Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 25 September 2014 (België). RG 136/2014
- Section :
- Jurisprudence
- Source :
- Justel D-20140925-5
- Numéro de rôle :
- 136/2014
Résumé :
Der Gerichtshof erkennt für Recht: Artikel 111 Absatz 1 des Wallonischen Gesetzbuches über die Raumordnung, den Städtebau und das Erbe, ersetzt durch Artikel 48 des Dekrets der Wallonischen Region vom 18. Juli 2002, verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung.
Arrêt :
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und A. Alen, und den Richtern J.-P. Snappe, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, T. Giet und R. Leysen, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,
erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfragen und Verfahren
In seinem Entscheid Nr. 225.051 vom 10. Oktober 2013 in Sachen Erdogan Subay gegen die Wallonische Region - intervenierende Partei: die « Atelier CECI » PGmbH -, dessen Ausfertigung am 16. Oktober 2013 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat der Staatsrat folgende Vorabentscheidungsfragen gestellt:
« 1. Verstößt Artikel 111 Absatz 1 des Wallonischen Gesetzbuches über die Raumordnung, den Städtebau und das Erbe, in der aus dem Dekret der Wallonischen Region vom 18. Juli 2002 sich ergebenden Fassung, gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, indem er es ermöglicht, sowohl von den Vorschriften der Sektorenpläne in Bezug auf Gebiete, die zur städtebaulichen Erschließung bestimmt sind, als von denen der Sektorenpläne in Bezug auf Gebiete, die nicht zur städtebaulichen Erschließung bestimmt sind, abzuweichen, während die Gebiete, die nicht zur städtebaulichen Erschließung bestimmt sind, - darunter die Grüngebiete - zur Landschaftsgestaltung beitragen oder mit einem Bemühen um landschaftliche Ästhetik oder Schutz der Flora zusammenhängen und somit wegen ihrer unterschiedlichen Gestaltungsziele im Vergleich zu den Gebieten, die zur städtebaulichen Erschließung bestimmt sind, eine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf die Abweichungsregelung erfordern?
2. Verstößt Artikel 111 Absatz 1 des Wallonischen Gesetzbuches über die Raumordnung, den Städtebau und das Erbe, in der aus dem Dekret der Wallonischen Region vom 18. Juli 2002 sich ergebenden Fassung, gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, indem er es ermöglicht, ein bestehendes Gebäude in Abweichung von den Vorschriften der Sektorenpläne sowohl in Bezug auf Gebiete, die zur städtebaulichen Erschließung bestimmt sind, als auch auf Gebiete, die nicht zur städtebaulichen Erschließung bestimmt sind, zu vergrößern, während im Sinne des Regionalgesetzgebers die Letzteren insbesondere zur Landschaftsgestaltung beitragen und mit einem Bemühen um landschaftliche Ästhetik oder Schutz der Fauna und Flora zusammenhängen, im Gegensatz zu den Gebieten, die zur städtebaulichen Erschließung bestimmt sind, während insbesondere Artikel 111 Absatz 2 desselben Gesetzbuches Umbau- oder Vergrößerungsarbeiten an Bauten verbietet, die einen Übergriff auf Naturgebiete, Parkgebiete und Umkreise mit bemerkenswertem Ausblick beinhalten würden? ».
(...)
III. Rechtliche Würdigung
(...)
B.1.1. Artikel 111 des Wallonischen Gesetzbuches über die Raumordnung, den Städtebau und das Erbe (nachstehend: WGBRSE) bestimmt in der auf die vor dem vorlegenden Richter anhängige Streitsache anwendbaren Fassung:
« Gebäude, die der Zweckbestimmung eines Gebietes nicht entsprechen.
Die am Tag der Einreichung eines Genehmigungsantrags bestehenden Gebäude oder Einrichtungen im Sinne von Artikel 84, § 1, 1°, deren aktuelle oder zukünftige Zweckbestimmung den Vorschriften des Sektorenplans nicht entspricht, können Gegenstand von Umbau-, Vergrößerung- oder Wiederaufbauarbeiten sein.
