Grondwettelijk Hof (Arbitragehof): Arrest aus 9 Juni 2016 (België). RG 90/2016

Date :
09-06-2016
Langue :
Allemand Français Néerlandais
Taille :
5 pages
Section :
Jurisprudence
Source :
Justel D-20160609-17
Numéro de rôle :
90/2016

Résumé :

Der Gerichtshof erkennt für Recht: Artikel 57 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 in Verbindung mit Artikel 197 Absatz 2 desselben Gesetzbuches verstößt nicht gegen die Artikel 10, 11 und 172 der Verfassung.

Arrêt :

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Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten E. De Groot und J. Spreutels, und den Richtern L. Lavrysen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke und R. Leysen, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten E. De Groot,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfragen und Verfahren

a. In seinem Urteil vom 8. Mai 2015 in Sachen Michel Michiels gegen den belgischen Staat, dessen Ausfertigung am 1. Juni 2015 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Löwen folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:

« Verstößt Artikel 57 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 in Verbindung mit Artikel 197 Absatz 2 desselben Gesetzbuches in der durch Artikel 28 des Programmgesetzes vom 19. Dezember 2014 abgeänderten Fassung gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, indem in dem Fall, dass die in Artikel 57 des EStGB 1992 erwähnten Ausgaben von einem der Steuer der natürlichen Personen unterliegenden Steuerpflichtigen getätigt werden, diese Ausgaben nur als Werbungskosten gelten, wenn sie durch Individualkarten und eine zusammenfassende Aufstellung nachgewiesen werden, die in den vom König festgelegten Formen und Fristen erstellt werden, und zwar auch dann, wenn der Kostenbetrag in einer vom Empfänger gemäß Artikel 305 eingereichten Erklärung enthalten ist, während in dem Fall, dass diese Ausgaben von einem der Gesellschaftssteuer unterliegenden Steuerpflichtigen getätigt werden, diese nicht nachgewiesenen Ausgaben wohl als Werbungskosten gelten, wenn diese Ausgaben in einer vom Empfänger gemäß Artikel 305 eingereichten Erklärung enthalten sind? ».

b. In seinem Entscheid vom 24. Juni 2015 in Sachen Robert Peeters gegen den belgischen Staat, dessen Ausfertigung am 18. August 2015 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat der Appellationshof Brüssel folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:

« Verstößt Artikel 57 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 (EStGB 1992) in Verbindung mit Artikel 53 Nr. 2 desselben Gesetzbuches gegen die Artikel 10 und 11 der koordinierten Verfassung in Verbindung mit deren Artikeln 170 und 172, indem die Abzugsfähigkeit in der Steuer der natürlichen Personen für gewisse in Artikel 57 des EStGB 1992 erwähnte Ausgaben vom Nachweis durch Individualkarten und eine zusammenfassende Aufstellung, die in den vom König festgelegten Formen und Fristen erstellt werden, abhängig gemacht wird, ohne dass dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit geboten wird, nachzuweisen, dass der Betrag dieser Ausgaben in einer vom Empfänger gemäß Artikel 305 des EStGB 1992 eingereichten Erklärung enthalten ist, wohingegen für die Anwendung der Gesellschaftssteuer in Artikel 219 letzter Absatz des EStGB 1992 diese Möglichkeit wohl der steuerpflichtigen Gesellschaft geboten wird, was dazu führt, dass nicht nur die in Artikel 219 Absätze 1 und 2 des EStGB 1992 erwähnte Sanktion des Satzes von 300 Prozent der geheimen Provisionen nicht angewandt werden kann, sondern überdies, dass die vorerwähnten in Artikel 57 des EStGB 1992 vorgesehenen Ausgaben für die Gesellschaft permanent als Werbungskosten gemäß Artikel 197 des EStGB 1992 betrachtet werden? ».

Diese unter den Nummern 6212 und 6257 ins Geschäftsverzeichnis des Gerichtshofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.

(...)

III. Rechtliche Würdigung

(...)

