmitglied auch diese ausstehenden administrativen Geldbußen ein. Der Betrag der administrativen Geldbußen, der sich auf Übertretungen bezieht, die in einer anderen Region begangen wurden, wird sofort und vollständig an die betreffende Region überwiesen ».

B.4. Die Artikel 5, 39 und 134 der Verfassung in Verbindung mit den Artikeln 2 und 19 § 3 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen sowie mit den Artikeln 2 § 1 und 7 des Sondergesetzes vom 12. Januar 1989 über die Brüsseler Institutionen haben eine ausschließliche Verteilung der territorialen Zuständigkeiten eingeführt. Ein solches System setzt voraus, dass der Gegenstand einer jeden Regelung, die ein Regionalgesetzgeber erlässt, innerhalb seines Zuständigkeitsgebietes muss eingegrenzt werden können, so dass jedes konkrete Verhältnis und jede konkrete Situation durch einen einzigen Gesetzgeber geregelt wird.

B.5.1. In der angefochtenen Bestimmung ist nicht die administrative Auferlegung von Geldbußen für Übertretungen, die außerhalb des Gebiets der Flämischen Region begangen wurden, vorgesehen.

B.5.2. Paragraph 1 der angefochtenen Bestimmung betrifft die Eintreibung von administrativen Geldbußen, die durch die Flämische Region auferlegt werden. Die Ermächtigung der zuständigen Personalmitglieder der Region Brüssel-Hauptstadt und der Wallonischen Region, im Namen und für Rechnung der Flämischen Region diese administrativen Geldbußen bei einer Verkehrskontrolle auf ihrem eigenen Gebiet einzutreiben, bedeutet nicht, dass die angefochtene Maßnahme außerhalb des Gebiets der Flämischen Region eingeordnet ist. Der Auftrag, die ausstehenden administrativen Geldbußen auf dem Gebiet der Region Brüssel-Hauptstadt und der Wallonischen Region tatsächlich einzutreiben, muss durch diese Regionen selbst erteilt werden. Die Ermächtigung « beinhaltet lediglich die Erlaubnis für eine andere Region, wenn diese es wünscht, bei einer Verkehrskontrolle ebenfalls die Beträge, die der Flämischen Region zustehen, im Namen und für Rechnung der Letztgenannten einzunehmen, wenn dies im Rahmen einer Verkehrskontrolle erfolgt, die die andere Region in Bezug auf die eigene Kilometerabgabe durchführt. Dies beinhaltet keineswegs eine Verpflichtung für die andere Region, dies auch tatsächlich zu tun » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2014-2015, Nr. 370/1, S. 12).

B.5.3. Paragraph 2 der angefochtenen Bestimmung betrifft die Eintreibung von administrativen Geldbußen auf dem Gebiet der Flämischen Region. Dadurch wird in Bezug auf die Flämische Region den kontrollierenden Personalmitgliedern der Auftrag erteilt, auch die ausstehenden administrativen Geldbußen, die durch die Region Brüssel-Hauptstadt und die Wallonische Region auferlegt wurden, für Rechnung dieser Regionen einzutreiben. Die Feststellung, dass diese administrativen Geldbußen durch eine andere Region auferlegt wurden, bedeutet nicht, dass die angefochtene Maßnahme außerhalb des Gebiets der Flämischen Region einzuordnen ist. Wie die Flämische Region haben die Region Brüssel-Hauptstadt und die Wallonische Region die betreffenden Personalmitglieder ermächtigt, die auferlegte administrative Geldbuße bei einer Verkehrskontrolle auf dem Gebiet ihrer Region zu einzutreiben. Der Betrag der administrativen Geldbußen, der sich auf Übertretungen bezieht, die in einer anderen Region begangen wurden, wird sofort und vollständig an die betreffende Region überwiesen.

B.5.4. Die beiden Paragraphen des vorerwähnten Artikels 10 stellen für die Flämische Region die Umsetzung der Zusammenarbeit in Bezug auf Kontrolle und Durchsetzung dar, so wie es durch die Regionen in dem in B.1.5 angeführten Zusammenarbeitsabkommen untereinander vereinbart wurde.