Zu wirtschaftlichen Zwecken dürfen die am Tag des Antrags auf eine Genehmigung bestehenden Gebäude oder Einrichtungen im Sinne von Artikel 84, § 1, 1°, deren Zweckbestimmung den Vorschriften des Sektorenplans entspricht, Gegenstand von Umbau- oder Vergrößerungsarbeiten sein, für welche eine Abweichung von der Zweckbestimmung eines angrenzenden Gebiets erforderlich ist, mit Ausnahme der Naturgebiete, der Parkgebiete und der Umkreise mit bemerkenswertem Ausblick.
Das umgebaute, vergrößerte oder wiederaufgebaute Gebäude muss sich in den bebauten oder unbebauten Standort einfügen können ».
Die Vorabentscheidungsfragen beziehen sich auf Absatz 1 dieser Bestimmung.
B.1.2. Die Artikel 110 bis 114 des WGBRSE bilden Abschnitt 2 mit der Überschrift « Abweichungen », der Bestandteil von Kapitel III (« Genehmigungsanträge, Entscheidungen und Einsprüche ») von Titel V (« Städtebaugenehmigungen und -bescheinigungen ») von Buch I (« Grundlegende Bestimmungen zur Organisation der Raumordnung und des Städtebaus ») dieses Gesetzbuches ist.
Die Artikel 110 bis 113 bestimmen, dass Abweichungen - insbesondere vom Sektorenplan - bei der Ausstellung einer Städtebaugenehmigung gewährt werden können. Artikel 114 präzisiert das Verfahren der Beantragung und Gewährung der Abweichungen. Im Allgemeinen können Abweichungen in Sachen Städtebau nur ausnahmsweise von der Regierung oder vom beauftragten Beamten bewilligt werden.
B.2. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Streitsache vor dem vorlegenden Richter sich auf die Erteilung einer Globalgenehmigung für die Regularisierung der Erweiterung eines bestehenden Gebäudes und den Betrieb einer Werkstatt für Metallverarbeitung bezieht, wobei das bestehende Gebäude sowie dessen Erweiterung, die zum Betrieb der Werkstatt bestimmt sind, teilweise in einem Grüngebiet liegen.
Der Gerichtshof beschränkt seine Prüfung auf diesen Fall.
In Bezug auf die erste Vorabentscheidungsfrage
B.3. Dem Gerichtshof wird eine erste Vorabentscheidungsfrage zur Vereinbarkeit von Artikel 111 Absatz 1 des WGBRSE mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung gestellt, insofern mit dieser Bestimmung keine differenzierte Regelung eingeführt werde in Bezug auf die Möglichkeiten zu Abweichungen von den Vorschriften eines Sektorenplans zwischen den für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebieten und den nicht für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebieten - darunter die Grüngebiete -, während die Letzteren zur Landschaftsgestaltung beitrügen oder mit einem Bemühen um landschaftliche Ästhetik oder Schutz der Flora zusammenhingen.
Die klagende Partei vor dem vorlegenden Richter beruft sich unter anderem auf Artikel 1 § 1 Absatz 2 des WGBRSE, der bestimmt:
« Die Region und die anderen öffentlichen Behörden, jede im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und in Koordination mit der Region, sind Verwalter und Verwahrer der Raumordnung. Sie kommen den sozialen, wirtschaftlichen, erbe- und umweltbezogenen Bedürfnissen der Gemeinschaft nach, durch eine dauerhafte, qualitative Verwaltung des Lebensraumes, durch eine schonende Benutzung des Bodens und seiner natürlichen Ressourcen und durch die Erhaltung und die Entwicklung des kulturellen, natürlichen und landschaftlichen Erbes ».
