Europees Hof voor de Rechten van de Mens: Arrest aus 24 Januar 2017 (Europa). RG 56367/09

Date :
24-01-2017
Langue :
Allemand Français Néerlandais
Taille :
1 page
Section :
Jurisprudence
Source :
Justel D-20170124-6
Numéro de rôle :
56367/09

Résumé :

J.R. gegen Belgien Die Sache betrifft die Dauer einer strafrechtlichen Untersuchung (Akte Totschlag in der Familie) - Gesamtdauer 12 Jahre -, die durch eine Entscheidung zur Verfahrenseinstellung zugunsten des Klägers wegen unzureichender Belastungstatsachen abgeschlossen worden ist. Auf innerstaatlicher Ebene ist die Überschreitung der angemessenen Frist nie festgestellt worden. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte stellte sich daher einerseits die Frage nach der angemessenen beziehungsweise unangemessenen Dauer des vorliegenden Verfahrens und andererseits die Frage nach dem Vorhandensein einer wirksamen innerstaatlichen Beschwerdemöglichkeit, um dagegen Klage einzureichen und Schadenersatz zu erhalten. Was Artikel 6 § 1 der Konvention (Dauer des Verfahrens) betrifft, hat der Gerichtshof den Anfechtungsgrund des Klägers für zulässig erklärt, da es seiner Meinung nach zu weit ginge, dem Kläger vorzuwerfen, dass dieser unter den im belgischen Recht parallel bestehenden Beschwerdemöglichkeiten diejenige ausgewählt hat, die er für seinen Fall am geeignetsten hält, und nicht die von der belgischen Regierung erwähnte Klage (zivilrechtliche Haftung) eingereicht zu haben, obwohl er nach Einreichen seiner Klageschrift beim Gerichtshof, eine präventive Beschwerde im Hinblick auf die Beschleunigung des Verfahrens eingereicht hat (§ 53). Was die Verhaltensweise der Behörden betrifft, erinnert der Gerichtshof daran, dass die Staaten aufgrund von Artikel 6 § 1 verpflichtet sind, ihr Justizsystem so zu organisieren, dass ihre Gerichte jede der in diesem Artikel gestellten Anforderungen erfüllen können - insbesondere diejenige mit Bezug auf die angemessene Frist (...). Der Gerichtshof stellt jedoch fest, dass es während der Untersuchung mehrmals zu Verzögerungen oder gar zum Stillstand der Untersuchung gekommen ist: Zu Beginn der Ermittlung zwischen 2004 und 2006, zu Beginn der systemischen Begutachtung zwischen 2008 und 2010 sowie zwischen 2010 und 2014 - Zeitraum, in dem nur das Rechtshilfeersuchen durchgeführt worden ist (§ 63). Auf der Grundlage all dieser Angaben kommt der Gerichtshof somit zu dem Schluss, dass die Komplexität der Untersuchung und die Verhaltensweise des Klägers nicht allein die Länge des Verfahrens erklären - der Hauptgrund liegt in der Art und Weise, wie die Behörden die Untersuchung geführt haben (§ 64). Davon ausgehend liegt ein Verstoß gegen Artikel 6 § 1 vor (§ 65). Zuerkannte angemessene Entschädigung: 18.000 EUR (Wiedergutmachung des moralischen Schadens). Was Artikel 13 in Verbindung mit Artikel 6 § 1 (Bestehen einer wirksamen innerstaatlichen Beschwerdemöglichkeit) betrifft, folgt der Gerichtshof derselben Argumentation wie in seinem Urteil Hiernaux gegen Belgien vom selben Tag. Was die im StPGB (Strafprozessgesetzbuch - Artikel 136, 136bis, 235 und 235bis) vorgesehenen präventiven Beschwerdemöglichkeiten betrifft, urteilt der Gerichtshof, dass der Kläger nicht in den Genuss irgendeiner Wiedergutmachung gekommen ist, um die von ihm beanstandeten Verzögerungen auszugleichen (Zur Erinnerung: In dieser Akte wird die Überschreitung der angemessenen Frist auf innerstaatlicher Ebene nicht festgestellt). Die im StPGB vorgesehenen Beschwerdemöglichkeiten haben sich im vorliegenden Fall als nicht wirksam erwiesen (§ 82). Dagegen hat der Gerichtshof - auf der Grundlage mehrerer von der belgischen Regierung bereitgestellter Entscheidungen von Zivilgerichten - festgestellt und kommt damit auf seine Rechtsprechung Panju gegen Belgien zurück, dass es in Belgien möglich ist, durch Schadenersatzklagen (aufgrund von Artikel 1382 des Zivilgesetzbuches) eine Entschädigung für die übermäßige Dauer von Zivilverfahren, aber auch von Strafverfahren, einschließlich der Untersuchungsphase, zu gewähren (siehe §§ 85 bis 87). Der Gerichtshof wiederholt, dass es seiner Meinung nach zu weit ginge, vom Kläger zu verlangen, eine zweite Beschwerde einzureichen, um eine Wiedergutmachung des angeführten Verstoßes zu erhalten - obwohl er eine präventive Maßnahme, eine a priori wirksame und ausreichende Beschwerde, eingeleitet hat (...). Dennoch war und ist eine Schadenersatzklage noch immer möglich, um die übermäßige Dauer der Untersuchung anzufechten. Unter diesen Umständen urteilt der Gerichtshof, dass der Kläger nicht geltend machen kann, dass für ihn keine wirksame Beschwerdemöglichkeit bestanden hat (§ 88).

Arrêt :

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