Artikel 11 § 2 dieses Zusammenarbeitsabkommens bestimmt:

« Die Parteien leisten einander spontan Amtshilfe zur Beitreibung der administrativen Geldbußen.

Wird bei der Verkehrskontrolle eines Fahrzeugs festgestellt, dass es zu Lasten des Halters des kontrollierten Fahrzeugs einer oder mehreren Regionen gegenüber noch ausstehende administrative Geldbußen gibt, so kann die zuständige Kontrollbehörde all diese ausstehenden administrativen Geldbußen beitreiben. Der Betrag der administrativen Geldbußen, die in einer anderen Region begangene Verstöße betreffen, wird sofort und vollständig an diese Region überwiesen ».

Gemäß den Vorarbeiten zu der angefochtenen Bestimmung wird mit dieser gemeinsamen Absprache « ein schlüssiges System des überregionalen Eintreibungsbeistands geschaffen unter Einhaltung des Grundsatzes der Territorialität und der autonomen Durchsetzungsbefugnis einer jeden Region » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2014-2015, Nr. 370/1, S. 12).

B.5.5. Der Anknüpfungspunkt des Ortes, an dem die Verkehrskontrolle eines Fahrzeugs stattfindet, bezüglich der Eintreibung der Geldbuße (Artikel 10 §§ 1 und 2 des angefochtenen Dekrets) und der Anknüpfungspunkt des Ortes, an dem die Übertretung stattfindet, bezüglich des Empfängers der Geldbuße (Artikel 10 § 2 des angefochtenen Dekrets) beruhen auf Artikel 11 § 2 des vorerwähnten Zusammenarbeitsabkommens und bezwecken, die Maßnahmen innerhalb des Gebiets einzuordnen, für das jede Region zuständig ist, sodass jede konkrete Situation, gemäß der gemeinsamen Absprache, nur durch einen einzigen Gesetzgeber geregelt wird.

B.6.1. Die Autonomie, über die die Föderalbehörde sowie die Gemeinschaften oder die Regionen innerhalb ihres eigenen Zuständigkeitsbereichs verfügen, verhindert es grundsätzlich, dass eine Behörde einen Dienst, der zu einer anderen Behörde gehört, ohne deren Zustimmung verpflichtet, seine Mitarbeit bei der Ausführung der Politik der erstgenannten Behörde zu gewähren.

B.6.2. Wie aus dem in B.3 und B.5.2 Erwähnten hervorgeht, beinhaltet die angefochtene Bestimmung keine Verpflichtung, sondern lediglich eine Erlaubnis für die zuständigen Personalmitglieder, ihre Mitarbeit bei der Eintreibung der durch eine andere Region auferlegten administrativen Geldbußen zu gewähren. Damit die Personalmitglieder der Region Brüssel-Hauptstadt und der Wallonischen Region die administrativen Geldbußen tatsächlich eintreiben können, müssen sie dazu gemäß dem vorerwähnten Zusammenarbeitsabkommen den Auftrag der betreffenden Region erhalten; dies ist in der Tat durch Artikel 27 des Dekrets der Wallonischen Region vom 16. Juli 2015 « zur Einführung einer Kilometerabgabe zu Lasten der Schwerlastfahrzeuge für die Benutzung der Straßen » und durch Artikel 28 Absatz 2 der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 29. Juli 2015 « zur Einführung einer Kilometerabgabe in der Region Brüssel-Hauptstadt zu Lasten der Schwerlastfahrzeuge, die für die Beförderung von Gütern auf der Straße vorgesehen sind oder benutzt werden, als Ersatz für die Eurovignette » geschehen.

B.7. Der erste Klagegrund ist unbegründet.

In Bezug auf den zweiten Klagegrund

B.8. Der zweite Klagegrund ist abgeleitet aus einem Verstoß gegen die Artikel 170 und 172 der Verfassung, gegebenenfalls in Verbindung mit deren Artikeln 10 und 11 und mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit.

Die klagende Partei führt an, dass durch Artikel 19 des angefochtenen Dekrets eine Bestimmung eingeführt werde, die die Flämische Regierung ermächtige, die Straßenliste in Anlage 2 des angefochtenen Dekrets anzupassen und somit wesentliche Bestandteile der Steuer zu ändern.