B.4. In der auf das Verfahren vor dem vorlegenden Richter anwendbaren Fassung bestimmte Artikel 25 des WGBRSE:
« Aufteilung des Sektorenplans in Gebiete
Der Sektorenplan umfasst Gebiete, die zur Verstädterung bestimmt sind, sowie Gebiete, die nicht zur Verstädterung bestimmt sind.
Die folgenden Gebiete sind zur Verstädterung bestimmt:
1° Das Wohngebiet;
2° Das Wohngebiet mit ländlichem Charakter;
3° Das Gebiet für öffentliche Dienststellen und gemeinschaftliche Anlagen;
4° Das Freizeitgebiet;
5° Das Gewerbegebiet;
6° Das spezifische Gewerbegebiet;
7° Das Abbaugebiet;
8° Das Bauerwartungsgebiet;
9° Das Bauerwartungsgebiet mit industriellem Charakter.
Die folgenden Gebiete sind nicht zur Verstädterung bestimmt:
1° Das Agrargebiet;
2° Das Forstgebiet;
3° Das Grüngebiet;
4° Das Naturgebiet;
5° Das Parkgebiet ».
In den Artikeln 26 bis 39 des WGBRSE wird jedes der in Artikel 25 des WGBRSE erwähnten Gebiete definiert.
In Artikel 37 des WGBRSE wird das Grüngebiet wie folgt definiert:
« Das Grüngebiet.
Das Grüngebiet ist für die Erhaltung, den Schutz und die Regeneration des natürlichen Milieus bestimmt. Es trägt zur Landschaftsgestaltung bei oder stellt eine geeignete pflanzliche Übergangszone dar zwischen Gebieten, deren Zweckbestimmung unvereinbar ist ».
B.5. Der Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung schließt nicht aus, dass ein Behandlungsunterschied zwischen bestimmten Kategorien von Personen eingeführt wird, soweit dieser Unterschied auf einem objektiven Kriterium beruht und in angemessener Weise gerechtfertigt ist. Dieser Grundsatz steht übrigens dem entgegen, dass Kategorien von Personen, die sich angesichts der beanstandeten Maßnahme in wesentlich verschiedenen Situationen befinden, in gleicher Weise behandelt werden, ohne dass hierfür eine angemessene Rechtfertigung vorliegt.
Das Vorliegen einer solchen Rechtfertigung ist im Hinblick auf Zweck und Folgen der beanstandeten Maßnahme sowie auf die Art der einschlägigen Grundsätze zu beurteilen; es wird gegen den Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung verstoßen, wenn feststeht, dass die eingesetzten Mittel in keinem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen.
B.6. Zunächst ist festzustellen, dass der in Artikel 25 des WGBRSE vorgesehene Unterschied zwischen den für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebieten und den nicht für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebieten nur in gewissen Bestimmungen des Gesetzbuches verwendet wird.
In den Vorarbeiten zum Dekret vom 27. November 1997, durch das diese Unterscheidung in Artikel 25 des WGBRSE eingefügt wurde, heißt es:
« Diese Unterscheidung ist mit der Notwendigkeit in Verbindung zu bringen, jede Änderung des Sektorenplans von einer Umweltverträglichkeitsstudie abhängig zu machen, wenn es darum geht, neue Gebiete, die für eine städtebauliche Erschließung bestimmt sind, einzutragen, so wie es im Entwurf zu Artikel 42 vorgesehen ist » (Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 1996-1997, Nr. 233/1, S. 9).
Zur Erläuterung dieser Unterscheidung hat der Minister erklärt:
« Die Änderung eines Agrargebiets, um daraus ein bebaubares Gebiet zu machen, erfordert notwendigerweise eine Umweltverträglichkeitsstudie, das Gegenteil ist nicht wahr.
[...]
Die Grundstücke, die nicht als solche zur Bebauung bestimmt sind, können dennoch ergänzend Bauwerke aufnehmen » (Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 1996-1997, Nr. 233/222, SS. 121-122).
