Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 29 Januar 2014 (België). RG 15/2014
- Section :
- Jurisprudence
- Source :
- Justel D-20140129-7
- Numéro de rôle :
- 15/2014
Résumé :
Der Gerichtshof erkennt für Recht: 1. Die erste Vorabentscheidungsfrage bedarf keiner Antwort. 2. - Die Artikel 12 und 37 des Dekrets der Flämischen Region vom 2. Juli 1981 über die Vermeidung von Abfällen und die Abfallwirtschaft, ersetzt durch Artikel 21 des Dekrets vom 20. April 1994 und vor der Abänderung durch das Dekret vom 22. April 2005, verstoßen gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, wenn sie dahin ausgelegt werden, dass sie die Kosten einer von der OVAM von Amts wegen durchgeführten Beseitigung von Abfällen dem Eigentümer eines unbeweglichen Gutes, das durch Abfälle verunreinigt ist, auferlegen, obwohl dieser Eigentümer nicht wusste und nicht wissen musste, dass das unbewegliche Gut mit Abfällen verunreinigt war zu dem Zeitpunkt, als er Eigentümer wurde. - Dieselben Bestimmungen verstoßen nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, wenn sie dahin ausgelegt werden, dass der Eigentümer eines unbeweglichen Gutes, das durch Abfälle verunreinigt ist, der wusste oder wissen musste, dass das unbewegliche Gut mit Abfällen verunreinigt war zu dem Zeitpunkt, als er Eigentümer wurde, als erster für die Kosten haftbar gemacht wird, die die OVAM hat übernehmen müssen, um die Abfälle von Amts wegen zu beseitigen, die in Übertretung von Artikel 12 des Abfalldekrets hinterlassen oder beseitigt wurden, wenn durch diese Abfälle die Gefahr einer Belästigung oder eines Schadens für den Menschen oder die Umwelt besteht.
Arrêt :
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten A. Alen und J. Spreutels, den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F. Daoût und T. Giet, und dem emeritierten Präsidenten M. Bossuyt gemäß Artikel 60bis des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des emeritierten Präsidenten M. Bossuyt,
verkündet nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfragen und Verfahren
In seinem Entscheid vom 18. Dezember 2012 in Sachen der « Haras » Gen.mbH gegen die « Openbare Vlaamse Afvalstoffenmaatschappij », dessen Ausfertigung am 11. Januar 2013 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat der Appellationshof Brüssel folgende Vorabentscheidungsfragen gestellt:
« 1. Verstößt Artikel 12 des Abfalldekrets (Dekret des Flämischen Rates vom 2. Juli 1981 über die Vermeidung von Abfällen und die Abfallwirtschaft, wie später abgeändert), in der vor seiner Abänderung durch Artikel 21 des Dekrets vom 22. April 2005 (Belgisches Staatsblatt, 13. Mai 2005) geltenden Fassung, in Kraft getreten am 1. Januar 1995,
gegen das in den Artikeln 12 Absatz 2 und 14 der Verfassung sowie in Artikel 7 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Legalitätsprinzip, indem der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff ' Hinterlassen von Abfällen ' in dermaßen weit gefasstem Sinne ausgelegt wird, dass eine Person, die selbst keine Abfälle (auf aktive Weise) hinterlassen hat, sondern nur Eigentümer eines Geländes geworden ist, auf dem jemand anders Abfälle hinterlassen hat, und der Aufforderung, die vorgefundenen Abfälle zu beseitigen, nicht sofort Folge leistet, aufgrund dieses Artikels in Verbindung mit Artikel 56 des Abfalldekrets strafrechtlich belangt werden kann, und in Verbindung mit Artikel 37 des Abfalldekrets zur Erstattung der der OVAM durch die von Amts wegen durchgeführte Beseitigung entstandenen Kosten verpflichtet werden kann?
2. Verstößt Artikel 12 des Abfalldekrets in der vor seiner Abänderung durch Artikel 21 des Dekrets vom 22. April 2005 (Belgisches Staatsblatt, 13. Mai 2005) geltenden Fassung, in Kraft getreten am 1. Januar 1995, gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, indem diese Bestimmung in dermaßen weit gefasstem Sinne ausgelegt wird, dass zwei grundsätzlich verschiedene Situationen gleich behandelt werden, und zwar die Situation, in der eine Person Abfälle aktiv auf einem Gelände hinterlässt und sie nachher nicht vorschriftsgemäß beseitigt, einerseits und die Situation, in der eine Person selbst keine Abfälle aktiv hinterlassen hat, jedoch ohne vom Vorhandensein von Abfällen Kenntnis zu haben, Eigentümer eines Geländes geworden ist, auf dem eine andere Person Abfälle hinterlassen hat, und der Aufforderung, diese Abfälle zu beseitigen, nicht Folge leistet, andererseits? ».