B.9. Mit Artikel 19 des angefochtenen Dekrets wurde Artikel 2.4.4.0.2 des Flämischen Steuerkodex vom 13. Dezember 2013 durch die nachstehende Bestimmung ersetzt:

« Art. 2.4.4.0.2. Die Höhe des Tarifs Tz, angeführt in Artikel 2.4.4.0.1 Nr. 1, ausgedrückt in Eurocent, wird wie folgt festgelegt:

Tz = F x (Bt + a X A + b X G + c X En + d X Et + e X Ep + f X Ex),

Wobei:

1. F = Faktor, der 1 beträgt für die in Nr. 3 erwähnten Straßen oder Straßenabschnitte, die in Anlage 2 erschöpfend aufgelistet sind, und 0 für alle anderen Straßen oder Straßenabschnitte;

2. Bt = Grundtarif der Abgabe, mit einem Wert von 11,3 Eurocent;

3. A = Variable je nach der Straßenart W, mit einem Tarif über null Eurocent, differenziert gemäß der nachstehenden Tabelle:

Straßenart (W) A

Autobahnen und Autobahnringe 0

andere Regionalstraßen mit einem Tarif über null Eurocent 0

Gemeindestraßen mit einem Tarif über null Eurocent 0

Die Straßen oder Straßenabschnitte, die zu den in der vorstehenden Tabelle angeführten Straßenarten gehören, sind erschöpfend in Anlage 2 aufgelistet;

4. G = Variable je nach der Gewichtskategorie des Fahrzeugs, differenziert gemäß der nachstehenden Tabelle:

höchstzulässiges Gesamtgewicht G

höchstzulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und weniger als 12 Tonnen - 5,0

höchstzulässiges Gesamtgewicht von mindestens 12 Tonnen und höchstens 32 Tonnen 0

höchstzulässiges Gesamtgewicht von mehr als 32 Tonnen 0,4

5. En = Variable je nach der Höhe der EURO-Emissionskategorie im Sinne von Artikel 1.1.0.0.2 Absatz 5 Nr. 1;

6. Et = Variable je nach dem Zeitpunkt;

7. Ep = Variable je nach dem Ort;

8. Ex = Erhöhung je nach den durch das Fahrzeug verursachten externen Kosten, je nach der Höhe der EURO-Emissionskategorie, differenziert gemäß der nachstehenden Tabelle:

EURO-Emissionskategorie Ex

EURO 5 oder EEV oder höher 1,1

EURO 4 3.2

EURO 3 6,3

sonstige EURO-Emissionskategorien 8,3

Ab dem 1. Januar 2018 wird folgende Tabelle angewandt:

EURO-Emissionskategorie Ex

EURO 6 oder höher 1,1

EURO 5 oder EEV 2,1

EURO 4 3.2

EURO 3 6,3

sonstige EURO-Emissionskategorien 8,3

9. a, b, c, d, e, und f = Faktoren, die einen Einfluss auf das Gewicht von A, G, En, Et, Ep beziehungsweise Ex haben, wobei a = 1, b = 1, c = 0, d = 0, e = 0, und f = 1.

Die Flämische Regierung wird ermächtigt, die Straßenliste in Anlage 2, die in Absatz 1 Nr. 1 erwähnt ist, anzupassen an:

1. Namensänderungen der darin aufgenommenen Straßen;

2. Änderungen der Kategorieeinteilung der darin aufgenommenen Straßen.

Die in Absatz 1 angeführten Beträge werden mit Wirkung vom 1. Juli 2017 am 1. Juli eines jeden Jahres indexiert anhand des Koeffizienten, der erzielt wird, indem der allgemeine Verbraucherpreisindex des Königreichs für den Monat Mai des laufenden Jahres durch den allgemeinen Verbraucherpreisindex des Königreichs für den Monat Mai des Jahres 2016 geteilt wird. Dabei werden folgenden Auf- oder Abrundungen angewandt:

1. der Koeffizient wird auf das obere oder untere Zehntausendstel auf- oder abgerundet, je nachdem, ob die Zahl der Hunderttausendstel fünf erreicht oder nicht;

2. nach der Anwendung des Koeffizienten wird der erzielte Betrag auf den Betrag des oberen oder unteren Eurocent auf- oder abgerundet, je nachdem, ob die Zahl der Tausendstel fünf erreicht oder nicht.