In der vor dem vorlegenden Richter anwendbaren Fassung des WGBRSE wurde diese Unterscheidung nur in den Artikeln 46 (Änderung des Sektorenplans durch Aufnahme eines neuen Bebauungsgebiets), 54 (Erstellung und Änderung eines vom Sektorenplan abweichenden kommunalen Raumordnungsplans im Hinblick auf die Aufnahme eines für die städtebauliche Erschließung bestimmten Gebiets), 84 § 1 Nr. 8 Buchstabe b) (Befreiung von der Städtebaugenehmigung für die Produktion von Weihnachtsbäumen in einem nicht für die städtebauliche Erschließung bestimmten Gebiet), 88 Nr. 2 Absatz 2 (Möglichkeit zur Begrenzung der Dauer der Städtebaugenehmigung, wenn sie sich auf Handlungen und Arbeiten in einem nicht für die städtebauliche Erschließung bestimmten Gebiet beziehen) und 175 (Vorkaufsrecht) angeführt.
Die Unterscheidung zwischen den für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebieten und den nicht für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebieten wird hingegen nicht in den Artikeln 110 bis 112 des Gesetzbuches verwendet, die sich auf Abweichungen vom Sektorenplan durch Genehmigungen beziehen.
B.7. Die fragliche Bestimmung entspricht dem Bemühen des Dekretgebers, in gewissen Fällen trotz einer Regelung über die Raumordnung aufgrund von Bodennutzungsplänen und Bodennutzungsvorschriften die Erteilung von Baugenehmigungen in Abweichung zu diesen Plänen und Vorschriften zu erlauben.
B.8. Indem der Dekretgeber sich dafür entschieden hat, kein Gebiet - weder die nicht für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebiete, noch, spezifischer, die Grüngebiete - von der Möglichkeit zu Abweichungen, die in der fraglichen Bestimmung vorgesehen ist, auszuschließen, hat er ein Verfahren eingeführt, das identisch auf alle Gebiete anwendbar ist, es gleichzeitig aber der zuständigen Behörde überlassen, die in der fraglichen Bestimmung vorgesehenen strikten Bedingungen hinsichtlich sämtlicher konkreten Elemente des Antrags zu beurteilen unter Berücksichtigung der abweichenden und somit außerordentlichen Beschaffenheit der Maßnahme, der spezifischen Merkmale des betreffenden Gebiets sowie der in Artikel 1 des WGBRSE angeführten Ziele. Auch wenn die fragliche Bestimmung der Behörde eine bedeutende Ermessensbefugnis überlässt, verpflichtet sie diese im gleichen Maße, ihre diesbezügliche Entscheidung besonders zu begründen, dies unter der Kontrolle des Staatsrates.
Da Artikel 114 des WGBRSE auf Artikel 111 Absatz 1 anwendbar ist, können in der Tat gemäß dieser Bestimmung Abweichung « ausnahmsweise » durch die Regierung für Umbau-, Vergrößerungs- oder Wiederaufbauarbeiten an Gebäuden erteilt werden, die zum Zeitpunkt des Einreichens des Antrags auf Genehmigung bestehen und deren heutige oder zukünftige Zweckbestimmung nicht den Vorschriften des Sektorenplans entspricht.
B.9. Somit hat der Staatsrat geurteilt, dass die fragliche Maßnahme als Abweichungsmechanismus « einschränkend auszulegen ist » und Gegenstand einer « äußerst begrenzten Anwendung [sein muss], wenn die strittige Parzelle in einem Gebiet eingestuft ist, in dem Gebäude zwar nicht verboten, aber zumindest die Ausnahme bleiben müssen » (Staatsrat, 12. Februar 2004, Nr. 128.133; Staatsrat, 19. April 2007, Nr. 170.235; Staatsrat, 27. Juni 2007, Nr. 172.780).