(...)
III. Rechtliche Würdigung
(...)
B.1. Der Appellationshof Brüssel fragt den Gerichtshof, ob Artikel 12 des Dekrets der Flämischen Region vom 2. Juli 1981 über die Vermeidung von Abfällen und die Abfallwirtschaft (nachstehend: Abfalldekret), ersetzt durch das Dekret vom 20. April 1994 und vor der Abänderung durch das Dekret vom 22. April 2005, vereinbar sei mit einerseits den Artikeln 12 und 14 der Verfassung und Artikel 7 des Europäischen Menschenrechtskonvention (erste Vorabentscheidungsfrage) und andererseits den Artikeln 10 und 11 der Verfassung (zweite Vorabentscheidungsfrage).
In der Fassung, die auf die vor dem vorlegenden Rechtsprechungsorgan anhängigen Streitsache anwendbar ist, bestimmte Artikel 12 des Abfalldekrets:
« Es ist verboten, Abfälle im Widerspruch zu den Vorschriften dieses Dekrets oder den Ausführungserlassen zu hinterlassen oder zu beseitigen ».
Der Gerichtshof wird gebeten, diese Bestimmung in Verbindung mit den Artikeln 56 und 37 des Abfalldekrets zu prüfen, die in der durch das Dekret vom 20. April 1994 abgeänderten Fassung bestimmten:
« Art. 56. Mit einer Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren und mit einer Geldbuße von 100 Franken bis zu 10 Millionen Franken oder mit nur einer dieser Strafen wird bestraft:
1. derjenige, der die durch oder aufgrund dieses Dekrets festgelegten Vorschriften oder die Vorschriften der erteilten Genehmigung verletzt;
[...] ».
« Art. 37. Wenn Abfälle unter Verletzung von Artikel 12 dieses Dekrets hinterlassen oder beseitigt werden und wenn hierdurch die Gefahr einer Belästigung oder eines Schadens für den Menschen oder die Umwelt besteht, kann die OVAM diese Abfälle von Amts wegen beseitigen. Die OVAM kann hierzu den Beistand der Gendarmerie, der Polizei, der Feuerwehr, des Zivilschutzes und anderer Verwaltungen anfordern.
Nach Möglichkeit wird der Übertretende vorher angehört. In jedem Fall werden die Maßnahme und deren Begründung dem Übertretenden per Einschreibebrief mitgeteilt.
Die Beseitigung von Amts wegen erfolgt auf Kosten des Übertretenden ».
B.2. Der vorlegende Richter fragt, ob Artikel 12 des Abfalldekrets vereinbar sei mit den Artikeln 12 und 14 der Verfassung sowie mit Artikel 7 der Europäischen Menschenrechtskonvention, insofern der Ausdruck « Hinterlassen von Abfällen » in dieser Bestimmung « in dermaßen weit gefasstem Sinne ausgelegt wird, dass eine Person, die selbst keine Abfälle (auf aktive Weise) hinterlassen hat, sondern nur Eigentümer eines Geländes geworden ist, auf dem jemand anders Abfälle hinterlassen hat, und der Aufforderung, die vorgefundenen Abfälle zu beseitigen, nicht sofort Folge leistet, aufgrund dieses Artikels in Verbindung mit Artikel 56 des Abfalldekrets, strafrechtlich belangt werden kann, und in Verbindung mit Artikel 37 des Abfalldekrets zur Erstattung der der OVAM durch die von Amts wegen durchgeführte Beseitigung entstandenen Kosten verpflichtet werden kann ».
B.3. Wie aus den Vorarbeiten hervorgeht, beruht Artikel 12 des Abfalldekrets, eingefügt durch das Dekret vom 20. April 1994 zur Abänderung des Dekrets vom 2. Juli 1981 über die Abfallwirtschaft, auf einer europäischen Richtlinie:
« Artikel 11 [des Entwurfs - später Artikel 12] enthält zwei Verbotsbestimmungen:
- es ist verboten, Abfälle zu hinterlassen;
- es ist verboten, Abfälle im Widerspruch zu den Vorschriften dieses Dekrets oder den Ausführungserlassen zu beseitigen.
Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 75/442/EWG in der durch die Richtlinie 91/156/EWG abgeänderten Fassung bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um eine unkontrollierte Ablagerung oder Ableitung von Abfällen und deren unkontrollierte Beseitigung zu verbieten. Artikel 11 bezweckt, dies zu verwirklichen, indem das unkontrollierte Hinterlassen sowie die Beseitigung von Abfällen im Widerspruch zu den Vorschriften des Abfalldekrets oder dessen Ausführungserlassen verboten werden. Ähnliche Verbotsbestimmungen waren bereits in Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Juli 1974 über giftige Abfälle und Artikel 5 und 6 des Dekrets vom 2. Juli 1981 enthalten » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 1993-1994, Nr. 485/1, S. 41).
Im Bericht namens des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz heißt es:
« Es ist verboten, Abfälle im Widerspruch zu den Vorschriften dieses Dekrets oder dessen Ausführungserlassen zu hinterlassen oder zu beseitigen.
Trotzdem reicht es nicht aus, bloß die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Eine Person, die Abfälle bewirtschaftet oder beseitigt, wird nämlich verpflichtet, zusätzlich zu den gesetzlichen Verpflichtungen alle vernünftigen Maßnahmen zu ergreifen, um jede Gefahr für Mensch und Umwelt zu vermeiden oder soweit wie möglich zu begrenzen » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 1993-1994, Nr. 485/3, S. 14).
Insbesondere bezüglich der von Amts wegen durchgeführten Beseitigung von Abfällen im Sinne von Artikel 37 des Abfalldekrets heißt es in der Begründung des Dekretentwurfs:
« Dieser Artikel ersetzt die bestehenden Bestimmungen des Abfalldekrets in Bezug auf die ' Beseitigung von Amts wegen ' von Abfällen. Diese Bestimmungen verleihen der OVAM die Befugnis, von Amts wegen die Abfälle eines Unternehmens zu beseitigen, das es nach einer Mahnung unterlässt, selbst diese Abfälle gemäß den Vorschriften des Dekrets zu beseitigen. Artikel 21 § 2 Buchstabe c) des Dekrets bestimmt, dass die Beseitigung von Amts wegen durch die OVAM auf Kosten des in Verzug bleibenden Unternehmens erfolgt.
Der universitätsübergreifende Ausschuss zur Revision des Umweltrechts hat einen Vorschlag von allgemeinen Bestimmungen in Bezug auf die Sicherheitsmaßnahmen ausgearbeitet, der die verschiedenen bestehenden Regelungen in sektoriellen Umweltgesetzen und -dekreten ersetzen soll. In Erwartung des Zustandekommens einer solchen allgemeinen Regelung bleibt es notwendig, im Abfalldekret eine Möglichkeit für die OVAM vorzusehen, Abfälle von Amts wegen zu beseitigen, die hinterlassen oder auf ungesetzliche Weise beseitigt werden und die eine Gefahr einer Belästigung oder eines Schadens für den Menschen oder die Umwelt darstellen. Wie im Vorschlag für allgemeine Bestimmungen des Bocken-Ausschusses vorgesehen ist, wird festgelegt, dass ein Übertretender möglichst vorher angehört werden muss und dass die mit Gründen versehenen Sicherheitsmaßnahmen ihm in jedem Fall zur Kenntnis gebracht werden müssen.
Die Problematik der Haftung für die Kosten der Beseitigung von Amts wegen, die sehr knapp in den bestehenden Dekretsbestimmungen geregelt ist, wird in dem Entwurf von Artikel 36 nicht geregelt, weil beabsichtigt wird, diese Frage durch allgemeine Bestimmungen in Bezug auf die Haftung für Umweltschäden zu regeln, so wie es durch den Bocken-Ausschuss vorgeschlagen wurde. In der Zwischenzeit bleibt selbstverständlich das gemeinrechtliche Haftungsrecht anwendbar, was im vorliegenden Fall keine besonderen Schwierigkeiten bereiten dürfte, weil das Hinterlassen oder die Beseitigung von Abfällen im Widerspruch zum Dekret eine Verfehlung darstellt » (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 1993-1994, Nr. 485/1, SS. 55-56).
B.4. Ohne dass es notwendig ist, zur sich strafrechtlichen Beschaffenheit der von Amts wegen durchgeführten Beseitigung der Abfälle auf Kosten des Übertretenden zu äußern, ist festzustellen, dass Artikel 37 des Abfalldekrets bestimmt, dass diese Maßnahme durch die OVAM angeordnet werden kann, wenn Abfälle unter Verletzung von Artikel 12 dieses Dekrets zurückgelassen wurden, ohne danach zu unterscheiden, ob der Übertretende, der nicht sofort einer Aufforderung zur Beseitigung der Abfälle Folge geleistet hat und über den die Maßnahme verhängt wurde, der Urheber der Straftat ist oder nicht, die darin besteht, diese Abfälle zurückzulassen, dies im Sinne des fraglichen Artikels 12 desselben Dekrets.