B.1. Die Vorabentscheidungsfragen beziehen sich auf Artikel 57 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 (EStGB 1992), der bestimmt:

« Nachstehende Ausgaben gelten nur als Werbungskosten, wenn sie durch Individualkarten und eine zusammenfassende Aufstellung nachgewiesen werden, die in den vom König festgelegten Formen und Fristen erstellt werden:

1. Provisionen, Maklergebühren, kommerzielle oder andere Ermäßigungen, zufällige oder nicht zufällige Entgelte oder Honorare, Zuwendungen, Vergütungen oder Vorteile jeglicher Art, die für die Empfänger in Belgien beziehungsweise nicht in Belgien steuerpflichtige Berufseinkünfte darstellen, ausschließlich der in Artikel 30 Nr. 3 erwähnten Entlohnungen,

2. Entlohnungen, Pensionen, Renten oder als solche geltende Zulagen, die Personalmitgliedern, ehemaligen Personalmitgliedern oder ihren Rechtsnachfolgern gezahlt werden, ausschließlich der für die Empfänger steuerfreien Sozialvorteile,

3. Pauschalentschädigungen, die Personalmitgliedern als Erstattung von tatsächlichen Kosten bewilligt werden, die dem Arbeitgeber obliegen ».

Die vorerwähnten Ausgaben können nur als Werbungskosten angenommen werden, wenn derjenige, der sie tätigt, sie durch « Individualkarten » und eine « zusammenfassende Aufstellung » nachweist (Parl. Dok., Kammer, 1979-1980, Nr. 323/47, S. 40).

B.2. Die vorlegenden Richter möchten vom Gerichtshof erfahren, ob Artikel 57 des EStGB 1992 gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung (Rechtssache Nr. 6212) beziehungsweise dieselben Artikel in Verbindung mit den Artikeln 170 und 172 der Verfassung (Rechtssache Nr. 6257) verstoße, indem die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten nicht erlaubt werde, wenn die in dieser Bestimmung erwähnten Ausgaben, die durch einen der Steuer der natürlichen Personen unterliegenden Steuerpflichtigen getätigt würden, nicht auf die vorgeschriebene Weise nachgewiesen würden (durch Individualkarten und eine zusammenfassende Aufstellung, die rechtzeitig und formgerecht vorgelegt worden seien), selbst nicht, wenn die Ausgaben durch den Empfänger in dessen Erklärung enthalten seien, während die gleichen Ausgaben unter den gleichen Umständen, wenn sie durch einen der Gesellschaftssteuer unterliegenden Steuerpflichtigen getätigt würden, als Werbungskosten abzugsfähig seien.

B.3. Die Artikel 10 und 11 der Verfassung gewährleisten den Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung. Artikel 172 der Verfassung stellt eine besondere Anwendung dieses Grundsatzes in Steuersachen dar.

Weder aus der Vorlageentscheidung in der Rechtssache Nr. 6257, noch aus den eingereichten Schriftstücken geht hervor, dass das Legalitätsprinzip in Steuersachen, so wie es in Artikel 170 der Verfassung gewährleistet wird, betroffen ist. Es wird nämlich nicht bemängelt, dass in der fraglichen Bestimmung die wesentlichen Elemente einer Steuer unzureichend definiert seien oder der ausführenden Gewalt zu Unrecht eine Ermächtigung verliehen würde. Der Gerichtshof muss diese Bestimmung also nur im Lichte des Grundsatzes der Gleichheit und Nichtdiskriminierung, so wie er durch die Artikel 10, 11 und 172 der Verfassung gewährleistet wird, prüfen.

B.4.1. Artikel 57 des EStGB 1992 gilt grundsätzlich auch für die der Gesellschaftssteuer unterliegenden Steuerpflichtigen. Unter Vorbehalt der ausdrücklich vorgesehenen Abweichungen sind Einkünfte, die der Gesellschaftssteuer unterliegen oder von dieser Steuer befreit sind, hinsichtlich ihrer Art die gleichen wie die, die in Bezug auf die Steuer der natürlichen Personen vorgesehen sind (Artikel 183 des EStGB 1992).