Die Behörde ist überdies verpflichtet, die Handlung zu begründen auf eine Weise, aus der « neben der Einhaltung der für den angewandten abweichenden Mechanismus geltenden Bedingungen die Gründe für die Anwendung des abweichenden Mechanismus in dem betreffenden Fall » ersichtlich sind (Staatsrat, 7. August 2006, Nr. 161.175; Staatsrat, 11. Januar 2007, Nr. 166.575; Staatsrat, 11. Februar 2011, Nr. 211.202; siehe ebenfalls Staatsrat, 23. Oktober 2009, Nr. 197.278).
B.10. Die Möglichkeit zur Abweichung, die in der fraglichen Bestimmung vorgesehen ist, muss also einschränkend ausgelegt werden, und ihre Anwendung muss ordnungsgemäß durch eine individuelle Beurteilung anhand der spezifischen Zweckbestimmung des betreffenden Gebiets im Antrag auf Abweichung begründet sein.
Die Abweichung von den Vorschriften des Sektorenplans ist umso mehr eine Ausnahme, als dadurch einerseits das Interesse von Umbau-, Vergrößerungs- oder Wiederaufbauarbeiten an einem bestehenden Gebäude, das selbst nicht den Vorschriften des Sektorenplans entspricht, mit andererseits dem Interesse des Natur- und Landschaftsschutzes, das in nicht zur städtebaulichen Erschließung bestimmten Gebieten, und insbesondere in Grüngebieten, angestrebt wird, wobei von deren Vorschriften eine Abweichung beantragt wird, in Einklang gebracht werden muss.
Es obliegt dem Staatsrat zu beurteilen, ob die Anwendung der fraglichen Maßnahme den in den Artikeln 111 Absätze 1 und 3 und 114 des WGBRSE vorgesehenen strikten Bedingungen entspricht.
B.11. Die fragliche Bestimmung entbehrt nicht einer vernünftigen Rechtfertigung.
Die erste Vorabentscheidungsfrage ist verneinend zu beantworten.
In Bezug auf die zweite Vorabentscheidungsfrage
B.12. Dem Gerichtshof wird eine zweite Vorabentscheidungsfrage gestellt zur Vereinbarkeit von Artikel 111 Absatz 1 des WGBRSE mit den Artikeln 10 und 11 der Verfassung, insofern diese Bestimmung es erlaube, ein bestehendes Gebäude in Abweichung von den Vorschriften der Sektorenpläne sowohl in Bezug auf die für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebiete als auch für die nicht für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebiete zu vergrößern, während Artikel 111 Absatz 2 desselben Gesetzbuches Umbau- oder Vergrößerungsarbeiten an Bauwerken, die einen Übergriff auf Naturgebiete, Parkgebiete und Umkreise mit bemerkenswertem Ausblick beinhalteten, verbiete.
B.13.1. Während Artikel 111 Absatz 1 des WGBRSE den Fall betrifft, in dem Gebäude oder Anlagen im Sinn von Artikel 84 § 1 Nr. 1, die von den Vorschriften des Sektorenplans abweichen, Gegenstand von Umbau-, Vergrößerungs- oder Wiederaufbauarbeiten sind, betrifft Artikel 111 Absatz 2 desselben Gesetzbuches den Fall, in dem Gebäude oder Anlagen im Sinn von Artikel 84 § 1 Nr. 1, die nicht von den Vorschriften des Sektorenplans abweichen, wegen wirtschaftlicher Bedürfnisse Gegenstand von Umbau-, Vergrößerungs- oder Wiederaufbauarbeiten sind, die eine Abweichung von den Vorschriften des Sektorenplans über ein angrenzendes Gebiet beinhalten; im Falle des marginalen Übergriffs auf ein angrenzendes Gebiet schließt Artikel 111 Absatz 2 eine Abweichung von den Vorschriften des Sektorenplans für Naturgebiete, Parkgebiete und Umkreise mit bemerkenswertem Ausblick aus.
B.13.2. In Artikel 38 des WGBRSE wird das Naturgebiet wie folgt definiert:
« Das Naturgebiet.