Wenn der in Absatz 1 Nr. 1 erwähnte Faktor F 1 beträgt, darf der Tarif nie niedriger sein als null Eurocent ».

B.10. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass die Kilometerabgabe in der Flämischen Region nur für die Kilometer zu entrichten ist, die auf bestimmten Straßen zurückgelegt werden. Sie werden erschöpfend in Anlage 2 zum vorerwähnten Kodex aufgelistet, die dem angefochtenen Dekret beigefügt ist:

« Anlage 2 - Die Straßenarten im Sinne von Artikel 2.4.4.0.2 Nr. 3

Die Straßen, die zu einer der Straßenarten im Sinne von Artikel 2.4.4.0.2 Nr. 3 gehören, sind die folgenden, sofern sie sich auf dem Gebiet der Flämischen Region befinden:

1) Autobahnen, einschließlich Verbindungsstraßen, Autobahnringen und Auf- und Abfahrten:

Autobahnen:

A1 E19 Brüssel - Mecheln - Antwerpen - Grenze NL (Breda)

A2 E314 Löwen - Lummen - Grenze NL (Heerlen)

A3 E40 Brüssel - Löwen - Grenze Wallonie (Lüttich)

A4 E411 Brüssel - Grenze Wallonie (Namur)

A7 E19 Brüssel (R0) - Grenze Wallonie (Mons)

A8 E429 Halle (Ring um Halle einschl. N203a) - Grenze Wallonie (Tournai)

A10 E40 Brüssel - Gent - Brügge - Ostende

A11 E34 Antwerpen - Zelzate, bis einschl. Kreuzung mit der R4-West

A12 Brüssel - Boom - Antwerpen - Grenze NL (Bergen-op-Zoom)

A13 E313 Antwerpen - Hasselt - Grenze Wallonie (Lüttich)

A14 E17 Antwerpen - Gent - Grenze FR (Lille)

A17 E403 Brügge - Kortrijk - Grenze Wallonie (Tournai)

A18 E40 Jabbeke - Veurne - Grenze FR (Dunkerque)

A19 Kortrijk - Ypern

A21 E34 Antwerpen (Ranst) - Grenze NL (Eindhoven)

A25 E25 Lüttich (Wallonie) - Maastricht (Nl) auf Höhe von Voeren (Auf- und Abfahrten-Komplex N602)

A112 (N186) Antwerpen/Jan de Voslei

A201 Brüssel - Zaventem

Autobahnringe

R0 Ring um Brüssel

R1 Ring um Antwerpen

R4 Ring um Gent, ausschl. R4-Oost zwischen Kreuzung mit der E34 und Kreuzung mit der N70

R8 Ring um Kortrijk

2) Andere Regionalstraßen mit einem höheren Tarif als null Eurocent:

N1 Brüssel - Antwerpen - Grenze NL (Breda)

N2 Brüssel - Hasselt - Grenze NL (Maastricht)

N3 Brüssel - Grenze Wallonie (Lüttich)

N4 Brüssel - Grenze Wallonie (Namur)

N5 Brüssel - Grenze Wallonie (Charleroi)

N6 Brüssel - Grenze Wallonie (Mons)

N7 Halle - Grenze Wallonie (Tournai)

N8 Brüssel - Ninove - Oudenaarde - Kortrijk - Ypern - Koksijde

N9 Brüssel - Gent - Brügge - Ostende

N10 Mortsel - Diest

N20 Hasselt - Grenze Wallonie (Lüttich)

N31 (E403) Brügge - Zeebrugge, ausschl. N31 Zeebrugge bis einschl. Kreuzung mit der N348

N49 (E34) Antwerpen - Zelzate - Maldegem - Knokke (Knokke-Heist), ausschl. N49 von Westkapelle bis zur Kreuzung mit der R4- West

N50 Brügge - Ingelmunster - Kortrijk - Grenze Wallonie (Mons)

N60 Gent - Oudenaarde - Ronse - Grenze Wallonie (Leuze)

N70 Gent - Antwerpen

N80 Hasselt - Grenze Wallonie (Namur)

N186 Antwerpen (Jan de Voslei)

».