B.4.2. Artikel 197 Absatz 2 des EStGB 1992, eingefügt durch Artikel 28 des Programmgesetzes vom 19. Dezember 2014, bestimmt jedoch:

« Bei Anwendung von Artikel 219 Absatz 6 und 7 gelten in Abweichung von Artikel 57 nicht nachgewiesene Ausgaben als Werbungskosten ».

Diese Bestimmung ist auf alle Rechtsstreite anwendbar, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens - d.h. am 29. Dezember 2014 - noch nicht endgültig abgeschlossen sind (Artikel 40 des vorerwähnten Programmgesetzes).

B.4.3. Artikel 219 des EStGB 1992, enthalten in Kapitel 3 (« Steuerberechnung ») von Titel III (« Gesellschaftssteuer »), regelt die « geheimen Provisionen ». Er bestimmt:

« Eine getrennte Steuer wird festgelegt auf die in Artikel 57 erwähnten Ausgaben und die in den Artikeln 31 Absatz 2 Nr. 2 und 32 Absatz 2 Nr. 2 erwähnten Vorteile jeglicher Art, die nicht durch Individualkarten und eine zusammenfassende Aufstellung nachgewiesen werden, auf verschleierte Gewinne, die nicht in den Bestandteilen des Gesellschaftsvermögens vorkommen, und auf die in Artikel 53 Nr. 24 erwähnten finanziellen Vorteile oder Vorteile jeglicher Art.

Diese Steuer entspricht 100 Prozent dieser Ausgaben, Vorteile jeglicher Art, finanziellen Vorteile und verschleierten Gewinne, außer wenn nachgewiesen werden kann, dass der Empfänger dieser Ausgaben, Vorteile jeglicher Art und finanziellen Vorteile eine juristische Person ist oder dass die verschleierten Gewinne wieder in der Buchhaltung ausgewiesen werden wie in Absatz 4 vorgesehen; in diesen Fällen wird der Steuersatz auf 50 Prozent festgelegt.

In Artikel 24 Absatz 1 Nr. 2 bis 4 erwähnte Rücklagen gelten nicht als verschleierte Gewinne.

Verschleierte Gewinne können in einem späteren Geschäftsjahr als dem Geschäftsjahr, in dem der Gewinn erzielt wurde, wieder in der Buchhaltung ausgewiesen werden, selbst wenn die anwendbaren Veranlagungsfristen wie in Artikel 354 Absatz 1 erwähnt abgelaufen sind, sofern der Steuerpflichtige noch nicht schriftlich über laufende spezifische Verwaltungshandlungen oder gerichtliche Untersuchungshandlungen in Kenntnis gesetzt worden ist.

Darüber hinaus unterliegen vorerwähnte verschleierte Gewinne dieser getrennten Steuer nur, wenn sie nicht Folge der Ablehnung von Werbungskosten sind.

Diese Steuer ist nicht anwendbar, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der Betrag der in Artikel 57 erwähnten Ausgaben oder der in den Artikeln 31 Absatz 2 Nr. 2 und 32 Absatz 2 Nr. 2 erwähnten Vorteile jeglicher Art in einer vom Empfänger gemäß Artikel 305 eingereichten Erklärung oder in einer vom Empfänger im Ausland eingereichten gleichartigen Erklärung enthalten ist.

Ist der Betrag der in Artikel 57 erwähnten Ausgaben oder der in den Artikeln 31 Absatz 2 Nr. 2 und 32 Absatz 2 Nr. 2 erwähnten Vorteile jeglicher Art nicht in einer vom Empfänger gemäß Artikel 305 eingereichten Erklärung oder in einer vom Empfänger im Ausland eingereichten gleichartigen Erklärung enthalten, ist die getrennte Steuer nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen anwendbar, wenn der Empfänger spätestens zwei Jahre und sechs Monate ab dem 1. Januar des betreffenden Steuerjahres eindeutig identifiziert worden ist ».