Das Naturgebiet ist für die Erhaltung, den Schutz und die Regeneration von natürlichen Lebensräumen mit großem biologischem Wert bestimmt oder von Lebensräumen, die Arten enthalten, deren Erhaltung unbedingt erforderlich ist, ob es sich dabei um auf der Erde oder im Wasser lebende Arten handelt.
In diesem Gebiet sind nur die Handlungen und Arbeiten gestattet, die zum aktiven oder passiven Schutz dieser Lebensräumen bzw. Arten dienen ».
In Artikel 39 des WGBRSE, in der auf das Verfahren vor dem vorlegenden Richter anwendbaren Fassung, wird das Parkgebiet wie folgt definiert:
« Das Parkgebiet.
Das Parkgebiet ist für die Schaffung von Grünflächen bestimmt, im Sinne eines ästhetischen Landschaftsgefüges.
Dort sind nur die Handlungen und Arbeiten gestattet, die für dessen Schaffung, Unterhalt oder Verschönerung erforderlich sind.
Wenn die Fläche des Parkgebiets fünf Hektar überschreitet, können ebenfalls andere Handlungen und Arbeiten stattfinden, insofern sie die Hauptbestimmung des Gebiets nicht gefährden, und ein kommunaler Raumordnungsplan, der das ganze Gebiet deckt, in Kraft getreten ist. Die Regierung beschließt die Liste der Handlungen und Arbeiten, die in den Parkgebieten durchgeführt werden können, sowie den Anteil der Grundfläche, der für solche Arbeiten dienen kann ».
In der auf das Verfahren vor dem vorlegenden Richter anwendbaren Fassung bestimmte Artikel 40 des WGBRSE, ersetzt durch Artikel 20 des Dekrets vom 18. Juli 2002:
« Im Plan können zusätzlich zur Festlegung der vorgenannten Gebiete folgende Umkreise, deren Inhalt von der Regierung bestimmt wird, als Überdruck verzeichnet werden:
1° Umkreis mit bemerkenswertem Ausblick;
[...] ».
Die Umkreise sind als « eine Ergänzung zu den Vorschriften bezüglich der Durchführung der Sektorenpläne » (Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 1996-1997, Nr. 233/1, S. 11) im Sinne der Artikel 25 bis 39 des WGBRSE zu verstehen.
In Artikel 452/20 des WGBRSE wird der « Umkreis mit bemerkenswertem Ausblick » wie folgt definiert:
« Umkreis mit bemerkenswertem Ausblick
Der Umkreis mit bemerkenswertem Ausblick ist dazu bestimmt, außergewöhnliche Ausblicke auf eine bebaute bzw. nicht bebaute Landschaft zu erhalten.
Die Handlungen und Arbeiten, für welche eine Genehmigung erforderlich ist, können in einem solchen Umkreis entweder verboten oder mit geeigneten Bedingungen verbunden werden, die verhindern können, dass der bemerkenswerte Ausblick beeinträchtigt wird ».
Dieser Umkreis schließt sich im Überdruck den Gebieten des Sektorenplans an.
B.14.1. In Bezug auf die in Artikel 111 Absatz 2 des WGBRSE vorgesehene Möglichkeit des Übergriffs auf ein angrenzendes Gebiet heißt es in den Vorarbeiten zu Artikel 48 des Dekrets der Wallonischen Region vom 18. Juli 2002, der Artikel 111 des WGBRSE ersetzt hat:
« Es werden zwei Fälle von Abweichungen von den Vorschriften der Sektorenpläne hinzugefügt.
[...]