B.5. Folglich braucht nicht bestimmt zu werden, ob die Person, die keine Abfälle auf aktive Weise hinterlassen hat, sondern nur Eigentümer eines Geländes geworden ist, auf dem ein Dritter Abfälle hinterlassen hat, strafrechtlich verfolgt werden kann aufgrund von Artikel 12 des Abfalldekrets.
B.6. Die erste Vorabentscheidungsfrage bedarf keiner Antwort.
B.7. Der vorlegende Richter fragt auch, ob Artikel 12 des Abfalldekrets in der Fassung vor seiner Abänderung durch Artikel 21 des Dekrets vom 22. April 2005 gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung verstoße, « indem diese Bestimmung in dermaßen weit gefasstem Sinne ausgelegt wird, dass zwei grundsätzlich verschiedene Situationen gleich behandelt werden, und zwar die Situation, in der eine Person Abfälle aktiv auf einem Gelände hinterlässt und sie nachher nicht vorschriftsmäßig beseitigt, einerseits und der Situation, in der eine Person selbst keine Abfälle aktiv hinterlassen hat, jedoch ohne vom Vorhandensein von Abfällen Kenntnis zu haben, Eigentümer eines Geländes geworden ist, auf dem eine andere Person Abfälle hinterlassen hat und der Aufforderung, diese Abfälle zu beseitigen, nicht Folge leistet, andererseits ».
B.8. Artikel 12 des Abfalldekrets, eingeführt durch das Dekret vom 20. April 1994, verbietet das Hinterlassen von Abfällen oder deren Beseitigung im Widerspruch zu den Vorschriften des Abfalldekrets oder dessen Ausführungserlassen.
Die fragliche Bestimmung ist im Lichte des Kontextes der Vorabentscheidungsfrage in Verbindung mit Artikel 37 des Abfalldekrets zu verstehen, der vorschreibt, dass die Beseitigung von Amts wegen durch die OVAM, wenn durch das Hinterlassen oder Beseitigen von Abfällen in Übertretung von Artikel 12 dieses Dekrets die Gefahr einer Belästigung oder eines Schadens für den Menschen oder die Umwelt besteht, auf Kosten des « Übertretenden » erfolgt.
Es ist ebenfalls Artikel 13 § 1 dieses Dekrets zu berücksichtigen, der bestimmt:
« Unbeschadet der Anwendung anderer Bestimmungen dieses Dekrets und seiner Ausführungserlasse ist eine natürliche Person oder eine juristische Person, die Abfälle bewirtschaft oder beseitigt, verpflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen, die vernünftigerweise von ihm erwartet werden können, um eine Gefahr für die Gesundheit des Menschen oder für die Umwelt, insbesondere Gefahren für Wasser, Luft, Boden und die Tier- und Pflanzenwelt, Geräusch- oder Geruchsbelästigungen, Schäden am Natur- und Landschaftsbild zu vermeiden oder soweit wie möglich zu begrenzen. Die Flämische Regierung kann diese Maßnahmen im Einzelnen festlegen ».
B.9. Gemäß dem Abfalldekret in der Auslegung durch die Flämische Regierung und die OVAM muss der Eigentümer eines Geländes, auf dem sich Abfälle befinden, Maßnahmen ergreifen, wenn die Gefahr einer Belästigung oder eines Schadens für den Menschen oder die Umwelt besteht, und muss er selbst die Kosten dafür übernehmen, sonst werden die Kosten einer Beseitigung von Amts wegen durch die OVAM von ihm zurückverlangt. Gegebenenfalls kann der Eigentümer die Kosten von den Personen zurückverlangen, die seiner Auffassung nach für die Verschmutzung haftbar sind.
Dabei wird nicht unterschieden zwischen Personen je nachdem, ob sie von dem Vorhandensein von Abfällen auf dem Gelände Kenntnis hatten oder hätten haben müssen oder nicht, als sie dessen Eigentümer geworden sind.
B.10. Wenn der Eigentümer eines unbeweglichen Gutes, der durch die OVAM aufgefordert wird, Abfälle auf legale Weise zu beseitigen, und der bei Unterlassung aufgefordert wird, die Kosten einer von Amts wegen durchgeführten Beseitigung zu übernehmen, nicht wusste und nicht wissen musste, dass das unbewegliche Gut mit Abfällen verschmutzt war zu dem Zeitpunkt, als er Eigentümer wurde, wäre es unvernünftig, ihn trotz seiner Gutgläubigkeit zu verpflichten, die Kosten der Beseitigung von Amts wegen auf eigene Rechnung zu übernehmen.