B.4.4. Die vorerwähnten Bestimmungen haben zur Folge, dass die Nichterfüllung der Bedingung des vorgeschriebenen Nachweises der betreffenden Ausgaben (das rechtzeitige und formgerechte Vorlegen der Individualkarten und einer zusammenfassenden Aufstellung) keine nachteiligen Folgen hat für die der Gesellschaftssteuer unterliegenden Steuerpflichtigen, wenn der Betrag der Ausgaben durch den Empfänger in seiner Erklärung angegeben wird.

Es wird in diesem Fall nicht nur die getrennte Steuer bezüglich der geheimen Provisionen in der Gesellschaftssteuer nicht erhoben (Artikel 219 Absätze 6 und 7 des EStGB 1992), sondern es werden außerdem die nicht auf die vorgeschriebene Weise nachgewiesenen Ausgaben dennoch als Werbungskosten berücksichtigt (Artikel 197 Absatz 2 des EStGB 1992).

B.4.5. Die der Gesellschaftssteuer unterliegenden Steuerpflichtigen werden also, durch die vorerwähnte Abweichung von der in Artikel 57 des EStGB 1992 enthaltenen Regel der Nichtabzugsfähigkeit, günstiger behandelt als die der Steuer der natürlichen Personen unterliegenden Steuerpflichtigen, die nicht in den Vorteil derselben Abweichung gelangen, wenn der Betrag der nicht auf die vorgeschriebene Weise nachgewiesenen Ausgaben durch deren Empfänger in seiner Erklärung aufgenommen wurde.

B.5.1. Der Ministerrat stellt die Vergleichbarkeit der beiden Kategorien von Steuerpflichtigen in Abrede.

B.5.2. Für die Steuer der natürlichen Personen und die Gesellschaftssteuer gelten unterschiedliche Steuerregelungen. Neben den Unterschieden hinsichtlich des Steuersatzes ist anzumerken, dass alle Einkünfte, Gewinne und Profite der Gesellschaften der Steuer unterliegen, was nicht der Fall ist für diejenigen der natürlichen Personen; während die natürlichen Personen von ihrem steuerpflichtigen Einkommen nur die gesetzlich festgelegten Kosten abziehen können, kann eine Gesellschaft alle Kosten abziehen, außer denjenigen, die durch das Gesetz ausgeschlossen sind.

B.5.3. Ein Unterschied darf jedoch nicht mit einer Nichtvergleichbarkeit verwechselt werden. Die unterschiedlichen Grundsätze, die der Steuer der natürlichen Personen und der Gesellschaftssteuer zugrunde liegen, können zwar ein Element in der Beurteilung eines Behandlungsunterschieds sein, doch sie können nicht ausreichen, um zur Nichtvergleichbarkeit zu schließen, denn sonst würde der Prüfung anhand des Grundsatzes der Gleichheit und Nichtdiskriminierung jeglicher Inhalt entzogen.

B.5.4. Die Unterscheide zwischen beiden Steuerregelungen schließen nicht aus, dass die der Gesellschaftssteuer unterliegenden Steuerpflichtigen und die der Steuer der natürlichen Personen unterliegenden Steuerpflichtigen hinsichtlich bestimmter spezifischer Verrichtungen miteinander verglichen werden können.

B.6. Es obliegt dem Gesetzgeber, die Besteuerungsgrundlage festzulegen. Er verfügt diesbezüglich über einen breiten Ermessensspielraum. Steuerliche Maßnahmen sind nämlich ein wesentlicher Teil der wirtschaftlich-sozialen Politik. Sie sorgen nicht nur für einen wesentlichen Teil der Einkünfte, die die Verwirklichung dieser Politik ermöglichen sollen, sondern sie erlauben es dem Gesetzgeber auch, lenkend und korrigierend aufzutreten und auf diese Weise die Sozial- und Wirtschaftspolitik zu gestalten.