Der zweite Fall betrifft die Problematik der Vergrößerung von Gebäuden, die der Gebietseinteilung des Sektorenplans entsprechen, die jedoch nur in einem angrenzenden Gebiet erfolgen kann, das seinerseits nicht die Aufnahme solcher Gebäude oder Tätigkeiten erlaubt. Der bestehende Artikel 111 ermöglicht es insbesondere, die Vergrößerung eines Industriegebäudes, das nicht dem Agrargebiet des Sektorenplans entspricht, zu genehmigen, erlaubt jedoch nicht die Vergrößerung eines in einem Gebiet für Wirtschaftstätigkeiten gelegenen Gebäudes, dessen Erweiterung nur in einem angrenzenden - beispielsweise landwirtschaftlichen - Gebiet verwirklicht werden kann. Dies führt zu einer gewissen Diskriminierung zwischen beiden Situationen.
[...]
Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, insbesondere unter den Bedingungen des bestehenden Absatzes 2 von Artikel 111 und von Artikel 114 die Erteilung einer Genehmigung zu erlauben, durch die die beantragte Erweiterung in Abweichung von der Zweckbestimmung des angrenzenden Gebietes ganz oder teilweise genehmigt wird. Dieser abweichende Mechanismus könnte außerdem nur angewandt werden, um wirtschaftlichen Bedürfnissen zu entsprechen. Mit anderen Worten wird ausgeschlossen, dass die Anwendung dieses Mechanismus zu unannehmbaren Entgleisungen führen würde » (Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 2001-2002, Nr. 309/1, S. 12).
Es wird präzisiert:
« Außerdem ist dieser Mechanismus ausgeschlossen, wenn das angrenzende Gebiet ein Naturgebiet, ein Parkgebiet oder ein Umkreis mit bemerkenswertem Ausblick ist » (ebenda, S. 47).
In dem Bericht des Ausschusses wird erläutert, dass im neuen Text « der Begriff des 'marginalen Übergriffs' und somit die Möglichkeit vorgeschlagen wird, eine Städtebaugenehmigung für eine Erweiterung zu erteilen, die in ein nicht städtebaulich erschließbares angrenzendes Gebiet hineinreicht, wobei diese Abweichung ausschließlich aus wirtschaftlichen Bedürfnissen gewährt wird » (Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 2001-2002, Nr. 309/170, S. 13).
B.14.2. In Bezug auf den Entwurf zu Artikel 48 wurde ein Abänderungsantrag hinterlegt, um Artikel 111 Absatz 2 aufzuheben (Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 2001-2002, Nr. 309/116); es wurde der Standpunkt vertreten, dass diese Maßnahme « dazu beiträgt, die im Sektorenplan angeführte Gebietseinteilung in Bezug auf den Schutz der Agrargebiete zu deregulieren » und dass es « besser [wäre], eine Beurteilung von Fall zu Fall statt eine automatische Abweichung einzuführen, die die Gebietseinteilung 'untergräbt', dies umso mehr, als diese Abweichung nicht abgegrenzt ist » (Parl. Dok., Wallonisches Parlament, 2001-2002, Nr. 309/170, S. 267).
Ein anderer Parlamentarier hob ebenfalls seine Befürchtungen in Bezug auf die sorgfältige Bodennutzung hervor und stellte sich Fragen dazu, « ob es opportun ist, zu allen ausgeschlossenen Gebieten die Grüngebiete und die Umkreise im Sinne von Artikel 40 Nrn. 1, 2 und 5 hinzuzufügen » (ebenda, S. 268):
« Im Grunde sind Grüngebiete als Gebiete der Regeneration im Sektorenplan eingestuft; diese dürfen also nicht gefährdet werden. Außerdem dienen solche Gebiete oft als ideales Übergangsgebiet zwischen zwei Gebieten, die im Sektorenplan nicht miteinander vereinbar sind.
Der Redner ist der Auffassung, dass im bestehenden Text die Rolle der Grüngebiete gefährdet wird und eine Reihe von Nachbarschaftskonflikten die Tür geöffnet wird. Er ist auch der Auffassung, dass es im kollektiven Interesse liegt, die Gebiete mit größeren Risiken auszuschließen » (ebenda).