B.11. Aus den Artikeln 170 § 2 und 172 Absatz 2 der Verfassung ist abzuleiten, dass keinerlei Steuer erhoben werden kann und dass keinerlei Steuerbefreiung gewährt werden kann ohne die Zustimmung der Steuerpflichtigen, die durch ihre Vertreter ausgedrückt wird. Daraus ergibt sich, dass die Angelegenheit der Steuern eine Zuständigkeit ist, die im vorliegenden Fall durch die Verfassung dem Dekret vorbehalten wird, und dass jede Befugnisübertragung, die sich auf die Festlegung eines der wesentlichen Bestandteile der Steuer bezieht, grundsätzlich verfassungswidrig ist.

Die vorerwähnten Verfassungsbestimmungen gehen jedoch nicht soweit, dass sie den Dekretgeber verpflichten würden, jeden Aspekt einer Steuer oder einer Befreiung selbst zu regeln. Eine Zuständigkeit, die einer anderen Behörde erteilt wird, steht nicht im Widerspruch zum Legalitätsprinzip, sofern die Ermächtigung ausreichend präzise umschrieben ist und sich auf die Ausführung von Maßnahmen bezieht, deren wesentliche Bestandteile vorher durch den Dekretgeber festgelegt wurden.

Zu den wesentlichen Bestandteilen der Steuer gehören die Bestimmung der Steuerpflichtigen, der Steuergegenstand, die Besteuerungsgrundlage, der Steuersatz und die etwaigen Steuerbefreiungen.

B.12. Durch die angefochtene Bestimmung wird die Flämische Regierung ermächtigt, die Straßenliste in Anlage 2 einerseits den Namensänderungen der darin aufgenommenen Straßen und andererseits den Änderungen der Kategorieeinteilung der darin aufgenommenen Straßen anzupassen.

Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass die doppelte Ermächtigung zur Anpassung der Straßenliste sich nur auf die « darin aufgenommenen Straßen » bezieht. Die Flämische Regierung kann der Liste keine Straßen hinzufügen oder keine daraus streichen, sodass sie die Besteuerungsgrundlage weder erweitern noch verringern darf. Sie darf nur die Straßen in der Liste neu ordnen, anlässlich ihres veränderten verwaltungsrechtlichen Statuts innerhalb der drei Straßenarten, die in Artikel 19 des angefochtenen Dekrets vorgesehen sind: (1) Autobahnen und Autobahnringe, (2) andere Regionalstraßen mit einem Tarif über null Eurocent, (3) Gemeindestraßen mit einem Tarif über null Eurocent.

Die angefochtene Bestimmung bietet daher eine ausreichende Garantie dafür, dass die Kilometerabgabe nicht ohne die Zustimmung des Dekretgebers aufgehoben werden kann und dass ebenfalls keine Befreiung von der Kilometerabgabe gewährt werden kann ohne die Zustimmung des Dekretgebers.

B.13. Wenn eine Änderung der verwaltungsmäßigen Kategorieeinteilung einer bereits in die Liste aufgenommenen Straße dazu führt, dass die Flämische Regierung diese Straße in Anlage 2 in eine andere Straßenart einordnet, was den Betrag der Kilometerabgabe beeinflussen könnte, beruht diese Neueinordnung auf einer ausreichend präzise festgelegten Ermächtigung, die dazu dient, die Regelung der Kilometerabgabe an die verwaltungsmäßige Kategorieeinteilung der Straßen anzupassen und auf diese Weise die Kohärenz und Vorhersehbarkeit der geltenden Regelung zu gewährleisten.

Es kann nämlich vernünftigerweise nicht angenommen werden, dass die verwaltungsmäßige Einteilung der Straßen aus Gründen der Mobilität und der Straßenverwaltung und nicht aus steuerlichen Gründen geändert wird. Es obliegt dem zuständigen Richter, dies zu überwachen.

B.14. Der zweite Klagegrund ist unbegründet.