B.11. Insofern der Dekretgeber die Kosten einer von der OVAM von Amts wegen durchgeführten Beseitigung von Abfällen dem Eigentümer eines unbeweglichen Gutes, das durch Abfälle verunreinigt ist, auferlegt, obwohl dieser Eigentümer nicht wusste und nicht wissen musste, dass das unbewegliche Gut mit Abfällen verunreinigt war zu dem Zeitpunkt, als er Eigentümer wurde, verstoßen die Artikel 12 und 37 des Abfalldekret gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung.
In dieser Auslegung ist die Vorabentscheidungsfrage bejahend zu beantworten.
B.12. Wenn der Eigentümer eines unbeweglichen Gutes, der durch die OVAM aufgefordert wird, Abfälle auf legale Weise zu beseitigen, und der bei Unterlassung aufgefordert wird, die Kosten einer von Amts wegen durchgeführten Beseitigung zu übernehmen, wusste oder wissen musste, dass das unbewegliche Gut mit Abfällen verschmutzt war zu dem Zeitpunkt, als er Eigentümer wurde, kann vernünftigerweise angenommen werden, dass er bei der Übernahme des Gutes das Risiko eingegangen ist, als erster haftbar gemacht zu werden für die Kosten, die die OVAM hat übernehmen müssen, um die Abfälle von Amts wegen zu beseitigen, die in Übertretung von Artikel 12 des Abfalldekrets hinterlassen oder beseitigt wurden, wenn hierdurch die Gefahr einer Belästigung oder eines Schadens für den Menschen oder die Umwelt besteht.
In dieser Auslegung verstoßen die Artikel 12 und 37 des Abfalldekrets nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, unter Berücksichtigung dessen, dass weder diese Bestimmungen, noch eine andere Bestimmung es verhindern, dass ein Eigentümer, der für die Kosten der von Amts wegen durchgeführten Sanierung eines mit Abfällen verunreinigten Geländes haftbar gemacht wird, gegebenenfalls eine Regressklage gegen denjenigen erhebt, der seines Erachtens für das Hinterlassen von Abfällen unter Verletzung des Abfalldekrets oder seiner Ausführungserlasse haftbar ist.
In dieser Auslegung ist die Vorabentscheidungsfrage verneinend zu beantworten.
B.13. Es obliegt dem vorlegenden Richter zu urteilen, ob im vorliegenden Fall die Gutgläubigkeit des Eigentümers zum Zeitpunkt der Übernahme des betreffenden unbeweglichen Gutes angenommen werden kann.
Aus diesen Gründen:
Der Gerichtshof
erkennt für Recht:
1. Die erste Vorabentscheidungsfrage bedarf keiner Antwort.
2. - Die Artikel 12 und 37 des Dekrets der Flämischen Region vom 2. Juli 1981 über die Vermeidung von Abfällen und die Abfallwirtschaft, ersetzt durch Artikel 21 des Dekrets vom 20. April 1994 und vor der Abänderung durch das Dekret vom 22. April 2005, verstoßen gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, wenn sie dahin ausgelegt werden, dass sie die Kosten einer von der OVAM von Amts wegen durchgeführten Beseitigung von Abfällen dem Eigentümer eines unbeweglichen Gutes, das durch Abfälle verunreinigt ist, auferlegen, obwohl dieser Eigentümer nicht wusste und nicht wissen musste, dass das unbewegliche Gut mit Abfällen verunreinigt war zu dem Zeitpunkt, als er Eigentümer wurde.
- Dieselben Bestimmungen verstoßen nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, wenn sie dahin ausgelegt werden, dass der Eigentümer eines unbeweglichen Gutes, das durch Abfälle verunreinigt ist, der wusste oder wissen musste, dass das unbewegliche Gut mit Abfällen verunreinigt war zu dem Zeitpunkt, als er Eigentümer wurde, als erster für die Kosten haftbar gemacht wird, die die OVAM hat übernehmen müssen, um die Abfälle von Amts wegen zu beseitigen, die in Übertretung von Artikel 12 des Abfalldekrets hinterlassen oder beseitigt wurden, wenn durch diese Abfälle die Gefahr einer Belästigung oder eines Schadens für den Menschen oder die Umwelt besteht.
Verkündet in niederländischer und französischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, in der öffentlichen Sitzung vom 29. Januar 2014.
Der Kanzler,
(gez.) P.-Y. Dutilleux
Der Präsident,
(gez.) M. Bossuyt