Angesichts dieser Besorgnis hat der Minister Folgendes in Erinnerung gerufen:
« Artikel 111 gehört zum Abschnitt der Abweichungen und also nur als Ausnahme und unter der Voraussetzung der Durchführung einer öffentlichen Untersuchung zu verstehen.
Außerdem ist im Entwurf vorgesehen, dass diese Abweichung ausschließlich für wirtschaftliche Zwecke gewährt werden kann und sich auf keinen Fall auf Naturgebiete, Parkgebiete und Umkreise mit bemerkenswertem Ausblick beziehen darf » (ebenda, S. 94).
Der Minister hat ebenfalls geantwortet:
« Die Elemente der Sache werden ausschlaggebend dafür sein, ob die angeführten wirtschaftlichen Gründe ausreichend gerechtfertigt und beweiskräftig sind.
[....]
Außerdem kann eine Abweichung mehrere Male gewährt werden, sofern sie eine Ausnahme bleibt. Man muss jedoch bedenken, dass die Ausnahme voraussetzt, dass die Situation nicht wiederholt auftritt; es spricht jedoch nichts dagegen, dass sie ein oder zwei Mal erteilt wird. Dies ist eine Ermessensfrage. Es gibt keine Antwort a priori. Die Auslegung des Konzeptes wird durch eine Klage bei dem Staatsrat beurteilt werden » (ebenda, S. 268).
B.15. Mit Artikel 111 Absatz 2 des WGBRSE wird kein differenziertes System für mögliche Abweichungen vom Sektorenplan eingeführt, je nachdem, ob das betreffende Gebiet ein Grüngebiet ist oder nicht, sondern es wird der Behörde überlassen, in concreto die Notwendigkeit einer Abweichung von der außergewöhnlichen Beschaffenheit zu beurteilen und zu begründen gemäß Artikel 114 des WGBRSE, dies unter der Kontrolle des Staatsrates.
B.16. Mit Artikel 111 Absatz 2 des WGBRSE wird ebenfalls kein differenziertes System von Abweichungen vom Sektorenplan eingeführt, je nachdem, ob das Gebiet für eine städtebauliche Erschließung bestimmt ist oder nicht.
In dieser Bestimmung ist ein Ausschluss vom System des marginalen Übergriffs nämlich nur für Naturgebiete, Parkgebiete und Umkreise mit bemerkenswertem Ausblick vorgesehen.
Das für diese Maßnahme eingeführte spezifische System betrifft also nur bestimmte Gebiete, die nicht für eine städtebauliche Erschließung bestimmt sind, sowie die Umkreise mit bemerkenswertem Ausblick; diese Bestimmung bestätigt, dass der Dekretgeber nicht alle Gebiete, die nicht für eine städtebauliche Erschließung bestimmt sind, vom abweichenden System des marginalen Übergriffs ausschließen wollte, sondern nur einige von ihnen, angesichts ihrer besonderen Zielsetzungen hinsichtlich der natürlichen Umwelt und der Landschaftsschönheit.
17. Durch Artikel 111 Absatz 2 des WGBRSE werden also weder auf allgemeine Weise die nicht für eine städtebauliche Erschließung bestimmten Gebiete, noch auf spezifische Weise die Grüngebiete unterschiedlich behandelt hinsichtlich der damit eingeführten Möglichkeit zu Abweichungen vom Sektorenplan.
B.18. Die zweite Vorabentscheidungsfrage ist verneinend zu beantworten.
Aus diesen Gründen:
Der Gerichtshof
erkennt für Recht:
Artikel 111 Absatz 1 des Wallonischen Gesetzbuches über die Raumordnung, den Städtebau und das Erbe, ersetzt durch Artikel 48 des Dekrets der Wallonischen Region vom 18. Juli 2002, verstößt nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung.
Erlassen in französischer und niederländischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 25. September 2014.
Der Kanzler,
(gez.) P.-Y. Dutilleux
Der Präsident,
(gez.) J. Spreutels