In Bezug auf den dritten Klagegrund

B.15. Der dritte Klagegrund ist abgeleitet aus einem Verstoß gegen die Artikel 10, 11 und 172 der Verfassung in Verbindung mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und dem Gleichheitsgrundsatz als allgemeinem Grundsatz des Rechtes der Europäischen Union.

Die klagende Partei führt an, dass im Dekret nicht unterschieden werde zwischen einerseits Fahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage und die tatsächlich für die Beförderung von Gütern benutzt würden, und andererseits Fahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage und die zwar für die Beförderung von Gütern vorgesehen seien, aber nicht tatsächlich dafür benutzt würden, oder entsprechend der Art der damit beförderten Güter.

B.16. Durch Artikel 11 Nr. 5 des angefochtenen Dekrets wurde Artikel 1.1.0.0.2 Absatz 5 des Flämischen Steuerkodex vom 13. Dezember 2013 durch folgenden Wortlaut ersetzt:

« In Titel 2 Kapitel 4 ist zu verstehen unter:

[...]

6. Fahrzeug: ein Kraftfahrzeug oder eine Kombination von Fahrzeugen, die gegebenenfalls ausschließlich für die Beförderung von Gütern auf der Straße vorgesehen sind oder benutzt werden und deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt;

[...] ».

B.17. Aus dem Text dieser Bestimmung, insbesondere den Wörtern « vorgesehen sind oder benutzt werden » geht hervor, dass alle Fahrzeuge, die für die Beförderung von Gütern auf der Straße bestimmt sind, ungeachtet dessen, ob sie tatsächlich Güter befördern, grundsätzlich der Kilometerabgabe unterliegen, sofern das höchstzulässige Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt.

Diese Auslegung wird in den Vorarbeiten zu dem angefochtenen Dekret bestätigt durch die Bezugnahme auf Artikel 1 § 1 des königlichen Erlasses vom 15. März 1968 zur Festlegung der allgemeinen Regelung über die technischen Anforderungen an Kraftfahrzeuge, ihre Anhänger, ihre Bestandteile und ihr Sicherheitszubehör, insbesondere auf die Fahrzeuge der Klassen N2 und N3 im Sinne dieser Bestimmung. Diese Fahrzeuge werden darin definiert als « für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen bis zu 12 Tonnen » beziehungsweise « für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 12 Tonnen ».

Aus den Vorarbeiten geht ferner hervor, dass die Güterbeförderung im weiten Sinne auszulegen ist: « So werden beispielsweise Werkzeuge als ' Güter ' betrachtet » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2014-2015, Nr. 370/1, S. 13).

B.18. Der Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung schließt nicht aus, dass ein Behandlungsunterschied zwischen bestimmten Kategorien von Personen eingeführt wird, soweit dieser Unterschied auf einem objektiven Kriterium beruht und in angemessener Weise gerechtfertigt ist. Dieser Grundsatz steht übrigens dem entgegen, dass Kategorien von Personen, die sich angesichts der beanstandeten Maßnahme in wesentlich verschiedenen Situationen befinden, in gleicher Weise behandelt werden, ohne dass hierfür eine angemessene Rechtfertigung vorliegt.

Das Vorliegen einer solchen Rechtfertigung ist im Hinblick auf Zweck und Folgen der beanstandeten Maßnahme sowie auf die Art der einschlägigen Grundsätze zu beurteilen; es wird gegen den Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung verstoßen, wenn feststeht, dass die eingesetzten Mittel in keinem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen.

B.19. Es obliegt dem Gesetzgeber, die Besteuerungsgrundlage festzulegen. Er verfügt diesbezüglich über einen breiten Ermessensspielraum. Steuerliche Maßnahmen sind nämlich ein wesentlicher Teil der wirtschaftlich-sozialen Politik. Sie sorgen nicht nur für einen wesentlichen Teil der Einkünfte, die die Verwirklichung dieser Politik ermöglichen sollen, sondern sie erlauben es dem Gesetzgeber auch, lenkend und korrigierend aufzutreten und auf diese Weise die Sozial- und Wirtschaftspolitik zu gestalten.