Die gesellschaftlichen Entscheidungen, die bei dem Sammeln und Verwenden von Mitteln getroffen werden müssen, gehören daher zur Ermessensfreiheit des Gesetzgebers. Der Gerichtshof darf eine solche politische Entscheidung sowie die ihr zugrunde liegenden Begründungen nur missbilligen, wenn sie auf einem offensichtlichen Irrtum beruhen oder wenn sie offensichtlich unvernünftig wären.

B.7. In seinem Entscheid Nr. 182/2006 vom 29. November 2006 hat der Gerichtshof festgestellt, dass Artikel 57 des EStGB 1992 in der vor seiner Abänderung durch das Programmgesetz (I) vom 24. Dezember 2002 geltenden Fassung nicht gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung verstieß, insofern er keinen Unterschied vornahm zwischen einerseits den Steuerpflichtigen, die die betreffenden Ausgaben nicht auf die vorgeschriebene Weise gerechtfertigt hatten, wobei der Empfänger den Betrag dieser Ausgaben spontan in seine Erklärung aufgenommen hatte, und andererseits den Steuerpflichtigen, die die betreffenden Ausgaben ebenfalls nicht auf die vorgeschriebene Weise gerechtfertigt hatten, wobei der Empfänger den Betrag dieser Ausgaben aber nicht spontan in seine Erklärung aufgenommen hatte. Der Gerichtshof basierte seine Entscheidung auf folgende Begründung:

« B.2.2. Indem der Gesetzgeber eine strenge Rechtfertigungspflicht auferlegt hat, wollte er die tatsächliche Mitarbeit der Steuerpflichtigen gewährleisten. Dem Steuerpflichtigen droht eine Sanktion - die Ablehnung des Abzugs als Werbungskosten -, wenn er die besondere Identifizierungspflicht nicht einhält und somit die Steuerverwaltung daran hindert zu prüfen, ob diese Zahlungen bei dem Empfänger tatsächlich auf angebrachte Weise in steuerlicher Hinsicht behandelt wurden.

Mit den betreffenden Belegen wird bezweckt, die Realität und die Abzugsfähigkeit der durch den Steuerpflichtigen angegebenen Zahlungen zu prüfen und die entsprechenden Beträge rechtzeitig auf Seiten der Empfänger zu besteuern.

B.2.3. Der Umstand, dass keine Individualkarten und zusammenfassenden Aufstellungen erstellt wurden, ist grundsätzlich ein ausreichender Anlass, den Abzug als Werbungskosten abzulehnen. Das Gesetz schafft keinen Zusammenhang zwischen dem Abzug von Werbungskosten und dem Umstand, ob sie auf Seiten der Empfänger besteuert werden oder nicht. Außerdem ist keine betrügerische Absicht erforderlich.

B.2.4. Der Hof muss prüfen, ob die Maßnahme vernünftig gerechtfertigt ist, weil sie so allgemein und absolut gilt. Die klagenden Parteien vor dem vorlegenden Richter, auf deren Antrag hin die präjudizielle Frage gestellt wurde, führen in diesem Zusammenhang an, der Abzug als Werbungskosten müsse in dem Fall, wo die vorgeschriebenen Belege nicht vorgelegt würden, zugelassen werden, wenn diese Unterlassung nicht die Steuerveranlagung des Empfängers verhindert habe und wenn nicht an der Gutgläubigkeit der Betroffenen gezweifelt werden könne.

B.3.1. Es ist gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber bestrebt ist, Steuerhinterziehung zu verhindern und die Interessen der Staatskasse zu verteidigen im Bemühen um Gerechtigkeit sowie im Bemühen, die Aufgaben des Gemeinwohls, mit denen er beauftragt ist, so gut wie möglich zu erfüllen.