Die gesellschaftlichen Entscheidungen, die bei dem Sammeln und Verwenden von Mitteln getroffen werden müssen, gehören daher zur Ermessensfreiheit des Gesetzgebers. Der Gerichtshof darf eine solche politische Entscheidung sowie die ihr zugrunde liegenden Begründungen nur missbilligen, wenn sie auf einem offensichtlichen Irrtum beruhen oder wenn sie offensichtlich unvernünftig wären.

B.20. Unter Berücksichtigung der weiten Ermessensfreiheit und der Zielsetzung der Kilometerabgabe, die dazu dient, die durch den Straßenverkehr verursachten Kosten aufzufangen im Bereich der Mobilität (Verkehrsstaus und Straßeninfrastruktur), der Umwelt (Luftverschmutzung und Lärmbelästigung) und der Verkehrssicherheit (Verschleiß der Fahrbahn und Verringerung der Unfälle), entbehrt es nicht einer vernünftigen Rechtfertigung, dass der Dekretgeber nicht zwischen den schweren Fahrzeugen unterschieden hat, je nachdem, ob damit Güter befördert werden oder je nach der Art der beförderten Güter - Werkzeuge oder andere Güter.

Es kann vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Fahrzeuge, die für die Beförderung von Gütern auf der Straße bestimmt sind, während eines Großteils der Zeit, in der sie auf öffentlichen Straßen unterwegs sind, tatsächlich Güter befördern. Es kann vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Fahrzeuge, die Werkzeuge befördern, auf ähnliche Weise wie Fahrzeuge, die andere Güter befördern, die vorerwähnten Kosten in Bezug auf Mobilität, Umwelt und Verkehrssicherheit mit sich bringen.

B.21. Bei der Einführung einer Steuer muss der Dekretgeber notwendigerweise die Schwierigkeiten berücksichtigen, die insbesondre hinsichtlich der Verwaltungs- und Infrastrukturkosten für die eintreibende Verwaltung mit der Erhebung der Steuer einhergehen.

Wie die Flämische Regierung anführt, würde ein Behandlungsunterschied zwischen den schweren Fahrzeugen je nachdem, ob sie tatsächlich Güter befördern, oder je nach der Art der beförderten Güter dazu führen, dass nicht nur die Zahl der durch das Fahrzeug zurückgelegten Kilometer registriert würde, sondern dass auch die Beladung des Fahrzeugs festgestellt und beurteilt werden müssten, bevor die Höhe der Kilometerabgabe bestimmt werden könnte. Eine solche Feststellung und Beurteilung würde einen übermäßigen Verwaltungsaufwand mit sich bringen.

B.22. Der Grundsatz der Rechtssicherheit beinhaltet, dass der Gesetzgeber nicht auf unverhältnismäßige Weise den Grundsatz verletzen darf, wonach jeder Steuerpflichtige mit einem Mindestmaß an Vorhersehbarkeit in der Lage sein muss, das Steuersystem, das ihm auferlegt werden wird, zu erkennen.

Aus der angefochtenen Bestimmung ergibt sich, dass das Fahrzeug für die Beförderung von Gütern auf der Straße « vorgesehen sein oder benutzt werden » muss. Da diese Bestimmung ausreichend deutlich und präzise formuliert ist, beeinträchtigt sie nicht auf diskriminierende Weise den Grundsatz der Rechtssicherheit.

B.23. Der dritte Klagegrund ist unbegründet.

B.24. Insofern der Begriff « Fahrzeug » in der angefochtenen Bestimmung lediglich eine Umsetzung desselben Begriffs in der Richtlinie 1999/62/EG sei, beantragt die klagende Partei schließlich, dass der Gerichtshof dem Europäischen Gerichtshof eine Vorabentscheidungsfrage zur Vereinbarkeit der betreffenden Richtlinienbestimmung mit dem unionsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz stellen solle.

Da sich aus der Prüfung des dritten Klagegrunds ergibt, dass der angeführte Beschwerdegrund offensichtlich unbegründet ist, besteht kein Anlass, eine Vorabentscheidungsfrage zu stellen.

Aus diesen Gründen:

Der Gerichtshof

weist die Klage zurück.

Erlassen in niederländischer, französischer und deutscher Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 23. Februar 2017.

Der Kanzler,

P.-Y. Dutilleux

Der Präsident,

E. De Groot