Die Vorschrift, die Belege vorzulegen, dient dazu, die Steuerpflichtigen zu zwingen, ihrer Verpflichtung nachzukommen, in der gesetzlichen Form und innerhalb der gesetzlichen Frist der Steuerverwaltung die Auskünfte zu erteilen, die es ihr ermöglichen, die Veranlagung der Empfänger der Einkünfte vorzunehmen. Die Maßnahme ist sachdienlich angesichts der Zielsetzung des Gesetzgebers, da sie es ermöglicht, Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

B.3.2. Würde man annehmen, dass die angegebenen Werbungskosten nicht abgelehnt werden dürften, wenn der Steuerpflichtige die besondere Rechtfertigungspflicht nicht eingehalten hätte, die betreffenden Summen durch den Empfänger jedoch spontan angegeben worden wären, so dass der Empfänger auf diese Beträge besteuert worden wäre oder hätte besteuert werden können, so würde die Sanktion der Ablehnung des Abzugs als Werbungskosten ihre Schlagkraft verlieren und würde die vom Gesetzgeber bezweckte abschreckende Wirkung aufgehoben. Der Steuerpflichtige würde unter diesen Umständen nämlich nicht dazu veranlasst, der Steuerverwaltung seine Mitarbeit zu gewähren. Außerdem ist es besonders schwierig, wenn nicht gar unmöglich, zu prüfen, ob der zuwiderhandelnde Steuerpflichtige gutgläubig gehandelt hat ».

B.8. Aus den Vorarbeiten zum Programmgesetz vom 19. Dezember 2014 geht hervor, dass der Gesetzgeber der getrennten Steuer bezüglich der geheimen Provisionen, die auf die Gesellschaftssteuer Anwendung findet, eine rein vergütende und folglich nicht mehr eine bestrafende Beschaffenheit verleihen wollte (Parl. Dok., Kammer, 2014-2015, DOC 54-0672/001, S. 10). Die getrennte Steuer dient fortan nur dazu, den Verlust an Einkommensteuern auszugleichen. Um dieses Ziel nicht zu untergraben, hat der Gesetzgeber es als angebracht erachtet, die nicht auf die vorgeschriebene Weise nachgewiesenen Ausgaben ebenfalls als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn der Betrag der betreffenden Ausgaben durch ihren Empfänger in seiner Erklärung aufgenommen wird.

B.9. Bei der Steuer der natürlichen Personen ist keine getrennte Steuer bezüglich der « geheimen Provisionen » vorgesehen. Es gehört zur Ermessensbefugnis des Gesetzgebers, unter Berücksichtigung der bereits angeführten Unterschiede zwischen den betreffenden Steuerregelungen und der Zielsetzung einer wirksamen Steuerkontrolle, die besonders durch den Umstand erschwert wird, dass die Einkünfte einer natürlichen Person sowohl von einer Berufstätigkeit als auch von außerhalb jeglicher Berufstätigkeit erlangten Aktiva abhängen können, zu beschließen, dass die Regel der Nichtabzugsfähigkeit von Werbungskosten im Falle eines Versäumnisses bezüglich der besonderen Begründungspflicht in der Steuer der natürlichen Personen ihre Rechtfertigung behält, während er dies bei der Gesellschaftssteuer nicht mehr unter allen Umständen als notwendig erachtet, wobei die Möglichkeit einer Verwechslung zwischen der privaten und der beruflichen Beschaffenheit der Einkünfte nicht für die Gesellschaften besteht, deren Einkünfte notwendigerweise mit der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks verbunden sind.

B.10. Die Vorabentscheidungsfragen sind verneinend zu beantworten.

Aus diesen Gründen:

Der Gerichtshof

erkennt für Recht:

Artikel 57 des Einkommensteuergesetzbuches 1992 in Verbindung mit Artikel 197 Absatz 2 desselben Gesetzbuches verstößt nicht gegen die Artikel 10, 11 und 172 der Verfassung.

Erlassen in niederländischer und französischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, am 9. Juni 2016.

Der Kanzler,

(gez.) F. Meersschaut

Der Präsident,

(gez.) E. De Groot